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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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von denen ketzer-geſchichten.
[Spaltenumbruch] menſchen gabe. Dieſe kan kein menſch dem
andern geben noch nehmen/ an-noch abzwin-
„gen. David konte keinen frieden haben/ denn
„durch ſeines ſohns Abſolons tod/ der krieg ge-
„gen ihn fuͤhrte/ und vertroͤſtete ſeine traurigkeit
„mit des bekriegten friede. Alſo vertroͤſtet ſich
„die Catholiſche mutter in verderbung einiger
„widerſpenſtigen kinder mit der erloͤſung ſo vie-
ler voͤlcker. Antwort: Wenn der wall ein ende
hat/ haͤlt man ſich an das meeꝛ graß. Dieſeꝛ weil
er ſiehet/ daß ihm der wall der ſchrifft entgehet/
begiñet er ſich an das trifftige meergraß der Al-
legori
en zu halten/ und zwar ohne noth/ wegen
einiger ungeſchickligkeit/ die man in dem texte
mag warnehmen. Wird eurekirche von ihren
kindern mit gewalt angefochten/ ſo ſind alle
Fuͤrſten ſchuldig/ ſie|mit gewalt zu beſchirmen/
was wolt ihr denn mehr? Aber beſtreiten denn
Martin Luther/ Zwingel/ Calvinus, Beza,
Menno &c.
und andere/ ihre erſte mutter die
Catholiſche kirche mit luͤgen/ nicht aber mit ge-
walt/ ſo widerſtehet ihnen mit wahrheit/ und
nicht mit gewalt. Hat ſie aber die wahrheit
nicht/ wie kan ſie denn die wahre kirche ſeyn?

Wenn ihrer zwey in einem baufaͤlligen hauſe
„wohneten/ und wir wuͤſten es/ daß ſelbiges
„wolte uͤber einen hauffen ſtuͤrtzen/ wir warne-
„ten ſie auch/ und ſie woltens nicht glauben/
„ſondern drinnen bleiben/ ſolte man uns nicht
„mit recht unbarmhertzig nennen/ in dem wir
„ſie wider ihren willen koͤnten heraus ziehen/
„es aber doch unterlieſſen. Hier komt er von der
Allegorie auff die gleichniſſe/ das iſt/ von ei-
nem gleichniß auffs andere. Beyde dienen
dazu/ daß ſie einerley meinung erklaͤren/ aber
nicht das geringſte beweiſen. Man mag ja
wol jemands leib wider ſeinen willen aus dem
hauſe ziehen oder tragen; aber kein menſch
mag den andern wider ſeinen willen zwingen
zu glauben/ daß die kirche/ darinn er iſt/ und
meinet oder weiß/ daß ſie die rechte/ falſch ſey/
ohne welches zu glauben er nicht mit willen
mag herausgehen. Solte das ein gleichniß
ſeyn/ das zum beweiß des zwangs in glau-
bens-ſachen dienete? Man mag wol je-
„manden (ſchreibt der Canonicus ferner)
„zwingen zu einem Biſchoffs amte/ welches ei-
„ne gute ſache iſt; warum nicht einen verderbli-
„chen irꝛthum zuverlaſſen/ das auch eine gute
ſache iſt? fol. 94. Man uͤberzeuge erſtlich die
verirꝛten mit wahrheit/ daß ihre lehre ein ver-
derblicher irthum ſey. Wie euer volck gemei-
niglich meinet/ daß des Biſchoffs amt ein
herꝛlicher/ luſtiger und delicater/ aber auch ein
muͤhſeliger/ laſtbarer und ſorgfaͤltiger ſtand
iſt; ſo wird man finden/ daß der verirꝛte ſo
williglich ſeinen irꝛthum verlaſſe/ als man eure
Theologanten findet die Biſtuͤmer anzuneh-
men; Denn da findet man derer viel mehr/
die darnach jagen/ aber wenig/ denen man das
Biſtum muß anzwingen.

Weiter fortfahrende in ſolchem ſeinem wahn-
witz und beweißloſem beweiß ſchreibt er alſo:
„Einige verwundern ſich/ daß die Chriſtliche
Potentaten bewegt worden wider der kirchen
„verfluchte auffruͤhrer/ ketzer/ ſtoͤrenfried u. d. g.
wie wollen ſie GOtt rechenſchafft geben von
ihrem reich? Antwort. Was ihnen nicht an-
befohlen iſt/ das wird nicht von ihnen gefo-
dert werden/ und davon ſind ſie auch nicht
[Spaltenumbruch] ſchuldig GOtt rechnung zugeben. Moſes
ſoll der Richter nicht ſeyn/ ſondern JEſus
CHriſtus/ der hat ihnen nirgends befohlen ei-
nen menſchen zum glauben zuzwingen/ noch
ſein reich/ welches geiſtlich iſt/ mit ihrem
weltlichen ſchwerd zu beſchirmen/ denn er thut
ſolches mit dem geiſtlichen ſchwerd ſeines mun-
des ſelber/ d. i. mit ſeiner allmaͤchtigen warheit.
Deßwegen duͤrffen ſich die Fuͤrſten nicht beſor-
gen davon rechnung zuthun/ als welches ihnen
nicht/ wol aber von ihrer weltlichen Herꝛſchafft/
die ihre iſt/ befohlen. Denn man hat ſich
wol mit recht zu verwundern/ daß nun alle die-
ſe Phariſeiſche anhetzer die Fuͤrſten zum brennen
und abſchneiden um glaubens ſachen auffwie-
geln/ ohne eigne wahrnehmung/ geſchwei-
ge erwaͤgung des verbots ihrer eignen alten un-
verfaͤlſchten regel von der geiſtligkeit: Daß kei-
ne geiſtliche perſon um keiner welt-“
lichen ſache/ noch auch um des glaubens“
oder ketzerey willen jemanden ſolte helf-“
fen zum tode bringen/ weder durch ſich“
ſelbſt/ noch durch andere u. ſ. w. Beſiehe oben“
im 1. Proceſſ. p. 88. n. 82. Derjenig irꝛthum
dem man nicht widerſtehet/ wird dadurch vor
gut oder wahr gehalten. f. 96. Der irꝛthum/ wel-
chem man boßhafftig widerſtehet/ wird in den
veriꝛreten verhaͤrtet und vor recht gehalten. Diß
hat uns die eꝛfahrung in dieſen zeiten mehꝛ denn
zu viel gelehrt; indem die wahrheit auff kei-“
nerley weiſe beſchirmet wird/ ſo wird ſie unter-“
gedruckt. fol. 96. Wer die wahrheit ohne war-“
heit ſuchet zubeſchirmen/ unterdruckt ſie/ ſo viel
an ihm iſt/ mit luͤgen. Aber wer die wahrheit
mit gewalt will beſchiꝛmen/ und hat ſie nicht/
kennet ſie auch nicht/ der beſchirmet ſie nicht/
ſondern die luͤgen/ welcher ſelbe dadurch als
luͤgen verdaͤchtig machet. Das verdorbene
glied muß man mit dem|eiſen abſchneiden/ auf“
daß der leib nicht verderbet werde. Antwort:“
Wenn man mit der wahrheit die luͤgen des“
ketzers toͤdtet/ ſo bleibet der leib des ketzers leben-
dig/ und die ſeele geneſet. Aber toͤdtet man mit
dem ſchwerde den ketzer/ ſo toͤdtet man nicht den
ketzer/ ſondern des ketzers leib und ſeele zugleich.

Welche wider den Kaͤyſer mißhandeln/“
die muͤſſen vertrieben werden. Solte man“
denn die ketzer/ die wider GOtt mißhan-“
deln/ nicht ausſchlieſſen? Antwort. Der
Kaͤyſer und GOTT haben ein jeder ſeine ge-
ſetze. Nach ſolchen/ und nicht anders/ muͤſ-
ſen die uͤbelthaͤter gegen jedweden von
beyden geſtrafft werden. Straffet man
die uͤbelthaͤter wider den Kaͤyſer mit dem bann
aus ſeinem reiche/ nemlich aus ſeinen landen;
ſo ſtraffe man die miſſethaͤter mit dem bann aus
GOttes reiche/ nemlich aus der kirche oder ge-
meine GOttes. Dis gebeut der Koͤnig CHri-
ſtus/ aber nicht das brennen und abſchneiden.
Dis lehret CHriſtus nicht/ aber ihr mit all eu-
ren gleich-geſinnten/ auch mit Juſt. Lipſio leh-
ret es.

Des 22. hauptſtuͤcks.

Das meiſt alle geſetze der Kaͤyſer auff
begehren der kirche ſind ausgegeben.
Die geſetze wieder die ketzer ſind nicht al-
len bey den altvaͤtern bewilliget/ ſon-
dern es ſind derer auch viel auff d[er] [k]ir-
chen anſuchung gemacht. u. ſ. [w.] [Und]
ſolches zur nachfolge des Apoſte[ls]
[Pauli],

welcher

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/327>, abgerufen am 06.01.2025.