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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. III. C. XIX. Von Quirino Kuhlmann.
[Spaltenumbruch] Jahr
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biß
MDCC.
verdienet/ daß er von Calovio und andern Lu-
therischen Theologis unter die Ertz-Enthusia-
sten/ Boehmisten und ketzer gerechnet worden.
Auch hat man/ weil man seine wissenschafften
Vor gege-
bener wie-
derruff.
und gaben aestimirt/ hin und wieder ausge-
sprengt gehabt/ als hätte er seine schrifften alle
auff einmal revocirt/ wieder eingelöset/ und ver-
brant/ woraus die Lutheraner seine bekehrung
schliessen wollen. Vid. Minister. tripolit. in
der abgenöthigten lehr-und schutz-schrifft. p.
l. c. l. p. 98. Calovius in Anti-Boehmio p.
119. Erasmus Francisci
im gegen-strahl der
morgen-röthe p. 722. Colberg Platon. Chri-
stenth. p. l. c. VIII. p. 325.

Falschheit
desselben.

6. Allein daß diese relation keinen grund ge-
habt/ werden nicht allein die folgenden umstände
weisen/ sondern es hat auch hernach anno 1688.
der obenbeschriebene Caspar Barthut in seiner
notification der jetzt obhandenen zeit c. V. pag.
42. folgendes von Kuhlmanns wiedersachern
geschrieben: An statt daß die Wittenber-
ger/ Leiptziger und Jenischen
Universi-
taet
en auff die fragen (die Kuhlmann im
anfang des neu-begeisterten Böhmens ihnen
vorgelegt) antworten/ oder aus Babel
ausgehen sollen/ hat
D. Calov von Wit-
tenberg nach der Antichristischen art
dasjenige was er als ein fleischlich ge-
sinnter mensch nicht verstehen können/
so mächtig gelästert/ und die gebe des
H. Geistes dem teuffel zugeschrieben/
weßwegen er vor GOttes gericht
schwere rechenschafft geben muß.
Es
ist aber so gar ungegründet/ daß Kuhlmann
seine sachen wiederruffen oder verdammet hätte
daß er vielmehr über denselben sich in der Mo-
scau erstlich auffs grausamste martern/ und her-
nach lebendig verbrennen lassen. Die genau-
ern und gewissern umstände hievon will ich all-
hier beysetzen/ weil mir dieselbe von sicherer hand
zugekommen/ wiewol auch schon Benthem in
dem Holländischen kirchen staat p. II. pag. 344.
einen brieff von dieser sache produciret hat/ und
D. Cortholt in der Histo. Eccl. p. 905. schon/
wiewol nur aus dem gemeinen geschrey/ seiner
verbrennung gedencket.

Seine rei-
sen und
verrich-
tungen.

7. Es hat nemlich dieser Kuhlmann nach
seinem abschied aus Holland unterschiedliche
grosse reisen gethan/ nach dem er von der Uni-
versit
ät Leyden wegen seiner ihm beygemessener
schwermereyen relegirt worden. Erstlich hat
er eine zeitlang in Engelland gelebet/ auch von
dar sich nach Pariß begeben/ und wie aus den
obigen schrifften zu sehen/ sonderlich aus
dem Kühl-Psalter/ anno 1678. nach Constan-
tinopel. Zuletzt hat er sich gegen die Nordlän-
der gewendet/ und ist um das jahr 1689. in Preus-
Ankunfft
in Moscau/
sen und so fort in Lieffland kommen. Endlich
hat er sich gar in die Moscau begeben/ und ist in
der Residentz stadt Moscau sonderlich mit einem
Teutschen Kaufmann/ namens Conrad Nor-
dermann/
bekant worden/ bey welchem er sich
auch aufgehalten. Von diesem kaufmann schrei-
bet der Auctor des neuen Moscowitischen
Kirchen-Staats
C. IV. daß er unter andern
diese meinung geheget: Christus müste noch
einmal als ein grosser Prophet mit vie-
len wunderwercken auff diese welt kom-
men/ die bösen bekehren und mit sich in
sein reich ziehen.
Er habe auch von diesen
[Spaltenumbruch] und dergleichen sachen in Moscowitischer spra-"Jahr
MDC.
biß
MDCC.

che ein buch geschrieben/ und selbiges einem"
Ministro am Moscowitischen hoff zu lesen"
gegeben. Dieser habe ihn gewarnet/ er solte"
solche dinge bleiben lassen/ oder er würde ge-"
wiß verbrannt. Nordermann aber habe es"
nichts destoweniger einem Buchtrucker zu"
drucken gegeben/ der es dem Patriarchen ge-"
wiesen/ worauff dieser den kauffmann mit samt"und erfolg-
te verhren-
nung.

Kuhlmannen gefangen setzen/ und endlich ver-"
brennen lassen. Die nähern umstände aber"
seinestodes sind diese folgende/ darinnen auch"
die veranlassung und ursachen desselben entde-"
cket werden/ wie es von einigen Moscowiti-"
schen kaufleuten dazumal nach Amsterdam ge-"
schrieben worden."

8. Kuhlmann hatte einen gefährlichen an-Anlaß da-
zu.

schlag der Jesuiter/ den sie wieder den Czaar
heimlich gemacht gehabt/ einem Moscowiti-
schen Minister entdecket/ darauff etliche Jesu-
iten in verhafft genommen/ und nach geschehe-
ner inquisition der vornemste rädelsführer am
leben gestraffet worden. Dieses an Kuhlman-
nen zu rächen stellen sie ihm ein gantzes jahr nach/
biß sie ihn nebenst den andern religions-par-
theyen unter dem vorwand der ketzereyen durch
den Patriarchen ins gefängniß und zum tod
bringen. Man hat ihn aber zuvorher im ge-Grausa-
me peini-
gung.

fängniß auff das allergrausamste gepeiniget/
indem sie mit zweyen grossen glüenden eisen
ihm ein hauffen creutze auch den rücken gebrant/
und wann die wunden in etwas zu heilen an-
gefangen/ ihn wieder auffs neue hervor gezo-
gen/ und selbige mit faltz und eßig wieder auff-
gerieben. Dergestalt haben sie ihm alles fleisch
am rücken und heimlichen orten weg gebrant/
und zwar gantzer drey wochen nach einander.
Worauff sie ihn in etwas wieder genesen lassen/
und hernach auff einen grossen platz in der stadt
geführet/ da sie ihn in einem dazu gemachten
häußlein mit Nordermannen zugleich lebendig
verbrant. Jch will aber hievon noch aus ei-
nigen schreiben einen extract hie beyfügen/ wel-
cher diese grausame action noch umständlicher
vor augen legen wird/ sonderlich aber/ wie die
Lutherischen Prediger daselbst nebenst den an-
dern nicht wenig an diesem Barbarischen han-
del ursach gewesen. Und damit man die an-
dern brieffe nicht vor erdichtet halte/ kan man
erstlich aus dem/ welchen Benthem l. c. pro-
duci
rt/ eben dieses anmercken.

9. Jn demselben schreibet einer de dato denAndere
umstände;
derer Lu-
therischen
Prediger
händel hie-
bey.

20. Novembr. 1691. Kuhlmann wäre anno"
89. im Sommer nach Moscau kommen/ und"
weil allda viel Böhmisten wohnten/ hätte er"
gehoffet/ er würde auch sicher seyn. Es hät-"
te aber alsbald ein Prediger an der Lutheri-"
schen kleinen kirchen M. Johann Meinecke die"
leute auff der cantzel gewarnet/ sie sol-"
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mern hüten/ die sich suchten einzu-"
schleichen.
Zu diesem wäre Kuhlmann"
darauff gekommen/ hätte ihm von einem"
seiner Patronen einen gruß gebracht/ welchen"
aber der Pfarrer nicht annehmen wollen/"
sondern ihm alle conversation mit sich verbo-"
ten/ auch bedrohet: Er solte die kirche da-"
selbst nicht
turbiren/ wo er ihn (den"
Pfarrer) nicht zum feind haben wolte."
Bald darauff hätte Kuhlmann eine weissa-"

gung

Th. III. C. XIX. Von Quirino Kuhlmann.
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
verdienet/ daß er von Calovio und andern Lu-
theriſchen Theologis unter die Ertz-Enthuſia-
ſten/ Bœhmiſten uñ ketzer gerechnet worden.
Auch hat man/ weil man ſeine wiſſenſchafften
Vor gege-
bener wie-
derruff.
und gaben æſtimirt/ hin und wieder ausge-
ſprengt gehabt/ als haͤtte er ſeine ſchrifften alle
auff einmal revocirt/ wieder eingeloͤſet/ und ver-
brant/ woraus die Lutheraner ſeine bekehrung
ſchlieſſen wollen. Vid. Miniſter. tripolit. in
der abgenoͤthigten lehr-und ſchutz-ſchrifft. p.
l. c. l. p. 98. Calovius in Anti-Bœhmio p.
119. Eraſmus Franciſci
im gegen-ſtrahl der
morgen-roͤthe p. 722. Colberg Platon. Chri-
ſtenth. p. l. c. VIII. p. 325.

Falſchheit
deſſelben.

6. Allein daß dieſe relation keinen grund ge-
habt/ werden nicht allein die folgenden umſtaͤnde
weiſen/ ſondern es hat auch hernach anno 1688.
der obenbeſchriebene Caſpar Barthut in ſeiner
notification der jetzt obhandenen zeit c. V. pag.
42. folgendes von Kuhlmanns wiederſachern
geſchrieben: An ſtatt daß die Wittenber-
ger/ Leiptziger und Jeniſchen
Univerſi-
tæt
en auff die fragen (die Kuhlmann im
anfang des neu-begeiſterten Boͤhmens ihnen
vorgelegt) antworten/ oder aus Babel
ausgehen ſollen/ hat
D. Calov von Wit-
tenberg nach der Antichriſtiſchen art
dasjenige was er als ein fleiſchlich ge-
ſinnter menſch nicht verſtehen koͤnnen/
ſo maͤchtig gelaͤſtert/ und die gebe des
H. Geiſtes dem teuffel zugeſchrieben/
weßwegen er vor GOttes gericht
ſchwere rechenſchafft geben muß.
Es
iſt aber ſo gar ungegruͤndet/ daß Kuhlmann
ſeine ſachen wiederruffen oder verdammet haͤtte
daß er vielmehr uͤber denſelben ſich in der Mo-
ſcau erſtlich auffs grauſamſte martern/ und her-
nach lebendig verbrennen laſſen. Die genau-
ern und gewiſſern umſtaͤnde hievon will ich all-
hier beyſetzen/ weil mir dieſelbe von ſicherer hand
zugekommen/ wiewol auch ſchon Benthem in
dem Hollaͤndiſchen kirchen ſtaat p. II. pag. 344.
einen brieff von dieſer ſache produciret hat/ und
D. Cortholt in der Hiſto. Eccl. p. 905. ſchon/
wiewol nur aus dem gemeinen geſchrey/ ſeiner
verbrennung gedencket.

Seine rei-
ſen und
verrich-
tungen.

7. Es hat nemlich dieſer Kuhlmann nach
ſeinem abſchied aus Holland unterſchiedliche
groſſe reiſen gethan/ nach dem er von der Uni-
verſit
aͤt Leyden wegen ſeiner ihm beygemeſſener
ſchwermereyen relegirt worden. Erſtlich hat
er eine zeitlang in Engelland gelebet/ auch von
dar ſich nach Pariß begeben/ und wie aus den
obigen ſchrifften zu ſehen/ ſonderlich aus
dem Kuͤhl-Pſalter/ anno 1678. nach Conſtan-
tinopel. Zuletzt hat er ſich gegen die Nordlaͤn-
der gewendet/ uñ iſt um das jahr 1689. in Preuſ-
Ankunfft
in Moſcau/
ſen und ſo fort in Lieffland kommen. Endlich
hat er ſich gar in die Moſcau begeben/ und iſt in
der Reſidentz ſtadt Moſcau ſonderlich mit einem
Teutſchen Kaufmann/ namens Conrad Nor-
dermann/
bekant worden/ bey welchem er ſich
auch aufgehalten. Von dieſem kaufmann ſchrei-
bet der Auctor des neuen Moſcowitiſchen
Kirchen-Staats
C. IV. daß er unter andern
dieſe meinung geheget: Chriſtus muͤſte noch
einmal als ein groſſer Prophet mit vie-
len wunderwercken auff dieſe welt kom-
men/ die boͤſen bekehren und mit ſich in
ſein reich ziehen.
Er habe auch von dieſen
[Spaltenumbruch] und dergleichen ſachen in Moſcowitiſcher ſpra-„Jahr
MDC.
biß
MDCC.

che ein buch geſchrieben/ und ſelbiges einem“
Miniſtro am Moſcowitiſchen hoff zu leſen“
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cket werden/ wie es von einigen Moſcowiti-“
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ſchrieben worden.“

8. Kuhlmann hatte einen gefaͤhrlichen an-Anlaß da-
zu.

ſchlag der Jeſuiter/ den ſie wieder den Czaar
heimlich gemacht gehabt/ einem Moſcowiti-
ſchen Miniſter entdecket/ darauff etliche Jeſu-
iten in verhafft genommen/ und nach geſchehe-
ner inquiſition der vornemſte raͤdelsfuͤhrer am
leben geſtraffet worden. Dieſes an Kuhlman-
nen zu raͤchen ſtellen ſie ihm ein gantzes jahꝛ nach/
biß ſie ihn nebenſt den andern religions-par-
theyen unter dem vorwand der ketzereyen durch
den Patriarchen ins gefaͤngniß und zum tod
bringen. Man hat ihn aber zuvorher im ge-Grauſa-
me peini-
gung.

faͤngniß auff das allergrauſamſte gepeiniget/
indem ſie mit zweyen groſſen gluͤenden eiſen
ihm ein hauffen cꝛeutze auch den ruͤcken gebrant/
und wann die wunden in etwas zu heilen an-
gefangen/ ihn wieder auffs neue hervor gezo-
gen/ und ſelbige mit faltz und eßig wieder auff-
gerieben. Dergeſtalt haben ſie ihm alles fleiſch
am ruͤcken und heimlichen orten weg gebrant/
und zwar gantzer drey wochen nach einander.
Worauff ſie ihn in etwas wieder geneſen laſſen/
und hernach auff einen groſſen platz in der ſtadt
gefuͤhret/ da ſie ihn in einem dazu gemachten
haͤußlein mit Nordermannen zugleich lebendig
verbrant. Jch will aber hievon noch aus ei-
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cher dieſe grauſame action noch umſtaͤndlicher
vor augen legen wird/ ſonderlich aber/ wie die
Lutheriſchen Prediger daſelbſt nebenſt den an-
dern nicht wenig an dieſem Barbariſchen han-
del urſach geweſen. Und damit man die an-
dern brieffe nicht vor erdichtet halte/ kan man
erſtlich aus dem/ welchen Benthem l. c. pro-
duci
rt/ eben dieſes anmercken.

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umſtaͤnde;
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Prediger
haͤndel hie-
bey.

20. Novembr. 1691. Kuhlmann waͤre anno
89. im Sommer nach Moſcau kommen/ und“
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[194/0206] Th. III. C. XIX. Von Quirino Kuhlmann. verdienet/ daß er von Calovio und andern Lu- theriſchen Theologis unter die Ertz-Enthuſia- ſten/ Bœhmiſten uñ ketzer gerechnet worden. Auch hat man/ weil man ſeine wiſſenſchafften und gaben æſtimirt/ hin und wieder ausge- ſprengt gehabt/ als haͤtte er ſeine ſchrifften alle auff einmal revocirt/ wieder eingeloͤſet/ und ver- brant/ woraus die Lutheraner ſeine bekehrung ſchlieſſen wollen. Vid. Miniſter. tripolit. in der abgenoͤthigten lehr-und ſchutz-ſchrifft. p. l. c. l. p. 98. Calovius in Anti-Bœhmio p. 119. Eraſmus Franciſci im gegen-ſtrahl der morgen-roͤthe p. 722. Colberg Platon. Chri- ſtenth. p. l. c. VIII. p. 325. Jahr MDC. biß MDCC. Vor gege- bener wie- derruff. 6. Allein daß dieſe relation keinen grund ge- habt/ werden nicht allein die folgenden umſtaͤnde weiſen/ ſondern es hat auch hernach anno 1688. der obenbeſchriebene Caſpar Barthut in ſeiner notification der jetzt obhandenen zeit c. V. pag. 42. folgendes von Kuhlmanns wiederſachern geſchrieben: An ſtatt daß die Wittenber- ger/ Leiptziger und Jeniſchen Univerſi- tæten auff die fragen (die Kuhlmann im anfang des neu-begeiſterten Boͤhmens ihnen vorgelegt) antworten/ oder aus Babel ausgehen ſollen/ hat D. Calov von Wit- tenberg nach der Antichriſtiſchen art dasjenige was er als ein fleiſchlich ge- ſinnter menſch nicht verſtehen koͤnnen/ ſo maͤchtig gelaͤſtert/ und die gebe des H. Geiſtes dem teuffel zugeſchrieben/ weßwegen er vor GOttes gericht ſchwere rechenſchafft geben muß. Es iſt aber ſo gar ungegruͤndet/ daß Kuhlmann ſeine ſachen wiederruffen oder verdammet haͤtte daß er vielmehr uͤber denſelben ſich in der Mo- ſcau erſtlich auffs grauſamſte martern/ und her- nach lebendig verbrennen laſſen. Die genau- ern und gewiſſern umſtaͤnde hievon will ich all- hier beyſetzen/ weil mir dieſelbe von ſicherer hand zugekommen/ wiewol auch ſchon Benthem in dem Hollaͤndiſchen kirchen ſtaat p. II. pag. 344. einen brieff von dieſer ſache produciret hat/ und D. Cortholt in der Hiſto. Eccl. p. 905. ſchon/ wiewol nur aus dem gemeinen geſchrey/ ſeiner verbrennung gedencket. 7. Es hat nemlich dieſer Kuhlmann nach ſeinem abſchied aus Holland unterſchiedliche groſſe reiſen gethan/ nach dem er von der Uni- verſitaͤt Leyden wegen ſeiner ihm beygemeſſener ſchwermereyen relegirt worden. Erſtlich hat er eine zeitlang in Engelland gelebet/ auch von dar ſich nach Pariß begeben/ und wie aus den obigen ſchrifften zu ſehen/ ſonderlich aus dem Kuͤhl-Pſalter/ anno 1678. nach Conſtan- tinopel. Zuletzt hat er ſich gegen die Nordlaͤn- der gewendet/ uñ iſt um das jahr 1689. in Preuſ- ſen und ſo fort in Lieffland kommen. Endlich hat er ſich gar in die Moſcau begeben/ und iſt in der Reſidentz ſtadt Moſcau ſonderlich mit einem Teutſchen Kaufmann/ namens Conrad Nor- dermann/ bekant worden/ bey welchem er ſich auch aufgehalten. Von dieſem kaufmann ſchrei- bet der Auctor des neuen Moſcowitiſchen Kirchen-Staats C. IV. daß er unter andern dieſe meinung geheget: Chriſtus muͤſte noch einmal als ein groſſer Prophet mit vie- len wunderwercken auff dieſe welt kom- men/ die boͤſen bekehren und mit ſich in ſein reich ziehen. Er habe auch von dieſen und dergleichen ſachen in Moſcowitiſcher ſpra-„ che ein buch geſchrieben/ und ſelbiges einem“ Miniſtro am Moſcowitiſchen hoff zu leſen“ gegeben. Dieſer habe ihn gewarnet/ er ſolte“ ſolche dinge bleiben laſſen/ oder er wuͤrde ge-“ wiß verbrannt. Nordermann aber habe es“ nichts deſtoweniger einem Buchtrucker zu“ drucken gegeben/ der es dem Patriarchen ge-“ wieſen/ worauff dieſer den kauffmann mit ſamt„ Kuhlmannen gefangen ſetzen/ und endlich ver-“ brennen laſſen. Die naͤhern umſtaͤnde aber“ ſeinestodes ſind dieſe folgende/ darinnen auch“ die veranlaſſung und urſachen deſſelben entde-“ cket werden/ wie es von einigen Moſcowiti-“ ſchen kaufleuten dazumal nach Amſterdam ge-“ ſchrieben worden.“ Ankunfft in Moſcau/ Jahr MDC. biß MDCC. und erfolg- te verhren- nung. 8. Kuhlmann hatte einen gefaͤhrlichen an- ſchlag der Jeſuiter/ den ſie wieder den Czaar heimlich gemacht gehabt/ einem Moſcowiti- ſchen Miniſter entdecket/ darauff etliche Jeſu- iten in verhafft genommen/ und nach geſchehe- ner inquiſition der vornemſte raͤdelsfuͤhrer am leben geſtraffet worden. Dieſes an Kuhlman- nen zu raͤchen ſtellen ſie ihm ein gantzes jahꝛ nach/ biß ſie ihn nebenſt den andern religions-par- theyen unter dem vorwand der ketzereyen durch den Patriarchen ins gefaͤngniß und zum tod bringen. Man hat ihn aber zuvorher im ge- faͤngniß auff das allergrauſamſte gepeiniget/ indem ſie mit zweyen groſſen gluͤenden eiſen ihm ein hauffen cꝛeutze auch den ruͤcken gebrant/ und wann die wunden in etwas zu heilen an- gefangen/ ihn wieder auffs neue hervor gezo- gen/ und ſelbige mit faltz und eßig wieder auff- gerieben. Dergeſtalt haben ſie ihm alles fleiſch am ruͤcken und heimlichen orten weg gebrant/ und zwar gantzer drey wochen nach einander. Worauff ſie ihn in etwas wieder geneſen laſſen/ und hernach auff einen groſſen platz in der ſtadt gefuͤhret/ da ſie ihn in einem dazu gemachten haͤußlein mit Nordermannen zugleich lebendig verbrant. Jch will aber hievon noch aus ei- nigen ſchreiben einen extract hie beyfuͤgen/ wel- cher dieſe grauſame action noch umſtaͤndlicher vor augen legen wird/ ſonderlich aber/ wie die Lutheriſchen Prediger daſelbſt nebenſt den an- dern nicht wenig an dieſem Barbariſchen han- del urſach geweſen. Und damit man die an- dern brieffe nicht vor erdichtet halte/ kan man erſtlich aus dem/ welchen Benthem l. c. pro- ducirt/ eben dieſes anmercken. Anlaß da- zu. Grauſa- me peini- gung. 9. Jn demſelben ſchreibet einer de dato den 20. Novembr. 1691. Kuhlmann waͤre anno“ 89. im Sommer nach Moſcau kommen/ und“ weil allda viel Boͤhmiſten wohnten/ haͤtte er“ gehoffet/ er wuͤrde auch ſicher ſeyn. Es haͤt-“ te aber alsbald ein Prediger an der Lutheri-“ ſchen kleinen kirchen M. Johann Meinecke die“ leute auff der cantzel gewarnet/ ſie ſol-“ ten ſich vor ſchleichern und ſchwer-“ mern huͤten/ die ſich ſuchten einzu-“ ſchleichen. Zu dieſem waͤre Kuhlmann“ darauff gekommen/ haͤtte ihm von einem“ ſeiner Patronen einen gruß gebracht/ welchen“ aber der Pfarrer nicht annehmen wollen/“ ſondern ihm alle converſation mit ſich verbo-“ ten/ auch bedrohet: Er ſolte die kirche da-“ ſelbſt nicht turbiren/ wo er ihn (den“ Pfarrer) nicht zum feind haben wolte.“ Bald darauff haͤtte Kuhlmann eine weiſſa-“ gung Andere umſtaͤnde; derer Lu- theriſchen Prediger haͤndel hie- bey.

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/206>, abgerufen am 06.05.2024.