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[Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789.

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Wilhelm Walter.

Er ging bald aber weiter.

Sollte es, dachte er oft, nicht irgend
möglich sein, daß in verborgenen, unbekann-
ten Gegenständen übernatürliche Kräfte und
Eigenschaften lägen? -- Der Mensch ist ein
so sehr erhabenes Geschöpf, sollte er nicht
auch Mittel durch seine Vernunft auffinden
können, wodurch er sich noch eine untere
Klasse der Geister, welche vielleicht nur zum
Dienste der Sterblichen erschaffen wurden,
unterwürfig zu machen vermögte? Und wa-
rum sprechen die alten Weltweisen so viel
von diesem noch zu wenig besegelten Reiche
der Schöpfung? Die Kräfte ihres Nachsin-
nens, welche bei uns auf so vielerlei Wis-
senschaften verwandt werden müssen, konnten
bei ihnen nur einen grossen Punkt zum Ziel
der Erforschung wälen; viel von denselben
widmeten sich also vielleicht ganz nur der Er-
werbung grosser, geheimer Weisheit. Ganz
wahrscheinlich hatte diese Wissenschaft bei ih-
nen schon einen gewissen Grad der Vollkom-
menheit erreicht; aber sie wurde vernachläs-

sigt
Wilhelm Walter.

Er ging bald aber weiter.

Sollte es, dachte er oft, nicht irgend
moͤglich ſein, daß in verborgenen, unbekann-
ten Gegenſtaͤnden uͤbernatuͤrliche Kraͤfte und
Eigenſchaften laͤgen? — Der Menſch iſt ein
ſo ſehr erhabenes Geſchoͤpf, ſollte er nicht
auch Mittel durch ſeine Vernunft auffinden
koͤnnen, wodurch er ſich noch eine untere
Klaſſe der Geiſter, welche vielleicht nur zum
Dienſte der Sterblichen erſchaffen wurden,
unterwuͤrfig zu machen vermoͤgte? Und wa-
rum ſprechen die alten Weltweiſen ſo viel
von dieſem noch zu wenig beſegelten Reiche
der Schoͤpfung? Die Kraͤfte ihres Nachſin-
nens, welche bei uns auf ſo vielerlei Wiſ-
ſenſchaften verwandt werden muͤſſen, konnten
bei ihnen nur einen groſſen Punkt zum Ziel
der Erforſchung waͤlen; viel von denſelben
widmeten ſich alſo vielleicht ganz nur der Er-
werbung groſſer, geheimer Weisheit. Ganz
wahrſcheinlich hatte dieſe Wiſſenſchaft bei ih-
nen ſchon einen gewiſſen Grad der Vollkom-
menheit erreicht; aber ſie wurde vernachlaͤſ-

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[11/0014] Wilhelm Walter. Er ging bald aber weiter. Sollte es, dachte er oft, nicht irgend moͤglich ſein, daß in verborgenen, unbekann- ten Gegenſtaͤnden uͤbernatuͤrliche Kraͤfte und Eigenſchaften laͤgen? — Der Menſch iſt ein ſo ſehr erhabenes Geſchoͤpf, ſollte er nicht auch Mittel durch ſeine Vernunft auffinden koͤnnen, wodurch er ſich noch eine untere Klaſſe der Geiſter, welche vielleicht nur zum Dienſte der Sterblichen erſchaffen wurden, unterwuͤrfig zu machen vermoͤgte? Und wa- rum ſprechen die alten Weltweiſen ſo viel von dieſem noch zu wenig beſegelten Reiche der Schoͤpfung? Die Kraͤfte ihres Nachſin- nens, welche bei uns auf ſo vielerlei Wiſ- ſenſchaften verwandt werden muͤſſen, konnten bei ihnen nur einen groſſen Punkt zum Ziel der Erforſchung waͤlen; viel von denſelben widmeten ſich alſo vielleicht ganz nur der Er- werbung groſſer, geheimer Weisheit. Ganz wahrſcheinlich hatte dieſe Wiſſenſchaft bei ih- nen ſchon einen gewiſſen Grad der Vollkom- menheit erreicht; aber ſie wurde vernachlaͤſ- ſigt

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Zitationshilfe: [Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_geister_1789/14>, abgerufen am 25.04.2024.