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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. III. Num. XVII. Antoinettae Lebenslauff.
[Spaltenumbruch] der zu erlangen/ sonderlich wenn man erwegen
wird/ daß die verwahrlosung des von GOtt
uns gethanen ruffes und würckung/ eine solche
sünde sey/ die die ewige straffen verdienet/ wie
das licht GOttes solches der A. B. und allen
Heiligen vor augen geleget. Von dieser lebens-
art unterstunden sich mancherley gattung leute/
und insonderheit der vater selbst/ die Antoniam
abzüziehen/ indem der letztere noch dazu sie mit
einer heyrath auch wider ihren willen zu bestri-
cken sich bemühete/ wovor doch die A. B. einen
grösseren eckel als vor dem allerschädlichsten
gifft hatte. Sintemal sie sich dem bräutigam
CHristo verlobet hatte/ daher hielte sie es vor
einen greuel mit einem sterblichen manne sich zu
verbinden/ deme hernach die durch heurath ge-
fesselte weiber zu gefallen trachten/ da hingegen
die verlobten jungfrauen GOtte allein ergeben
seyn können und müssen/ und diese sind es/ die
dem lamme folgen/ wo es hingehet.

8. Die hartnäckigkeit des vaters/ welcher
wolte/ daß die A. B. einen reichen Frantzösischen
kaufmann heurathen solte/ brachte sie dahin/ daß
sie gezwungen wurde/ ihre eltern samt alle zeitli-
chen dingen zu verlassen/ und damit sie nicht ver-
rathen würde/ hatte sie sich in eines waldbru-
ders kappe/ welche sie vorher heimlich in ihrem
schlaffzimmer verfertiget hatte/ gekleidet. Jn
dieser flucht hat sie so gar all ihr vertrauen auff
GOtt gesetzet/ daß sie sich auch nicht einen pfen-
ning mitzunehmen unterstanden. Da denn
GOtt nicht unterlassen/ sie wunderthätiger
weise zu versorgen/ und vor dem muthwillen der
kriegs-gurgeln zu beschützen/ indem er sie der
pflege Gottesfürchtiger leute übergab/ welche
bereit ware/ alle ihre haabe zur beförderung des
vorsatzes der Antoniae anzuwenden: Unter
welchen berühmt ist ein Priester zu Blatton/
dessen merckwürdige bekehrung/ GOtt ergebe-
nes leben/ und blutigen marter-tod zu beschrei-
ben/ verhindert das gesetz eines auszuges/ an
welches ich jetzt gebunden bin. Wer hievon
sowol als auch den andern sachen/ deren in die-
sem auszug gedacht werden weitläufftiger be-
richt begehret/ der lese die Schrifften der A. B.
wie auch ihr ausgeführtes leben. Uber dem/
daß die furcht des ehestandes die A. B. zuver-
lassung der eltern und aller irrdischen dinge an-
trieb/ wurde sie hiezu auch beweget dadurch/
daß GOtt gesaget hatte; Sie würde nun in
der wüsten GOttes vollkömmlich geniessen.
Derohalben suchte sie auch einen von aller
menschlichen gesellschafft befreyeten und entfer-
neten ort/ dergleichen sie in Welschland gefun-
den zu werden/ gehöret hatte.

9. Zu Blatton/ welcher flecken zwischen den
städten Dornieck und Bergen im Hennegau lie-
get/ wird die Antonia von dem Priester in der
kirchen verwahret/ biß sie von dem Ertz-Bi-
schoff zu Cammerich verhöret würde/ welcher
ihr daselbst/ als er eine weitere reise nach der
wüsten wiederrathen hatte/ als eine versperre-
te auff dem kirch-hoff zu verbleiben gestattete.
Und dieses wäre auch geschehen/ wenn nicht ih-
re Eltern an eben selbigem tage zu Blatton an-
gelanget wären/ und sie/ ungeachtet ihres vielfäl-
tigen widerstrebens/ weil sie sich nicht wieder in
weltliche händel einlassen wolte/ wieder zurück
nach Rüssel geführet hätten: Nachdem zuvor
[Spaltenumbruch] der vater so wol als der Ertz-Bischoff verspro-
chen hatten/ jener zwar/ daß er seine tochter wol-
te frey und ungehindert/ nach der weise/ wie es
ihr von dem gesetze GOttes und dem zeugniß
ihres gewissens würde vorgeschrieben werden/
GOtt dienen lassen; dieser aber/ daß die A. B.
so sie der vater wieder in weltliche händel ver-
wickeln wolte/ zu ihm kommen solte/ so wolte
er vaters-stelle bey ihr vertreten.

10. Als nun einige monate vorbey lieffen/
hebt der vater von neuem an/ (in dem er seyn
versprechen nicht hielte) der A. B. vom hey-
rathen und verrichtung weltlicher geschäffte
vorzuschwatzen. Welche ungestümmigkeit/ (da
vornehmlich noch die inwendige bewegung der
seelen dazu kam) die Antoniam dahin brachte/
daß sie von dem vater urlaub zu dem Ertz-Bi-
schoff zu ziehen bath/ von welchem vorsatz der
vater die tochter mit ungerechten dräuworten
abzuschrecken begehrte/ welche aber/ nach dem
sie so wol durch das zeugniß ihres gewissens/
als auch durch den segen der gegenwärtigen
männer/ (unter welchen auch ihr Beicht-
Vater war/) auffgemuntert worden/ sich zu
der vorgesetzten reise bereitet. Da sie zu dem
Ertz-Bischoffe kommet/ wird sie gütigst von ihm
auffgenommen. Und nach dem sie ihm kund ge-
than hatte/ daß sie von GOtt getrieben würde/
ein von allen weltlichen geschäfften freyes leben
anzurichten/ daß da von aller begierde der ver-
gänglichen dinge ledig seyn und in gäntzlicher
verleugnung sein selbst geführet werden möchte/
auff die weise/ wie vormals in der ersten kirchen
von denen Christen/ übergibt der Ertz-Bischoff
diesen der A. B. vorsatz der untersuchung sei-
nes Consistorii, von welchem nicht nur ihr
vorhaben als Göttlich gebilliget worden/ son-
dern man hat ihr auch vergönnet in demselben
Bischoffthum solche lebens-art anzufangen/
da sich denn gleich einige fromme töchter zur ge-
sellschafft/ eine Blattonische wittwe aber ein
stück landes anbote/ woselbst diese Gottverlobte
töchter sich auffhalten möchten.

11. Eben zu der zeit war es/ als einige so ge-
nante Geistliche/ welche der A. B. nicht wol
wolten (da sie sich zu der reise nach Blatton
zubereitete/) den Ertz-Bischoff durch eine leere
furcht antrieben/ daß er den vorhin festgestellten
schluß wiederrieff/ und der Antoniae verbot in
seinem Bistum das Evangelische leben anzu-
fangen. Diese aber bleibet fest bey ihrem vor-
haben/ und ziehet auf zurathen einiger frommen
freunde nach Luyck/ woselbst sie garleicht freyheit
ihr vorhaben ins werck zu setzen gefunden hätte/
wann nicht grosse schwierigkeiten darzwischen
kommen wären/ welche die A. B. sehr drück-
ten/ und sie eine zeitlang zu Bergen zu bleiben nö-
thigten. Hernach/ als sie von der frommen
Gräfin von Willerval beruffen worden/ hat sie
sich etliche monathe bey ihr auffgehalten/ und
gleich anfangs entdecket/ daß ob zwar die Grä-
fin mit sittlichen tugenden über die massen bega-
bet/ so mangelte es ihr doch nicht nur an den
Göttlichen tugenden/ sondern sie wären selbige
zu fassen und zu besitzen auch gantz ungeschickt.
Weil sie also daselbst gleichsam als auffer ihrem
element lebete/ verlangte sie nach ihrer nutzba-
ren einsamkeit/ daß sie dem in ihr redenden und
sie tröstenden GOtte zuhören und dienen möch-
te.

12. Jn-
A. K. H. Vierter Theil. A a a a a 2

Th. IV. Sect. III. Num. XVII. Antoinettæ Lebenslauff.
[Spaltenumbruch] der zu erlangen/ ſonderlich wenn man erwegen
wird/ daß die verwahrloſung des von GOtt
uns gethanen ruffes und wuͤrckung/ eine ſolche
ſuͤnde ſey/ die die ewige ſtraffen verdienet/ wie
das licht GOttes ſolches der A. B. und allen
Heiligen vor augen geleget. Von dieſer lebens-
art unterſtunden ſich mancherley gattung leute/
und inſonderheit der vater ſelbſt/ die Antoniam
abzuͤziehen/ indem der letztere noch dazu ſie mit
einer heyrath auch wider ihren willen zu beſtri-
cken ſich bemuͤhete/ wovor doch die A. B. einen
groͤſſeren eckel als vor dem allerſchaͤdlichſten
gifft hatte. Sintemal ſie ſich dem braͤutigam
CHriſto verlobet hatte/ daher hielte ſie es vor
einen greuel mit einem ſterblichen manne ſich zu
verbinden/ deme hernach die durch heurath ge-
feſſelte weiber zu gefallen trachten/ da hingegen
die verlobten jungfrauen GOtte allein ergeben
ſeyn koͤnnen und muͤſſen/ und dieſe ſind es/ die
dem lamme folgen/ wo es hingehet.

8. Die hartnaͤckigkeit des vaters/ welcher
wolte/ daß die A. B. einen reichen Frantzoͤſiſchen
kaufmañ heurathen ſolte/ brachte ſie dahin/ daß
ſie gezwungen wurde/ ihre eltern ſamt allē zeitli-
chen dingen zu verlaſſen/ und damit ſie nicht ver-
rathen wuͤrde/ hatte ſie ſich in eines waldbru-
ders kappe/ welche ſie vorher heimlich in ihrem
ſchlaffzimmer verfertiget hatte/ gekleidet. Jn
dieſer flucht hat ſie ſo gar all ihr vertrauen auff
GOtt geſetzet/ daß ſie ſich auch nicht einen pfen-
ning mitzunehmen unterſtanden. Da denn
GOtt nicht unterlaſſen/ ſie wunderthaͤtiger
weiſe zu verſorgen/ und vor dem muthwillen der
kriegs-gurgeln zu beſchuͤtzen/ indem er ſie der
pflege Gottesfuͤrchtiger leute uͤbergab/ welche
bereit warē/ alle ihre haabe zur befoͤrderung des
vorſatzes der Antoniæ anzuwenden: Unter
welchen beruͤhmt iſt ein Prieſter zu Blatton/
deſſen merckwuͤrdige bekehrung/ GOtt ergebe-
nes leben/ und blutigen marter-tod zu beſchrei-
ben/ verhindert das geſetz eines auszuges/ an
welches ich jetzt gebunden bin. Wer hievon
ſowol als auch den andern ſachen/ deren in die-
ſem auszug gedacht werden weitlaͤufftiger be-
richt begehret/ der leſe die Schrifften der A. B.
wie auch ihr ausgefuͤhrtes leben. Uber dem/
daß die furcht des eheſtandes die A. B. zuver-
laſſung der eltern und aller irꝛdiſchen dinge an-
trieb/ wurde ſie hiezu auch beweget dadurch/
daß GOtt geſaget hatte; Sie wuͤrde nun in
der wuͤſten GOttes vollkoͤmmlich genieſſen.
Derohalben ſuchte ſie auch einen von aller
menſchlichen geſellſchafft befreyeten und entfer-
neten ort/ dergleichen ſie in Welſchland gefun-
den zu werden/ gehoͤret hatte.

9. Zu Blatton/ welcher flecken zwiſchen den
ſtaͤdten Dornieck und Bergen im Hennegau lie-
get/ wird die Antonia von dem Prieſter in der
kirchen verwahret/ biß ſie von dem Ertz-Bi-
ſchoff zu Cammerich verhoͤret wuͤrde/ welcher
ihr daſelbſt/ als er eine weitere reiſe nach der
wuͤſten wiederrathen hatte/ als eine verſperre-
te auff dem kirch-hoff zu verbleiben geſtattete.
Und dieſes waͤre auch geſchehen/ wenn nicht ih-
re Eltern an eben ſelbigem tage zu Blatton an-
gelanget waͤꝛen/ und ſie/ ungeachtet ihres vielfaͤl-
tigen widerſtrebens/ weil ſie ſich nicht wieder in
weltliche haͤndel einlaſſen wolte/ wieder zuruͤck
nach Ruͤſſel gefuͤhret haͤtten: Nachdem zuvor
[Spaltenumbruch] der vater ſo wol als der Ertz-Biſchoff verſpro-
chen hatten/ jener zwar/ daß er ſeine tochter wol-
te frey und ungehindert/ nach der weiſe/ wie es
ihr von dem geſetze GOttes und dem zeugniß
ihres gewiſſens wuͤrde vorgeſchrieben werden/
GOtt dienen laſſen; dieſer aber/ daß die A. B.
ſo ſie der vater wieder in weltliche haͤndel ver-
wickeln wolte/ zu ihm kommen ſolte/ ſo wolte
er vaters-ſtelle bey ihr vertreten.

10. Als nun einige monate vorbey lieffen/
hebt der vater von neuem an/ (in dem er ſeyn
verſprechen nicht hielte) der A. B. vom hey-
rathen und verrichtung weltlicher geſchaͤffte
vorzuſchwatzen. Welche ungeſtuͤm̃igkeit/ (da
vornehmlich noch die inwendige bewegung der
ſeelen dazu kam) die Antoniam dahin brachte/
daß ſie von dem vater urlaub zu dem Ertz-Bi-
ſchoff zu ziehen bath/ von welchem vorſatz der
vater die tochter mit ungerechten draͤuworten
abzuſchrecken begehrte/ welche aber/ nach dem
ſie ſo wol durch das zeugniß ihres gewiſſens/
als auch durch den ſegen der gegenwaͤrtigen
maͤnner/ (unter welchen auch ihr Beicht-
Vater war/) auffgemuntert worden/ ſich zu
der vorgeſetzten reiſe bereitet. Da ſie zu dem
Ertz-Biſchoffe kom̃et/ wird ſie guͤtigſt von ihm
auffgenommen. Und nach dem ſie ihm kund ge-
than hatte/ daß ſie von GOtt getrieben wuͤrde/
ein von allen weltlichen geſchaͤfften freyes leben
anzurichten/ daß da von aller begierde der ver-
gaͤnglichen dinge ledig ſeyn und in gaͤntzlicher
verleugnung ſein ſelbſt gefuͤhret weꝛden moͤchte/
auff die weiſe/ wie vormals in der erſten kirchen
von denen Chriſten/ uͤbergibt der Ertz-Biſchoff
dieſen der A. B. vorſatz der unterſuchung ſei-
nes Conſiſtorii, von welchem nicht nur ihr
vorhaben als Goͤttlich gebilliget worden/ ſon-
dern man hat ihr auch vergoͤnnet in demſelben
Biſchoffthum ſolche lebens-art anzufangen/
da ſich denn gleich einige fromme toͤchter zur ge-
ſellſchafft/ eine Blattoniſche wittwe aber ein
ſtuͤck landes anbote/ woſelbſt dieſe Gottverlobte
toͤchter ſich auffhalten moͤchten.

11. Eben zu der zeit war es/ als einige ſo ge-
nante Geiſtliche/ welche der A. B. nicht wol
wolten (da ſie ſich zu der reiſe nach Blatton
zubereitete/) den Ertz-Biſchoff durch eine leere
furcht antrieben/ daß er den vorhin feſtgeſtellten
ſchluß wiederrieff/ und der Antoniæ verbot in
ſeinem Biſtum das Evangeliſche leben anzu-
fangen. Dieſe aber bleibet feſt bey ihrem vor-
haben/ und ziehet auf zurathen einiger frommen
freunde nach Luyck/ woſelbſt ſie gaꝛleicht freyheit
ihr vorhaben ins werck zu ſetzen gefunden haͤtte/
wann nicht groſſe ſchwierigkeiten darzwiſchen
kommen waͤren/ welche die A. B. ſehr druͤck-
ten/ und ſie eine zeitlang zu Bergen zu bleiben noͤ-
thigten. Hernach/ als ſie von der frommen
Graͤfin von Willerval beruffen worden/ hat ſie
ſich etliche monathe bey ihr auffgehalten/ und
gleich anfangs entdecket/ daß ob zwar die Graͤ-
fin mit ſittlichen tugenden uͤber die maſſen bega-
bet/ ſo mangelte es ihr doch nicht nur an den
Goͤttlichen tugenden/ ſondern ſie waͤren ſelbige
zu faſſen und zu beſitzen auch gantz ungeſchickt.
Weil ſie alſo daſelbſt gleichſam als auffeꝛ ihꝛem
element lebete/ verlangte ſie nach ihrer nutzba-
ren einſamkeit/ daß ſie dem in ihr redenden und
ſie troͤſtenden GOtte zuhoͤren und dienen moͤch-
te.

12. Jn-
A. K. H. Vierter Theil. A a a a a 2
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[739/1047] Th. IV. Sect. III. Num. XVII. Antoinettæ Lebenslauff. der zu erlangen/ ſonderlich wenn man erwegen wird/ daß die verwahrloſung des von GOtt uns gethanen ruffes und wuͤrckung/ eine ſolche ſuͤnde ſey/ die die ewige ſtraffen verdienet/ wie das licht GOttes ſolches der A. B. und allen Heiligen vor augen geleget. Von dieſer lebens- art unterſtunden ſich mancherley gattung leute/ und inſonderheit der vater ſelbſt/ die Antoniam abzuͤziehen/ indem der letztere noch dazu ſie mit einer heyrath auch wider ihren willen zu beſtri- cken ſich bemuͤhete/ wovor doch die A. B. einen groͤſſeren eckel als vor dem allerſchaͤdlichſten gifft hatte. Sintemal ſie ſich dem braͤutigam CHriſto verlobet hatte/ daher hielte ſie es vor einen greuel mit einem ſterblichen manne ſich zu verbinden/ deme hernach die durch heurath ge- feſſelte weiber zu gefallen trachten/ da hingegen die verlobten jungfrauen GOtte allein ergeben ſeyn koͤnnen und muͤſſen/ und dieſe ſind es/ die dem lamme folgen/ wo es hingehet. 8. Die hartnaͤckigkeit des vaters/ welcher wolte/ daß die A. B. einen reichen Frantzoͤſiſchen kaufmañ heurathen ſolte/ brachte ſie dahin/ daß ſie gezwungen wurde/ ihre eltern ſamt allē zeitli- chen dingen zu verlaſſen/ und damit ſie nicht ver- rathen wuͤrde/ hatte ſie ſich in eines waldbru- ders kappe/ welche ſie vorher heimlich in ihrem ſchlaffzimmer verfertiget hatte/ gekleidet. Jn dieſer flucht hat ſie ſo gar all ihr vertrauen auff GOtt geſetzet/ daß ſie ſich auch nicht einen pfen- ning mitzunehmen unterſtanden. Da denn GOtt nicht unterlaſſen/ ſie wunderthaͤtiger weiſe zu verſorgen/ und vor dem muthwillen der kriegs-gurgeln zu beſchuͤtzen/ indem er ſie der pflege Gottesfuͤrchtiger leute uͤbergab/ welche bereit warē/ alle ihre haabe zur befoͤrderung des vorſatzes der Antoniæ anzuwenden: Unter welchen beruͤhmt iſt ein Prieſter zu Blatton/ deſſen merckwuͤrdige bekehrung/ GOtt ergebe- nes leben/ und blutigen marter-tod zu beſchrei- ben/ verhindert das geſetz eines auszuges/ an welches ich jetzt gebunden bin. Wer hievon ſowol als auch den andern ſachen/ deren in die- ſem auszug gedacht werden weitlaͤufftiger be- richt begehret/ der leſe die Schrifften der A. B. wie auch ihr ausgefuͤhrtes leben. Uber dem/ daß die furcht des eheſtandes die A. B. zuver- laſſung der eltern und aller irꝛdiſchen dinge an- trieb/ wurde ſie hiezu auch beweget dadurch/ daß GOtt geſaget hatte; Sie wuͤrde nun in der wuͤſten GOttes vollkoͤmmlich genieſſen. Derohalben ſuchte ſie auch einen von aller menſchlichen geſellſchafft befreyeten und entfer- neten ort/ dergleichen ſie in Welſchland gefun- den zu werden/ gehoͤret hatte. 9. Zu Blatton/ welcher flecken zwiſchen den ſtaͤdten Dornieck und Bergen im Hennegau lie- get/ wird die Antonia von dem Prieſter in der kirchen verwahret/ biß ſie von dem Ertz-Bi- ſchoff zu Cammerich verhoͤret wuͤrde/ welcher ihr daſelbſt/ als er eine weitere reiſe nach der wuͤſten wiederrathen hatte/ als eine verſperre- te auff dem kirch-hoff zu verbleiben geſtattete. Und dieſes waͤre auch geſchehen/ wenn nicht ih- re Eltern an eben ſelbigem tage zu Blatton an- gelanget waͤꝛen/ und ſie/ ungeachtet ihres vielfaͤl- tigen widerſtrebens/ weil ſie ſich nicht wieder in weltliche haͤndel einlaſſen wolte/ wieder zuruͤck nach Ruͤſſel gefuͤhret haͤtten: Nachdem zuvor der vater ſo wol als der Ertz-Biſchoff verſpro- chen hatten/ jener zwar/ daß er ſeine tochter wol- te frey und ungehindert/ nach der weiſe/ wie es ihr von dem geſetze GOttes und dem zeugniß ihres gewiſſens wuͤrde vorgeſchrieben werden/ GOtt dienen laſſen; dieſer aber/ daß die A. B. ſo ſie der vater wieder in weltliche haͤndel ver- wickeln wolte/ zu ihm kommen ſolte/ ſo wolte er vaters-ſtelle bey ihr vertreten. 10. Als nun einige monate vorbey lieffen/ hebt der vater von neuem an/ (in dem er ſeyn verſprechen nicht hielte) der A. B. vom hey- rathen und verrichtung weltlicher geſchaͤffte vorzuſchwatzen. Welche ungeſtuͤm̃igkeit/ (da vornehmlich noch die inwendige bewegung der ſeelen dazu kam) die Antoniam dahin brachte/ daß ſie von dem vater urlaub zu dem Ertz-Bi- ſchoff zu ziehen bath/ von welchem vorſatz der vater die tochter mit ungerechten draͤuworten abzuſchrecken begehrte/ welche aber/ nach dem ſie ſo wol durch das zeugniß ihres gewiſſens/ als auch durch den ſegen der gegenwaͤrtigen maͤnner/ (unter welchen auch ihr Beicht- Vater war/) auffgemuntert worden/ ſich zu der vorgeſetzten reiſe bereitet. Da ſie zu dem Ertz-Biſchoffe kom̃et/ wird ſie guͤtigſt von ihm auffgenommen. Und nach dem ſie ihm kund ge- than hatte/ daß ſie von GOtt getrieben wuͤrde/ ein von allen weltlichen geſchaͤfften freyes leben anzurichten/ daß da von aller begierde der ver- gaͤnglichen dinge ledig ſeyn und in gaͤntzlicher verleugnung ſein ſelbſt gefuͤhret weꝛden moͤchte/ auff die weiſe/ wie vormals in der erſten kirchen von denen Chriſten/ uͤbergibt der Ertz-Biſchoff dieſen der A. B. vorſatz der unterſuchung ſei- nes Conſiſtorii, von welchem nicht nur ihr vorhaben als Goͤttlich gebilliget worden/ ſon- dern man hat ihr auch vergoͤnnet in demſelben Biſchoffthum ſolche lebens-art anzufangen/ da ſich denn gleich einige fromme toͤchter zur ge- ſellſchafft/ eine Blattoniſche wittwe aber ein ſtuͤck landes anbote/ woſelbſt dieſe Gottverlobte toͤchter ſich auffhalten moͤchten. 11. Eben zu der zeit war es/ als einige ſo ge- nante Geiſtliche/ welche der A. B. nicht wol wolten (da ſie ſich zu der reiſe nach Blatton zubereitete/) den Ertz-Biſchoff durch eine leere furcht antrieben/ daß er den vorhin feſtgeſtellten ſchluß wiederrieff/ und der Antoniæ verbot in ſeinem Biſtum das Evangeliſche leben anzu- fangen. Dieſe aber bleibet feſt bey ihrem vor- haben/ und ziehet auf zurathen einiger frommen freunde nach Luyck/ woſelbſt ſie gaꝛleicht freyheit ihr vorhaben ins werck zu ſetzen gefunden haͤtte/ wann nicht groſſe ſchwierigkeiten darzwiſchen kommen waͤren/ welche die A. B. ſehr druͤck- ten/ und ſie eine zeitlang zu Bergen zu bleiben noͤ- thigten. Hernach/ als ſie von der frommen Graͤfin von Willerval beruffen worden/ hat ſie ſich etliche monathe bey ihr auffgehalten/ und gleich anfangs entdecket/ daß ob zwar die Graͤ- fin mit ſittlichen tugenden uͤber die maſſen bega- bet/ ſo mangelte es ihr doch nicht nur an den Goͤttlichen tugenden/ ſondern ſie waͤren ſelbige zu faſſen und zu beſitzen auch gantz ungeſchickt. Weil ſie alſo daſelbſt gleichſam als auffeꝛ ihꝛem element lebete/ verlangte ſie nach ihrer nutzba- ren einſamkeit/ daß ſie dem in ihr redenden und ſie troͤſtenden GOtte zuhoͤren und dienen moͤch- te. 12. Jn- A. K. H. Vierter Theil. A a a a a 2

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 739. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/1047>, abgerufen am 22.12.2024.