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[Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789.

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Wilhelm Walter.
Mädch. (schlingt ihren Arm um ihn.) Herr
Walter, darf ich nichts -- nichts! hoffen?
Walt. (küsst sie trunken.) Machen Sie
mich nicht wanken!

So haderten beide noch eine Viertel-
stunde hindurch; das Mädchen bestand ei-
gensinnig darauf die Geheimnisse zu wissen und
Walter, eingedenk der Worte seines N**:
es sind Dolche genug geschliffen und Aqua-
rofanafläschchen gefüllt
! hielt sich iederzeit
wieder ihre meisterhaft angelegten Bestür-
mungen standhaft.

Sie stand endlich auf und er führte sie
am Arme einigemal durch den Garten und
dann nach der Stadt. Der Abend war zu
schön; der Mond gos sein Silber so liebreich
über die verworrenen, abendlichen Gruppen;
der Wind wandelte kühl und leise und die
Strassen wimmelten von Spaziergängern, so,
daß unsre beiden es einstimmig vor Sünde
hielten, sich früher zu trennen, als es der
Wolstand gebot. Sie schlenderten also, im-
mer in ihrem vorigen Gespräch verloren, ruhig

vor-
Wilhelm Walter.
Maͤdch. (ſchlingt ihren Arm um ihn.) Herr
Walter, darf ich nichts — nichts! hoffen?
Walt. (kuͤſſt ſie trunken.) Machen Sie
mich nicht wanken!

So haderten beide noch eine Viertel-
ſtunde hindurch; das Maͤdchen beſtand ei-
genſinnig darauf die Geheimniſſe zu wiſſen und
Walter, eingedenk der Worte ſeines N**:
es ſind Dolche genug geſchliffen und Aqua-
rofanaflaͤſchchen gefuͤllt
! hielt ſich iederzeit
wieder ihre meiſterhaft angelegten Beſtuͤr-
mungen ſtandhaft.

Sie ſtand endlich auf und er fuͤhrte ſie
am Arme einigemal durch den Garten und
dann nach der Stadt. Der Abend war zu
ſchoͤn; der Mond gos ſein Silber ſo liebreich
uͤber die verworrenen, abendlichen Gruppen;
der Wind wandelte kuͤhl und leiſe und die
Straſſen wimmelten von Spaziergaͤngern, ſo,
daß unſre beiden es einſtimmig vor Suͤnde
hielten, ſich fruͤher zu trennen, als es der
Wolſtand gebot. Sie ſchlenderten alſo, im-
mer in ihrem vorigen Geſpraͤch verloren, ruhig

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[66/0069] Wilhelm Walter. Maͤdch. (ſchlingt ihren Arm um ihn.) Herr Walter, darf ich nichts — nichts! hoffen? Walt. (kuͤſſt ſie trunken.) Machen Sie mich nicht wanken! So haderten beide noch eine Viertel- ſtunde hindurch; das Maͤdchen beſtand ei- genſinnig darauf die Geheimniſſe zu wiſſen und Walter, eingedenk der Worte ſeines N**: es ſind Dolche genug geſchliffen und Aqua- rofanaflaͤſchchen gefuͤllt! hielt ſich iederzeit wieder ihre meiſterhaft angelegten Beſtuͤr- mungen ſtandhaft. Sie ſtand endlich auf und er fuͤhrte ſie am Arme einigemal durch den Garten und dann nach der Stadt. Der Abend war zu ſchoͤn; der Mond gos ſein Silber ſo liebreich uͤber die verworrenen, abendlichen Gruppen; der Wind wandelte kuͤhl und leiſe und die Straſſen wimmelten von Spaziergaͤngern, ſo, daß unſre beiden es einſtimmig vor Suͤnde hielten, ſich fruͤher zu trennen, als es der Wolſtand gebot. Sie ſchlenderten alſo, im- mer in ihrem vorigen Geſpraͤch verloren, ruhig vor-

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Zitationshilfe: [Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_geister_1789/69>, abgerufen am 07.05.2024.