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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Fortgesetzte allgemeine anmerckungen
[Spaltenumbruch] wingen/ auch endlich gar zu tödten nach dem
eibe. Befielet euch das der HErr JEsus ir-
gends wo? Nirgends/ sondern verbietet euch
das unkraut auszurotten Matth. XIII. Und
befiehlet hingegen wol den bann/ d. i. aus dem
hause oder kirche GOttes zu verstossen. Das
könt ihr nicht thun/ aber wol die H. schrifft alt
und neu mißbrauchen/ nur an Christi stattüber
die seelen zuherrschen. Wolt ihr noch ferner mit
allegorien beweisen/ warum bringt ihr nicht
Pauli, das ist/ eine schriftmäßige allegorie herfür
von Jsmael und Jsaac? die bedeuten die zwey
Testamente/ und stellen den fleischlichen und
geistlichen Menschen vor nach der erklärung
des Apostels selbst Gal. IV. oder dienet euch
Leuten diese allegorie nicht/ darum/ weil sie
von dem Geist der Wahrheit bezeuget/ platt
wider euer vornehmen ist/ und euch bezeichnet/
daß ihr dienstbare Knechte seyd/ und keine
Söhne der Freyen/ fleischliche/ und keine geist-
liche/ und der geistlichen verfolger mit Jsmael/
mit den Phariseern und mit den Juden/ aber
keine verfolgte mit Jsaac/ mit Christo und
mit den Christen. Diese wolt ihr als rechte
fleischliche und gewaltige Jsmaeliten gewalt-
samlich zwingen zu euren fleischlichen opinio-
nen/ als Rosse und Mäuler/ aber nicht mit freund-
liche anlocken/ durch unterweisung der wahrheit
zu der geistlichen erkäntnis/ als redliche und freye
Menschen. Hierzu nun seyd ihr nicht faul die
Schrifft zu verkehren/ platt wider die Lehre und
Leben JESU Christi. Wo hat er irgends
einen mensche mit äusser licher gewalt zu sich ge-
zwungen? Als er/ nach dem er viele seiner Jün-
ger sahe ihn verlassen/ denen zwölffen freye will-
kühr gab/ gleicher weise von ihm zu scheiden/
fragte er: Wollt ihr auch weggehen? Joh. VI.
66. 67. Solte das gezwungen seyn? Also hat
Christus niemanden/ als Roß und Mäuler/
mit weltlicher Macht zwingen wollen zu ihm
zu kommen/ oder bey ihm zu bleiben/ welches
man ja nirgends von dem HErrn lieset/ der
dennoch selbst der rechte HERR ist/ und
sonst weder Käyser noch Pabst über die See-
len der Menschen. So lieset man auch durch-
gehends/ wie freundlich er zu sich locket/ nicht
die gesunden/ sondern die krancken/ verirreten/ ja
hartnäckig und ketzerische Menschen. Kommt
(spricht JEsus) her zu mir alle/ die ihr belastet
und beladen seyd/ ich will euch erquicken.
Matth. XI. Item: Jerusalem/ Jerusalem/ wie
offt hab ich euch versamlen wollen/ wie eine
Henne ihre Küchlein/ aber ihr habt nicht ge-
wollt. Matth. XXIII. 37. mit mancherley
grossen/ und andern dergleichen lieblichen nö-
thigungen/ aber nicht mit einem gewaltigen
nothzwang. Der Leser urtheile nun/ ob hier die
Römische Kirche mit ihren Minoriten/ Jesui-
ten und allen ihren andern kindern/ die über den
verirreten Menschen nichts denn blut schreyen/
nichts denn vom brennen und abschneiden ruf-
fen/ mehr gleichheit habe mit dem barmhertzi-
gen/ anlockenden und gütigen JESU/ oder
mit dem strengen/ drohenden und blutigen
Mose. Hier wirfft dieser das schwerd Christi/
die allvermögende wahrheit/ schon wieder aus
der hand/ in dem er nach Mosis rachschwerd
greifft/ und will die Römische grausamkeit schön
machen mit diesen worten: Mögen (sagt die-"
er Pamelius) die Heiligen und Frommen nie-"
[Spaltenumbruch] manden verfolgen/ sondern allein verfolgung"
leiden/ wessen stimme meinen sie dann ge-"
wesen seyn in Psal. XIIX. 38. Jch will meine"
feinde verfolgen/ ich will sie ergreiffen/ und"
nicht umkehren/ biß ich vergehe/ (oder/ sie ver-"
gehen) Antwort: Man lese Augustinum, den"
ersten von den vier Pfeilern eurer Kirche/ wel-"
cher an selbem ort (in Psal. XIIX. enarrat.) diß"
vor Davids stimme hält/ sagende: Jch will"
meine fleischliche affecten verfolgen/ und von"
ihnen nicht gegriffen werden/ sondern sie er-"
greiffen/ biß daß sie zu nichte werden." Diß ist
der Heiligen heilige verfolgung wider ihres heil-
osen hertzens begierden/ diß sind die rechten freun-
de/ die ihre äusserliche feinde lieb haben Matth.
V.
) und diß ist die art der liebhabenden Kinder
Gottes/ die das böse mit gutem überwinden/
(Rom. XII.) nicht die neidische Phariseer. Die-
se art der liebe bewiese David selbst an seinem
feinde Saul/ der ihn verfolgte und einsperrete.
1. Kön. XXVI. 7. -- 10. XXIII. XXIV.
6. -- 8. Sprecht ihr: Derselbe Augustinus
sagt über dieselbe worte Davids das/ was ihr
aus ihm erzehlet/ so muß ich antworten/ daß
ihr dabey/ und bey viel dergleichen streitigkei-
ten/ so man bey ihm und auch den andern Vä-
tern findet/ möget mercken/ daß sie Menschen
sind/ die eben auch geirret haben/ auch offte ein-
ander widersprechen/ und man nirgends gewiß
trauen darff. Sie zancken sich selbst wol/ darum
sie uns öffters von ihren Schrifften ab/ und auf
die Schrifft weisen/ als welche allein gewiß/
und unzweiffelhafft ein zeuge der wahrheit ist.

Wer (sagt ferner dieser Canonicus) der Käy-"
ser Gesetzen/ die vor die wahrheit gegeben"
werden/ nicht will gehorsamen/ der verdienet"
grosse straffe. Antwort: Das ist nun von der"
schrifft wieder zu der vernunfft zurück gelauf-"
fen." Wer der Menschen-gesetze/ die etwas
wider Gott gebieten/ gehorsam ist/ der verschul-
det noch mehr straffe. Oder haben alle Mar-
tyrer mit recht grosse straffe verschuldet/ daß sie
der tyrannischen Kayser gesetze/ so wider Gott
waren/ nicht wolten gehorsamen? Oder sind keine
Käyser/ die etwas wider Gott gebieten? Sum-
ma/ entweder es sind der Käyser oder Gottes ge-
bote. Sagt ihr Gottes/ so sinds nicht der Ketzer
gebote GOTTes geboten muß jederman ge-
horchen. (Pred. Sal. XII. 13.) Aber sind es
der Käyser gebote/ so sinds nicht Gottes/ son-
dern der Menschen gebote/ damit wird GOtt
nicht gedienet noch gehorsamet. Weiter sucht
er hülffe bey einem Heidnischen Poeten/ und
sagt aus dem Terentio: Jhr könt nicht"
recht thun/ als wenn ihr mit straffen gezwun-"
gen seyd." Antwort: Ohne willen thut man
nichts/ das recht ist/ und was man aus zwang
thut/ das thut man nicht mit willen. So thut
niemand etwas/ das recht ist/ aus zwang.
Zwang ist vergebens. Die Schrifft saget"
Spr. Sal. XXIII. 13. daß man mit schla-"
gen solle zwingen/ nicht allein einen unnützen"
knecht/ sondern auch den Sohn." Antwort:
Zu gehörigem dienst und erbaren sitten soll ein
jeder guter Haus-vater seine knechte oder
kinder/ die unwillig sind/ zwingen. Aber nir-
gends befiehlet Christus jemanden seiner unter-
sassen/ knechte/ kinder/ weib oder nächsten/ diß
oder das zu glauben zu zwingen. Denn der glau-
be ist eine gabe/ nicht ein zwang/ Gottes/ keines

Men-

Th. IV. Fortgeſetzte allgemeine anmerckungen
[Spaltenumbruch] wingen/ auch endlich gar zu toͤdten nach dem
eibe. Befielet euch das der HErr JEſus ir-
gends wo? Nirgends/ ſondern verbietet euch
das unkraut auszurotten Matth. XIII. Und
befiehlet hingegen wol den bann/ d. i. aus dem
hauſe oder kirche GOttes zu verſtoſſen. Das
koͤnt ihr nicht thun/ aber wol die H. ſchrifft alt
und neu mißbrauchen/ nur an Chriſti ſtattuͤber
die ſeelen zuherrſchen. Wolt ihr noch ferner mit
allegorien beweiſen/ warum bringt ihr nicht
Pauli, das iſt/ eine ſchriftmaͤßige allegorie herfuͤr
von Jſmael und Jſaac? die bedeuten die zwey
Teſtamente/ und ſtellen den fleiſchlichen und
geiſtlichen Menſchen vor nach der erklaͤrung
des Apoſtels ſelbſt Gal. IV. oder dienet euch
Leuten dieſe allegorie nicht/ darum/ weil ſie
von dem Geiſt der Wahrheit bezeuget/ platt
wider euer vornehmen iſt/ und euch bezeichnet/
daß ihr dienſtbare Knechte ſeyd/ und keine
Soͤhne der Freyen/ fleiſchliche/ und keine geiſt-
liche/ und der geiſtlichen verfolger mit Jſmael/
mit den Phariſeern und mit den Juden/ aber
keine verfolgte mit Jſaac/ mit Chriſto und
mit den Chriſten. Dieſe wolt ihr als rechte
fleiſchliche und gewaltige Jſmaeliten gewalt-
ſamlich zwingen zu euren fleiſchlichen opinio-
nen/ als Roſſe uñ Maͤuler/ aber nicht mit freund-
lichē anlocken/ durch unterweiſung der wahrheit
zu der geiſtlichen erkaͤntnis/ als redliche uñ freye
Menſchen. Hierzu nun ſeyd ihr nicht faul die
Schrifft zu verkehren/ platt wider die Lehre und
Leben JESU Chriſti. Wo hat er irgends
einen menſchē mit aͤuſſer licher gewalt zu ſich ge-
zwungen? Als er/ nach dem er viele ſeiner Juͤn-
ger ſahe ihn verlaſſen/ denen zwoͤlffen freye will-
kuͤhr gab/ gleicher weiſe von ihm zu ſcheiden/
fragte er: Wollt ihr auch weggehen? Joh. VI.
66. 67. Solte das gezwungen ſeyn? Alſo hat
Chriſtus niemanden/ als Roß und Maͤuler/
mit weltlicher Macht zwingen wollen zu ihm
zu kommen/ oder bey ihm zu bleiben/ welches
man ja nirgends von dem HErrn lieſet/ der
dennoch ſelbſt der rechte HERR iſt/ und
ſonſt weder Kaͤyſer noch Pabſt uͤber die See-
len der Menſchen. So lieſet man auch durch-
gehends/ wie freundlich er zu ſich locket/ nicht
die geſunden/ ſondern die krancken/ verirreten/ ja
hartnaͤckig und ketzeriſche Menſchen. Kommt
(ſpricht JEſus) her zu mir alle/ die ihr belaſtet
und beladen ſeyd/ ich will euch erquicken.
Matth. XI. Item: Jeruſalem/ Jeruſalem/ wie
offt hab ich euch verſamlen wollen/ wie eine
Henne ihre Kuͤchlein/ aber ihr habt nicht ge-
wollt. Matth. XXIII. 37. mit mancherley
groſſen/ und andern dergleichen lieblichen noͤ-
thigungen/ aber nicht mit einem gewaltigen
nothzwang. Der Leſer urtheile nun/ ob hier die
Roͤmiſche Kirche mit ihren Minoriten/ Jeſui-
ten und allen ihren andern kindern/ die uͤber den
verirreten Menſchen nichts denn blut ſchreyen/
nichts denn vom brennen und abſchneiden ruf-
fen/ mehr gleichheit habe mit dem barmhertzi-
gen/ anlockenden und guͤtigen JESU/ oder
mit dem ſtrengen/ drohenden und blutigen
Moſe. Hier wirfft dieſer das ſchwerd Chriſti/
die allvermoͤgende wahrheit/ ſchon wieder aus
der hand/ in dem er nach Moſis rachſchwerd
greifft/ uñ will die Roͤmiſche grauſamkeit ſchoͤn
machen mit dieſen worten: Moͤgen (ſagt die-“
er Pamelius) die Heiligen und Frommen nie-“
[Spaltenumbruch] manden verfolgen/ ſondern allein verfolgung“
leiden/ weſſen ſtimme meinen ſie dann ge-“
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gehen) Antwort: Man leſe Auguſtinum, den“
erſten von den vier Pfeilern eurer Kirche/ wel-“
cher an ſelbem ort (in Pſal. XIIX. enarrat.) diß“
vor Davids ſtimme haͤlt/ ſagende: Jch will“
meine fleiſchliche affecten verfolgen/ und von“
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greiffen/ biß daß ſie zu nichte werden.“ Diß iſt
der Heiligen heilige verfolgung wider ihres heil-
oſen hertzens begierden/ diß ſind die rechtẽ freun-
de/ die ihre aͤuſſerliche feinde lieb haben Matth.
V.
) und diß iſt die art der liebhabenden Kinder
Gottes/ die das boͤſe mit gutem uͤberwinden/
(Rom. XII.) nicht die neidiſchē Phariſeer. Die-
ſe art der liebe bewieſe David ſelbſt an ſeinem
feinde Saul/ der ihn verfolgte und einſperrete.
1. Koͤn. XXVI. 7. — 10. XXIII. XXIV.
6. — 8. Sprecht ihr: Derſelbe Auguſtinus
ſagt uͤber dieſelbe worte Davids das/ was ihr
aus ihm erzehlet/ ſo muß ich antworten/ daß
ihr dabey/ und bey viel dergleichen ſtreitigkei-
ten/ ſo man bey ihm und auch den andern Vaͤ-
tern findet/ moͤget mercken/ daß ſie Menſchen
ſind/ die eben auch geirret haben/ auch offte ein-
ander widerſprechen/ und man nirgends gewiß
trauen darff. Sie zancken ſich ſelbſt wol/ darum
ſie uns oͤffters von ihren Schrifften ab/ und auf
die Schrifft weiſen/ als welche allein gewiß/
und unzweiffelhafft ein zeuge der wahrheit iſt.

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ſer Geſetzen/ die vor die wahrheit gegeben“
werden/ nicht will gehorſamen/ der verdienet“
groſſe ſtraffe. Antwort: Das iſt nun von der“
ſchrifft wieder zu der vernunfft zuruͤck gelauf-“
fen.“ Wer der Menſchen-geſetze/ die etwas
wider Gott gebieten/ gehorſam iſt/ der verſchul-
det noch mehr ſtraffe. Oder haben alle Mar-
tyrer mit recht groſſe ſtraffe verſchuldet/ daß ſie
der tyranniſchen Kayſer geſetze/ ſo wider Gott
waren/ nicht woltẽ gehorſamen? Oder ſind keine
Kaͤyſer/ die etwas wider Gott gebieten? Sum-
ma/ entweder es ſind der Kaͤyſer oder Gottes ge-
bote. Sagt ihr Gottes/ ſo ſinds nicht der Ketzer
gebote GOTTes geboten muß jederman ge-
horchen. (Pred. Sal. XII. 13.) Aber ſind es
der Kaͤyſer gebote/ ſo ſinds nicht Gottes/ ſon-
dern der Menſchen gebote/ damit wird GOtt
nicht gedienet noch gehorſamet. Weiter ſucht
er huͤlffe bey einem Heidniſchen Poeten/ und
ſagt aus dem Terentio: Jhr koͤnt nicht“
recht thun/ als wenn ihr mit ſtraffen gezwun-“
gen ſeyd.“ Antwort: Ohne willen thut man
nichts/ das recht iſt/ und was man aus zwang
thut/ das thut man nicht mit willen. So thut
niemand etwas/ das recht iſt/ aus zwang.
Zwang iſt vergebens. Die Schrifft ſaget“
Spr. Sal. XXIII. 13. daß man mit ſchla-“
gen ſolle zwingen/ nicht allein einen unnuͤtzen“
knecht/ ſondern auch den Sohn.“ Antwort:
Zu gehoͤrigem dienſt und erbaren ſitten ſoll ein
jeder guter Haus-vater ſeine knechte oder
kinder/ die unwillig ſind/ zwingen. Aber nir-
gends befiehlet Chriſtus jemanden ſeiner unter-
ſaſſen/ knechte/ kinder/ weib oder naͤchſten/ diß
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[30/0326] Th. IV. Fortgeſetzte allgemeine anmerckungen wingen/ auch endlich gar zu toͤdten nach dem eibe. Befielet euch das der HErr JEſus ir- gends wo? Nirgends/ ſondern verbietet euch das unkraut auszurotten Matth. XIII. Und befiehlet hingegen wol den bann/ d. i. aus dem hauſe oder kirche GOttes zu verſtoſſen. Das koͤnt ihr nicht thun/ aber wol die H. ſchrifft alt und neu mißbrauchen/ nur an Chriſti ſtattuͤber die ſeelen zuherrſchen. Wolt ihr noch ferner mit allegorien beweiſen/ warum bringt ihr nicht Pauli, das iſt/ eine ſchriftmaͤßige allegorie herfuͤr von Jſmael und Jſaac? die bedeuten die zwey Teſtamente/ und ſtellen den fleiſchlichen und geiſtlichen Menſchen vor nach der erklaͤrung des Apoſtels ſelbſt Gal. IV. oder dienet euch Leuten dieſe allegorie nicht/ darum/ weil ſie von dem Geiſt der Wahrheit bezeuget/ platt wider euer vornehmen iſt/ und euch bezeichnet/ daß ihr dienſtbare Knechte ſeyd/ und keine Soͤhne der Freyen/ fleiſchliche/ und keine geiſt- liche/ und der geiſtlichen verfolger mit Jſmael/ mit den Phariſeern und mit den Juden/ aber keine verfolgte mit Jſaac/ mit Chriſto und mit den Chriſten. Dieſe wolt ihr als rechte fleiſchliche und gewaltige Jſmaeliten gewalt- ſamlich zwingen zu euren fleiſchlichen opinio- nen/ als Roſſe uñ Maͤuler/ aber nicht mit freund- lichē anlocken/ durch unterweiſung der wahrheit zu der geiſtlichen erkaͤntnis/ als redliche uñ freye Menſchen. Hierzu nun ſeyd ihr nicht faul die Schrifft zu verkehren/ platt wider die Lehre und Leben JESU Chriſti. Wo hat er irgends einen menſchē mit aͤuſſer licher gewalt zu ſich ge- zwungen? Als er/ nach dem er viele ſeiner Juͤn- ger ſahe ihn verlaſſen/ denen zwoͤlffen freye will- kuͤhr gab/ gleicher weiſe von ihm zu ſcheiden/ fragte er: Wollt ihr auch weggehen? Joh. VI. 66. 67. Solte das gezwungen ſeyn? Alſo hat Chriſtus niemanden/ als Roß und Maͤuler/ mit weltlicher Macht zwingen wollen zu ihm zu kommen/ oder bey ihm zu bleiben/ welches man ja nirgends von dem HErrn lieſet/ der dennoch ſelbſt der rechte HERR iſt/ und ſonſt weder Kaͤyſer noch Pabſt uͤber die See- len der Menſchen. So lieſet man auch durch- gehends/ wie freundlich er zu ſich locket/ nicht die geſunden/ ſondern die krancken/ verirreten/ ja hartnaͤckig und ketzeriſche Menſchen. Kommt (ſpricht JEſus) her zu mir alle/ die ihr belaſtet und beladen ſeyd/ ich will euch erquicken. Matth. XI. Item: Jeruſalem/ Jeruſalem/ wie offt hab ich euch verſamlen wollen/ wie eine Henne ihre Kuͤchlein/ aber ihr habt nicht ge- wollt. Matth. XXIII. 37. mit mancherley groſſen/ und andern dergleichen lieblichen noͤ- thigungen/ aber nicht mit einem gewaltigen nothzwang. Der Leſer urtheile nun/ ob hier die Roͤmiſche Kirche mit ihren Minoriten/ Jeſui- ten und allen ihren andern kindern/ die uͤber den verirreten Menſchen nichts denn blut ſchreyen/ nichts denn vom brennen und abſchneiden ruf- fen/ mehr gleichheit habe mit dem barmhertzi- gen/ anlockenden und guͤtigen JESU/ oder mit dem ſtrengen/ drohenden und blutigen Moſe. Hier wirfft dieſer das ſchwerd Chriſti/ die allvermoͤgende wahrheit/ ſchon wieder aus der hand/ in dem er nach Moſis rachſchwerd greifft/ uñ will die Roͤmiſche grauſamkeit ſchoͤn machen mit dieſen worten: Moͤgen (ſagt die-“ er Pamelius) die Heiligen und Frommen nie-“ manden verfolgen/ ſondern allein verfolgung“ leiden/ weſſen ſtimme meinen ſie dann ge-“ weſen ſeyn in Pſal. XIIX. 38. Jch will meine“ feinde verfolgen/ ich will ſie ergreiffen/ und“ nicht umkehren/ biß ich vergehe/ (oder/ ſie ver-“ gehen) Antwort: Man leſe Auguſtinum, den“ erſten von den vier Pfeilern eurer Kirche/ wel-“ cher an ſelbem ort (in Pſal. XIIX. enarrat.) diß“ vor Davids ſtimme haͤlt/ ſagende: Jch will“ meine fleiſchliche affecten verfolgen/ und von“ ihnen nicht gegriffen werden/ ſondern ſie er-“ greiffen/ biß daß ſie zu nichte werden.“ Diß iſt der Heiligen heilige verfolgung wider ihres heil- oſen hertzens begierden/ diß ſind die rechtẽ freun- de/ die ihre aͤuſſerliche feinde lieb haben Matth. V.) und diß iſt die art der liebhabenden Kinder Gottes/ die das boͤſe mit gutem uͤberwinden/ (Rom. XII.) nicht die neidiſchē Phariſeer. Die- ſe art der liebe bewieſe David ſelbſt an ſeinem feinde Saul/ der ihn verfolgte und einſperrete. 1. Koͤn. XXVI. 7. — 10. XXIII. XXIV. 6. — 8. Sprecht ihr: Derſelbe Auguſtinus ſagt uͤber dieſelbe worte Davids das/ was ihr aus ihm erzehlet/ ſo muß ich antworten/ daß ihr dabey/ und bey viel dergleichen ſtreitigkei- ten/ ſo man bey ihm und auch den andern Vaͤ- tern findet/ moͤget mercken/ daß ſie Menſchen ſind/ die eben auch geirret haben/ auch offte ein- ander widerſprechen/ und man nirgends gewiß trauen darff. Sie zancken ſich ſelbſt wol/ darum ſie uns oͤffters von ihren Schrifften ab/ und auf die Schrifft weiſen/ als welche allein gewiß/ und unzweiffelhafft ein zeuge der wahrheit iſt. Wer (ſagt ferner dieſer Canonicus) der Kaͤy-“ ſer Geſetzen/ die vor die wahrheit gegeben“ werden/ nicht will gehorſamen/ der verdienet“ groſſe ſtraffe. Antwort: Das iſt nun von der“ ſchrifft wieder zu der vernunfft zuruͤck gelauf-“ fen.“ Wer der Menſchen-geſetze/ die etwas wider Gott gebieten/ gehorſam iſt/ der verſchul- det noch mehr ſtraffe. Oder haben alle Mar- tyrer mit recht groſſe ſtraffe verſchuldet/ daß ſie der tyranniſchen Kayſer geſetze/ ſo wider Gott waren/ nicht woltẽ gehorſamen? Oder ſind keine Kaͤyſer/ die etwas wider Gott gebieten? Sum- ma/ entweder es ſind der Kaͤyſer oder Gottes ge- bote. Sagt ihr Gottes/ ſo ſinds nicht der Ketzer gebote GOTTes geboten muß jederman ge- horchen. (Pred. Sal. XII. 13.) Aber ſind es der Kaͤyſer gebote/ ſo ſinds nicht Gottes/ ſon- dern der Menſchen gebote/ damit wird GOtt nicht gedienet noch gehorſamet. Weiter ſucht er huͤlffe bey einem Heidniſchen Poeten/ und ſagt aus dem Terentio: Jhr koͤnt nicht“ recht thun/ als wenn ihr mit ſtraffen gezwun-“ gen ſeyd.“ Antwort: Ohne willen thut man nichts/ das recht iſt/ und was man aus zwang thut/ das thut man nicht mit willen. So thut niemand etwas/ das recht iſt/ aus zwang. Zwang iſt vergebens. Die Schrifft ſaget“ Spr. Sal. XXIII. 13. daß man mit ſchla-“ gen ſolle zwingen/ nicht allein einen unnuͤtzen“ knecht/ ſondern auch den Sohn.“ Antwort: Zu gehoͤrigem dienſt und erbaren ſitten ſoll ein jeder guter Haus-vater ſeine knechte oder kinder/ die unwillig ſind/ zwingen. Aber nir- gends befiehlet Chriſtus jemanden ſeiner unter- ſaſſen/ knechte/ kinder/ weib oder naͤchſten/ diß oder das zu glauben zu zwingen. Denn der glau- be iſt eine gabe/ nicht ein zwang/ Gottes/ keines Men-

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/326>, abgerufen am 28.04.2024.