Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von: Der tolle Invalide auf dem Fort Ratonneau. In: Gaben der Milde. Bd. 4. Berlin, 1818, S. 75-124.

Bild:
<< vorherige Seite

und war sich am Morgen keines Traumes,
keiner Eingebung bewußt. Der Komman¬
dant, der schon früh einen Versuch gegen
das Fort gemacht hatte, kam verdrießlich
zurück. Zwar hatte er keine Leute verloren,
aber Francoeur hatte so viele Kugeln mit
solcher Geschicklichkeit links und rechts und
über sie hinsausen lassen, daß sie ihr Leben
nur seiner Schonung dankten. Den Fluß
hatte er durch Signalschüsse gesperrt, auch
auf der Chaussee durfte niemand fahren,
kurz, aller Verkehr der Stadt war für die¬
sen Tag gehemmt und die Stadt drohete,
wenn der Kommandant nicht vorsichtig ver¬
fahre, sondern wie in Feindes Land ihn zu
belagern denke, daß sie die Bürger aufbieten
und mit den Invaliden schon fertig wer¬
den wolle.

Drei Tage ließ sich der Kommandant
so hinhalten, jeden Abend verherrlichte ein
Feuerwerk, jeden Abend erinnerte Rosalie
an sein Versprechen der Nachsicht. Am drit¬
ten Abend sagte er ihr: der Sturm sei
auf den andern Mittag festgesetzt, die Stadt

gebe

und war ſich am Morgen keines Traumes,
keiner Eingebung bewußt. Der Komman¬
dant, der ſchon früh einen Verſuch gegen
das Fort gemacht hatte, kam verdrießlich
zurück. Zwar hatte er keine Leute verloren,
aber Francoeur hatte ſo viele Kugeln mit
ſolcher Geſchicklichkeit links und rechts und
über ſie hinſauſen laſſen, daß ſie ihr Leben
nur ſeiner Schonung dankten. Den Fluß
hatte er durch Signalſchüſſe geſperrt, auch
auf der Chauſſee durfte niemand fahren,
kurz, aller Verkehr der Stadt war für die¬
ſen Tag gehemmt und die Stadt drohete,
wenn der Kommandant nicht vorſichtig ver¬
fahre, ſondern wie in Feindes Land ihn zu
belagern denke, daß ſie die Bürger aufbieten
und mit den Invaliden ſchon fertig wer¬
den wolle.

Drei Tage ließ ſich der Kommandant
ſo hinhalten, jeden Abend verherrlichte ein
Feuerwerk, jeden Abend erinnerte Roſalie
an ſein Verſprechen der Nachſicht. Am drit¬
ten Abend ſagte er ihr: der Sturm ſei
auf den andern Mittag feſtgeſetzt, die Stadt

gebe
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0044" n="112"/>
und war &#x017F;ich am Morgen keines Traumes,<lb/>
keiner Eingebung bewußt. Der Komman¬<lb/>
dant, der &#x017F;chon früh einen Ver&#x017F;uch gegen<lb/>
das Fort gemacht hatte, kam verdrießlich<lb/>
zurück. Zwar hatte er keine Leute verloren,<lb/>
aber Francoeur hatte &#x017F;o viele Kugeln mit<lb/>
&#x017F;olcher Ge&#x017F;chicklichkeit links und rechts und<lb/>
über &#x017F;ie hin&#x017F;au&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;en, daß &#x017F;ie ihr Leben<lb/>
nur &#x017F;einer Schonung dankten. Den Fluß<lb/>
hatte er durch Signal&#x017F;chü&#x017F;&#x017F;e ge&#x017F;perrt, auch<lb/>
auf der Chau&#x017F;&#x017F;ee durfte niemand fahren,<lb/>
kurz, aller Verkehr der Stadt war für die¬<lb/>
&#x017F;en Tag gehemmt und die Stadt drohete,<lb/>
wenn der Kommandant nicht vor&#x017F;ichtig ver¬<lb/>
fahre, &#x017F;ondern wie in Feindes Land ihn zu<lb/>
belagern denke, daß &#x017F;ie die Bürger aufbieten<lb/>
und mit den Invaliden &#x017F;chon fertig wer¬<lb/>
den wolle.</p><lb/>
        <p>Drei Tage ließ &#x017F;ich der <choice><sic>Commandant</sic><corr>Kommandant</corr></choice><lb/>
&#x017F;o hinhalten, jeden Abend verherrlichte ein<lb/>
Feuerwerk, jeden Abend erinnerte Ro&#x017F;alie<lb/>
an &#x017F;ein Ver&#x017F;prechen der Nach&#x017F;icht. Am drit¬<lb/>
ten Abend &#x017F;agte er ihr: der Sturm &#x017F;ei<lb/>
auf den andern Mittag fe&#x017F;tge&#x017F;etzt, die Stadt<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gebe<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[112/0044] und war ſich am Morgen keines Traumes, keiner Eingebung bewußt. Der Komman¬ dant, der ſchon früh einen Verſuch gegen das Fort gemacht hatte, kam verdrießlich zurück. Zwar hatte er keine Leute verloren, aber Francoeur hatte ſo viele Kugeln mit ſolcher Geſchicklichkeit links und rechts und über ſie hinſauſen laſſen, daß ſie ihr Leben nur ſeiner Schonung dankten. Den Fluß hatte er durch Signalſchüſſe geſperrt, auch auf der Chauſſee durfte niemand fahren, kurz, aller Verkehr der Stadt war für die¬ ſen Tag gehemmt und die Stadt drohete, wenn der Kommandant nicht vorſichtig ver¬ fahre, ſondern wie in Feindes Land ihn zu belagern denke, daß ſie die Bürger aufbieten und mit den Invaliden ſchon fertig wer¬ den wolle. Drei Tage ließ ſich der Kommandant ſo hinhalten, jeden Abend verherrlichte ein Feuerwerk, jeden Abend erinnerte Roſalie an ſein Verſprechen der Nachſicht. Am drit¬ ten Abend ſagte er ihr: der Sturm ſei auf den andern Mittag feſtgeſetzt, die Stadt gebe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Achim von Arnims Erzählung „Der tolle Invalide au… [mehr]

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnima_invalide_1818
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnima_invalide_1818/44
Zitationshilfe: Arnim, Achim von: Der tolle Invalide auf dem Fort Ratonneau. In: Gaben der Milde. Bd. 4. Berlin, 1818, S. 75-124, hier S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnima_invalide_1818/44>, abgerufen am 23.11.2024.