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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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von denen ketzer-geschichten.
[Spaltenumbruch] noch nicht auff? Jst CHristi gesetze uns nicht
von GOtt zuhalten befohlen/ da er aus dem
himmel sagte: diesen soltihr hören! So ver-
achtet man CHristum unsern König/ ja GOtt
selber. Verdienet diejenige kirche ihr auch ge-
horsam zu werden/ die da selbst GOTT und
CHristo ungehorsam ist? Jst dann uns befoh-
len mit den Juden Mosis gesetze zugehorsamen/
da wir Christen andere von CHristo empfan-
gen haben? CHristus befiehlet zu locken/ Mo-
ses zu zwingen/ und CHristus verbeut die ketzer
zu bannen/ Moses aber die götzen-diener (er
redet von keinem ketzer) zu tödten. Nun be-
gnüget euch leuten aber nicht mit Christi straffe
über die ketzer/ nemlich dem bann von ihm be-
fohlen/ und mißbraucht Mosis blut-straffe bey
ihm/ nicht über die ketzer/ sondern andere übel-
thäter geboten/ die nemlich wieder die götzen-
diener gegeben. Befugt das Christen oder
Jüden? Jst Moses euer Herr und gesetz-geber/
so dienet ihm: ists aber CHristus/ wie ihr
sagt/ warum verwerffet ihr denn seine gesetze?
Aber wozu braucht ihr Macharii exempel von
seiner Mosaischen todes-straffe/ und nicht von
CHristi straffe mit dem bann anders/ denn daß
euch Mosis gesetz angenehmer ist demselben zu
gehorsamen denn CHristi gesetz? Lasset denn
eure worte euren thaten gleich seyn/ handelt mit
wahrheit/ nennet euch selber Mosianer/ nicht
Christen. Waren die Donatisten/ Sabellier,
Circumcellier, Arianer
und andere/ die eure
vorväter von den Käysern wolten gestrafft ha-
ben/ nicht nur ketzer/ sondern auch handthätige
mörder und übelthäter/ warum liesset ihr sie die
Fürsten nicht straffen/ als solche übelthäter/ mit
dem tode nach euren weltlichen gesetzen? Wa-
ren sie aber keine übelthäter/ sondern allein ketzer/
oder irrige/ was hatten sich die Fürsten damit zu
bemühen? Warum straffte sie die kirche selbst
nicht nach CHristi gesetz mit dem bann? Aber
damit waren sie nicht begnügt/ und erwiesen sich
nicht als CHristi kirche/ sondern als die Mo-
saische Synagoge. Mit der Synagogen
stimme rieffen sie zu Pilati nachfolgern: Wir
haben ein gesetz/ daß wir niemand dürffen töd-
ten/ denn alleiniglich bannen/ tödtet ihr die ke-
tzer. Der Käyser gebot und leibes-straffe soll
mehr krafft haben denn der Synagogen/ denn
Gregorii oder Athanasii worte. (fol. 86.) O
"ihr Fürsten/ indem ihr die ketzer nicht straffet/
"verurtheilet ihr die Kirchen-lehrer. Zwin-
"get sie hinein zugehen/ und zwar nicht mit wor-
"ten und freundlichem nöthigen nach CHristi
"und seiner Apostel weise/ die keine weltliche
"Obrigkeit waren; sondern mit strengem to-
"de auff unsere Phariseische weise/ ja auff Mo-
"sis weise/ der auch obrigkeit war/ ihr habt
das schwerd/ ihr könnets; wir aber haben nur
worte/ was vermögen die! So sprachen die von
der Römische kirchen die Käyser an/ schreibet der
Canonicus. Solcher Mosaischer handel im
reiche CHristi schien ihm nicht wol gnug zu seyn
zu seinem vortheil die ketzer zu bezwingen und
zu tödten. Da kehret er sich wieder von Mose
zu CHristo und pochet CHristi zwang zu be-
weisen mit Sauli bekehrung und mit dem zug
des vaters (89.) Saulus war ein verirrter/
aber kein ketzer/ er war wol zu beugen und nicht
hartnäckig/ er ward eine kurtze zeit mit blind-
heit gestrafft/ auff daß er ewiglich sehen solte:
[Spaltenumbruch] Er ward mit worten unterwiesen/ daß er könte
genesen/ und sein irrthum ward mit wahrheit
getödtet/ aber nicht sein leib mit dem schwerd.
Seyd ihr nun CHristi/ und nicht Mosis lehr-
linge/ so folget hierinn CHristi gütigkeit/ und
nicht Mosis blutgierigkeit nach/ denn er ist euch
nicht zum fürbilde gestellet/ sondern CHristus.
Da ich nun auff des Vaters zug hoffe/ so sehe
ich/ wie eure unwahre opinion möge stand hal-
ten/ die lügen eurer feinde abzulehnen. Diese
machen den willen des menschen eigen/ ihr aber
haltet ihn vor frey. Wer frey ist/ den lockt man;
der aber eigen ist/ den zwingt man. Nun wolt
ihr wieder die wahrheit und eure eigene lehre
zwingen. Was für hülffe möget ihr doch an-
ders suchen wider die wahrheit/ denn die lügen?

So verwirfft man nun auch Augustini wor-
te/ die durchgehends mehr denn CHristi worte
euer schild sind. Welche? Diese über eben die
worte CHristi bey ihm geschrieben (Expos. in
Joh. tract. 26. de cap.
6.) Was wollen wir"
hier sagen/ lieben brüder? Werden wir gezo-"
gen zu CHristo/ so glauben wir wider un-"
sern willen/ so wird da gewalt gebraucht?"
so wird der wille nicht erweckt? Es kan wol"
jemand unwillig in die kirche gehen/ unwillig"
zum Altar kommen/ unwillig das Sacra-"
ment empfahen/ aber glauben mag"
niemand als mit willen (willig.) Wä-"
re es so/ daß man mit dem leibe glaubte/"
es solte auch in den unwilligen geschehen. u. s."
f. Und doch: Dencket nicht/ daß ihr ohne"
willen werdet gezogen. Das gemüth wird"
durch liebe gezogen. Und stracks darnach er-"
klärt er dasselbe mit einem exempel und gleich-"
nisse/ sagende: Simon Barjona, fleisch und blut"
hat es dir nicht offenbaret/ sondern mein vater/"
der im himmel ist. Die offenbarung ist selbst"
der zug. Zeiget ihr einem schaaf einen grü-"
nen zweig/ so ziehet ihrs. Werden einem"
kinde kleinode gezeiget/ so wird es gezogen."
Jst euch leuten denn so viel dran gelegen/ daß
ihr an CHristi statt so gern über die seelen gebie-
tet und eure weltliche macht/ gewalt und ge-
mächligkeit behaltet/ daß ihr wider die gebote
CHristi und wider eure eigne lehre vom freyen
willen/ so eine von den hauptsachen derselben ist/
nun mit eurer feinde lügen hafften lehre vom eig-
nen willen euch zubehelffen suchet/ und bezeugt/
wie an euch wahr sey das gemeine sprüchwort:
Hilff GOtt/ oder hilff teuffel/ welcher die
meiste macht von beyden hat.

Und weil ihr dem N. Testament nicht trauet/
aus welchem ihr das zwingen Pauli und den
zug GOttes gewohnet seyd wider eure feinde
gantz anders zu deuten/ weicht ihr wieder zurück
in das alte/ mit der Allegorie von Sara/ wel-
che ihre magd Hagar zwang/ euren schön-ge-
zierten zwang über die seelen zubeweisen. Das
gibt man euch nun zu/ last endlich die Allegorie
einen festen beweißthum seyn. Aber alsdann
müst ihr erst beweisen/ daß den ketzern/ als
Agar/ von GOtt befohlen ist eurer kirchen/
die ihr vor erst müsset beweisen die rechte Sara
zu seyn/ als ihrer frauen zugehorsamen. Fer-
ner muß von euch auch erst bewiesen seyn/ daß
Abraham (CHristus) eurer kirchen mann
sey/ und euch diese Agar/ oder ketzer/ in eure
macht gestellet habe/ sie nach eurem willen zu

zwin-
D 3

von denen ketzer-geſchichten.
[Spaltenumbruch] noch nicht auff? Jſt CHriſti geſetze uns nicht
von GOtt zuhalten befohlen/ da er aus dem
himmel ſagte: dieſen ſoltihr hoͤren! So ver-
achtet man CHriſtum unſern Koͤnig/ ja GOtt
ſelber. Verdienet diejenige kirche ihr auch ge-
horſam zu werden/ die da ſelbſt GOTT und
CHriſto ungehorſam iſt? Jſt dann uns befoh-
len mit den Juden Moſis geſetze zugehoꝛſamen/
da wir Chriſten andere von CHriſto empfan-
gen haben? CHriſtus befiehlet zu locken/ Mo-
ſes zu zwingen/ und CHriſtus verbeut die ketzer
zu bannen/ Moſes aber die goͤtzen-diener (er
redet von keinem ketzer) zu toͤdten. Nun be-
gnuͤget euch leuten aber nicht mit Chriſti ſtraffe
uͤber die ketzer/ nemlich dem bann von ihm be-
fohlen/ und mißbraucht Moſis blut-ſtraffe bey
ihm/ nicht uͤber die ketzer/ ſondern andere uͤbel-
thaͤter geboten/ die nemlich wieder die goͤtzen-
diener gegeben. Befugt das Chriſten oder
Juͤden? Jſt Moſes euer Herꝛ und geſetz-geber/
ſo dienet ihm: iſts aber CHriſtus/ wie ihr
ſagt/ warum verwerffet ihr denn ſeine geſetze?
Aber wozu braucht ihr Macharii exempel von
ſeiner Moſaiſchen todes-ſtraffe/ und nicht von
CHriſti ſtraffe mit dem bann anders/ denn daß
euch Moſis geſetz angenehmer iſt demſelben zu
gehorſamen denn CHriſti geſetz? Laſſet denn
eure worte euren thaten gleich ſeyn/ handelt mit
wahrheit/ nennet euch ſelber Moſianer/ nicht
Chriſten. Waren die Donatiſten/ Sabellier,
Circumcellier, Arianer
und andere/ die eure
vorvaͤter von den Kaͤyſern wolten geſtrafft ha-
ben/ nicht nur ketzer/ ſondern auch handthaͤtige
moͤrder und uͤbelthaͤter/ warum lieſſet ihr ſie die
Fuͤrſten nicht ſtraffen/ als ſolche uͤbelthaͤter/ mit
dem tode nach euren weltlichen geſetzen? Wa-
ren ſie aber keine uͤbelthaͤteꝛ/ ſondeꝛn allein ketzer/
oder irrige/ was hatten ſich die Fuͤrſten damit zu
bemuͤhen? Warum ſtraffte ſie die kirche ſelbſt
nicht nach CHriſti geſetz mit dem bann? Aber
damit waren ſie nicht begnuͤgt/ und eꝛwieſen ſich
nicht als CHriſti kirche/ ſondern als die Mo-
ſaiſche Synagoge. Mit der Synagogen
ſtimme rieffen ſie zu Pilati nachfolgern: Wir
haben ein geſetz/ daß wir niemand duͤrffen toͤd-
ten/ denn alleiniglich bannen/ toͤdtet ihr die ke-
tzer. Der Kaͤyſer gebot und leibes-ſtraffe ſoll
mehr krafft haben denn der Synagogen/ denn
Gregorii oder Athanaſii worte. (fol. 86.) O
„ihr Fuͤrſten/ indem ihr die ketzer nicht ſtraffet/
„verurtheilet ihr die Kirchen-lehrer. Zwin-
„get ſie hinein zugehen/ und zwar nicht mit wor-
„ten und freundlichem noͤthigen nach CHriſti
„und ſeiner Apoſtel weiſe/ die keine weltliche
„Obrigkeit waren; ſondern mit ſtrengem to-
„de auff unſere Phariſeiſche weiſe/ ja auff Mo-
„ſis weiſe/ der auch obrigkeit war/ ihr habt
das ſchwerd/ ihr koͤnnets; wir aber haben nur
worte/ was vermoͤgen die! So ſprachen die von
der Roͤmiſchē kirchen die Kaͤyſeꝛ an/ ſchreibet der
Canonicus. Solcher Moſaiſcher handel im
reiche CHriſti ſchien ihm nicht wol gnug zu ſeyn
zu ſeinem vortheil die ketzer zu bezwingen und
zu toͤdten. Da kehret er ſich wieder von Moſe
zu CHriſto und pochet CHriſti zwang zu be-
weiſen mit Sauli bekehrung und mit dem zug
des vaters (89.) Saulus war ein verirrter/
aber kein ketzer/ er war wol zu beugen und nicht
hartnaͤckig/ er ward eine kurtze zeit mit blind-
heit geſtrafft/ auff daß er ewiglich ſehen ſolte:
[Spaltenumbruch] Er ward mit worten unterwieſen/ daß er koͤnte
geneſen/ und ſein irrthum ward mit wahrheit
getoͤdtet/ aber nicht ſein leib mit dem ſchwerd.
Seyd ihr nun CHriſti/ und nicht Moſis lehr-
linge/ ſo folget hierinn CHriſti guͤtigkeit/ und
nicht Moſis blutgierigkeit nach/ denn er iſt euch
nicht zum fuͤrbilde geſtellet/ ſondern CHriſtus.
Da ich nun auff des Vaters zug hoffe/ ſo ſehe
ich/ wie eure unwahre opinion moͤge ſtand hal-
ten/ die luͤgen eurer feinde abzulehnen. Dieſe
machen den willen des menſchen eigen/ ihr aber
haltet ihn vor frey. Wer frey iſt/ den lockt man;
der aber eigen iſt/ den zwingt man. Nun wolt
ihr wieder die wahrheit und eure eigene lehre
zwingen. Was fuͤr huͤlffe moͤget ihr doch an-
ders ſuchen wider die wahrheit/ denn die luͤgen?

So verwirfft man nun auch Auguſtini wor-
te/ die durchgehends mehr denn CHriſti worte
euer ſchild ſind. Welche? Dieſe uͤber eben die
worte CHriſti bey ihm geſchrieben (Expoſ. in
Joh. tract. 26. de cap.
6.) Was wollen wir“
hier ſagen/ lieben bruͤder? Werden wir gezo-“
gen zu CHriſto/ ſo glauben wir wider un-“
ſern willen/ ſo wird da gewalt gebraucht?“
ſo wird der wille nicht erweckt? Es kan wol“
jemand unwillig in die kirche gehen/ unwillig“
zum Altar kommen/ unwillig das Sacra-“
ment empfahen/ aber glauben mag“
niemand als mit willen (willig.) Waͤ-“
re es ſo/ daß man mit dem leibe glaubte/“
es ſolte auch in den unwilligen geſchehen. u. ſ.“
f. Und doch: Dencket nicht/ daß ihr ohne“
willen werdet gezogen. Das gemuͤth wird“
durch liebe gezogen. Und ſtracks darnach er-“
klaͤrt er daſſelbe mit einem exempel und gleich-“
niſſe/ ſagende: Simon Barjona, fleiſch und blut“
hat es dir nicht offenbaꝛet/ ſondeꝛn mein vater/“
der im himmel iſt. Die offenbarung iſt ſelbſt“
der zug. Zeiget ihr einem ſchaaf einen gruͤ-“
nen zweig/ ſo ziehet ihrs. Werden einem“
kinde kleinode gezeiget/ ſo wird es gezogen.“
Jſt euch leuten denn ſo viel dran gelegen/ daß
ihr an CHriſti ſtatt ſo gern uͤber die ſeelen gebie-
tet und eure weltliche macht/ gewalt und ge-
maͤchligkeit behaltet/ daß ihr wider die gebote
CHriſti und wider eure eigne lehre vom freyen
willen/ ſo eine von den hauptſachen derſelben iſt/
nun mit eurer feinde luͤgen hafften lehre vom eig-
nen willen euch zubehelffen ſuchet/ und bezeugt/
wie an euch wahr ſey das gemeine ſpruͤchwort:
Hilff GOtt/ oder hilff teuffel/ welcher die
meiſte macht von beyden hat.

Und weil ihr dem N. Teſtament nicht trauet/
aus welchem ihr das zwingen Pauli und den
zug GOttes gewohnet ſeyd wider eure feinde
gantz anders zu deuten/ weicht ihr wieder zuruͤck
in das alte/ mit der Allegorie von Sara/ wel-
che ihre magd Hagar zwang/ euren ſchoͤn-ge-
zierten zwang uͤber die ſeelen zubeweiſen. Das
gibt man euch nun zu/ laſt endlich die Allegorie
einen feſten beweißthum ſeyn. Aber alsdann
muͤſt ihr erſt beweiſen/ daß den ketzern/ als
Agar/ von GOtt befohlen iſt eurer kirchen/
die ihr vor erſt muͤſſet beweiſen die rechte Sara
zu ſeyn/ als ihrer frauen zugehorſamen. Fer-
ner muß von euch auch erſt bewieſen ſeyn/ daß
Abraham (CHriſtus) eurer kirchen mann
ſey/ und euch dieſe Agar/ oder ketzer/ in eure
macht geſtellet habe/ ſie nach eurem willen zu

zwin-
D 3
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[29/0325] von denen ketzer-geſchichten. noch nicht auff? Jſt CHriſti geſetze uns nicht von GOtt zuhalten befohlen/ da er aus dem himmel ſagte: dieſen ſoltihr hoͤren! So ver- achtet man CHriſtum unſern Koͤnig/ ja GOtt ſelber. Verdienet diejenige kirche ihr auch ge- horſam zu werden/ die da ſelbſt GOTT und CHriſto ungehorſam iſt? Jſt dann uns befoh- len mit den Juden Moſis geſetze zugehoꝛſamen/ da wir Chriſten andere von CHriſto empfan- gen haben? CHriſtus befiehlet zu locken/ Mo- ſes zu zwingen/ und CHriſtus verbeut die ketzer zu bannen/ Moſes aber die goͤtzen-diener (er redet von keinem ketzer) zu toͤdten. Nun be- gnuͤget euch leuten aber nicht mit Chriſti ſtraffe uͤber die ketzer/ nemlich dem bann von ihm be- fohlen/ und mißbraucht Moſis blut-ſtraffe bey ihm/ nicht uͤber die ketzer/ ſondern andere uͤbel- thaͤter geboten/ die nemlich wieder die goͤtzen- diener gegeben. Befugt das Chriſten oder Juͤden? Jſt Moſes euer Herꝛ und geſetz-geber/ ſo dienet ihm: iſts aber CHriſtus/ wie ihr ſagt/ warum verwerffet ihr denn ſeine geſetze? Aber wozu braucht ihr Macharii exempel von ſeiner Moſaiſchen todes-ſtraffe/ und nicht von CHriſti ſtraffe mit dem bann anders/ denn daß euch Moſis geſetz angenehmer iſt demſelben zu gehorſamen denn CHriſti geſetz? Laſſet denn eure worte euren thaten gleich ſeyn/ handelt mit wahrheit/ nennet euch ſelber Moſianer/ nicht Chriſten. Waren die Donatiſten/ Sabellier, Circumcellier, Arianer und andere/ die eure vorvaͤter von den Kaͤyſern wolten geſtrafft ha- ben/ nicht nur ketzer/ ſondern auch handthaͤtige moͤrder und uͤbelthaͤter/ warum lieſſet ihr ſie die Fuͤrſten nicht ſtraffen/ als ſolche uͤbelthaͤter/ mit dem tode nach euren weltlichen geſetzen? Wa- ren ſie aber keine uͤbelthaͤteꝛ/ ſondeꝛn allein ketzer/ oder irrige/ was hatten ſich die Fuͤrſten damit zu bemuͤhen? Warum ſtraffte ſie die kirche ſelbſt nicht nach CHriſti geſetz mit dem bann? Aber damit waren ſie nicht begnuͤgt/ und eꝛwieſen ſich nicht als CHriſti kirche/ ſondern als die Mo- ſaiſche Synagoge. Mit der Synagogen ſtimme rieffen ſie zu Pilati nachfolgern: Wir haben ein geſetz/ daß wir niemand duͤrffen toͤd- ten/ denn alleiniglich bannen/ toͤdtet ihr die ke- tzer. Der Kaͤyſer gebot und leibes-ſtraffe ſoll mehr krafft haben denn der Synagogen/ denn Gregorii oder Athanaſii worte. (fol. 86.) O „ihr Fuͤrſten/ indem ihr die ketzer nicht ſtraffet/ „verurtheilet ihr die Kirchen-lehrer. Zwin- „get ſie hinein zugehen/ und zwar nicht mit wor- „ten und freundlichem noͤthigen nach CHriſti „und ſeiner Apoſtel weiſe/ die keine weltliche „Obrigkeit waren; ſondern mit ſtrengem to- „de auff unſere Phariſeiſche weiſe/ ja auff Mo- „ſis weiſe/ der auch obrigkeit war/ ihr habt das ſchwerd/ ihr koͤnnets; wir aber haben nur worte/ was vermoͤgen die! So ſprachen die von der Roͤmiſchē kirchen die Kaͤyſeꝛ an/ ſchreibet der Canonicus. Solcher Moſaiſcher handel im reiche CHriſti ſchien ihm nicht wol gnug zu ſeyn zu ſeinem vortheil die ketzer zu bezwingen und zu toͤdten. Da kehret er ſich wieder von Moſe zu CHriſto und pochet CHriſti zwang zu be- weiſen mit Sauli bekehrung und mit dem zug des vaters (89.) Saulus war ein verirrter/ aber kein ketzer/ er war wol zu beugen und nicht hartnaͤckig/ er ward eine kurtze zeit mit blind- heit geſtrafft/ auff daß er ewiglich ſehen ſolte: Er ward mit worten unterwieſen/ daß er koͤnte geneſen/ und ſein irrthum ward mit wahrheit getoͤdtet/ aber nicht ſein leib mit dem ſchwerd. Seyd ihr nun CHriſti/ und nicht Moſis lehr- linge/ ſo folget hierinn CHriſti guͤtigkeit/ und nicht Moſis blutgierigkeit nach/ denn er iſt euch nicht zum fuͤrbilde geſtellet/ ſondern CHriſtus. Da ich nun auff des Vaters zug hoffe/ ſo ſehe ich/ wie eure unwahre opinion moͤge ſtand hal- ten/ die luͤgen eurer feinde abzulehnen. Dieſe machen den willen des menſchen eigen/ ihr aber haltet ihn vor frey. Wer frey iſt/ den lockt man; der aber eigen iſt/ den zwingt man. Nun wolt ihr wieder die wahrheit und eure eigene lehre zwingen. Was fuͤr huͤlffe moͤget ihr doch an- ders ſuchen wider die wahrheit/ denn die luͤgen? So verwirfft man nun auch Auguſtini wor- te/ die durchgehends mehr denn CHriſti worte euer ſchild ſind. Welche? Dieſe uͤber eben die worte CHriſti bey ihm geſchrieben (Expoſ. in Joh. tract. 26. de cap. 6.) Was wollen wir“ hier ſagen/ lieben bruͤder? Werden wir gezo-“ gen zu CHriſto/ ſo glauben wir wider un-“ ſern willen/ ſo wird da gewalt gebraucht?“ ſo wird der wille nicht erweckt? Es kan wol“ jemand unwillig in die kirche gehen/ unwillig“ zum Altar kommen/ unwillig das Sacra-“ ment empfahen/ aber glauben mag“ niemand als mit willen (willig.) Waͤ-“ re es ſo/ daß man mit dem leibe glaubte/“ es ſolte auch in den unwilligen geſchehen. u. ſ.“ f. Und doch: Dencket nicht/ daß ihr ohne“ willen werdet gezogen. Das gemuͤth wird“ durch liebe gezogen. Und ſtracks darnach er-“ klaͤrt er daſſelbe mit einem exempel und gleich-“ niſſe/ ſagende: Simon Barjona, fleiſch und blut“ hat es dir nicht offenbaꝛet/ ſondeꝛn mein vater/“ der im himmel iſt. Die offenbarung iſt ſelbſt“ der zug. Zeiget ihr einem ſchaaf einen gruͤ-“ nen zweig/ ſo ziehet ihrs. Werden einem“ kinde kleinode gezeiget/ ſo wird es gezogen.“ Jſt euch leuten denn ſo viel dran gelegen/ daß ihr an CHriſti ſtatt ſo gern uͤber die ſeelen gebie- tet und eure weltliche macht/ gewalt und ge- maͤchligkeit behaltet/ daß ihr wider die gebote CHriſti und wider eure eigne lehre vom freyen willen/ ſo eine von den hauptſachen derſelben iſt/ nun mit eurer feinde luͤgen hafften lehre vom eig- nen willen euch zubehelffen ſuchet/ und bezeugt/ wie an euch wahr ſey das gemeine ſpruͤchwort: Hilff GOtt/ oder hilff teuffel/ welcher die meiſte macht von beyden hat. Und weil ihr dem N. Teſtament nicht trauet/ aus welchem ihr das zwingen Pauli und den zug GOttes gewohnet ſeyd wider eure feinde gantz anders zu deuten/ weicht ihr wieder zuruͤck in das alte/ mit der Allegorie von Sara/ wel- che ihre magd Hagar zwang/ euren ſchoͤn-ge- zierten zwang uͤber die ſeelen zubeweiſen. Das gibt man euch nun zu/ laſt endlich die Allegorie einen feſten beweißthum ſeyn. Aber alsdann muͤſt ihr erſt beweiſen/ daß den ketzern/ als Agar/ von GOtt befohlen iſt eurer kirchen/ die ihr vor erſt muͤſſet beweiſen die rechte Sara zu ſeyn/ als ihrer frauen zugehorſamen. Fer- ner muß von euch auch erſt bewieſen ſeyn/ daß Abraham (CHriſtus) eurer kirchen mann ſey/ und euch dieſe Agar/ oder ketzer/ in eure macht geſtellet habe/ ſie nach eurem willen zu zwin- D 3

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/325>, abgerufen am 27.04.2024.