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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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von anno 1625. biß auff das jahr 1630.
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.

Wenn denn das creutz hinweg ist/ so
bistu denn wol gemuth/ was denckestu
denn? GOtt sey danck! er hat dich erret-
tet/ er wird dir auch mehr helffen. Also
bist du wol gemuth. Jst es nicht wahr
meine seele? Jch sage dir keine lügen.

Meine seele/ meine seele/ für dem HErrn
falle auff die knie/ sag: Jch bin HErr
dein geschöpff/ du wirst mich ja nicht
verstossen/ daß weiß ich wol. Denn
GOtt sagt ausdrücklich: Wenn du
durchs feuer gehest/ soltu nicht brennen/
und die flamme solldich nicht anzünden.
Und so du durchs wasser gehest/ wil ich
bey dir seyn/ daß dich die ströme nicht sol-
len ersäuffen.

Ach siehe/ meine seele/ das ist das feuer
der trübsal; siehe auch/ wenn dir schon das
wasser der angst ginge biß an die seele/
so mustu doch nicht darin ersauffen;
denn der HErr hat dich gefast mit den
banden der barmhertzigkeit. Wenn er
siehet/ daß du ein wenig zutieff hinein ge-
kommen bist/ er wischet er dich bald wie-
der daraus/ daß du nicht must darin er-
sauffen.

Siehestu wol/ ich wande mich so sehr/
als ich fühlte/ daß ich würde kranck wer-
den/ ja so sehr wande ich mich: aber ich
muste mich doch niederlegen.

Siehestu meine seele/ wenn irgend ein
unglück heran tritt/ so denckestu/ dusolt
einen block dafür legen/ daß es nicht zu
dir komme. Es springt aber das unglück
über den block. Du must nur gedultig
aushalten. Ja/
Patientia, Patientia ist ein
seltzames kraut/ es wächset nicht in
allen garten.

Siehe/ ich war zuvor kalt unterm ge-
sichte; nun beginnet mir warm zu wer-
den. Woher kommt mir das? Es muß
ja seyn von dem vielen reden/ das muß
mich warm machen.

Siehe meine seele/ meine zunge war mir
vorhin schwer/ mich verdroß zu reden/
als wenn mir bley dar an hienge. Siehe/
nun kan ich alles reden was ich will/ und
was ich in meinem hertzen habe/ solche
grosse gnade habe ich von GOtt. Jch
will beten und hoffen/ so hab ichs ja wol
getroffen. Das meine ich/ meine kranck-
heit will ich über winden mit demgebet
und mit der hoffung.

Der tod wird kommen/ ich lebe nicht.
Ach es wird meiner seelen sehr lang hie zu
wohnen. Ach wie winselt sie/ wie eine
Wittfrau.

Siehe/ wenn alle welt voll teufel wäre/
und wolten mich verschlingen/ so fürch-
te ich mich doch nicht so sehr/ es soll ih-
nen nicht gelingen.

Siehestu wol/ satan/ wenn du mich
schon mit so vielen peitschen stäupetest/
als du hast in deinem tausendkünstler-la-
den/ kan ich dich doch mit diesem einigem
wort zurücke schlagen.

Weistu/ was es für ein wort ist? das ist
dir eine scharffe peitsche. Weistu was?
es ist der name JEsus.

[Spaltenumbruch]

Siehe satan/ du gifftiger teuffel/ geheJahr
MDC.
biß
MDCC.

nur weg/ du hast kein theil an mir. Jch ha-
be dir in der H. Tauffe abgesagt/ aber
meinem Heyland zugesagt. Seine Braut
bin ich.

Meine seele/ klage nicht in deinem
unglück/ als hätte dich GOtt verlassen/
GOtt hat dich schon erkant. Solt er
dich verlassen? das wäre wider seine
Göttliche zusage. Er hat dir verheissen
zu helffen. Das wird er dir wol halten.

Meine seele/ halte feste/ feste/ feste an
GOtt/ und verzage nicht. Jetzo fühlestu
nichts von deinen vorigen schmertzen/
sie sind/ GOtt lob! alle wieder weg.

Ach siehest du/ wie wunderlich der Herr
seine Heiligen führet.

Jch werde ja auch unter seinen Heili-
gen seyn/ denn er führet mich sehr wun-
derbarlich in derwelt/ auff der bahn der
kranckheit.

Siehe/ der weg ist eng: Du must sehr
genau zusehen/ daß du nicht abtretest.
Es sind viel dörner um den weg her.
Weist du/ was für dörner? Siehe/ das
sind die teuffel/ die sitzen am wege der
kranckheit/ und wollen dich zur verzweif-
felung reitzen: Ach siehe/ wie sie herum ge-
hen.

Siehe meine seele/ laß dich solche
schwermuth nicht überfallen/ es ist dir
nicht zu rathen.

Bleib nur beständig biß ans ende/
GOtt wird dich wol von deiner last erle-
digen. Siehe/ wenn du beständig blei-
best/ siehe meine seele/ und trägest dein
creutz mit gedult/ wie wirst du fünckeln
für GOtt!

Weist du wol/ wie dein bräutigam
CHristus JEsus sagen wird? Kommher
meine liebe braut/ wird er sagen/ du bist
wol beladen gewesen mit unglück/ aber
nun solt du freude dafür haben.

Siehe/ er wird dich bestreichen über
dein haupt/ als wolte er sagen: Es ist
mir leid gewesen/ daß ich dich gezüchti-
get habe. Aber es ist dir ums besten wil-
len geschehen.

Denn gleich wie ein irrdischer vater sei-
nen sohn züchtiget/ und sich sein wieder er-
barmet: Also zuchtiget GOtt auch seine
liebe kinder: Aber mit grossem erbarmen.

GOtt stäupet dich recht wol/ mit der
ruthen der kranckheit. Erkenne es nicht
für zorn/ sondern für barmhertzigkeit
GOttes.

Siehe meine freude/ mein höchster
trost/ wie labe ich mich in dir/ wie ergö-
tze ich mich an dir/ wie frölich bin ich in
dir!

Jch bin froh im HErrn/ der mir so gnä-
dig und barmhertzig gewesen ist.

Jch ging irre in der wüsten/ wie ein
schaff von der herde verirret ist. Siehe/
in meinem wolleben ging ich in der irre/
ja ich ging recht in der irre. Aber der
HErr hat mich wieder zu recht gebracht.

Siehe/ wenn der hirte das schof wieder
zur herde holet/ so stäupet ers ein wenig:

Also
Ee 3
von anno 1625. biß auff das jahr 1630.
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.

Wenn denn das creutz hinweg iſt/ ſo
biſtu denn wol gemuth/ was denckeſtu
denn? GOtt ſey danck! er hat dich erret-
tet/ er wird dir auch mehr helffen. Alſo
biſt du wol gemuth. Jſt es nicht wahr
meine ſeele? Jch ſage dir keine luͤgen.

Meine ſeele/ meine ſeele/ fuͤr dem HErꝛn
falle auff die knie/ ſag: Jch bin HErr
dein geſchoͤpff/ du wirſt mich ja nicht
verſtoſſen/ daß weiß ich wol. Denn
GOtt ſagt ausdruͤcklich: Wenn du
durchs feuer geheſt/ ſoltu nicht brennen/
und die flamme ſolldich nicht anzuͤnden.
Und ſo du durchs waſſer geheſt/ wil ich
bey dir ſeyn/ daß dich die ſtroͤme nicht ſol-
len erſaͤuffen.

Ach ſiehe/ meine ſeele/ das iſt das feuer
der truͤbſal; ſiehe auch/ wenn dir ſchon das
waſſer der angſt ginge biß an die ſeele/
ſo muſtu doch nicht darin erſauffen;
denn der HErr hat dich gefaſt mit den
banden der barmhertzigkeit. Wenn er
ſiehet/ daß du ein wenig zutieff hinein ge-
kommen biſt/ er wiſchet er dich bald wie-
der daraus/ daß du nicht muſt darin er-
ſauffen.

Sieheſtu wol/ ich wande mich ſo ſehr/
als ich fuͤhlte/ daß ich wuͤrde kranck wer-
den/ ja ſo ſehr wande ich mich: aber ich
muſte mich doch niederlegen.

Sieheſtu meine ſeele/ wenn irgend ein
ungluͤck heran tritt/ ſo denckeſtu/ duſolt
einen block dafuͤr legen/ daß es nicht zu
dir komme. Es ſpringt aber das ungluͤck
uͤber den block. Du muſt nur gedultig
aushalten. Ja/
Patientia, Patientia iſt ein
ſeltzames kraut/ es waͤchſet nicht in
allen garten.

Siehe/ ich war zuvor kalt unterm ge-
ſichte; nun beginnet mir warm zu wer-
den. Woher kommt mir das? Es muß
ja ſeyn von dem vielen reden/ das muß
mich warm machen.

Siehe meine ſeele/ meine zunge war mir
vorhin ſchwer/ mich verdroß zu reden/
als wenn mir bley dar an hienge. Siehe/
nun kan ich alles reden was ich will/ und
was ich in meinem hertzen habe/ ſolche
groſſe gnade habe ich von GOtt. Jch
will beten und hoffen/ ſo hab ichs ja wol
getroffen. Das meine ich/ meine kranck-
heit will ich uͤber winden mit demgebet
und mit der hoffung.

Der tod wird kommen/ ich lebe nicht.
Ach es wird meiner ſeelen ſehr lang hie zu
wohnen. Ach wie winſelt ſie/ wie eine
Wittfrau.

Siehe/ wenn alle welt voll teufel waͤre/
und wolten mich verſchlingen/ ſo fuͤrch-
te ich mich doch nicht ſo ſehr/ es ſoll ih-
nen nicht gelingen.

Sieheſtu wol/ ſatan/ wenn du mich
ſchon mit ſo vielen peitſchen ſtaͤupeteſt/
als du haſt in deinem tauſendkuͤnſtler-la-
den/ kan ich dich doch mit dieſem einigem
wort zuruͤcke ſchlagen.

Weiſtu/ was es fuͤr ein wort iſt? das iſt
dir eine ſcharffe peitſche. Weiſtu was?
es iſt der name JEſus.

[Spaltenumbruch]

Siehe ſatan/ du gifftiger teuffel/ geheJahr
MDC.
biß
MDCC.

nur weg/ du haſt kein theil an mir. Jch ha-
be dir in der H. Tauffe abgeſagt/ aber
meinem Heyland zugeſagt. Seine Braut
bin ich.

Meine ſeele/ klage nicht in deinem
ungluͤck/ als haͤtte dich GOtt verlaſſen/
GOtt hat dich ſchon erkant. Solt er
dich verlaſſen? das waͤre wider ſeine
Goͤttliche zuſage. Er hat dir verheiſſen
zu helffen. Das wird er dir wol halten.

Meine ſeele/ halte feſte/ feſte/ feſte an
GOtt/ und verzage nicht. Jetzo fuͤhleſtu
nichts von deinen vorigen ſchmertzen/
ſie ſind/ GOtt lob! alle wieder weg.

Ach ſieheſt du/ wie wunderlich der Herꝛ
ſeine Heiligen fuͤhret.

Jch werde ja auch unter ſeinen Heili-
gen ſeyn/ denn er fuͤhret mich ſehr wun-
derbarlich in derwelt/ auff der bahn der
kranckheit.

Siehe/ der weg iſt eng: Du muſt ſehr
genau zuſehen/ daß du nicht abtreteſt.
Es ſind viel doͤrner um den weg her.
Weiſt du/ was fuͤr doͤrner? Siehe/ das
ſind die teuffel/ die ſitzen am wege der
kranckheit/ und wollen dich zur verzweif-
felung reitzen: Ach ſiehe/ wie ſie herum ge-
hen.

Siehe meine ſeele/ laß dich ſolche
ſchwermuth nicht uͤberfallen/ es iſt dir
nicht zu rathen.

Bleib nur beſtaͤndig biß ans ende/
GOtt wird dich wol von deiner laſt erle-
digen. Siehe/ wenn du beſtaͤndig blei-
beſt/ ſiehe meine ſeele/ und traͤgeſt dein
creutz mit gedult/ wie wirſt du fuͤnckeln
fuͤr GOtt!

Weiſt du wol/ wie dein braͤutigam
CHriſtus JEſus ſagen wird? Kommher
meine liebe braut/ wird er ſagen/ du biſt
wol beladen geweſen mit ungluͤck/ aber
nun ſolt du freude dafuͤr haben.

Siehe/ er wird dich beſtreichen uͤber
dein haupt/ als wolte er ſagen: Es iſt
mir leid geweſen/ daß ich dich gezuͤchti-
get habe. Aber es iſt dir ums beſten wil-
len geſchehen.

Denn gleich wie ein irrdiſcher vater ſei-
nen ſohn zuͤchtiget/ und ſich ſein wieder er-
barmet: Alſo zuchtiget GOtt auch ſeine
liebe kinder: Aber mit groſſem erbarmen.

GOtt ſtaͤupet dich recht wol/ mit der
ruthen der kranckheit. Erkenne es nicht
fuͤr zorn/ ſondern fuͤr barmhertzigkeit
GOttes.

Siehe meine freude/ mein hoͤchſter
troſt/ wie labe ich mich in dir/ wie ergoͤ-
tze ich mich an dir/ wie froͤlich bin ich in
dir!

Jch bin froh im HErꝛn/ der mir ſo gnaͤ-
dig und barmhertzig geweſen iſt.

Jch ging irre in der wuͤſten/ wie ein
ſchaff von der herde verirret iſt. Siehe/
in meinem wolleben ging ich in der irre/
ja ich ging recht in der irre. Aber der
HErr hat mich wieder zu recht gebracht.

Siehe/ wenn der hirte das ſchof wieder
zur herde holet/ ſo ſtaͤupet ers ein wenig:

Alſo
Ee 3
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[221/0233] von anno 1625. biß auff das jahr 1630. Wenn denn das creutz hinweg iſt/ ſo biſtu denn wol gemuth/ was denckeſtu denn? GOtt ſey danck! er hat dich erret- tet/ er wird dir auch mehr helffen. Alſo biſt du wol gemuth. Jſt es nicht wahr meine ſeele? Jch ſage dir keine luͤgen. Meine ſeele/ meine ſeele/ fuͤr dem HErꝛn falle auff die knie/ ſag: Jch bin HErr dein geſchoͤpff/ du wirſt mich ja nicht verſtoſſen/ daß weiß ich wol. Denn GOtt ſagt ausdruͤcklich: Wenn du durchs feuer geheſt/ ſoltu nicht brennen/ und die flamme ſolldich nicht anzuͤnden. Und ſo du durchs waſſer geheſt/ wil ich bey dir ſeyn/ daß dich die ſtroͤme nicht ſol- len erſaͤuffen. Ach ſiehe/ meine ſeele/ das iſt das feuer der truͤbſal; ſiehe auch/ wenn dir ſchon das waſſer der angſt ginge biß an die ſeele/ ſo muſtu doch nicht darin erſauffen; denn der HErr hat dich gefaſt mit den banden der barmhertzigkeit. Wenn er ſiehet/ daß du ein wenig zutieff hinein ge- kommen biſt/ er wiſchet er dich bald wie- der daraus/ daß du nicht muſt darin er- ſauffen. Sieheſtu wol/ ich wande mich ſo ſehr/ als ich fuͤhlte/ daß ich wuͤrde kranck wer- den/ ja ſo ſehr wande ich mich: aber ich muſte mich doch niederlegen. Sieheſtu meine ſeele/ wenn irgend ein ungluͤck heran tritt/ ſo denckeſtu/ duſolt einen block dafuͤr legen/ daß es nicht zu dir komme. Es ſpringt aber das ungluͤck uͤber den block. Du muſt nur gedultig aushalten. Ja/ Patientia, Patientia iſt ein ſeltzames kraut/ es waͤchſet nicht in allen garten. Siehe/ ich war zuvor kalt unterm ge- ſichte; nun beginnet mir warm zu wer- den. Woher kommt mir das? Es muß ja ſeyn von dem vielen reden/ das muß mich warm machen. Siehe meine ſeele/ meine zunge war mir vorhin ſchwer/ mich verdroß zu reden/ als wenn mir bley dar an hienge. Siehe/ nun kan ich alles reden was ich will/ und was ich in meinem hertzen habe/ ſolche groſſe gnade habe ich von GOtt. Jch will beten und hoffen/ ſo hab ichs ja wol getroffen. Das meine ich/ meine kranck- heit will ich uͤber winden mit demgebet und mit der hoffung. Der tod wird kommen/ ich lebe nicht. Ach es wird meiner ſeelen ſehr lang hie zu wohnen. Ach wie winſelt ſie/ wie eine Wittfrau. Siehe/ wenn alle welt voll teufel waͤre/ und wolten mich verſchlingen/ ſo fuͤrch- te ich mich doch nicht ſo ſehr/ es ſoll ih- nen nicht gelingen. Sieheſtu wol/ ſatan/ wenn du mich ſchon mit ſo vielen peitſchen ſtaͤupeteſt/ als du haſt in deinem tauſendkuͤnſtler-la- den/ kan ich dich doch mit dieſem einigem wort zuruͤcke ſchlagen. Weiſtu/ was es fuͤr ein wort iſt? das iſt dir eine ſcharffe peitſche. Weiſtu was? es iſt der name JEſus. Siehe ſatan/ du gifftiger teuffel/ gehe nur weg/ du haſt kein theil an mir. Jch ha- be dir in der H. Tauffe abgeſagt/ aber meinem Heyland zugeſagt. Seine Braut bin ich. Jahr MDC. biß MDCC. Meine ſeele/ klage nicht in deinem ungluͤck/ als haͤtte dich GOtt verlaſſen/ GOtt hat dich ſchon erkant. Solt er dich verlaſſen? das waͤre wider ſeine Goͤttliche zuſage. Er hat dir verheiſſen zu helffen. Das wird er dir wol halten. Meine ſeele/ halte feſte/ feſte/ feſte an GOtt/ und verzage nicht. Jetzo fuͤhleſtu nichts von deinen vorigen ſchmertzen/ ſie ſind/ GOtt lob! alle wieder weg. Ach ſieheſt du/ wie wunderlich der Herꝛ ſeine Heiligen fuͤhret. Jch werde ja auch unter ſeinen Heili- gen ſeyn/ denn er fuͤhret mich ſehr wun- derbarlich in derwelt/ auff der bahn der kranckheit. Siehe/ der weg iſt eng: Du muſt ſehr genau zuſehen/ daß du nicht abtreteſt. Es ſind viel doͤrner um den weg her. Weiſt du/ was fuͤr doͤrner? Siehe/ das ſind die teuffel/ die ſitzen am wege der kranckheit/ und wollen dich zur verzweif- felung reitzen: Ach ſiehe/ wie ſie herum ge- hen. Siehe meine ſeele/ laß dich ſolche ſchwermuth nicht uͤberfallen/ es iſt dir nicht zu rathen. Bleib nur beſtaͤndig biß ans ende/ GOtt wird dich wol von deiner laſt erle- digen. Siehe/ wenn du beſtaͤndig blei- beſt/ ſiehe meine ſeele/ und traͤgeſt dein creutz mit gedult/ wie wirſt du fuͤnckeln fuͤr GOtt! Weiſt du wol/ wie dein braͤutigam CHriſtus JEſus ſagen wird? Kommher meine liebe braut/ wird er ſagen/ du biſt wol beladen geweſen mit ungluͤck/ aber nun ſolt du freude dafuͤr haben. Siehe/ er wird dich beſtreichen uͤber dein haupt/ als wolte er ſagen: Es iſt mir leid geweſen/ daß ich dich gezuͤchti- get habe. Aber es iſt dir ums beſten wil- len geſchehen. Denn gleich wie ein irrdiſcher vater ſei- nen ſohn zuͤchtiget/ und ſich ſein wieder er- barmet: Alſo zuchtiget GOtt auch ſeine liebe kinder: Aber mit groſſem erbarmen. GOtt ſtaͤupet dich recht wol/ mit der ruthen der kranckheit. Erkenne es nicht fuͤr zorn/ ſondern fuͤr barmhertzigkeit GOttes. Siehe meine freude/ mein hoͤchſter troſt/ wie labe ich mich in dir/ wie ergoͤ- tze ich mich an dir/ wie froͤlich bin ich in dir! Jch bin froh im HErꝛn/ der mir ſo gnaͤ- dig und barmhertzig geweſen iſt. Jch ging irre in der wuͤſten/ wie ein ſchaff von der herde verirret iſt. Siehe/ in meinem wolleben ging ich in der irre/ ja ich ging recht in der irre. Aber der HErr hat mich wieder zu recht gebracht. Siehe/ wenn der hirte das ſchof wieder zur herde holet/ ſo ſtaͤupet ers ein wenig: Alſo Ee 3

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/233>, abgerufen am 22.12.2024.