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Arnim, Achim von: Der tolle Invalide auf dem Fort Ratonneau. In: Gaben der Milde. Bd. 4. Berlin, 1818, S. 75-124.

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und seiner Pflege leben. Für ihn arbeitete
ich; bisher hatte ich nur mit dem Spitzenklöp¬
peln zu meinem Putze gespielt, ich schämte
mich nicht, diese meine Handarbeiten zu ver¬
kaufen, ihm brachte es Bequemlichkeit und
Erquickung. Aber immer mußte ich der
Mutter denken, wenn seine Lebendigkeit im
Erzählen mich nicht zerstreute; die Mutter
erschien mir schwarz mit flammenden Au¬
gen, immer fluchend vor meinen inneren
Augen und ich konnte sie nicht los werden.
Meinem Francoeur wollte ich nichts sagen,
um ihm nicht das Herz schwer zu machen;
ich klagte über Kopfweh, das ich nicht hatte,
über Zahnweh, das ich nicht fühlte, um
weinen zu können wie ich mußte. Ach hätte
ich damals mehr Vertrauen zu ihm gehabt,
ich hätte sein Unglück nicht gemacht, aber
jedesmal, wenn ich ihm erzählen wollte: daß
ich durch den Fluch der Mutter vom Teufel
besessen zu seyn glaubte, schloß mir der Teufel
den Mund, auch fürchtete ich, daß er mich dann
nicht mehr lieben könne, daß er mich ver¬
lassen würde und den bloßen Gedanken

und ſeiner Pflege leben. Für ihn arbeitete
ich; bisher hatte ich nur mit dem Spitzenklöp¬
peln zu meinem Putze geſpielt, ich ſchämte
mich nicht, dieſe meine Handarbeiten zu ver¬
kaufen, ihm brachte es Bequemlichkeit und
Erquickung. Aber immer mußte ich der
Mutter denken, wenn ſeine Lebendigkeit im
Erzählen mich nicht zerſtreute; die Mutter
erſchien mir ſchwarz mit flammenden Au¬
gen, immer fluchend vor meinen inneren
Augen und ich konnte ſie nicht los werden.
Meinem Francoeur wollte ich nichts ſagen,
um ihm nicht das Herz ſchwer zu machen;
ich klagte über Kopfweh, das ich nicht hatte,
über Zahnweh, das ich nicht fühlte, um
weinen zu können wie ich mußte. Ach hätte
ich damals mehr Vertrauen zu ihm gehabt,
ich hätte ſein Unglück nicht gemacht, aber
jedesmal, wenn ich ihm erzählen wollte: daß
ich durch den Fluch der Mutter vom Teufel
beſeſſen zu ſeyn glaubte, ſchloß mir der Teufel
den Mund, auch fürchtete ich, daß er mich dann
nicht mehr lieben könne, daß er mich ver¬
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[85/0017] und ſeiner Pflege leben. Für ihn arbeitete ich; bisher hatte ich nur mit dem Spitzenklöp¬ peln zu meinem Putze geſpielt, ich ſchämte mich nicht, dieſe meine Handarbeiten zu ver¬ kaufen, ihm brachte es Bequemlichkeit und Erquickung. Aber immer mußte ich der Mutter denken, wenn ſeine Lebendigkeit im Erzählen mich nicht zerſtreute; die Mutter erſchien mir ſchwarz mit flammenden Au¬ gen, immer fluchend vor meinen inneren Augen und ich konnte ſie nicht los werden. Meinem Francoeur wollte ich nichts ſagen, um ihm nicht das Herz ſchwer zu machen; ich klagte über Kopfweh, das ich nicht hatte, über Zahnweh, das ich nicht fühlte, um weinen zu können wie ich mußte. Ach hätte ich damals mehr Vertrauen zu ihm gehabt, ich hätte ſein Unglück nicht gemacht, aber jedesmal, wenn ich ihm erzählen wollte: daß ich durch den Fluch der Mutter vom Teufel beſeſſen zu ſeyn glaubte, ſchloß mir der Teufel den Mund, auch fürchtete ich, daß er mich dann nicht mehr lieben könne, daß er mich ver¬ laſſen würde und den bloßen Gedanken

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Zitationshilfe: Arnim, Achim von: Der tolle Invalide auf dem Fort Ratonneau. In: Gaben der Milde. Bd. 4. Berlin, 1818, S. 75-124, hier S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnima_invalide_1818/17>, abgerufen am 24.11.2024.