Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

Th. IV. Sect. II. Num. XXIV. Schwenckfelds fernere erklärung.
[Spaltenumbruch] standes ist/ alles in ihnen durch den H. Geist
würcket und erfüllet/ 1. Cor. XII. Eph. I. Da
weder beschneidung noch vorhaut etwas gilt/
sondern eine neue creatur/ und der glaube/ der
durch die liebe thätig ist. Gal. V. VI. Es ist
kürtzlich der geistliche stand (wenn man im
grund und mit der H. Schrifft will davon re-
den) nichts anders/ denn der geistliche leib/ der
[von] Christo/ dem haupte/ durch den H. Geist
[in] der fülle der zeit aus dem fleisch/ oder dem men-
schen erzeuget/ und erbauet wird zum lebendigen
tempel Gottes; es ist die heilige Christliche kirche/
die gemeine der erstgebornen/ die im himmel
seyn beschrieben/ die braut Christi/ welcher auch
ist der helffer und heiland seines leibes/ des glie-
der die edlen reben seynd/ so aus dem weinstock
Christo wachsen/ und in ihm gute früchte brin-
gen/ welches eigentlich allein der geistliche stand
ist/ als der durch den H. Geist bestehet/ auch
durch ihn in Christo wird regirt/ der auch aus
Christo sein gewächs/ nahrung und zunehmen
holet und empfähet. Col. II.

Dieweil aber der H. Geist (der geist des
Herrn Jesu Christi) ein geist der freyheit ist/
und wo der geist des Herrn/ spricht Paulus/ ist/
da ist freyheit/ 2. Cor. III. Deßhalben er auch ei-
nen ungezwungene freyen stand/ wesen und ord-
nung (wir meinen nicht die freyheit des flei-
sches/ sondern die freyheit des geistes und ge-
wissens) mit einem freyen selbstwilligen volck
und Gottesdienste muß handhaben/ führen
und auffrichten/ einen solchen stand/ der des
gewissens halben allein auff Christum/ Gottes
wort gegründet/ und damit weder an gesetz/
zwang/ ceremonien oder menschen-regel ist ge-
bunden/ so folgt unwiedersprechlich/ daß der
clöster/ ordens-personen/ Mönch und Priester-
stand/ wie es heut damit stehet/ darinnen man
die gewissen mit menschen-gesetzen verstrickt und
gefangen hält/ darein man auch vertrauet/ und
auff ceremonien ausser dem wort GOttes/ und
ohne zeugniß der H. Schrifft sich verpflicht/
oder gute tage darinnen suchet/ nicht vom Heil.
Geist/ noch vom geist der freyheit wird regirt/
viel minder von ihnen herkommen ist/ noch
kein wahrer geistlicher stand für GOtt seyn kan/
wie er auch keines weges der geistliche leib Chri-
sti mag genennet werden: Dann er wächst nicht
zur grösse GOttes/ hält sich auch nicht an das
haubt Christum/ aus welchem sonst der gantze
leib des geistlichen standes durch gelencke und
fugen handreichung empfähet/ Col. II. Er kan
sich auch nicht des freye geistes Christi/ noch sei-
ner gnaden zufluß/ wortes und Evangelii halten/
sondern er hält sich vielmehr an seine Prälaten/
Obern/ ihre Ordens-häupter/ gesetz und menschen-
regeln/ so nach eigener wahl der vernunfft einher-
gehen/ darum so möchte gedachter stand mehr
ein menschlicher und ordens-stand/ weder der
Göttliche geistliche stand/ ja weder der stand
GOttes und seines geistes genannt werden.

Worinn der wahre geistliche stand
stehe.

Sintemal nun der wahre geistliche stand/
oder desselbigen grund und wesen/ nicht in ge-
setzen/ kirchen-ordnung/ ceremonien oder ge-
boten stehet/ sondern im geistlichen wesen Got-
tes/ und unsers Herrn Jesu Christi/ das allhie
ergriffen wird durch den lebendigmachenden
glauben/ er stehet und gehet in einem freyen trieb/
[Spaltenumbruch] lehre/ übung/ krafft und einfluß des H. Geistes/
der da geistet wo er will/ er beweget das hertz/
ja auch mund und lippen/ wenn er will und wie
er will etc. So folget weiter/ daß solcher stand
keineswegs mit menschen-gesetzen kan auffge-
richtet/ erhalten/ gebessert und menschlicher wei-
se reformirt werden; ja so wenig/ als das hertz
durch solch äusserlich ding wird erneuert/ und
der fleischliche affect der sünden in geistlichen af-
fect
der tugend dadurch verwandelt kan wer-
den/ eben so wenig wird der geistliche stand für
Gott dadurch reformirt. Mit weltlichen stände/
die in äusserlichen leiblichen dingen stehen/ hats
eine andere gestalt oder meinung/ wie auch mit
dem gesetz Mosis/ das in buchstabe/ ceremonien
und äusserlichen satzungen stund/ dem konnte
man wol äusserlich helffen/ da es war verfallen/
wie auch der König Josias gethan hat/ davon
4. Reg. XXIII. aber im Christenthum und
geistlichem stande/ da nicht der buchstabe/ son-
dern der geist das fürnemste ist/ muß das Evan-
gelium frey verkündiget/ und das hertz innerlich
durch den H. Geist erneuert und begeistet wer-
den/ es läst sich da nicht mit den alten dingen
flicken oder bletzen/ sondern es muß alles neue
seyn/ Gottesdienst/ hertz und gewissen: Man fas-
set nicht neuen wein in alte schläuche/ spricht der
HErr/ davon auch 2. Cor. V. Paulus sagt: Jn
CHristo ist das alte vergangen/ siehe/ es ist alles
neu worden/ wie auch der rechte Gottesdienst
im N. Testamente im geist und in der wahrheit
gehet/ ja in freyer feiner Göttlicher ordnung der
selbstwilligen wiedergebornen hertzen stehet/ da-
von die Apostolischen schrifften weiter zeugen:
Wir seynd die beschneidung/ spricht Paulus/ die
wir GOtt im geiste dienen.

Darzu denn auch will gehören/ was er 2.
Cor. III. vom unterscheid des amts des geistes
und buchstabens hat geschrieben/ so wohl/ als
da er die Galater strafft/ daß sie im geiste an-
gefangen und im fleische wollen fortfahren und
beschliessen; Aber spricht doch Luc. XVII. Chri-
stus selbst: Das Reich GOttes (welches all-
hie nichts anders denn der geistliche stand ist)
kommt nicht mit aufmerckung/ oder äusserlichen
aufsätzen und gebärden/ sondern es ist inwen-
dig in euch/ spricht der HErr; da bedencke nun
ein jeder Gottsfürchtiger mensch/ ob es mit dem
gemeinen Closter-leben dieser zeit/ und mit dem
jetzigen Priesterstande dermassen gethan sey/
wie der HErr und Paulus anzeigt/ und ob solches
für den mehrerntheil nicht vielmehr eine gleiß-
nerey sey/ weder daß es der wahre geistliche
stand im grunde für Gott möge genennet wer-
den. Nicht daß ich drum/ ob ich gleich aus
der Heiligen Schrifft anzeige/ was der wah-
re geistliche stand sey/ jemand wolle verdam-
men oder verachten/ das sey fern; denn GOtt
kan die seinen auch mitten in Babylon/ ich
schweige/ in einem Closter/ Priester-oder Or-
dens-stande/ wohl erhalten; es prüfe sich aber
ein jeder selbst/ er sey gleich wo und wer er
wolle/ und befleißige sich mit ernst der wah-
ren geistlichkeit/ die für Gott gilt/ fürnemlich
daß er jetzt zur zeit der Offenbarung den HErrn
Christum JEsum und den willen Gottes in
allem recht lerne erkennen/ so er anders selig ver-
meint zu werden.

Wo der geistliche stand herkomme?

Drum so ist wohl zu mercken/ daß der wah-

re geist-

Th. IV. Sect. II. Num. XXIV. Schwenckfelds fernere erklaͤrung.
[Spaltenumbruch] ſtandes iſt/ alles in ihnen durch den H. Geiſt
wuͤrcket und erfuͤllet/ 1. Cor. XII. Eph. I. Da
weder beſchneidung noch vorhaut etwas gilt/
ſondern eine neue creatur/ und der glaube/ der
durch die liebe thaͤtig iſt. Gal. V. VI. Es iſt
kuͤrtzlich der geiſtliche ſtand (wenn man im
grund und mit der H. Schrifft will davon re-
den) nichts anders/ denn der geiſtliche leib/ der
[von] Chriſto/ dem haupte/ durch den H. Geiſt
[in] der fuͤlle der zeit aus dem fleiſch/ odeꝛ dem men-
ſchen erzeuget/ und erbauet wird zum lebendigen
tempel Gottes; es iſt die heilige Chꝛiſtliche kiꝛche/
die gemeine der erſtgebornen/ die im himmel
ſeyn beſchrieben/ die braut Chriſti/ welcher auch
iſt der helffer und heiland ſeines leibes/ des glie-
der die edlen reben ſeynd/ ſo aus dem weinſtock
Chriſto wachſen/ und in ihm gute fruͤchte brin-
gen/ welches eigentlich allein der geiſtliche ſtand
iſt/ als der durch den H. Geiſt beſtehet/ auch
durch ihn in Chriſto wird regirt/ der auch aus
Chriſto ſein gewaͤchs/ nahrung und zunehmen
holet und empfaͤhet. Col. II.

Dieweil aber der H. Geiſt (der geiſt des
Herrn Jeſu Chriſti) ein geiſt der freyheit iſt/
und wo der geiſt des Herrn/ ſpricht Paulus/ iſt/
da iſt freyheit/ 2. Cor. III. Deßhalben er auch ei-
nen ungezwungenē freyen ſtand/ weſen und ord-
nung (wir meinen nicht die freyheit des flei-
ſches/ ſondern die freyheit des geiſtes und ge-
wiſſens) mit einem freyen ſelbſtwilligen volck
und Gottesdienſte muß handhaben/ fuͤhren
und auffrichten/ einen ſolchen ſtand/ der des
gewiſſens halben allein auff Chriſtum/ Gottes
wort gegruͤndet/ und damit weder an geſetz/
zwang/ ceremonien oder menſchen-regel iſt ge-
bunden/ ſo folgt unwiederſprechlich/ daß der
cloͤſter/ ordens-perſonen/ Moͤnch und Prieſter-
ſtand/ wie es heut damit ſtehet/ darinnen man
die gewiſſen mit menſchen-geſetzen verſtrickt und
gefangen haͤlt/ darein man auch vertrauet/ und
auff ceremonien auſſer dem wort GOttes/ und
ohne zeugniß der H. Schrifft ſich verpflicht/
oder gute tage darinnen ſuchet/ nicht vom Heil.
Geiſt/ noch vom geiſt der freyheit wird regirt/
viel minder von ihnen herkommen iſt/ noch
kein wahrer geiſtlicher ſtand fuͤr GOtt ſeyn kan/
wie er auch keines weges der geiſtliche leib Chri-
ſti mag genennet werden: Dann er waͤchſt nicht
zur groͤſſe GOttes/ haͤlt ſich auch nicht an das
haubt Chriſtum/ aus welchem ſonſt der gantze
leib des geiſtlichen ſtandes durch gelencke und
fugen handreichung empfaͤhet/ Col. II. Er kan
ſich auch nicht des freyē geiſtes Chriſti/ noch ſei-
neꝛ gnaden zufluß/ woꝛtes und Evangelii halten/
ſondern er haͤlt ſich vielmehr an ſeine Praͤlaten/
Obeꝛn/ ihre Oꝛdens-haͤupteꝛ/ geſetz uñ menſchen-
regeln/ ſo nach eigener wahl der veꝛnunfft einher-
gehen/ darum ſo moͤchte gedachter ſtand mehr
ein menſchlicher und ordens-ſtand/ weder der
Goͤttliche geiſtliche ſtand/ ja weder der ſtand
GOttes und ſeines geiſtes genannt werden.

Worinn der wahre geiſtliche ſtand
ſtehe.

Sintemal nun der wahre geiſtliche ſtand/
oder deſſelbigen grund und weſen/ nicht in ge-
ſetzen/ kirchen-ordnung/ ceremonien oder ge-
boten ſtehet/ ſondern im geiſtlichen weſen Got-
tes/ und unſers Herrn Jeſu Chriſti/ das allhie
ergriffen wird durch den lebendigmachenden
glauben/ er ſtehet und gehet in einem freyen trieb/
[Spaltenumbruch] lehre/ uͤbung/ krafft und einfluß des H. Geiſtes/
der da geiſtet wo er will/ er beweget das hertz/
ja auch mund und lippen/ wenn er will und wie
er will ꝛc. So folget weiter/ daß ſolcher ſtand
keineswegs mit menſchen-geſetzen kan auffge-
richtet/ erhalten/ gebeſſert und menſchlicher wei-
ſe reformirt werden; ja ſo wenig/ als das hertz
durch ſolch aͤuſſerlich ding wird erneuert/ und
der fleiſchliche affect der ſuͤnden in geiſtlichen af-
fect
der tugend dadurch verwandelt kan wer-
den/ eben ſo wenig wird der geiſtliche ſtand fuͤr
Gott daduꝛch reformirt. Mit weltlichen ſtaͤndē/
die in aͤuſſerlichen leiblichen dingen ſtehen/ hats
eine andere geſtalt oder meinung/ wie auch mit
dem geſetz Moſis/ das in buchſtabē/ ceremonien
und aͤuſſerlichen ſatzungen ſtund/ dem konnte
man wol aͤuſſerlich helffen/ da es war verfallen/
wie auch der Koͤnig Joſias gethan hat/ davon
4. Reg. XXIII. aber im Chriſtenthum und
geiſtlichem ſtande/ da nicht der buchſtabe/ ſon-
dern der geiſt das fuͤrnemſte iſt/ muß das Evan-
gelium frey verkuͤndiget/ und das hertz innerlich
durch den H. Geiſt erneuert und begeiſtet wer-
den/ es laͤſt ſich da nicht mit den alten dingen
flicken oder bletzen/ ſondern es muß alles neue
ſeyn/ Gottesdienſt/ hertz und gewiſſen: Man faſ-
ſet nicht neuen wein in alte ſchlaͤuche/ ſpricht der
HErꝛ/ davon auch 2. Cor. V. Paulus ſagt: Jn
CHriſto iſt das alte vergangen/ ſiehe/ es iſt alles
neu worden/ wie auch der rechte Gottesdienſt
im N. Teſtamente im geiſt und in der wahrheit
gehet/ ja in freyer feiner Goͤttlicher ordnung der
ſelbſtwilligen wiedergebornen hertzen ſtehet/ da-
von die Apoſtoliſchen ſchrifften weiter zeugen:
Wir ſeynd die beſchneidung/ ſpricht Paulus/ die
wir GOtt im geiſte dienen.

Darzu denn auch will gehoͤren/ was er 2.
Cor. III. vom unterſcheid des amts des geiſtes
und buchſtabens hat geſchrieben/ ſo wohl/ als
da er die Galater ſtrafft/ daß ſie im geiſte an-
gefangen und im fleiſche wollen fortfahren und
beſchlieſſen; Aber ſpricht doch Luc. XVII. Chri-
ſtus ſelbſt: Das Reich GOttes (welches all-
hie nichts anders denn der geiſtliche ſtand iſt)
kom̃t nicht mit aufmerckung/ oder aͤuſſerlichen
aufſaͤtzen und gebaͤrden/ ſondern es iſt inwen-
dig in euch/ ſpricht der HErr; da bedencke nun
ein jeder Gottsfuͤrchtiger menſch/ ob es mit dem
gemeinen Cloſter-leben dieſer zeit/ und mit dem
jetzigen Prieſterſtande dermaſſen gethan ſey/
wie der HErr und Paulus anzeigt/ uñ ob ſolches
fuͤr den mehrerntheil nicht vielmehr eine gleiß-
nerey ſey/ weder daß es der wahre geiſtliche
ſtand im grunde fuͤr Gott moͤge genennet wer-
den. Nicht daß ich drum/ ob ich gleich aus
der Heiligen Schrifft anzeige/ was der wah-
re geiſtliche ſtand ſey/ jemand wolle verdam-
men oder verachten/ das ſey fern; denn GOtt
kan die ſeinen auch mitten in Babylon/ ich
ſchweige/ in einem Cloſter/ Prieſter-oder Or-
dens-ſtande/ wohl erhalten; es pruͤfe ſich aber
ein jeder ſelbſt/ er ſey gleich wo und wer er
wolle/ und befleißige ſich mit ernſt der wah-
ren geiſtlichkeit/ die fuͤr Gott gilt/ fuͤrnemlich
daß er jetzt zur zeit der Offenbarung den HErrn
Chriſtum JEſum und den willen Gottes in
allem recht lerne erkeñen/ ſo er anders ſelig ver-
meint zu werden.

Wo der geiſtliche ſtand herkomme?

Drum ſo iſt wohl zu mercken/ daß der wah-

re geiſt-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0482" n="186"/><fw place="top" type="header">Th. <hi rendition="#aq">IV. Sect. II. Num. XXIV.</hi> Schwenckfelds fernere erkla&#x0364;rung.</fw><lb/><cb/>
&#x017F;tandes i&#x017F;t/ alles in ihnen durch den H. Gei&#x017F;t<lb/>
wu&#x0364;rcket und erfu&#x0364;llet/ 1. <hi rendition="#aq">Cor. XII. Eph. I.</hi> Da<lb/>
weder be&#x017F;chneidung noch vorhaut etwas gilt/<lb/>
&#x017F;ondern eine neue creatur/ und der glaube/ der<lb/>
durch die liebe tha&#x0364;tig i&#x017F;t. <hi rendition="#aq">Gal. V. VI.</hi> Es i&#x017F;t<lb/>
ku&#x0364;rtzlich der gei&#x017F;tliche &#x017F;tand (wenn man im<lb/>
grund und mit der H. Schrifft will davon re-<lb/>
den) nichts anders/ denn der gei&#x017F;tliche leib/ der<lb/><supplied>von</supplied> Chri&#x017F;to/ dem haupte/ durch den H. Gei&#x017F;t<lb/><supplied>in</supplied> der fu&#x0364;lle der zeit aus dem flei&#x017F;ch/ ode&#xA75B; dem men-<lb/>
&#x017F;chen erzeuget/ und erbauet wird zum lebendigen<lb/>
tempel Gottes; es i&#x017F;t die heilige Ch&#xA75B;i&#x017F;tliche ki&#xA75B;che/<lb/>
die gemeine der er&#x017F;tgebornen/ die im himmel<lb/>
&#x017F;eyn be&#x017F;chrieben/ die braut Chri&#x017F;ti/ welcher auch<lb/>
i&#x017F;t der helffer und heiland &#x017F;eines leibes/ des glie-<lb/>
der die edlen reben &#x017F;eynd/ &#x017F;o aus dem wein&#x017F;tock<lb/>
Chri&#x017F;to wach&#x017F;en/ und in ihm gute fru&#x0364;chte brin-<lb/>
gen/ welches eigentlich allein der gei&#x017F;tliche &#x017F;tand<lb/>
i&#x017F;t/ als der durch den H. Gei&#x017F;t be&#x017F;tehet/ auch<lb/>
durch ihn in Chri&#x017F;to wird regirt/ der auch aus<lb/>
Chri&#x017F;to &#x017F;ein gewa&#x0364;chs/ nahrung und zunehmen<lb/>
holet und empfa&#x0364;het. <hi rendition="#aq">Col. II.</hi></p><lb/>
              <p>Dieweil aber der H. Gei&#x017F;t (der gei&#x017F;t des<lb/>
Herrn Je&#x017F;u Chri&#x017F;ti) ein gei&#x017F;t der freyheit i&#x017F;t/<lb/>
und wo der gei&#x017F;t des Herrn/ &#x017F;pricht Paulus/ i&#x017F;t/<lb/>
da i&#x017F;t freyheit/ 2. <hi rendition="#aq">Cor. III.</hi> Deßhalben er auch ei-<lb/>
nen ungezwungen&#x0113; freyen &#x017F;tand/ we&#x017F;en und ord-<lb/>
nung (wir meinen nicht die freyheit des flei-<lb/>
&#x017F;ches/ &#x017F;ondern die freyheit des gei&#x017F;tes und ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;ens) mit einem freyen &#x017F;elb&#x017F;twilligen volck<lb/>
und Gottesdien&#x017F;te muß handhaben/ fu&#x0364;hren<lb/>
und auffrichten/ einen &#x017F;olchen &#x017F;tand/ der des<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;ens halben allein auff Chri&#x017F;tum/ Gottes<lb/>
wort gegru&#x0364;ndet/ und damit weder an ge&#x017F;etz/<lb/>
zwang/ <hi rendition="#aq">ceremoni</hi>en oder men&#x017F;chen-regel i&#x017F;t ge-<lb/>
bunden/ &#x017F;o folgt unwieder&#x017F;prechlich/ daß der<lb/>
clo&#x0364;&#x017F;ter/ ordens-per&#x017F;onen/ Mo&#x0364;nch und Prie&#x017F;ter-<lb/>
&#x017F;tand/ wie es heut damit &#x017F;tehet/ darinnen man<lb/>
die gewi&#x017F;&#x017F;en mit men&#x017F;chen-ge&#x017F;etzen ver&#x017F;trickt und<lb/>
gefangen ha&#x0364;lt/ darein man auch vertrauet/ und<lb/>
auff <hi rendition="#aq">ceremoni</hi>en au&#x017F;&#x017F;er dem wort GOttes/ und<lb/>
ohne zeugniß der H. Schrifft &#x017F;ich verpflicht/<lb/>
oder gute tage darinnen &#x017F;uchet/ nicht vom Heil.<lb/>
Gei&#x017F;t/ noch vom gei&#x017F;t der freyheit wird regirt/<lb/>
viel minder von ihnen herkommen i&#x017F;t/ noch<lb/>
kein wahrer gei&#x017F;tlicher &#x017F;tand fu&#x0364;r GOtt &#x017F;eyn kan/<lb/>
wie er auch keines weges der gei&#x017F;tliche leib Chri-<lb/>
&#x017F;ti mag genennet werden: Dann er wa&#x0364;ch&#x017F;t nicht<lb/>
zur gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e GOttes/ ha&#x0364;lt &#x017F;ich auch nicht an das<lb/>
haubt Chri&#x017F;tum/ aus welchem &#x017F;on&#x017F;t der gantze<lb/>
leib des gei&#x017F;tlichen &#x017F;tandes durch gelencke und<lb/>
fugen handreichung empfa&#x0364;het/ <hi rendition="#aq">Col. II.</hi> Er kan<lb/>
&#x017F;ich auch nicht des frey&#x0113; gei&#x017F;tes Chri&#x017F;ti/ noch &#x017F;ei-<lb/>
ne&#xA75B; gnaden zufluß/ wo&#xA75B;tes und Evangelii halten/<lb/>
&#x017F;ondern er ha&#x0364;lt &#x017F;ich vielmehr an &#x017F;eine Pra&#x0364;laten/<lb/>
Obe&#xA75B;n/ ihre O&#xA75B;dens-ha&#x0364;upte&#xA75B;/ ge&#x017F;etz un&#x0303; men&#x017F;chen-<lb/>
regeln/ &#x017F;o nach eigener wahl der ve&#xA75B;nunfft einher-<lb/>
gehen/ darum &#x017F;o mo&#x0364;chte gedachter &#x017F;tand mehr<lb/>
ein men&#x017F;chlicher und ordens-&#x017F;tand/ weder der<lb/>
Go&#x0364;ttliche gei&#x017F;tliche &#x017F;tand/ ja weder der &#x017F;tand<lb/>
GOttes und &#x017F;eines gei&#x017F;tes genannt werden.</p><lb/>
              <div n="5">
                <head> <hi rendition="#b">Worinn der wahre gei&#x017F;tliche &#x017F;tand<lb/>
&#x017F;tehe.</hi> </head><lb/>
                <p>Sintemal nun der wahre gei&#x017F;tliche &#x017F;tand/<lb/>
oder de&#x017F;&#x017F;elbigen grund und we&#x017F;en/ nicht in ge-<lb/>
&#x017F;etzen/ kirchen-ordnung/ <hi rendition="#aq">ceremoni</hi>en oder ge-<lb/>
boten &#x017F;tehet/ &#x017F;ondern im gei&#x017F;tlichen we&#x017F;en Got-<lb/>
tes/ und un&#x017F;ers Herrn Je&#x017F;u Chri&#x017F;ti/ das allhie<lb/>
ergriffen wird durch den lebendigmachenden<lb/>
glauben/ er &#x017F;tehet und gehet in einem freyen trieb/<lb/><cb/>
lehre/ u&#x0364;bung/ krafft und einfluß des H. Gei&#x017F;tes/<lb/>
der da gei&#x017F;tet wo er will/ er beweget das hertz/<lb/>
ja auch mund und lippen/ wenn er will und wie<lb/>
er will &#xA75B;c. So folget weiter/ daß &#x017F;olcher &#x017F;tand<lb/>
keineswegs mit men&#x017F;chen-ge&#x017F;etzen kan auffge-<lb/>
richtet/ erhalten/ gebe&#x017F;&#x017F;ert und men&#x017F;chlicher wei-<lb/>
&#x017F;e <hi rendition="#aq">reformi</hi>rt werden; ja &#x017F;o wenig/ als das hertz<lb/>
durch &#x017F;olch a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlich ding wird erneuert/ und<lb/>
der flei&#x017F;chliche <hi rendition="#aq">affect</hi> der &#x017F;u&#x0364;nden in gei&#x017F;tlichen <hi rendition="#aq">af-<lb/>
fect</hi> der tugend dadurch verwandelt kan wer-<lb/>
den/ eben &#x017F;o wenig wird der gei&#x017F;tliche &#x017F;tand fu&#x0364;r<lb/>
Gott dadu&#xA75B;ch <hi rendition="#aq">reformi</hi>rt. Mit weltlichen &#x017F;ta&#x0364;nd&#x0113;/<lb/>
die in a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen leiblichen dingen &#x017F;tehen/ hats<lb/>
eine andere ge&#x017F;talt oder meinung/ wie auch mit<lb/>
dem ge&#x017F;etz Mo&#x017F;is/ das in buch&#x017F;tab&#x0113;/ <hi rendition="#aq">ceremoni</hi>en<lb/>
und a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen &#x017F;atzungen &#x017F;tund/ dem konnte<lb/>
man wol a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlich helffen/ da es war verfallen/<lb/>
wie auch der Ko&#x0364;nig Jo&#x017F;ias gethan hat/ davon<lb/>
4. <hi rendition="#aq">Reg. XXIII.</hi> aber im Chri&#x017F;tenthum und<lb/>
gei&#x017F;tlichem &#x017F;tande/ da nicht der buch&#x017F;tabe/ &#x017F;on-<lb/>
dern der gei&#x017F;t das fu&#x0364;rnem&#x017F;te i&#x017F;t/ muß das Evan-<lb/>
gelium frey verku&#x0364;ndiget/ und das hertz innerlich<lb/>
durch den H. Gei&#x017F;t erneuert und begei&#x017F;tet wer-<lb/>
den/ es la&#x0364;&#x017F;t &#x017F;ich da nicht mit den alten dingen<lb/>
flicken oder bletzen/ &#x017F;ondern es muß alles neue<lb/>
&#x017F;eyn/ Gottesdien&#x017F;t/ hertz und gewi&#x017F;&#x017F;en: Man fa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;et nicht neuen wein in alte &#x017F;chla&#x0364;uche/ &#x017F;pricht der<lb/>
HEr&#xA75B;/ davon auch 2. <hi rendition="#aq">Cor. V.</hi> Paulus &#x017F;agt: Jn<lb/>
CHri&#x017F;to i&#x017F;t das alte vergangen/ &#x017F;iehe/ es i&#x017F;t alles<lb/>
neu worden/ wie auch der rechte Gottesdien&#x017F;t<lb/>
im N. Te&#x017F;tamente im gei&#x017F;t und in der wahrheit<lb/>
gehet/ ja in freyer feiner Go&#x0364;ttlicher ordnung der<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;twilligen wiedergebornen hertzen &#x017F;tehet/ da-<lb/>
von die Apo&#x017F;toli&#x017F;chen &#x017F;chrifften weiter zeugen:<lb/>
Wir &#x017F;eynd die be&#x017F;chneidung/ &#x017F;pricht Paulus/ die<lb/>
wir GOtt im gei&#x017F;te dienen.</p><lb/>
                <p>Darzu denn auch will geho&#x0364;ren/ was er 2.<lb/><hi rendition="#aq">Cor. III.</hi> vom unter&#x017F;cheid des amts des gei&#x017F;tes<lb/>
und buch&#x017F;tabens hat ge&#x017F;chrieben/ &#x017F;o wohl/ als<lb/>
da er die Galater &#x017F;trafft/ daß &#x017F;ie im gei&#x017F;te an-<lb/>
gefangen und im flei&#x017F;che wollen fortfahren und<lb/>
be&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en; Aber &#x017F;pricht doch <hi rendition="#aq">Luc. XVII.</hi> Chri-<lb/>
&#x017F;tus &#x017F;elb&#x017F;t: Das Reich GOttes (welches all-<lb/>
hie nichts anders denn der gei&#x017F;tliche &#x017F;tand i&#x017F;t)<lb/>
kom&#x0303;t nicht mit aufmerckung/ oder a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen<lb/>
auf&#x017F;a&#x0364;tzen und geba&#x0364;rden/ &#x017F;ondern es i&#x017F;t inwen-<lb/>
dig in euch/ &#x017F;pricht der HErr; da bedencke nun<lb/>
ein jeder Gottsfu&#x0364;rchtiger men&#x017F;ch/ ob es mit dem<lb/>
gemeinen Clo&#x017F;ter-leben die&#x017F;er zeit/ und mit dem<lb/>
jetzigen Prie&#x017F;ter&#x017F;tande derma&#x017F;&#x017F;en gethan &#x017F;ey/<lb/>
wie der HErr und Paulus anzeigt/ un&#x0303; ob &#x017F;olches<lb/>
fu&#x0364;r den mehrerntheil nicht vielmehr eine gleiß-<lb/>
nerey &#x017F;ey/ weder daß es der wahre gei&#x017F;tliche<lb/>
&#x017F;tand im grunde fu&#x0364;r Gott mo&#x0364;ge genennet wer-<lb/>
den. Nicht daß ich drum/ ob ich gleich aus<lb/>
der Heiligen Schrifft anzeige/ was der wah-<lb/>
re gei&#x017F;tliche &#x017F;tand &#x017F;ey/ jemand wolle verdam-<lb/>
men oder verachten/ das &#x017F;ey fern; denn GOtt<lb/>
kan die &#x017F;einen auch mitten in Babylon/ ich<lb/>
&#x017F;chweige/ in einem Clo&#x017F;ter/ Prie&#x017F;ter-oder Or-<lb/>
dens-&#x017F;tande/ wohl erhalten; es pru&#x0364;fe &#x017F;ich aber<lb/>
ein jeder &#x017F;elb&#x017F;t/ er &#x017F;ey gleich wo und wer er<lb/>
wolle/ und befleißige &#x017F;ich mit ern&#x017F;t der wah-<lb/>
ren gei&#x017F;tlichkeit/ die fu&#x0364;r Gott gilt/ fu&#x0364;rnemlich<lb/>
daß er jetzt zur zeit der Offenbarung den HErrn<lb/>
Chri&#x017F;tum JE&#x017F;um und den willen Gottes in<lb/>
allem recht lerne erken&#x0303;en/ &#x017F;o er anders &#x017F;elig ver-<lb/>
meint zu werden.</p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head> <hi rendition="#b">Wo der gei&#x017F;tliche &#x017F;tand herkomme?</hi> </head><lb/>
                <p>Drum &#x017F;o i&#x017F;t wohl zu mercken/ daß der wah-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">re gei&#x017F;t-</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[186/0482] Th. IV. Sect. II. Num. XXIV. Schwenckfelds fernere erklaͤrung. ſtandes iſt/ alles in ihnen durch den H. Geiſt wuͤrcket und erfuͤllet/ 1. Cor. XII. Eph. I. Da weder beſchneidung noch vorhaut etwas gilt/ ſondern eine neue creatur/ und der glaube/ der durch die liebe thaͤtig iſt. Gal. V. VI. Es iſt kuͤrtzlich der geiſtliche ſtand (wenn man im grund und mit der H. Schrifft will davon re- den) nichts anders/ denn der geiſtliche leib/ der von Chriſto/ dem haupte/ durch den H. Geiſt in der fuͤlle der zeit aus dem fleiſch/ odeꝛ dem men- ſchen erzeuget/ und erbauet wird zum lebendigen tempel Gottes; es iſt die heilige Chꝛiſtliche kiꝛche/ die gemeine der erſtgebornen/ die im himmel ſeyn beſchrieben/ die braut Chriſti/ welcher auch iſt der helffer und heiland ſeines leibes/ des glie- der die edlen reben ſeynd/ ſo aus dem weinſtock Chriſto wachſen/ und in ihm gute fruͤchte brin- gen/ welches eigentlich allein der geiſtliche ſtand iſt/ als der durch den H. Geiſt beſtehet/ auch durch ihn in Chriſto wird regirt/ der auch aus Chriſto ſein gewaͤchs/ nahrung und zunehmen holet und empfaͤhet. Col. II. Dieweil aber der H. Geiſt (der geiſt des Herrn Jeſu Chriſti) ein geiſt der freyheit iſt/ und wo der geiſt des Herrn/ ſpricht Paulus/ iſt/ da iſt freyheit/ 2. Cor. III. Deßhalben er auch ei- nen ungezwungenē freyen ſtand/ weſen und ord- nung (wir meinen nicht die freyheit des flei- ſches/ ſondern die freyheit des geiſtes und ge- wiſſens) mit einem freyen ſelbſtwilligen volck und Gottesdienſte muß handhaben/ fuͤhren und auffrichten/ einen ſolchen ſtand/ der des gewiſſens halben allein auff Chriſtum/ Gottes wort gegruͤndet/ und damit weder an geſetz/ zwang/ ceremonien oder menſchen-regel iſt ge- bunden/ ſo folgt unwiederſprechlich/ daß der cloͤſter/ ordens-perſonen/ Moͤnch und Prieſter- ſtand/ wie es heut damit ſtehet/ darinnen man die gewiſſen mit menſchen-geſetzen verſtrickt und gefangen haͤlt/ darein man auch vertrauet/ und auff ceremonien auſſer dem wort GOttes/ und ohne zeugniß der H. Schrifft ſich verpflicht/ oder gute tage darinnen ſuchet/ nicht vom Heil. Geiſt/ noch vom geiſt der freyheit wird regirt/ viel minder von ihnen herkommen iſt/ noch kein wahrer geiſtlicher ſtand fuͤr GOtt ſeyn kan/ wie er auch keines weges der geiſtliche leib Chri- ſti mag genennet werden: Dann er waͤchſt nicht zur groͤſſe GOttes/ haͤlt ſich auch nicht an das haubt Chriſtum/ aus welchem ſonſt der gantze leib des geiſtlichen ſtandes durch gelencke und fugen handreichung empfaͤhet/ Col. II. Er kan ſich auch nicht des freyē geiſtes Chriſti/ noch ſei- neꝛ gnaden zufluß/ woꝛtes und Evangelii halten/ ſondern er haͤlt ſich vielmehr an ſeine Praͤlaten/ Obeꝛn/ ihre Oꝛdens-haͤupteꝛ/ geſetz uñ menſchen- regeln/ ſo nach eigener wahl der veꝛnunfft einher- gehen/ darum ſo moͤchte gedachter ſtand mehr ein menſchlicher und ordens-ſtand/ weder der Goͤttliche geiſtliche ſtand/ ja weder der ſtand GOttes und ſeines geiſtes genannt werden. Worinn der wahre geiſtliche ſtand ſtehe. Sintemal nun der wahre geiſtliche ſtand/ oder deſſelbigen grund und weſen/ nicht in ge- ſetzen/ kirchen-ordnung/ ceremonien oder ge- boten ſtehet/ ſondern im geiſtlichen weſen Got- tes/ und unſers Herrn Jeſu Chriſti/ das allhie ergriffen wird durch den lebendigmachenden glauben/ er ſtehet und gehet in einem freyen trieb/ lehre/ uͤbung/ krafft und einfluß des H. Geiſtes/ der da geiſtet wo er will/ er beweget das hertz/ ja auch mund und lippen/ wenn er will und wie er will ꝛc. So folget weiter/ daß ſolcher ſtand keineswegs mit menſchen-geſetzen kan auffge- richtet/ erhalten/ gebeſſert und menſchlicher wei- ſe reformirt werden; ja ſo wenig/ als das hertz durch ſolch aͤuſſerlich ding wird erneuert/ und der fleiſchliche affect der ſuͤnden in geiſtlichen af- fect der tugend dadurch verwandelt kan wer- den/ eben ſo wenig wird der geiſtliche ſtand fuͤr Gott daduꝛch reformirt. Mit weltlichen ſtaͤndē/ die in aͤuſſerlichen leiblichen dingen ſtehen/ hats eine andere geſtalt oder meinung/ wie auch mit dem geſetz Moſis/ das in buchſtabē/ ceremonien und aͤuſſerlichen ſatzungen ſtund/ dem konnte man wol aͤuſſerlich helffen/ da es war verfallen/ wie auch der Koͤnig Joſias gethan hat/ davon 4. Reg. XXIII. aber im Chriſtenthum und geiſtlichem ſtande/ da nicht der buchſtabe/ ſon- dern der geiſt das fuͤrnemſte iſt/ muß das Evan- gelium frey verkuͤndiget/ und das hertz innerlich durch den H. Geiſt erneuert und begeiſtet wer- den/ es laͤſt ſich da nicht mit den alten dingen flicken oder bletzen/ ſondern es muß alles neue ſeyn/ Gottesdienſt/ hertz und gewiſſen: Man faſ- ſet nicht neuen wein in alte ſchlaͤuche/ ſpricht der HErꝛ/ davon auch 2. Cor. V. Paulus ſagt: Jn CHriſto iſt das alte vergangen/ ſiehe/ es iſt alles neu worden/ wie auch der rechte Gottesdienſt im N. Teſtamente im geiſt und in der wahrheit gehet/ ja in freyer feiner Goͤttlicher ordnung der ſelbſtwilligen wiedergebornen hertzen ſtehet/ da- von die Apoſtoliſchen ſchrifften weiter zeugen: Wir ſeynd die beſchneidung/ ſpricht Paulus/ die wir GOtt im geiſte dienen. Darzu denn auch will gehoͤren/ was er 2. Cor. III. vom unterſcheid des amts des geiſtes und buchſtabens hat geſchrieben/ ſo wohl/ als da er die Galater ſtrafft/ daß ſie im geiſte an- gefangen und im fleiſche wollen fortfahren und beſchlieſſen; Aber ſpricht doch Luc. XVII. Chri- ſtus ſelbſt: Das Reich GOttes (welches all- hie nichts anders denn der geiſtliche ſtand iſt) kom̃t nicht mit aufmerckung/ oder aͤuſſerlichen aufſaͤtzen und gebaͤrden/ ſondern es iſt inwen- dig in euch/ ſpricht der HErr; da bedencke nun ein jeder Gottsfuͤrchtiger menſch/ ob es mit dem gemeinen Cloſter-leben dieſer zeit/ und mit dem jetzigen Prieſterſtande dermaſſen gethan ſey/ wie der HErr und Paulus anzeigt/ uñ ob ſolches fuͤr den mehrerntheil nicht vielmehr eine gleiß- nerey ſey/ weder daß es der wahre geiſtliche ſtand im grunde fuͤr Gott moͤge genennet wer- den. Nicht daß ich drum/ ob ich gleich aus der Heiligen Schrifft anzeige/ was der wah- re geiſtliche ſtand ſey/ jemand wolle verdam- men oder verachten/ das ſey fern; denn GOtt kan die ſeinen auch mitten in Babylon/ ich ſchweige/ in einem Cloſter/ Prieſter-oder Or- dens-ſtande/ wohl erhalten; es pruͤfe ſich aber ein jeder ſelbſt/ er ſey gleich wo und wer er wolle/ und befleißige ſich mit ernſt der wah- ren geiſtlichkeit/ die fuͤr Gott gilt/ fuͤrnemlich daß er jetzt zur zeit der Offenbarung den HErrn Chriſtum JEſum und den willen Gottes in allem recht lerne erkeñen/ ſo er anders ſelig ver- meint zu werden. Wo der geiſtliche ſtand herkomme? Drum ſo iſt wohl zu mercken/ daß der wah- re geiſt-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/482
Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/482>, abgerufen am 21.12.2024.