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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. III. Num. XVII. Antoinettae Lebenslauff.
[Spaltenumbruch] soll/ nicht herrühret; eben als wann es gnug wä-
re die menschen zu vergnügen/ und nicht auff
das gericht des gerechten Richters ein auge zu
haben: welcher mit seiner wurff-schauffel kom-
men wird die spreu/ das ist alles was wir dem
menschen zu liebe thun in den wind fliegen zu
lassen. Dann er wird nichts für gutes korn
achten/ als dasselbe was wir aus lauter liebe ge-
gen GOtt gethan haben. Darunter werden
sich viel betrogen finden/ welche meinen/ daß al-
les/ so den namen der guten wercke führet/ müste
belohnet werden; und daß GOtt die zahl unser
guten wercke ansehe/ da er doch auff nichts sie-
het als auff dasselbe/ was uns dazu bewogen.
Ja er wird selbst unsere gerechtigkeit richte/ das
ist/ unsere guten wercke die offtmals unsere ver-
dammniß verursachen/ weil sie nicht GOTT
zum ziele haben/ und machen/ daß wir uns die
ehre/ die allein GOTT gebühret/ zueignen.

8. Wann diese väter alle solche umstände
wol betrachteten/ so würden sie sich so leichtfer-
tig auff den richterstul nicht dringen/ anderer
richter zu seyn/ ehe sie selbst ihre richter ge-
habt/ welche geurtheilet/ ob sie den H. Geist
empfangen/ den sie andern mittheilen wollen.
Sie machen sich zu lehrern des gesetzes/ ehe sie
desselben rechte lehrlinge worden/ und ver-
messen sich dasselbe andere zu lehren/ was sie
selbst noch nicht gelernet/ nemlich die lehre des
HErrn JEsus/ die allein die wahre seligma-
chende lehre ist. Jch rede von dieser lehre/ wann
sie in der übung gefunden wird. Dann dem buch-
staben nach führet sie mancher in munde/ lieset
das heilige Evangelium/ darinnen sie begriffen
ist/ welches noch vollständig und unveränderlich
gefunden wird. Und hierinnen ist die zusage
des HErrn JEsus/ die er seiner kirche gethan/
erfüllet worden: nemlich daß sie durch den
sturm wol würde beweget/ aber nicht ersäufft
werden. Wie viel höllenstürmer haben sich
wider diese lehre erhoben? Wie viel ketzereyen
haben sie wollen verderben? wie viele von den
Römisch-gesinnten haben sich bemühet/ ihre an-
merckungen und auslegungen dabey zu flicken.
Gleichwol ist sie so gantz und vollkommen/ wie sie
der HErr JEsus gelehret/ und die Evangeli-
sten aufgeschrieben/ in unsern händen geblieben/
und dieses ist das allergröste gut/ das ich in der
welt kenne. Dann wann uns diese lehre nicht
geblieben wäre/ so würde bey uns alles verdor-
ben seyn/ und niemand selig werden/ weil die
Römisch-gesinnten so wol als die ketzer und an-
dere in ihren unterweisungen nicht einig seynd
und man seine seligkeit auff so vieler lehr-künst-
ler wiederwärtige meinungen und neue sünde
nicht gründen kan.

9. Eben darum bin ich bewogen worden
vielmal zu wünschen/ daß die schulen und stu-
dia
niemals möchten begonnen seyn; damit
die Evangelische einfalt in denen seelen/ welche
sie suchen/ hätte bleiben können/ dagegen sie
jetzund mit mancherley anmerckungen und
auslegungen so verstellet/ und mit menschlichen
sünden uud vernunfft-gründen so zugerichtet
ist/ daß die allervollkommensten anders
nichts als einen todten glauben oder nur die
äusserliche blosse beschauligkeit der lehre des
HErrn JEsu/ und nicht die auswürckungen
oder wercke selbst haben. Gleichwol dürffen sie
[Spaltenumbruch] noch glauben/ sie wären lebendige glieder der
kirche und lehrlinge des HErrn JESUS.
Aber dieses wird manche unvermuthet in das
verderben stürtzen.

10. Dann was würde es nützen zu glauben/
daß GOtt allmächtig sey/ daß er den himmel
und erde geschaffen/ mit allen was darinnen
ist/ dem menschen zu gute/ wann wir uns nicht
befleißigten/ einen solchen Herrn als unsern ei-
nigen wolthäter anzubeten/ zu lieben und ihm
zu dienen? Was würde es helffen/ wann wir
an den HErrn JEsus CHrist/ seinen einigen
Sohn/ unsern Seligmacher/ gläubete/ welcher
unsere natur an sich genommen/ und sich leiden-
de gemacht/ damit er für unsere sünde gnug thun
könnte; wann wir ohne lieb gegen unsern
nächsten lebeten/ und ihm in seiner noth nicht
beystehen/ noch seinetwegen einig ungemach lei-
den wolten? Wir lassen uns bedüncken/ es sey
gnug/ wann wir ihm kein böses thäten.

11. Und es scheinen auch in der that die-
selbe heilig zu seyn/ die heut zu tag dem nächsten
kein ungleich thun/ gleichwol ist es noch weit
gefehlet/ wann sie sich nicht auch dem leiden un-
terwerffen ihn aus etwan einer gefahr zu erret-
ten/ dem zur nachfolge/ was der HErr JEsus
unserthalben gethan/ der auch zugleich gesa-
get hat/ daß er seine wercke verrichtet/ uns ein
beyspiel zu geben: daher wir ihm auch
dancken und ihn preisen sollen/ nach der
pflicht-schuldigkeit/ die wir zu haben aus
dem glauben/ zu dem wir uns bekennen/ er-
lernen. Wann wir glauben/ daß der HErr
JEsus/ als er auff erden war/ nicht hat wollen
bedienet seyn/ sondern die armuth und das unge-
mach erwehlet/ da gleichwol unser leben mit
trachten nach ehre nach reichthum/ nach wollust
erfüllet ist; haben wir dann nicht einen todten
glauben/ in dem unsere wercke dasselbe/ was wir
glauben/ in allen stücken mit lügen bezüchtigen;
denn wann wir glauben/ daß der HErr JEsus
gelitten habe unter dem Land-Pfleger Pontius
Pilatus/ daß er schmach/ verfolgung/ ungemach
und pein erdultet/ ja selbst schändlicher weise am
stamme des creutzes gehangen und gestorben/
wir aber indessen nichts/ was unsere ehre verle-
tzet/ ja nicht die geringste verachtung leiden wol-
len/ sondern alles/ was gemächlich ist/ suchen/
und unsern geist und gedancken mit allem/
was unsern sinnen lustig/ erfrculich/ und er-
wünscht ist/ speisen/ da wir uns um die seligkeit
unserer seelen/ dafür der HErr JEsus so einen
grausamen tod hat leiden wollen/ wenig be-
kümmern; ist es wol/ den glauben haben/ wann
wir solche den glauben widerstrebende wercke
verrichten? dieser glaube kan anders nichts
seyn als ein blosser betrachtender glaube/ welcher
der seelen nichts giebet als eine laß dünckende ei-
telkeit/ darinnen wir leben und sterben zu unserer
verdammniß.

12. Dann wann wir durch das blosse glau-
ben gedencken selig zu werden/ so betriegen wir
uns. Die ketzer glauben auch alle die vornehm-
sten stücke unsers glaubens; gleichwol halten
wir ihre verdammniß für gewiß/ und sehen un-
terdessen nicht/ daß unser verdammniß viel er-
schrecklicher seyn werde; weil wir die wahre
Lehre des HERRN JESUS erkant/
doch nicht darnach gelebet: da jene noch in
vielen irrthümern ihres glaubens steckten/

und

Th. IV. Sect. III. Num. XVII. Antoinettæ Lebenslauff.
[Spaltenumbruch] ſoll/ nicht herruͤhret; eben als wann es gnug waͤ-
re die menſchen zu vergnuͤgen/ und nicht auff
das gericht des gerechten Richters ein auge zu
haben: welcher mit ſeiner wurff-ſchauffel kom-
men wird die ſpreu/ das iſt alles was wir dem
menſchen zu liebe thun in den wind fliegen zu
laſſen. Dann er wird nichts fuͤr gutes korn
achten/ als daſſelbe was wir aus lauter liebe ge-
gen GOtt gethan haben. Darunter werden
ſich viel betrogen finden/ welche meinen/ daß al-
les/ ſo den namen der guten wercke fuͤhret/ muͤſte
belohnet werden; und daß GOtt die zahl unſer
guten wercke anſehe/ da er doch auff nichts ſie-
het als auff daſſelbe/ was uns dazu bewogen.
Ja er wird ſelbſt unſere gerechtigkeit richtē/ das
iſt/ unſere guten wercke die offtmals unſere ver-
dammniß verurſachen/ weil ſie nicht GOTT
zum ziele haben/ und machen/ daß wir uns die
ehre/ die allein GOTT gebuͤhret/ zueignen.

8. Wann dieſe vaͤter alle ſolche umſtaͤnde
wol betrachteten/ ſo wuͤrden ſie ſich ſo leichtfer-
tig auff den richterſtul nicht dringen/ anderer
richter zu ſeyn/ ehe ſie ſelbſt ihre richter ge-
habt/ welche geurtheilet/ ob ſie den H. Geiſt
empfangen/ den ſie andern mittheilen wollen.
Sie machen ſich zu lehrern des geſetzes/ ehe ſie
deſſelben rechte lehrlinge worden/ und ver-
meſſen ſich daſſelbe andere zu lehren/ was ſie
ſelbſt noch nicht gelernet/ nemlich die lehre des
HErrn JEſus/ die allein die wahre ſeligma-
chende lehre iſt. Jch rede von dieſer lehre/ wann
ſie in der uͤbung gefunden wird. Dañ dem buch-
ſtaben nach fuͤhret ſie mancher in munde/ lieſet
das heilige Evangelium/ darinnen ſie begriffen
iſt/ welches noch vollſtaͤndig uñ unveraͤnderlich
gefunden wird. Und hierinnen iſt die zuſage
des HErrn JEſus/ die er ſeiner kirche gethan/
erfuͤllet worden: nemlich daß ſie durch den
ſturm wol wuͤrde beweget/ aber nicht erſaͤufft
werden. Wie viel hoͤllenſtuͤrmer haben ſich
wider dieſe lehre erhoben? Wie viel ketzereyen
haben ſie wollen verderben? wie viele von den
Roͤmiſch-geſiñten haben ſich bemuͤhet/ ihre an-
merckungen und auslegungen dabey zu flicken.
Gleichwol iſt ſie ſo gantz und vollkom̃en/ wie ſie
der HErꝛ JEſus gelehret/ und die Evangeli-
ſten aufgeſchrieben/ in unſern haͤnden geblieben/
und dieſes iſt das allergroͤſte gut/ das ich in der
welt kenne. Dann wann uns dieſe lehre nicht
geblieben waͤre/ ſo wuͤrde bey uns alles verdor-
ben ſeyn/ und niemand ſelig werden/ weil die
Roͤmiſch-geſinnten ſo wol als die ketzer und an-
dere in ihren unterweiſungen nicht einig ſeynd
und man ſeine ſeligkeit auff ſo vieler lehr-kuͤnſt-
ler wiederwaͤrtige meinungen und neue ſuͤnde
nicht gruͤnden kan.

9. Eben darum bin ich bewogen worden
vielmal zu wuͤnſchen/ daß die ſchulen und ſtu-
dia
niemals moͤchten begonnen ſeyn; damit
die Evangeliſche einfalt in denen ſeelen/ welche
ſie ſuchen/ haͤtte bleiben koͤnnen/ dagegen ſie
jetzund mit mancherley anmerckungen und
auslegungen ſo verſtellet/ und mit menſchlichen
ſuͤnden uud vernunfft-gruͤnden ſo zugerichtet
iſt/ daß die allervollkommenſten anders
nichts als einen todten glauben oder nur die
aͤuſſerliche bloſſe beſchauligkeit der lehre des
HErꝛn JEſu/ und nicht die auswuͤrckungen
oder wercke ſelbſt haben. Gleichwol duͤrffen ſie
[Spaltenumbruch] noch glauben/ ſie waͤren lebendige glieder der
kirche und lehrlinge des HErꝛn JESUS.
Aber dieſes wird manche unvermuthet in das
verderben ſtuͤrtzen.

10. Dann was wuͤrde es nuͤtzen zu glauben/
daß GOtt allmaͤchtig ſey/ daß er den himmel
und erde geſchaffen/ mit allen was darinnen
iſt/ dem menſchen zu gute/ wann wir uns nicht
befleißigten/ einen ſolchen Herꝛn als unſern ei-
nigen wolthaͤter anzubeten/ zu lieben und ihm
zu dienen? Was wuͤrde es helffen/ wann wir
an den HErꝛn JEſus CHriſt/ ſeinen einigen
Sohn/ unſern Seligmacher/ glaͤubetē/ welcher
unſere natur an ſich genommen/ und ſich leiden-
de gemacht/ damit er fuͤr unſere ſuͤnde gnug thun
koͤnnte; wann wir ohne lieb gegen unſern
naͤchſten lebeten/ und ihm in ſeiner noth nicht
beyſtehen/ noch ſeinetwegen einig ungemach lei-
den wolten? Wir laſſen uns beduͤncken/ es ſey
gnug/ wann wir ihm kein boͤſes thaͤten.

11. Und es ſcheinen auch in der that die-
ſelbē heilig zu ſeyn/ die heut zu tag dem naͤchſten
kein ungleich thun/ gleichwol iſt es noch weit
gefehlet/ wann ſie ſich nicht auch dem leiden un-
terwerffen ihn aus etwan einer gefahr zu erret-
ten/ dem zur nachfolge/ was der HErꝛ JEſus
unſerthalben gethan/ der auch zugleich geſa-
get hat/ daß er ſeine wercke verrichtet/ uns ein
beyſpiel zu geben: daher wir ihm auch
dancken und ihn preiſen ſollen/ nach der
pflicht-ſchuldigkeit/ die wir zu haben aus
dem glauben/ zu dem wir uns bekennen/ er-
lernen. Wann wir glauben/ daß der HErꝛ
JEſus/ als er auff erden war/ nicht hat wollen
bedienet ſeyn/ ſondern die aꝛmuth und das unge-
mach erwehlet/ da gleichwol unſer leben mit
trachten nach ehꝛe nach reichthum/ nach wolluſt
erfuͤllet iſt; haben wir dann nicht einen todten
glauben/ in dem unſere wercke daſſelbe/ was wir
glauben/ in allen ſtuͤcken mit luͤgen bezuͤchtigen;
denn wann wir glauben/ daß der HErꝛ JEſus
gelitten habe unter dem Land-Pfleger Pontius
Pilatus/ daß er ſchmach/ verfolgung/ ungemach
und pein erdultet/ ja ſelbſt ſchaͤndlicher weiſe am
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wir aber indeſſen nichts/ was unſere ehre verle-
tzet/ ja nicht die geringſte verachtung leiden wol-
len/ ſondern alles/ was gemaͤchlich iſt/ ſuchen/
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was unſern ſinnen luſtig/ erfrculich/ und er-
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unſerer ſeelen/ dafuͤr der HErꝛ JEſus ſo einen
grauſamen tod hat leiden wollen/ wenig be-
kuͤmmern; iſt es wol/ den glauben haben/ wann
wir ſolche den glauben widerſtrebende wercke
verrichten? dieſer glaube kan anders nichts
ſeyn als ein bloſſeꝛ betrachtender glaube/ welcher
der ſeelen nichts giebet als eine laß duͤnckende ei-
telkeit/ darinnen wir leben und ſterben zu unſerer
verdammniß.

12. Dann wann wir durch das bloſſe glau-
ben gedencken ſelig zu werden/ ſo betriegen wir
uns. Die ketzer glauben auch alle die vornehm-
ſten ſtuͤcke unſers glaubens; gleichwol halten
wir ihre verdam̃niß fuͤr gewiß/ und ſehen un-
terdeſſen nicht/ daß unſer verdam̃niß viel er-
ſchrecklicher ſeyn werde; weil wir die wahre
Lehre des HERRN JESUS erkant/
doch nicht darnach gelebet: da jene noch in
vielen irꝛthuͤmern ihres glaubens ſteckten/

und
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tzet/ ja nicht die gering&#x017F;te verachtung leiden wol-<lb/>
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[744/1052] Th. IV. Sect. III. Num. XVII. Antoinettæ Lebenslauff. ſoll/ nicht herruͤhret; eben als wann es gnug waͤ- re die menſchen zu vergnuͤgen/ und nicht auff das gericht des gerechten Richters ein auge zu haben: welcher mit ſeiner wurff-ſchauffel kom- men wird die ſpreu/ das iſt alles was wir dem menſchen zu liebe thun in den wind fliegen zu laſſen. Dann er wird nichts fuͤr gutes korn achten/ als daſſelbe was wir aus lauter liebe ge- gen GOtt gethan haben. Darunter werden ſich viel betrogen finden/ welche meinen/ daß al- les/ ſo den namen der guten wercke fuͤhret/ muͤſte belohnet werden; und daß GOtt die zahl unſer guten wercke anſehe/ da er doch auff nichts ſie- het als auff daſſelbe/ was uns dazu bewogen. Ja er wird ſelbſt unſere gerechtigkeit richtē/ das iſt/ unſere guten wercke die offtmals unſere ver- dammniß verurſachen/ weil ſie nicht GOTT zum ziele haben/ und machen/ daß wir uns die ehre/ die allein GOTT gebuͤhret/ zueignen. 8. Wann dieſe vaͤter alle ſolche umſtaͤnde wol betrachteten/ ſo wuͤrden ſie ſich ſo leichtfer- tig auff den richterſtul nicht dringen/ anderer richter zu ſeyn/ ehe ſie ſelbſt ihre richter ge- habt/ welche geurtheilet/ ob ſie den H. Geiſt empfangen/ den ſie andern mittheilen wollen. Sie machen ſich zu lehrern des geſetzes/ ehe ſie deſſelben rechte lehrlinge worden/ und ver- meſſen ſich daſſelbe andere zu lehren/ was ſie ſelbſt noch nicht gelernet/ nemlich die lehre des HErrn JEſus/ die allein die wahre ſeligma- chende lehre iſt. Jch rede von dieſer lehre/ wann ſie in der uͤbung gefunden wird. Dañ dem buch- ſtaben nach fuͤhret ſie mancher in munde/ lieſet das heilige Evangelium/ darinnen ſie begriffen iſt/ welches noch vollſtaͤndig uñ unveraͤnderlich gefunden wird. Und hierinnen iſt die zuſage des HErrn JEſus/ die er ſeiner kirche gethan/ erfuͤllet worden: nemlich daß ſie durch den ſturm wol wuͤrde beweget/ aber nicht erſaͤufft werden. Wie viel hoͤllenſtuͤrmer haben ſich wider dieſe lehre erhoben? Wie viel ketzereyen haben ſie wollen verderben? wie viele von den Roͤmiſch-geſiñten haben ſich bemuͤhet/ ihre an- merckungen und auslegungen dabey zu flicken. Gleichwol iſt ſie ſo gantz und vollkom̃en/ wie ſie der HErꝛ JEſus gelehret/ und die Evangeli- ſten aufgeſchrieben/ in unſern haͤnden geblieben/ und dieſes iſt das allergroͤſte gut/ das ich in der welt kenne. Dann wann uns dieſe lehre nicht geblieben waͤre/ ſo wuͤrde bey uns alles verdor- ben ſeyn/ und niemand ſelig werden/ weil die Roͤmiſch-geſinnten ſo wol als die ketzer und an- dere in ihren unterweiſungen nicht einig ſeynd und man ſeine ſeligkeit auff ſo vieler lehr-kuͤnſt- ler wiederwaͤrtige meinungen und neue ſuͤnde nicht gruͤnden kan. 9. Eben darum bin ich bewogen worden vielmal zu wuͤnſchen/ daß die ſchulen und ſtu- dia niemals moͤchten begonnen ſeyn; damit die Evangeliſche einfalt in denen ſeelen/ welche ſie ſuchen/ haͤtte bleiben koͤnnen/ dagegen ſie jetzund mit mancherley anmerckungen und auslegungen ſo verſtellet/ und mit menſchlichen ſuͤnden uud vernunfft-gruͤnden ſo zugerichtet iſt/ daß die allervollkommenſten anders nichts als einen todten glauben oder nur die aͤuſſerliche bloſſe beſchauligkeit der lehre des HErꝛn JEſu/ und nicht die auswuͤrckungen oder wercke ſelbſt haben. Gleichwol duͤrffen ſie noch glauben/ ſie waͤren lebendige glieder der kirche und lehrlinge des HErꝛn JESUS. Aber dieſes wird manche unvermuthet in das verderben ſtuͤrtzen. 10. Dann was wuͤrde es nuͤtzen zu glauben/ daß GOtt allmaͤchtig ſey/ daß er den himmel und erde geſchaffen/ mit allen was darinnen iſt/ dem menſchen zu gute/ wann wir uns nicht befleißigten/ einen ſolchen Herꝛn als unſern ei- nigen wolthaͤter anzubeten/ zu lieben und ihm zu dienen? Was wuͤrde es helffen/ wann wir an den HErꝛn JEſus CHriſt/ ſeinen einigen Sohn/ unſern Seligmacher/ glaͤubetē/ welcher unſere natur an ſich genommen/ und ſich leiden- de gemacht/ damit er fuͤr unſere ſuͤnde gnug thun koͤnnte; wann wir ohne lieb gegen unſern naͤchſten lebeten/ und ihm in ſeiner noth nicht beyſtehen/ noch ſeinetwegen einig ungemach lei- den wolten? Wir laſſen uns beduͤncken/ es ſey gnug/ wann wir ihm kein boͤſes thaͤten. 11. Und es ſcheinen auch in der that die- ſelbē heilig zu ſeyn/ die heut zu tag dem naͤchſten kein ungleich thun/ gleichwol iſt es noch weit gefehlet/ wann ſie ſich nicht auch dem leiden un- terwerffen ihn aus etwan einer gefahr zu erret- ten/ dem zur nachfolge/ was der HErꝛ JEſus unſerthalben gethan/ der auch zugleich geſa- get hat/ daß er ſeine wercke verrichtet/ uns ein beyſpiel zu geben: daher wir ihm auch dancken und ihn preiſen ſollen/ nach der pflicht-ſchuldigkeit/ die wir zu haben aus dem glauben/ zu dem wir uns bekennen/ er- lernen. Wann wir glauben/ daß der HErꝛ JEſus/ als er auff erden war/ nicht hat wollen bedienet ſeyn/ ſondern die aꝛmuth und das unge- mach erwehlet/ da gleichwol unſer leben mit trachten nach ehꝛe nach reichthum/ nach wolluſt erfuͤllet iſt; haben wir dann nicht einen todten glauben/ in dem unſere wercke daſſelbe/ was wir glauben/ in allen ſtuͤcken mit luͤgen bezuͤchtigen; denn wann wir glauben/ daß der HErꝛ JEſus gelitten habe unter dem Land-Pfleger Pontius Pilatus/ daß er ſchmach/ verfolgung/ ungemach und pein erdultet/ ja ſelbſt ſchaͤndlicher weiſe am ſtamme des creutzes gehangen und geſtorben/ wir aber indeſſen nichts/ was unſere ehre verle- tzet/ ja nicht die geringſte verachtung leiden wol- len/ ſondern alles/ was gemaͤchlich iſt/ ſuchen/ und unſern geiſt und gedancken mit allem/ was unſern ſinnen luſtig/ erfrculich/ und er- wuͤnſcht iſt/ ſpeiſen/ da wir uns um die ſeligkeit unſerer ſeelen/ dafuͤr der HErꝛ JEſus ſo einen grauſamen tod hat leiden wollen/ wenig be- kuͤmmern; iſt es wol/ den glauben haben/ wann wir ſolche den glauben widerſtrebende wercke verrichten? dieſer glaube kan anders nichts ſeyn als ein bloſſeꝛ betrachtender glaube/ welcher der ſeelen nichts giebet als eine laß duͤnckende ei- telkeit/ darinnen wir leben und ſterben zu unſerer verdammniß. 12. Dann wann wir durch das bloſſe glau- ben gedencken ſelig zu werden/ ſo betriegen wir uns. Die ketzer glauben auch alle die vornehm- ſten ſtuͤcke unſers glaubens; gleichwol halten wir ihre verdam̃niß fuͤr gewiß/ und ſehen un- terdeſſen nicht/ daß unſer verdam̃niß viel er- ſchrecklicher ſeyn werde; weil wir die wahre Lehre des HERRN JESUS erkant/ doch nicht darnach gelebet: da jene noch in vielen irꝛthuͤmern ihres glaubens ſteckten/ und

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 744. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/1052>, abgerufen am 02.05.2024.