Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

verfahren einige Gelehrte/ wan sie diesen Saalbaadereyen so vielen Glauben beylegen/ und mit den hochmühtigen/ stoltzen Römischen Scribenten ihr eigenes Vaterland immer selbst herunter machen helffen? Wann dieser Tacitus bekennen muß/ weder er / noch andere Römer/ hätten sich um die innere Güte des teutschen Erdbodens bekümmert/ so seind ja alle seine Worte/ die er von Teutschland vorbringet / lauter Unwarheiten und Römische Träumereyen. Doch der Aberglaube/ da man der alten Geschichtschreiber ihre Irrthümer vor vollkommene heilige Wahrheiten annimmt/ hat bey vielen Gelehrten dermassen tieffe Wurtzel geschlagen/ daß sie es bey nahe vor die gröste Sünde halten/ eine gründliche und vernünftige Untersuchung einer Sache anzustellen/ daher schreibt man ihnen lieber blindlings alles nach/ und bemühet sich/ diese garstige Pfützen mit einem feinen Balsam angenehm zu machen. Doch der Allemannier/ die vordem in diesen Gegenden gewohnet/ wieder zu gedencken/ so hatten selbige ihre eigene Könige / wiewohl von deren Leben und Thaten wenig zuverläßliches bekannt ist. Bey anwachsender Macht der Francken/ musten sie auch selbigen weichen/ vornehmlich als die Schlacht bey Tolbiac, oder Alnich auf ihre Seiten so übel ablieffe. Nachher seind sie vor und unter dem Carolo M. durch missos Regios, Grafen und dergleichen Königliche Bediente beherrschet worden/ von denen die meisten unter des Caroli M. Nachfolgeren/ in ihrem Gebiethe sich erblich machten/ wie denn sonderlich die Grafen von Teck/ Würtemberg/ Calw / und Tübingen bekannt. Diese Grafschaften hat das Beutelbachische Haus nach und nach an sich gebracht/ wie davon vorher schon Erwehnung geschehen / daraus endlich das nunmehrige Hertzogthum Würtemberg erwachsen. Es ist aber sothane Aufnahme nach und nach geschehen/ dergestalt/ daß von XII. Seculo an / das Beutelsbachische Haus immer einen Zuwachs nach den andern erhalten/ welches auch die Ursache war/ daß solches die Hertzogliche Würde erhielte: Von denen sämtlichen Aufnahmen aber können jede ins besondere an angezogenen Orthen nachgesehen werden. Das Land an sich selber ist überaus gut/ Volck- und Stadt-Reich/ und sonderlich wegen des herrlichen Neckar Wein-Baues satsam bekannt. Ob aber Gold und Silber-Adern darinnen anzutreffen seyn möchten müste eine genauere Durchsuchung erst noch entdecken. Weil die bey denen Fürstl. Häusern eingerissene unsehlige Theilung/ alhier auch angenommen worden/ so verursachet dieses/ daß dessen Macht in soweit unterbrochen ist / wiewohl es Hoffnung hat/ daß die jenseit Rheinischen dem diesseitigem Theile nächstens zufallen dürfften ohngeachtet dieses eine sehr gefährliche und mißliche Erb-

Vid Hert not. vet. Germ.
V. Gundling. P.
vid. Bert. rer. Germ. l. 2. Lucae Grafen- und Fürsten-Saal.
v. Imhoff. not. proc. Germ. l. 4. c. 6. Reichs-Staat T. 2. Edit. noviss.

verfahren einige Gelehrte/ wan sie diesen Saalbaadereyen so vielen Glauben beylegen/ und mit den hochmühtigen/ stoltzen Römischen Scribenten ihr eigenes Vaterland immer selbst herunter machen helffen? Wann dieser Tacitus bekennen muß/ weder er / noch andere Römer/ hätten sich um die innere Güte des teutschen Erdbodens bekümmert/ so seind ja alle seine Worte/ die er von Teutschland vorbringet / lauter Unwarheiten und Römische Träumereyen. Doch der Aberglaube/ da man der alten Geschichtschreiber ihre Irrthümer vor vollkommene heilige Wahrheiten annimmt/ hat bey vielen Gelehrten dermassen tieffe Wurtzel geschlagen/ daß sie es bey nahe vor die gröste Sünde halten/ eine gründliche und vernünftige Untersuchung einer Sache anzustellen/ daher schreibt man ihnen lieber blindlings alles nach/ und bemühet sich/ diese garstige Pfützen mit einem feinen Balsam angenehm zu machen. Doch der Allemannier/ die vordem in diesen Gegenden gewohnet/ wieder zu gedencken/ so hatten selbige ihre eigene Könige / wiewohl von deren Leben und Thaten wenig zuverläßliches bekannt ist. Bey anwachsender Macht der Francken/ musten sie auch selbigen weichen/ vornehmlich als die Schlacht bey Tolbiac, oder Alnich auf ihre Seiten so übel ablieffe. Nachher seind sie vor und unter dem Carolo M. durch missos Regios, Grafen und dergleichen Königliche Bediente beherrschet worden/ von denen die meisten unter des Caroli M. Nachfolgeren/ in ihrem Gebiethe sich erblich machten/ wie denn sonderlich die Grafen von Teck/ Würtemberg/ Calw / und Tübingen bekannt. Diese Grafschaften hat das Beutelbachische Haus nach und nach an sich gebracht/ wie davon vorher schon Erwehnung geschehen / daraus endlich das nunmehrige Hertzogthum Würtemberg erwachsen. Es ist aber sothane Aufnahme nach und nach geschehen/ dergestalt/ daß von XII. Seculo an / das Beutelsbachische Haus immer einen Zuwachs nach den andern erhalten/ welches auch die Ursache war/ daß solches die Hertzogliche Würde erhielte: Von denen sämtlichen Aufnahmen aber können jede ins besondere an angezogenen Orthen nachgesehen werden. Das Land an sich selber ist überaus gut/ Volck- und Stadt-Reich/ und sonderlich wegen des herrlichen Neckar Wein-Baues satsam bekannt. Ob aber Gold und Silber-Adern darinnen anzutreffen seyn möchten müste eine genauere Durchsuchung erst noch entdecken. Weil die bey denen Fürstl. Häusern eingerissene unsehlige Theilung/ alhier auch angenommen worden/ so verursachet dieses/ daß dessen Macht in soweit unterbrochen ist / wiewohl es Hoffnung hat/ daß die jenseit Rheinischen dem diesseitigem Theile nächstens zufallen dürfften ohngeachtet dieses eine sehr gefährliche und mißliche Erb-

Vid Hert not. vet. Germ.
V. Gundling. P.
vid. Bert. rer. Germ. l. 2. Lucae Grafen- und Fürsten-Saal.
v. Imhoff. not. proc. Germ. l. 4. c. 6. Reichs-Staat T. 2. Edit. noviss.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0476" n="428"/>
verfahren                      einige Gelehrte/ wan sie diesen Saalbaadereyen so vielen Glauben beylegen/ und                      mit den hochmühtigen/ stoltzen Römischen Scribenten ihr eigenes Vaterland immer                      selbst herunter machen helffen? Wann dieser Tacitus bekennen muß/ weder er /                      noch andere Römer/ hätten sich um die innere Güte des teutschen Erdbodens                      bekümmert/ so seind ja alle seine Worte/ die er von Teutschland vorbringet /                      lauter Unwarheiten und Römische Träumereyen. Doch der Aberglaube/ da man der                      alten Geschichtschreiber ihre Irrthümer vor vollkommene heilige Wahrheiten                      annimmt/ hat bey vielen Gelehrten dermassen tieffe Wurtzel geschlagen/ daß sie                      es bey nahe vor die gröste Sünde halten/ eine gründliche und vernünftige                      Untersuchung einer Sache anzustellen/ daher schreibt man ihnen lieber                      blindlings alles nach/ und bemühet sich/ diese garstige Pfützen mit einem                      feinen Balsam angenehm zu machen. Doch der Allemannier/ die vordem in diesen                      Gegenden gewohnet/ wieder zu gedencken/ so hatten selbige ihre eigene Könige /                      wiewohl von deren Leben und Thaten wenig zuverläßliches bekannt ist. <note place="foot">Vid Hert not. vet. Germ.</note> Bey anwachsender Macht der                      Francken/ musten sie auch selbigen weichen/ vornehmlich als die Schlacht bey                      Tolbiac, oder Alnich <note place="foot">V. Gundling. P.</note> auf ihre Seiten                      so übel ablieffe. Nachher seind sie vor und unter dem Carolo M. durch missos                      Regios, Grafen und dergleichen Königliche Bediente beherrschet worden/ von                      denen die meisten unter des Caroli M. Nachfolgeren/ in ihrem Gebiethe sich                      erblich machten/ wie denn sonderlich die Grafen von Teck/ Würtemberg/ Calw /                      und Tübingen bekannt. <note place="foot">vid. Bert. rer. Germ. l. 2. Lucae                          Grafen- und Fürsten-Saal.</note> Diese Grafschaften hat das Beutelbachische                      Haus nach und nach an sich gebracht/ wie davon vorher schon Erwehnung geschehen                     / daraus endlich das nunmehrige Hertzogthum Würtemberg erwachsen. Es ist aber                      sothane Aufnahme nach und nach geschehen/ dergestalt/ daß von XII. Seculo an /                      das Beutelsbachische Haus immer einen Zuwachs nach den andern erhalten/ welches                      auch die Ursache war/ daß solches die Hertzogliche Würde erhielte: Von denen                      sämtlichen Aufnahmen aber können jede ins besondere an angezogenen Orthen <note place="foot">v. Imhoff. not. proc. Germ. l. 4. c. 6. Reichs-Staat T. 2.                          Edit. noviss.</note> nachgesehen werden. Das Land an sich selber ist überaus                      gut/ Volck- und Stadt-Reich/ und sonderlich wegen des herrlichen Neckar                      Wein-Baues satsam bekannt. Ob aber Gold und Silber-Adern darinnen anzutreffen                      seyn möchten müste eine genauere Durchsuchung erst noch entdecken. Weil die bey                      denen Fürstl. Häusern eingerissene unsehlige Theilung/ alhier auch angenommen                      worden/ so verursachet dieses/ daß dessen Macht in soweit unterbrochen ist /                      wiewohl es Hoffnung hat/ daß die jenseit Rheinischen dem diesseitigem Theile                      nächstens zufallen dürfften ohngeachtet dieses eine sehr gefährliche und                      mißliche Erb-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[428/0476] verfahren einige Gelehrte/ wan sie diesen Saalbaadereyen so vielen Glauben beylegen/ und mit den hochmühtigen/ stoltzen Römischen Scribenten ihr eigenes Vaterland immer selbst herunter machen helffen? Wann dieser Tacitus bekennen muß/ weder er / noch andere Römer/ hätten sich um die innere Güte des teutschen Erdbodens bekümmert/ so seind ja alle seine Worte/ die er von Teutschland vorbringet / lauter Unwarheiten und Römische Träumereyen. Doch der Aberglaube/ da man der alten Geschichtschreiber ihre Irrthümer vor vollkommene heilige Wahrheiten annimmt/ hat bey vielen Gelehrten dermassen tieffe Wurtzel geschlagen/ daß sie es bey nahe vor die gröste Sünde halten/ eine gründliche und vernünftige Untersuchung einer Sache anzustellen/ daher schreibt man ihnen lieber blindlings alles nach/ und bemühet sich/ diese garstige Pfützen mit einem feinen Balsam angenehm zu machen. Doch der Allemannier/ die vordem in diesen Gegenden gewohnet/ wieder zu gedencken/ so hatten selbige ihre eigene Könige / wiewohl von deren Leben und Thaten wenig zuverläßliches bekannt ist. Bey anwachsender Macht der Francken/ musten sie auch selbigen weichen/ vornehmlich als die Schlacht bey Tolbiac, oder Alnich auf ihre Seiten so übel ablieffe. Nachher seind sie vor und unter dem Carolo M. durch missos Regios, Grafen und dergleichen Königliche Bediente beherrschet worden/ von denen die meisten unter des Caroli M. Nachfolgeren/ in ihrem Gebiethe sich erblich machten/ wie denn sonderlich die Grafen von Teck/ Würtemberg/ Calw / und Tübingen bekannt. Diese Grafschaften hat das Beutelbachische Haus nach und nach an sich gebracht/ wie davon vorher schon Erwehnung geschehen / daraus endlich das nunmehrige Hertzogthum Würtemberg erwachsen. Es ist aber sothane Aufnahme nach und nach geschehen/ dergestalt/ daß von XII. Seculo an / das Beutelsbachische Haus immer einen Zuwachs nach den andern erhalten/ welches auch die Ursache war/ daß solches die Hertzogliche Würde erhielte: Von denen sämtlichen Aufnahmen aber können jede ins besondere an angezogenen Orthen nachgesehen werden. Das Land an sich selber ist überaus gut/ Volck- und Stadt-Reich/ und sonderlich wegen des herrlichen Neckar Wein-Baues satsam bekannt. Ob aber Gold und Silber-Adern darinnen anzutreffen seyn möchten müste eine genauere Durchsuchung erst noch entdecken. Weil die bey denen Fürstl. Häusern eingerissene unsehlige Theilung/ alhier auch angenommen worden/ so verursachet dieses/ daß dessen Macht in soweit unterbrochen ist / wiewohl es Hoffnung hat/ daß die jenseit Rheinischen dem diesseitigem Theile nächstens zufallen dürfften ohngeachtet dieses eine sehr gefährliche und mißliche Erb- Vid Hert not. vet. Germ. V. Gundling. P. vid. Bert. rer. Germ. l. 2. Lucae Grafen- und Fürsten-Saal. v. Imhoff. not. proc. Germ. l. 4. c. 6. Reichs-Staat T. 2. Edit. noviss.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724/476
Zitationshilfe: Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724/476>, abgerufen am 19.05.2024.