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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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unter denen Churfürst. Joh. Friedrichen/ Mauritio und Augusto ergangen.
[Spaltenumbruch] gemeldet/ das volck hin und wieder zertheilet
hatten/ daß dasselbige nicht beysammen ware/
verhielten ihm seine obristen-kriegsräthe alle
kundschafft/ wie es umb deß Käysers krieg
stund/ und beredeten ihn/ es wäre überall kein
Käyser und kein feind fürhanden/ der ihm et-
was abbrechen könte/ und führeten ihn glei-
ches falles auch von der belägerung zurück die
Elbe hinabwerts mit solcher gelegenheit/ daß
der Käyser mit dem gantzen hauffen ins land
kam/ und führeten ihn mit fleiß an den Elb-
strom an einen solchen seichten ort/ daß man
den gantzen strom daselbst allenthalben kunte
te furten/ welches man sonst unter und ober-
halb desselben ortes gar nicht thun kunte etc.

Als sie nun den Käyser wol herbey gebracht
und dem Churfürsten alle kundschafft verhal-
ten und sicher gemacht hatten/ es wäre kein feind
im gantzen lande/ und damit er ja verrathen und
dem feind in die hände gelieffert würde/ verzo-
gen sie mit des Churfürsten lager an demselben
seichten furt des wassers so lange/ daß sie ihn
nicht allein erstlich die predigthören/ sondern
auch die mahlzeit mit guter musse halte liessen/
indessen waren die Spanier und des Käysers
volck durch die Elbe/ die reysigen und obristen
nahmen vom Churfürsten die flucht auß dem
felde/ also daß nur das fußvolck bey ihm bliebe;
und ob er wol auch hätte können auff Witten-
berg davon gebracht werden/ so wolte er doch
von seinem fußvolck nicht weichen/ und hielt in
solchem scharmützel und streit von seinen kriegs-
obristen und hauptleuten nur allein Hertzog
Ernst von Braunschweig bey ihme/ ward auch
zugleich mit ihme gefangen/ die obristen/ haupt-
leute und rittmeister flohen den mehrern theil
von ihrem Herrn gen Wittenb. u. wo ein jeder
seine sicherung wuste zu suchen? Da nun Hertzog
Friederich also durch verlassung seiner obristen
gefähret/ und Wittenberg vom Käyser belagert
ward/ muste sich die stadt auch bald dem Käy-
ser übergeben/ und wie deß gefangenen Chur-
fürsten halben im lager eine capitulation auff-
gerichtet ward/ muste er alle puncte/ die darinnen
begriffen wurden/ eingehen/ alleine wolte er von
der erkanten und bekanten warheit nicht abwei-
chen/ oder von derselben abstehen/ die ward ihm
so viel desto ehe gestattet und frey gelassen/ weil
der Käyser noch gantz und gar nicht wolte den
namen haben/ als ob er der religion halben einen
krieg hätte fürgenommen/ so war der Churfürst
gesinnet/ daß er ihm ehe den Kopff wolte lassen
abschlagen/ dann von der religion abtreten.
Weil nun deß Churfürstens gemahl dazumahl
in Wittenberg war/ und dem Käyser auch für
ihren gefangenen Herrn einen fußfall thäte/ er-
laubte er dem Churfürsten/ daß er sich noch für
dem abzuge mit seinem Gemahl und söhnen in
der stadt möchte unterreden/ und zu rechter zeit
wieder einstellen/ indem nun der Churfürst in
der stadt Wittenberg war/ suchte ihn auch
D. Pomeranus anzusprechen/ der wurde auch
von stund an zu ihm gelassen/ dann der Chur-
fürst meinet/ er würde etwan einen trostspruch
auß dem Göttlichem wort in diesem seinem elen-
de von ihm hören; aber er hörete keinen andern
trost von Pomerano, dann daß er umb seine hin-
terstellige besoldung anhielt/ und ward keines
trostes oder leyd-klagens gedacht; hierauff ließ
ihm der Churfürst die begehrte bezahlung bald
entrichten/ und stellete sich wieder zu bestimmter
[Spaltenumbruch] zeit ins lager; Es ritt auch der Käyser Carl ei-
gener person in Wittenberg/ und als er ihm in
der Schloß-kirchen D. Luthers grab hat zeigen
lassen/ auch da er sich sonst wegen der Lutheris.
kirchen-ceremonien und kirchen-ordnungen mit
fleiß hat erkundige lassen/ hat er im werck er fah-
ren/ daß sichs mit denselben viel ordentlicher u.
besser verhielte/ dann wie ihm solches durch die
feinde deß Evangelii ware fürbracht worden.

Da nun wegen dieser niederlage der Herr
Philippus sich mit seinem weib und kind gen
Braunschweig begab/ folgete ihm auch D. Ge-
org Major
mit seinem gesinde nach. So war
auch D. Chilian Goldstein von Halle dahin
gewichen (dann Hertzog Moritz stellete ihm als
einem Syndico der stadt Halle nach dem leben)
da begab sichs einsmahls/ als D. Chilian den
Hn. Philippum in seiner behausung besuchte/
daß sie beyde miteinander von wegen der ursa-
chen dieses krieges begunten zu reden; Philip-
pus
meynete/ dieses krieges erster anfang käme
auß den streit-schrifften/ welche der Landgräff
von Hessen und der Churfürst von Sachsen/
wider den Hertzog von Braunschweig hätten
außgehen lassen; und weil nun der Churfürst
darüber erleget wäre worden/ so würde hinfort
eine exitiosa mutatio Ecclesiae & Reipub. fol-
gen. Hierauff tröstet D. Chilian den Herrn
Philippum und sagte: Ey Domine Praece-
ptor,
wir haben bißhero offt in Theologia gehö-
ret den locum de cruce toleranda, und sind allei-
ne in selbem fall theorici gewesen/ aber jetzund
wills uns unser HERR GOtt auch lernen
practiciren und mit der that versuchen/ damit
er uns rechtschaffen probire/ ob wir ihm wol-
len außhalten; Ja/ antwortete Philippus, es
ist woldavon zu reden/ sed quis erit tandem fi-
nis praesentium calamitatum?
Ey/ antwortete
D. Chilian, propterea non est nobis desperan-
dum, quia Deus etiam ex lapidibus potest susci-
tare semen Abrahae.
Weil nun Philippus
nicht wol sicher in die see-städte von Braun-
schweig ziehen kunte/ ward ervon etlichen seinen
guten freunden an den Hartz geladen/ zu denen
er sich gutes versahe/ und folgte ihme zugleich
auch D. Georg mit seinem gesinde/ dann sie kunte
auch am Hartze täglich bessere kundschafft er-
fahren/ wie es im lager und zu Wittenberg zu-
stünde/ und hatte Michael Meyenburg bey deß
Käys. Secretario, Joh. Oberburger/ gar treffl.
gute kundschafft/ beyde dem Hn. Philippo und
den andern gelehrten in ihrem anliegen zu diene.

Als nun der Käyser mit seinem lager nach
Halle verzog/ ward endlich auch durch unter-
handlung Hertzog Moritzen/ der Landgraffe
beym Käyser verbeten/ daß er nach gethanem
fußfall auf gnade und ungnade wieder möchte
zu gnaden auffgenommen und der gefängnus
gefreyet bleiben; und ob wol solches gar stattlich
durch deß Käysers Hoffräthe zugesaget ward/
brauchte doch der Bischoff von Arras diesen
list/ daß er auß dem wort einig/ ewig machet/
und den verstand einige gefängnis für ewige ge-
fängnis deutete/ und der Landgraff also in sol-
cher gefängnis durch diesen list zu hafften ge-
bracht ward; aber mittlerweile stunden die her-
ren Professores und gelehrten in grosser trübsal
und gefahr ihrer güter/ suchten derwegen aller-
ley fürderung und vorbitt/ wie sie beyde beym
leben erhalten und bey ihrem eygenthum unver-
trieben möchten bleiben. Jn diesen ängsten al-

lein
A. K. H. Vierter Theil. M 2

unter denen Churfuͤrſt. Joh. Friedrichen/ Mauritio und Auguſto ergangen.
[Spaltenumbruch] gemeldet/ das volck hin und wieder zertheilet
hatten/ daß daſſelbige nicht beyſammen ware/
verhielten ihm ſeine obriſten-kriegsraͤthe alle
kundſchafft/ wie es umb deß Kaͤyſers krieg
ſtund/ und beredeten ihn/ es waͤre uͤberall kein
Kaͤyſer und kein feind fuͤrhanden/ der ihm et-
was abbrechen koͤnte/ und fuͤhreten ihn glei-
ches falles auch von der belaͤgerung zuruͤck die
Elbe hinabwerts mit ſolcher gelegenheit/ daß
der Kaͤyſer mit dem gantzen hauffen ins land
kam/ und fuͤhreten ihn mit fleiß an den Elb-
ſtrom an einen ſolchen ſeichten ort/ daß man
den gantzen ſtrom daſelbſt allenthalben kunte
te furten/ welches man ſonſt unter und ober-
halb deſſelben ortes gar nicht thun kunte ꝛc.

Als ſie nun den Kaͤyſer wol herbey gebracht
und dem Churfuͤrſten alle kundſchafft verhal-
ten und ſicher gemacht hatten/ es waͤre kein feind
im gantzen lande/ und damit er ja verrathen und
dem feind in die haͤnde gelieffert wuͤrde/ verzo-
gen ſie mit des Churfuͤrſten lager an demſelben
ſeichten furt des waſſers ſo lange/ daß ſie ihn
nicht allein erſtlich die predigthoͤren/ ſondern
auch die mahlzeit mit guter muſſe haltē lieſſen/
indeſſen waren die Spanier und des Kaͤyſers
volck durch die Elbe/ die reyſigen und obriſten
nahmen vom Churfuͤrſten die flucht auß dem
felde/ alſo daß nur das fußvolck bey ihm bliebe;
und ob er wol auch haͤtte koͤnnen auff Witten-
berg davon gebracht werden/ ſo wolte er doch
von ſeinem fußvolck nicht weichen/ und hielt in
ſolchem ſcharmuͤtzel und ſtreit von ſeinen kriegs-
obriſten und hauptleuten nur allein Hertzog
Ernſt von Braunſchweig bey ihme/ ward auch
zugleich mit ihme gefangen/ die obriſten/ haupt-
leute und rittmeiſter flohen den mehrern theil
von ihrem Herrn gen Wittenb. u. wo ein jeder
ſeine ſicherung wuſte zu ſuchen? Da nun Hertzog
Friederich alſo durch verlaſſung ſeiner obriſten
gefaͤhret/ und Wittenberg vom Kaͤyſer belagert
ward/ muſte ſich die ſtadt auch bald dem Kaͤy-
ſer uͤbergeben/ und wie deß gefangenen Chur-
fuͤrſten halben im lager eine capitulation auff-
gerichtet ward/ muſte er alle punctē/ die dariñen
begriffen wurden/ eingehen/ alleine wolte er von
der erkanten und bekanten warheit nicht abwei-
chen/ oder von derſelben abſtehen/ die ward ihm
ſo viel deſto ehe geſtattet und frey gelaſſen/ weil
der Kaͤyſer noch gantz und gar nicht wolte den
namen haben/ als ob er der religion halben einen
krieg haͤtte fuͤrgenommen/ ſo war der Churfuͤrſt
geſinnet/ daß er ihm ehe den Kopff wolte laſſen
abſchlagen/ dann von der religion abtreten.
Weil nun deß Churfuͤrſtens gemahl dazumahl
in Wittenberg war/ und dem Kaͤyſer auch fuͤr
ihren gefangenen Herrn einen fußfall thaͤte/ er-
laubte er dem Churfuͤrſten/ daß er ſich noch fuͤr
dem abzuge mit ſeinem Gemahl und ſoͤhnen in
der ſtadt moͤchte unterreden/ und zu rechter zeit
wieder einſtellen/ indem nun der Churfuͤrſt in
der ſtadt Wittenberg war/ ſuchte ihn auch
D. Pomeranus anzuſprechen/ der wurde auch
von ſtund an zu ihm gelaſſen/ dann der Chur-
fuͤrſt meinet/ er wuͤrde etwan einen troſtſpruch
auß dem Goͤttlichem wort in dieſem ſeinem elen-
de von ihm hoͤren; aber er hoͤrete keinen andern
troſt von Pomerano, dann daß er umb ſeine hin-
terſtellige beſoldung anhielt/ und ward keines
troſtes oder leyd-klagens gedacht; hierauff ließ
ihm der Churfuͤrſt die begehrte bezahlung bald
entrichten/ und ſtellete ſich wieder zu beſtim̃ter
[Spaltenumbruch] zeit ins lager; Es ritt auch der Kaͤyſer Carl ei-
gener perſon in Wittenberg/ und als er ihm in
der Schloß-kirchen D. Luthers grab hat zeigen
laſſen/ auch da er ſich ſonſt wegen der Lutheriſ.
kirchen-ceremonien und kirchen-ordnungen mit
fleiß hat erkundigē laſſen/ hat er im werck er fah-
ren/ daß ſichs mit denſelben viel ordentlicher u.
beſſer verhielte/ dann wie ihm ſolches durch die
feinde deß Evangelii ware fuͤrbracht worden.

Da nun wegen dieſer niederlage der Herr
Philippus ſich mit ſeinem weib und kind gen
Braunſchweig begab/ folgete ihm auch D. Ge-
org Major
mit ſeinem geſinde nach. So war
auch D. Chilian Goldſtein von Halle dahin
gewichen (dann Hertzog Moritz ſtellete ihm als
einem Syndico der ſtadt Halle nach dem leben)
da begab ſichs einsmahls/ als D. Chilian den
Hn. Philippum in ſeiner behauſung beſuchte/
daß ſie beyde miteinander von wegen der urſa-
chen dieſes krieges begunten zu reden; Philip-
pus
meynete/ dieſes krieges erſter anfang kaͤme
auß den ſtreit-ſchrifften/ welche der Landgraͤff
von Heſſen und der Churfuͤrſt von Sachſen/
wider den Hertzog von Braunſchweig haͤtten
außgehen laſſen; und weil nun der Churfuͤrſt
daruͤber erleget waͤre worden/ ſo wuͤrde hinfort
eine exitioſa mutatio Eccleſiæ & Reipub. fol-
gen. Hierauff troͤſtet D. Chilian den Herrn
Philippum und ſagte: Ey Domine Præce-
ptor,
wir haben bißhero offt in Theologia gehoͤ-
ret den locum de cruce toleranda, uñ ſind allei-
ne in ſelbem fall theorici geweſen/ aber jetzund
wills uns unſer HERR GOtt auch lernen
practiciren und mit der that verſuchen/ damit
er uns rechtſchaffen probire/ ob wir ihm wol-
len außhalten; Ja/ antwortete Philippus, es
iſt woldavon zu reden/ ſed quis erit tandem fi-
nis præſentium calamitatum?
Ey/ antwortete
D. Chilian, propterea non eſt nobis deſperan-
dum, quia Deus etiam ex lapidibus poteſt ſuſci-
tare ſemen Abrahæ.
Weil nun Philippus
nicht wol ſicher in die ſee-ſtaͤdte von Braun-
ſchweig ziehen kunte/ ward ervon etlichen ſeinen
guten freunden an den Hartz geladen/ zu denen
er ſich gutes verſahe/ und folgte ihme zugleich
auch D. Georg mit ſeinem geſinde/ dañ ſie kuntē
auch am Hartze taͤglich beſſere kundſchafft er-
fahren/ wie es im lager und zu Wittenberg zu-
ſtuͤnde/ und hatte Michael Meyenburg bey deß
Kaͤyſ. Secretario, Joh. Oberburger/ gar treffl.
gute kundſchafft/ beyde dem Hn. Philippo und
den andern gelehrten in ihrem anliegen zu dienē.

Als nun der Kaͤyſer mit ſeinem lager nach
Halle verzog/ ward endlich auch durch unter-
handlung Hertzog Moritzen/ der Landgraffe
beym Kaͤyſer verbeten/ daß er nach gethanem
fußfall auf gnade und ungnade wieder moͤchte
zu gnaden auffgenommen und der gefaͤngnus
gefreyet bleiben; und ob wol ſolches gar ſtattlich
durch deß Kaͤyſers Hoffraͤthe zugeſaget ward/
brauchte doch der Biſchoff von Arras dieſen
liſt/ daß er auß dem wort einig/ ewig machet/
und den verſtand einige gefaͤngnis fuͤr ewige ge-
faͤngnis deutete/ und der Landgraff alſo in ſol-
cher gefaͤngnis durch dieſen liſt zu hafften ge-
bracht ward; aber mittlerweile ſtunden die her-
ren Profeſſores und gelehrten in groſſer truͤbſal
und gefahr ihrer guͤter/ ſuchten derwegen aller-
ley fuͤrderung und vorbitt/ wie ſie beyde beym
leben erhalten und bey ihrem eygenthum unver-
trieben moͤchten bleiben. Jn dieſen aͤngſten al-

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A. K. H. Vierter Theil. M 2
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[91/0387] unter denen Churfuͤrſt. Joh. Friedrichen/ Mauritio und Auguſto ergangen. gemeldet/ das volck hin und wieder zertheilet hatten/ daß daſſelbige nicht beyſammen ware/ verhielten ihm ſeine obriſten-kriegsraͤthe alle kundſchafft/ wie es umb deß Kaͤyſers krieg ſtund/ und beredeten ihn/ es waͤre uͤberall kein Kaͤyſer und kein feind fuͤrhanden/ der ihm et- was abbrechen koͤnte/ und fuͤhreten ihn glei- ches falles auch von der belaͤgerung zuruͤck die Elbe hinabwerts mit ſolcher gelegenheit/ daß der Kaͤyſer mit dem gantzen hauffen ins land kam/ und fuͤhreten ihn mit fleiß an den Elb- ſtrom an einen ſolchen ſeichten ort/ daß man den gantzen ſtrom daſelbſt allenthalben kunte te furten/ welches man ſonſt unter und ober- halb deſſelben ortes gar nicht thun kunte ꝛc. Als ſie nun den Kaͤyſer wol herbey gebracht und dem Churfuͤrſten alle kundſchafft verhal- ten und ſicher gemacht hatten/ es waͤre kein feind im gantzen lande/ und damit er ja verrathen und dem feind in die haͤnde gelieffert wuͤrde/ verzo- gen ſie mit des Churfuͤrſten lager an demſelben ſeichten furt des waſſers ſo lange/ daß ſie ihn nicht allein erſtlich die predigthoͤren/ ſondern auch die mahlzeit mit guter muſſe haltē lieſſen/ indeſſen waren die Spanier und des Kaͤyſers volck durch die Elbe/ die reyſigen und obriſten nahmen vom Churfuͤrſten die flucht auß dem felde/ alſo daß nur das fußvolck bey ihm bliebe; und ob er wol auch haͤtte koͤnnen auff Witten- berg davon gebracht werden/ ſo wolte er doch von ſeinem fußvolck nicht weichen/ und hielt in ſolchem ſcharmuͤtzel und ſtreit von ſeinen kriegs- obriſten und hauptleuten nur allein Hertzog Ernſt von Braunſchweig bey ihme/ ward auch zugleich mit ihme gefangen/ die obriſten/ haupt- leute und rittmeiſter flohen den mehrern theil von ihrem Herrn gen Wittenb. u. wo ein jeder ſeine ſicherung wuſte zu ſuchen? Da nun Hertzog Friederich alſo durch verlaſſung ſeiner obriſten gefaͤhret/ und Wittenberg vom Kaͤyſer belagert ward/ muſte ſich die ſtadt auch bald dem Kaͤy- ſer uͤbergeben/ und wie deß gefangenen Chur- fuͤrſten halben im lager eine capitulation auff- gerichtet ward/ muſte er alle punctē/ die dariñen begriffen wurden/ eingehen/ alleine wolte er von der erkanten und bekanten warheit nicht abwei- chen/ oder von derſelben abſtehen/ die ward ihm ſo viel deſto ehe geſtattet und frey gelaſſen/ weil der Kaͤyſer noch gantz und gar nicht wolte den namen haben/ als ob er der religion halben einen krieg haͤtte fuͤrgenommen/ ſo war der Churfuͤrſt geſinnet/ daß er ihm ehe den Kopff wolte laſſen abſchlagen/ dann von der religion abtreten. Weil nun deß Churfuͤrſtens gemahl dazumahl in Wittenberg war/ und dem Kaͤyſer auch fuͤr ihren gefangenen Herrn einen fußfall thaͤte/ er- laubte er dem Churfuͤrſten/ daß er ſich noch fuͤr dem abzuge mit ſeinem Gemahl und ſoͤhnen in der ſtadt moͤchte unterreden/ und zu rechter zeit wieder einſtellen/ indem nun der Churfuͤrſt in der ſtadt Wittenberg war/ ſuchte ihn auch D. Pomeranus anzuſprechen/ der wurde auch von ſtund an zu ihm gelaſſen/ dann der Chur- fuͤrſt meinet/ er wuͤrde etwan einen troſtſpruch auß dem Goͤttlichem wort in dieſem ſeinem elen- de von ihm hoͤren; aber er hoͤrete keinen andern troſt von Pomerano, dann daß er umb ſeine hin- terſtellige beſoldung anhielt/ und ward keines troſtes oder leyd-klagens gedacht; hierauff ließ ihm der Churfuͤrſt die begehrte bezahlung bald entrichten/ und ſtellete ſich wieder zu beſtim̃ter zeit ins lager; Es ritt auch der Kaͤyſer Carl ei- gener perſon in Wittenberg/ und als er ihm in der Schloß-kirchen D. Luthers grab hat zeigen laſſen/ auch da er ſich ſonſt wegen der Lutheriſ. kirchen-ceremonien und kirchen-ordnungen mit fleiß hat erkundigē laſſen/ hat er im werck er fah- ren/ daß ſichs mit denſelben viel ordentlicher u. beſſer verhielte/ dann wie ihm ſolches durch die feinde deß Evangelii ware fuͤrbracht worden. Da nun wegen dieſer niederlage der Herr Philippus ſich mit ſeinem weib und kind gen Braunſchweig begab/ folgete ihm auch D. Ge- org Major mit ſeinem geſinde nach. So war auch D. Chilian Goldſtein von Halle dahin gewichen (dann Hertzog Moritz ſtellete ihm als einem Syndico der ſtadt Halle nach dem leben) da begab ſichs einsmahls/ als D. Chilian den Hn. Philippum in ſeiner behauſung beſuchte/ daß ſie beyde miteinander von wegen der urſa- chen dieſes krieges begunten zu reden; Philip- pus meynete/ dieſes krieges erſter anfang kaͤme auß den ſtreit-ſchrifften/ welche der Landgraͤff von Heſſen und der Churfuͤrſt von Sachſen/ wider den Hertzog von Braunſchweig haͤtten außgehen laſſen; und weil nun der Churfuͤrſt daruͤber erleget waͤre worden/ ſo wuͤrde hinfort eine exitioſa mutatio Eccleſiæ & Reipub. fol- gen. Hierauff troͤſtet D. Chilian den Herrn Philippum und ſagte: Ey Domine Præce- ptor, wir haben bißhero offt in Theologia gehoͤ- ret den locum de cruce toleranda, uñ ſind allei- ne in ſelbem fall theorici geweſen/ aber jetzund wills uns unſer HERR GOtt auch lernen practiciren und mit der that verſuchen/ damit er uns rechtſchaffen probire/ ob wir ihm wol- len außhalten; Ja/ antwortete Philippus, es iſt woldavon zu reden/ ſed quis erit tandem fi- nis præſentium calamitatum? Ey/ antwortete D. Chilian, propterea non eſt nobis deſperan- dum, quia Deus etiam ex lapidibus poteſt ſuſci- tare ſemen Abrahæ. Weil nun Philippus nicht wol ſicher in die ſee-ſtaͤdte von Braun- ſchweig ziehen kunte/ ward ervon etlichen ſeinen guten freunden an den Hartz geladen/ zu denen er ſich gutes verſahe/ und folgte ihme zugleich auch D. Georg mit ſeinem geſinde/ dañ ſie kuntē auch am Hartze taͤglich beſſere kundſchafft er- fahren/ wie es im lager und zu Wittenberg zu- ſtuͤnde/ und hatte Michael Meyenburg bey deß Kaͤyſ. Secretario, Joh. Oberburger/ gar treffl. gute kundſchafft/ beyde dem Hn. Philippo und den andern gelehrten in ihrem anliegen zu dienē. Als nun der Kaͤyſer mit ſeinem lager nach Halle verzog/ ward endlich auch durch unter- handlung Hertzog Moritzen/ der Landgraffe beym Kaͤyſer verbeten/ daß er nach gethanem fußfall auf gnade und ungnade wieder moͤchte zu gnaden auffgenommen und der gefaͤngnus gefreyet bleiben; und ob wol ſolches gar ſtattlich durch deß Kaͤyſers Hoffraͤthe zugeſaget ward/ brauchte doch der Biſchoff von Arras dieſen liſt/ daß er auß dem wort einig/ ewig machet/ und den verſtand einige gefaͤngnis fuͤr ewige ge- faͤngnis deutete/ und der Landgraff alſo in ſol- cher gefaͤngnis durch dieſen liſt zu hafften ge- bracht ward; aber mittlerweile ſtunden die her- ren Profeſſores und gelehrten in groſſer truͤbſal und gefahr ihrer guͤter/ ſuchten derwegen aller- ley fuͤrderung und vorbitt/ wie ſie beyde beym leben erhalten und bey ihrem eygenthum unver- trieben moͤchten bleiben. Jn dieſen aͤngſten al- lein A. K. H. Vierter Theil. M 2

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/387>, abgerufen am 13.05.2024.