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[Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789.

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Wilhelm Walter.
serte sein Leiden, welches er nur sich selbst
klagte. -- Was Leidende in solchen Stun-
den allein noch für ihr Glük halten, und was
es vielleicht allein auch nur noch etwa sein
kann, ist, daß sie sich beßre Tage, beßre
Welten fantasiren. Da ist ewiger Maien-
himmel; kein stummer Harm entpreßt ihnen
Thränen da; sie fühlen sich selig, und sehen
ihre Brüder umher glüklich. Dies war auch
Walters angenemster Trost. Um diese Zeit
fieng er an den Tausend und einen Tag,
Tausend und eine Nacht, Tausend und
eine Viertelstunde
, und wie die Konsorten
dieser Romanenrace sich sonst noch nennen
mögen, zu lesen; er empfand dabei ein nie-
gefühltes Vergnügen und ergözte sich beson-
ders über die dienstbaren Genien und Schuz-
geister. Er wünschte sich nicht selten Ala-
dins Lampe zu besizzen, und was man sich
Süsses, Seelenerquikkendes in solcher Lage
dabei träumen kann, träumte sich dann
Walter.

Er

Wilhelm Walter.
ſerte ſein Leiden, welches er nur ſich ſelbſt
klagte. — Was Leidende in ſolchen Stun-
den allein noch fuͤr ihr Gluͤk halten, und was
es vielleicht allein auch nur noch etwa ſein
kann, iſt, daß ſie ſich beßre Tage, beßre
Welten fantaſiren. Da iſt ewiger Maien-
himmel; kein ſtummer Harm entpreßt ihnen
Thraͤnen da; ſie fuͤhlen ſich ſelig, und ſehen
ihre Bruͤder umher gluͤklich. Dies war auch
Walters angenemſter Troſt. Um dieſe Zeit
fieng er an den Tauſend und einen Tag,
Tauſend und eine Nacht, Tauſend und
eine Viertelſtunde
, und wie die Konſorten
dieſer Romanenrace ſich ſonſt noch nennen
moͤgen, zu leſen; er empfand dabei ein nie-
gefuͤhltes Vergnuͤgen und ergoͤzte ſich beſon-
ders uͤber die dienſtbaren Genien und Schuz-
geiſter. Er wuͤnſchte ſich nicht ſelten Ala-
dins Lampe zu beſizzen, und was man ſich
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dabei traͤumen kann, traͤumte ſich dann
Walter.

Er
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[10/0013] Wilhelm Walter. ſerte ſein Leiden, welches er nur ſich ſelbſt klagte. — Was Leidende in ſolchen Stun- den allein noch fuͤr ihr Gluͤk halten, und was es vielleicht allein auch nur noch etwa ſein kann, iſt, daß ſie ſich beßre Tage, beßre Welten fantaſiren. Da iſt ewiger Maien- himmel; kein ſtummer Harm entpreßt ihnen Thraͤnen da; ſie fuͤhlen ſich ſelig, und ſehen ihre Bruͤder umher gluͤklich. Dies war auch Walters angenemſter Troſt. Um dieſe Zeit fieng er an den Tauſend und einen Tag, Tauſend und eine Nacht, Tauſend und eine Viertelſtunde, und wie die Konſorten dieſer Romanenrace ſich ſonſt noch nennen moͤgen, zu leſen; er empfand dabei ein nie- gefuͤhltes Vergnuͤgen und ergoͤzte ſich beſon- ders uͤber die dienſtbaren Genien und Schuz- geiſter. Er wuͤnſchte ſich nicht ſelten Ala- dins Lampe zu beſizzen, und was man ſich Suͤſſes, Seelenerquikkendes in ſolcher Lage dabei traͤumen kann, traͤumte ſich dann Walter. Er

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Zitationshilfe: [Zschokke, Heinrich]: Geister und Geisterseher oder Leben und frühes Ende eines Nekromantisten. Küstrin, 1789, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_geister_1789/13>, abgerufen am 18.04.2024.