Ich will Worte schreiben, William, Worte, -- das, was die Menschen sagen und denken, Freund- schaft und Haß, Unsterblichkeit und Tod -- sind auch nur Worte. -- Wir leben jeder einsam für sich, und keiner vernimmt den an- dern, antwortet aber wieder Zeichen aus sich heraus, die der Fragende eben so wenig ver- steht; -- aber so wie unser ganzes Leben ein un- nützes Treiben und Drängen ist, das elendeste und verächtlichste Possenspiel, ohne Sinn und Bedeutung, so will ich Dir in einer schwermü- thig lustigen Stimmung einen Brief schreiben, über den Du lachen sollst.
Ich weiß selbst nicht, warum ich schreibe, -- aber eben so wenig weiß ich, warum ich Athem schöpfe. -- Es ist alles nur um die Zeit aus- zufüllen und etwas zu thun, die elende Sucht das Leben mit sogenannten Geschäften auszufül- len, -- Länder erobern, Menschen bekehren, oder Seifenblasen machen, eine Sucht, die bei
5. Balder an William Lovell.
Neapel.
Ich will Worte ſchreiben, William, Worte, — das, was die Menſchen ſagen und denken, Freund- ſchaft und Haß, Unſterblichkeit und Tod — ſind auch nur Worte. — Wir leben jeder einſam fuͤr ſich, und keiner vernimmt den an- dern, antwortet aber wieder Zeichen aus ſich heraus, die der Fragende eben ſo wenig ver- ſteht; — aber ſo wie unſer ganzes Leben ein un- nuͤtzes Treiben und Draͤngen iſt, das elendeſte und veraͤchtlichſte Poſſenſpiel, ohne Sinn und Bedeutung, ſo will ich Dir in einer ſchwermuͤ- thig luſtigen Stimmung einen Brief ſchreiben, uͤber den Du lachen ſollſt.
Ich weiß ſelbſt nicht, warum ich ſchreibe, — aber eben ſo wenig weiß ich, warum ich Athem ſchoͤpfe. — Es iſt alles nur um die Zeit aus- zufuͤllen und etwas zu thun, die elende Sucht das Leben mit ſogenannten Geſchaͤften auszufuͤl- len, — Laͤnder erobern, Menſchen bekehren, oder Seifenblaſen machen, eine Sucht, die bei
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5.
Balder an William Lovell.
Neapel.
Ich will Worte ſchreiben, William, Worte, —
das, was die Menſchen ſagen und denken, Freund-
ſchaft und Haß, Unſterblichkeit und Tod —
ſind auch nur Worte. — Wir leben jeder
einſam fuͤr ſich, und keiner vernimmt den an-
dern, antwortet aber wieder Zeichen aus ſich
heraus, die der Fragende eben ſo wenig ver-
ſteht; — aber ſo wie unſer ganzes Leben ein un-
nuͤtzes Treiben und Draͤngen iſt, das elendeſte
und veraͤchtlichſte Poſſenſpiel, ohne Sinn und
Bedeutung, ſo will ich Dir in einer ſchwermuͤ-
thig luſtigen Stimmung einen Brief ſchreiben,
uͤber den Du lachen ſollſt.
Ich weiß ſelbſt nicht, warum ich ſchreibe, —
aber eben ſo wenig weiß ich, warum ich Athem
ſchoͤpfe. — Es iſt alles nur um die Zeit aus-
zufuͤllen und etwas zu thun, die elende Sucht
das Leben mit ſogenannten Geſchaͤften auszufuͤl-
len, — Laͤnder erobern, Menſchen bekehren,
oder Seifenblaſen machen, eine Sucht, die bei
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/36>, abgerufen am 21.12.2024.
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