Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724.Thes. IV. Das Haus Würtemberg besitzet ein schönes Land/ und hat es sein Aufnehmen dem XII. und folgenden Seculis, zudancken/ dessen Macht aber ist wegen der zerstreueten Lande ziemlich unterbrochen. Daß in denjenigen Theilen Teutschlandes/ woraus dermahln das Hertzogthum Würtemberg bestehet/ vor diesem die Alemannier und Schwaben gewohnet/ ist in soweit ausser Zweifel/ und hatte mit diesen Völckern/ der Julius Caesar viel zu streiten/ ohngeacht er sie nicht nennet/ weil er ohnedies von Teutschen Sachen überaus nachlässig geschrieben. Der erschreckliche Hercynia Sylva, den dieser Caesar, und die sämtliche Römische Scribenten, dichten/ war nichts anders/ als was jetzo der Schwartzwald ist/ zu rechnen/ der Odenwald / Böhmerwald und einige andere/ ansehnliche Stücke gehöreten/ daß er aber 60. Tagereisen in die Länge/ und 3. in die Breite gehabt haben solte/ ist ein Mährgen/ das dem Julio Caesari und Tacito immer einer nach dem andern/ auf Treu und Glauben also nachgeschrieben. Es war also der Schwartzwald/ oder Hercynia Sylva zwar wohl ein grosser Wald/ aber er war weder 60. Tagreisen lang / noch 3. Tagreisen breit/ und wird man eben nicht viel Unrecht thun/ wenn man / nebst andern Gelehrten behauptet/ es habe der Schwartzwald zu der Römer Zeit/ eben nicht viel anders ausgesehen/ als er jetzo beschaffen/ sintemahl/ wenn selbiger 3. Tagereisen und mehr in der Breite gehabt/ das meiste von Ober-Teutschland mit Holtz müste bewachsen gewesen seyn/ welches aber ein puer lauteres Römisches Gedichte ist/ wie denn sonderlich des Taciti seine Beschreibung von Teutschland sich allenthalben dermassen wiederspricht/ daß kaum abzusehen/ warum die Teutschen Gelehrten von selbiger so viel Staat machen / und sie vor ein vollkommenes Historisches Evangelien-Buch halten/ da sie doch weit besser/ eine alte Weiber Sagerey heissen könnte. Einmahl spricht er / es wäre ein Land/ Sylvis horrida, aut paludibus foeda, darnach heist es/ ventosior qua noricum, gleich aber folget satis ferax, und bald wieder/ frugiferarum arborum impatiens. Endlich kommt das Lamy hintennach/ quis enim scrutatus est? Nu reime doch ein vernünftiger Mensch zusammen/ wie ein Land voller Sümpffe und Waldungen/ auch steten Windwehen unterworffen und doch auch fruchtbahr seyn/ aber dennoch auch dabey nichts fruchtbares herfür bringen könne? Teutschland ist fruchtbar gewesen / und doch hat es nichts getragen? Wo hat doch der Tacitus seinen Verstand gehabt? und wie ungütig Vid. Junckeri Geograph. med. aevi. de Mor. Germ. c. 5.
Thes. IV. Das Haus Würtemberg besitzet ein schönes Land/ und hat es sein Aufnehmen dem XII. und folgenden Seculis, zudancken/ dessen Macht aber ist wegen der zerstreueten Lande ziemlich unterbrochen. Daß in denjenigen Theilen Teutschlandes/ woraus dermahln das Hertzogthum Würtemberg bestehet/ vor diesem die Alemannier und Schwaben gewohnet/ ist in soweit ausser Zweifel/ und hatte mit diesen Völckern/ der Julius Caesar viel zu streiten/ ohngeacht er sie nicht nennet/ weil er ohnedies von Teutschen Sachen überaus nachlässig geschrieben. Der erschreckliche Hercynia Sylva, den dieser Caesar, und die sämtliche Römische Scribenten, dichten/ war nichts anders/ als was jetzo der Schwartzwald ist/ zu rechnen/ der Odenwald / Böhmerwald und einige andere/ ansehnliche Stücke gehöreten/ daß er aber 60. Tagereisen in die Länge/ und 3. in die Breite gehabt haben solte/ ist ein Mährgen/ das dem Julio Caesari und Tacito immer einer nach dem andern/ auf Treu und Glauben also nachgeschrieben. Es war also der Schwartzwald/ oder Hercynia Sylva zwar wohl ein grosser Wald/ aber er war weder 60. Tagreisen lang / noch 3. Tagreisen breit/ und wird man eben nicht viel Unrecht thun/ wenn man / nebst andern Gelehrten behauptet/ es habe der Schwartzwald zu der Römer Zeit/ eben nicht viel anders ausgesehen/ als er jetzo beschaffen/ sintemahl/ wenn selbiger 3. Tagereisen und mehr in der Breite gehabt/ das meiste von Ober-Teutschland mit Holtz müste bewachsen gewesen seyn/ welches aber ein puer lauteres Römisches Gedichte ist/ wie denn sonderlich des Taciti seine Beschreibung von Teutschland sich allenthalben dermassen wiederspricht/ daß kaum abzusehen/ warum die Teutschen Gelehrten von selbiger so viel Staat machen / und sie vor ein vollkommenes Historisches Evangelien-Buch halten/ da sie doch weit besser/ eine alte Weiber Sagerey heissen könnte. Einmahl spricht er / es wäre ein Land/ Sylvis horrida, aut paludibus foeda, darnach heist es/ ventosior qua noricum, gleich aber folget satis ferax, und bald wieder/ frugiferarum arborum impatiens. Endlich kommt das Lamy hintennach/ quis enim scrutatus est? Nu reime doch ein vernünftiger Mensch zusammen/ wie ein Land voller Sümpffe und Waldungen/ auch steten Windwehen unterworffen und doch auch fruchtbahr seyn/ aber dennoch auch dabey nichts fruchtbares herfür bringen könne? Teutschland ist fruchtbar gewesen / und doch hat es nichts getragen? Wo hat doch der Tacitus seinen Verstand gehabt? und wie ungütig Vid. Junckeri Geograph. med. aevi. de Mor. Germ. c. 5.
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Thes. IV.
Das Haus Würtemberg besitzet ein schönes Land/ und hat es sein Aufnehmen dem XII. und folgenden Seculis, zudancken/ dessen Macht aber ist wegen der zerstreueten Lande ziemlich unterbrochen.
Daß in denjenigen Theilen Teutschlandes/ woraus dermahln das Hertzogthum Würtemberg bestehet/ vor diesem die Alemannier und Schwaben gewohnet/ ist in soweit ausser Zweifel/ und hatte mit diesen Völckern/ der Julius Caesar viel zu streiten/ ohngeacht er sie nicht nennet/ weil er ohnedies von Teutschen Sachen überaus nachlässig geschrieben. Der erschreckliche Hercynia Sylva, den dieser Caesar, und die sämtliche Römische Scribenten, dichten/ war nichts anders/ als was jetzo der Schwartzwald ist/ zu rechnen/ der Odenwald / Böhmerwald und einige andere/ ansehnliche Stücke gehöreten/ daß er aber 60. Tagereisen in die Länge/ und 3. in die Breite gehabt haben solte/ ist ein Mährgen/ das dem Julio Caesari und Tacito immer einer nach dem andern/ auf Treu und Glauben also nachgeschrieben. Es war also der Schwartzwald/ oder Hercynia Sylva zwar wohl ein grosser Wald/ aber er war weder 60. Tagreisen lang / noch 3. Tagreisen breit/ und wird man eben nicht viel Unrecht thun/ wenn man / nebst andern Gelehrten behauptet/ es habe der Schwartzwald zu der Römer Zeit/ eben nicht viel anders ausgesehen/ als er jetzo beschaffen/ sintemahl/ wenn selbiger 3. Tagereisen und mehr in der Breite gehabt/ das meiste von Ober-Teutschland mit Holtz müste bewachsen gewesen seyn/ welches aber ein puer lauteres Römisches Gedichte ist/ wie denn sonderlich des Taciti seine Beschreibung von Teutschland sich allenthalben dermassen wiederspricht/ daß kaum abzusehen/ warum die Teutschen Gelehrten von selbiger so viel Staat machen / und sie vor ein vollkommenes Historisches Evangelien-Buch halten/ da sie doch weit besser/ eine alte Weiber Sagerey heissen könnte. Einmahl spricht er / es wäre ein Land/ Sylvis horrida, aut paludibus foeda, darnach heist es/ ventosior qua noricum, gleich aber folget satis ferax, und bald wieder/ frugiferarum arborum impatiens. Endlich kommt das Lamy hintennach/ quis enim scrutatus est? Nu reime doch ein vernünftiger Mensch zusammen/ wie ein Land voller Sümpffe und Waldungen/ auch steten Windwehen unterworffen und doch auch fruchtbahr seyn/ aber dennoch auch dabey nichts fruchtbares herfür bringen könne? Teutschland ist fruchtbar gewesen / und doch hat es nichts getragen? Wo hat doch der Tacitus seinen Verstand gehabt? und wie ungütig
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Zitationshilfe: | Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724/475>, abgerufen am 16.07.2024. |