Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

der wird daraus leichte erkennen / daß dieser gerühmte Sieg der Römer/ ein blosses Gedichte sey. Dieses/ umb so wahrer zumachen/ darf man nur die heutige Frantzösiche Scribenten ansehen/ als welche oft von einem Siege zu schwatzen pflegen/ wann sie die hefftigsten Schläge eingestrichen haben. Diese Kunst/ wusten die Römischen Scriptores auch Wir aber/ seind so einfältig/ und wollen mit dieser/ der Römer ihrer angegebenen Besiegung unser Vorfahren/ dermassen prangen/ nicht anderst/ als ob wir dadurch einen solchen Ruhm gewonnen/ den vergänglich zu machen; auch die Gottheit selbst bestraffen würde. Doch/ von diesen Römischen Fabeleyen/ jetzo weiter nichts zugedencken/ so ist gewiß/ daß wo damahln die Mecklenburgischen Lande seynd/ vormahls die Suevi, Vandaler und Gothen ihre Wohnung gehabt. Und zwar was die Ersteren anlanget/ so bezeuget solches der Ptolomaeus und auch der Lucanus wenn dieser also saget:

Fundit ab extremo flavos aquilone Suevos Albis.

Wegen der andern aber können angeführte Autores nachgeschlagen werden. Als diese Völcker nach Italien Fortzogen/ und daselbst neue Siege sucheten/ kamen die Slaven, und unter selben die Abotriten, oder Obotriten, aus Asien und Sarmatien herfür/ die jener ihre verlassene Wohnstädte einnahmen/ mit denen etwan zurückgebliebenen sich vermischten/ mithin eine eigene Republic, (oder besser zusagen/ deren verschiedene) anrichteten und an der fortgezogenen Teutschen Stelle/ sich feste satzten. Diese Slaven waren zwar ihren allerersten Uhrsprunge nach/ mit denen Teutschen einerley Ankunff/ indem/ wie schon öffters asseriret und erwiesen worden/ alle die Völcker/ die nachher unter so mancherley Nahmen bekannt geworden/ anfänglich alle zusammen Scythen, und Celten geheissen/ und darf man an ihre verschiedene Sitten/ Gebräuche und Sprachen sich desfalls nicht Kehren / weil die länge der Zeit/ der Beytrit dieser oder jener Umstände/ die mancherley Himmels-Gegenden und andere Dinge mehr/ grosse Veränderungen verursachen. Man siehet ja täglich vor Augen/ daß Kinder von einerley Eltern gebohren/ und Leute die in einer Stadt zusammen wohnen/ in vielen Dingen von einander unterschieden seyn; warum solten also nicht gantze Völckerschafften / ohngeachtet sie anfänglich nur einen Stamm-Vater gehabt/ nachher um nur erwehnter Ursachen willen/ in diesem oder jenem/ nicht haben von einander abgehen können/ vornehmlich/ da die Rauhe/ und länge der Zeit sie ihres ersten/ wahren Uhrsprungs gantz vergessen gemachet hatten. Die Slaven aber theileten sich wiederum in verschiedene Völckerschafften/ oder vielmehr nur in neue Benahmsungen ein/ die allhier beyzubringen nicht nöthig ist/

Geograph. l. 2.
lib. 2.
Rang. Pommer. diplom. Conring de Antiq. Stat. Helmst. Cluv. Germ. Ant. l. 3. Bangert. ad Helmst. loc. cit.
v. Rang. l. cit. Altham. in Tac. & alios ejus Comment. Albin. Meisnische Chron. p. 386.

der wird daraus leichte erkennen / daß dieser gerühmte Sieg der Römer/ ein blosses Gedichte sey. Dieses/ umb so wahrer zumachen/ darf man nur die heutige Frantzösiche Scribenten ansehen/ als welche oft von einem Siege zu schwatzen pflegen/ wann sie die hefftigsten Schläge eingestrichen haben. Diese Kunst/ wusten die Römischen Scriptores auch Wir aber/ seind so einfältig/ und wollen mit dieser/ der Römer ihrer angegebenen Besiegung unser Vorfahren/ dermassen prangen/ nicht anderst/ als ob wir dadurch einen solchen Ruhm gewonnen/ den vergänglich zu machen; auch die Gottheit selbst bestraffen würde. Doch/ von diesen Römischen Fabeleyen/ jetzo weiter nichts zugedencken/ so ist gewiß/ daß wo damahln die Mecklenburgischen Lande seynd/ vormahls die Suevi, Vandaler und Gothen ihre Wohnung gehabt. Und zwar was die Ersteren anlanget/ so bezeuget solches der Ptolomaeus und auch der Lucanus wenn dieser also saget:

Fundit ab extremo flavos aquilone Suevos Albis.

Wegen der andern aber können angeführte Autores nachgeschlagen werden. Als diese Völcker nach Italien Fortzogen/ und daselbst neue Siege sucheten/ kamen die Slaven, und unter selben die Abotriten, oder Obotriten, aus Asien und Sarmatien herfür/ die jener ihre verlassene Wohnstädte einnahmen/ mit denen etwan zurückgebliebenen sich vermischten/ mithin eine eigene Republic, (oder besser zusagen/ deren verschiedene) anrichteten und an der fortgezogenen Teutschen Stelle/ sich feste satzten. Diese Slaven waren zwar ihren allerersten Uhrsprunge nach/ mit denen Teutschen einerley Ankunff/ indem/ wie schon öffters asseriret und erwiesen worden/ alle die Völcker/ die nachher unter so mancherley Nahmen bekannt geworden/ anfänglich alle zusammen Scythen, und Celten geheissen/ und darf man an ihre verschiedene Sitten/ Gebräuche und Sprachen sich desfalls nicht Kehren / weil die länge der Zeit/ der Beytrit dieser oder jener Umstände/ die mancherley Himmels-Gegenden und andere Dinge mehr/ grosse Veränderungen verursachen. Man siehet ja täglich vor Augen/ daß Kinder von einerley Eltern gebohren/ und Leute die in einer Stadt zusammen wohnen/ in vielen Dingen von einander unterschieden seyn; warum solten also nicht gantze Völckerschafften / ohngeachtet sie anfänglich nur einen Stamm-Vater gehabt/ nachher um nur erwehnter Ursachen willen/ in diesem oder jenem/ nicht haben von einander abgehen können/ vornehmlich/ da die Rauhe/ und länge der Zeit sie ihres ersten/ wahren Uhrsprungs gantz vergessen gemachet hatten. Die Slaven aber theileten sich wiederum in verschiedene Völckerschafften/ oder vielmehr nur in neue Benahmsungen ein/ die allhier beyzubringen nicht nöthig ist/

Geograph. l. 2.
lib. 2.
Rang. Pommer. diplom. Conring de Antiq. Stat. Helmst. Cluv. Germ. Ant. l. 3. Bangert. ad Helmst. loc. cit.
v. Rang. l. cit. Altham. in Tac. & alios ejus Comment. Albin. Meisnische Chron. p. 386.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0433" n="385"/>
der wird daraus leichte erkennen /                      daß dieser gerühmte Sieg der Römer/ ein blosses Gedichte sey. Dieses/ umb so                      wahrer zumachen/ darf man nur die heutige Frantzösiche Scribenten ansehen/ als                      welche oft von einem Siege zu schwatzen pflegen/ wann sie die hefftigsten                      Schläge eingestrichen haben. Diese Kunst/ wusten die Römischen Scriptores auch                      Wir aber/ seind so einfältig/ und wollen mit dieser/ der Römer ihrer                      angegebenen Besiegung unser Vorfahren/ dermassen prangen/ nicht anderst/ als                      ob wir dadurch einen solchen Ruhm gewonnen/ den vergänglich zu machen; auch die                      Gottheit selbst bestraffen würde. Doch/ von diesen Römischen Fabeleyen/ jetzo                      weiter nichts zugedencken/ so ist gewiß/ daß wo damahln die Mecklenburgischen                      Lande seynd/ vormahls die Suevi, Vandaler und Gothen ihre Wohnung gehabt. Und                      zwar was die Ersteren anlanget/ so bezeuget solches der Ptolomaeus <note place="foot">Geograph. l. 2.</note> und auch der Lucanus <note place="foot">lib. 2.</note> wenn dieser also saget:</p>
        <p>Fundit ab extremo flavos aquilone Suevos Albis.</p>
        <p>Wegen der andern aber können angeführte Autores <note place="foot">Rang. Pommer.                          diplom. Conring de Antiq. Stat. Helmst. Cluv. Germ. Ant. l. 3. Bangert. ad                          Helmst. loc. cit.</note> nachgeschlagen werden. Als diese Völcker nach                      Italien Fortzogen/ und daselbst neue Siege sucheten/ kamen die Slaven, und                      unter selben die Abotriten, oder Obotriten, aus Asien und Sarmatien herfür/ die                      jener ihre verlassene Wohnstädte einnahmen/ mit denen etwan zurückgebliebenen                      sich vermischten/ mithin eine eigene Republic, (oder besser zusagen/ deren                      verschiedene) anrichteten und an der fortgezogenen Teutschen Stelle/ sich feste                      satzten. Diese Slaven waren zwar ihren allerersten Uhrsprunge nach/ mit denen                      Teutschen einerley Ankunff/ indem/ wie schon öffters asseriret und erwiesen                      worden/ alle die Völcker/ die nachher unter so mancherley Nahmen bekannt                      geworden/ anfänglich alle zusammen Scythen, und Celten geheissen/ und darf man                      an ihre verschiedene Sitten/ Gebräuche und Sprachen sich desfalls nicht Kehren                     / weil die länge der Zeit/ der Beytrit dieser oder jener Umstände/ die                      mancherley Himmels-Gegenden und andere Dinge mehr/ grosse Veränderungen                      verursachen. Man siehet ja täglich vor Augen/ daß Kinder von einerley Eltern                      gebohren/ und Leute die in einer Stadt zusammen wohnen/ in vielen Dingen von                      einander unterschieden seyn; warum solten also nicht gantze Völckerschafften /                      ohngeachtet sie anfänglich nur einen Stamm-Vater gehabt/ nachher um nur                      erwehnter Ursachen willen/ in diesem oder jenem/ nicht haben von einander                      abgehen können/ vornehmlich/ da die Rauhe/ und länge der Zeit sie ihres                      ersten/ wahren Uhrsprungs gantz vergessen gemachet hatten. Die Slaven aber                      theileten sich wiederum in verschiedene Völckerschafften/ oder vielmehr nur in                      neue Benahmsungen ein/ die allhier beyzubringen nicht nöthig ist/ <note place="foot">v. Rang. l. cit. Altham. in Tac. &amp; alios ejus Comment.                          Albin. Meisnische Chron. p. 386.</note>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[385/0433] der wird daraus leichte erkennen / daß dieser gerühmte Sieg der Römer/ ein blosses Gedichte sey. Dieses/ umb so wahrer zumachen/ darf man nur die heutige Frantzösiche Scribenten ansehen/ als welche oft von einem Siege zu schwatzen pflegen/ wann sie die hefftigsten Schläge eingestrichen haben. Diese Kunst/ wusten die Römischen Scriptores auch Wir aber/ seind so einfältig/ und wollen mit dieser/ der Römer ihrer angegebenen Besiegung unser Vorfahren/ dermassen prangen/ nicht anderst/ als ob wir dadurch einen solchen Ruhm gewonnen/ den vergänglich zu machen; auch die Gottheit selbst bestraffen würde. Doch/ von diesen Römischen Fabeleyen/ jetzo weiter nichts zugedencken/ so ist gewiß/ daß wo damahln die Mecklenburgischen Lande seynd/ vormahls die Suevi, Vandaler und Gothen ihre Wohnung gehabt. Und zwar was die Ersteren anlanget/ so bezeuget solches der Ptolomaeus und auch der Lucanus wenn dieser also saget: Fundit ab extremo flavos aquilone Suevos Albis. Wegen der andern aber können angeführte Autores nachgeschlagen werden. Als diese Völcker nach Italien Fortzogen/ und daselbst neue Siege sucheten/ kamen die Slaven, und unter selben die Abotriten, oder Obotriten, aus Asien und Sarmatien herfür/ die jener ihre verlassene Wohnstädte einnahmen/ mit denen etwan zurückgebliebenen sich vermischten/ mithin eine eigene Republic, (oder besser zusagen/ deren verschiedene) anrichteten und an der fortgezogenen Teutschen Stelle/ sich feste satzten. Diese Slaven waren zwar ihren allerersten Uhrsprunge nach/ mit denen Teutschen einerley Ankunff/ indem/ wie schon öffters asseriret und erwiesen worden/ alle die Völcker/ die nachher unter so mancherley Nahmen bekannt geworden/ anfänglich alle zusammen Scythen, und Celten geheissen/ und darf man an ihre verschiedene Sitten/ Gebräuche und Sprachen sich desfalls nicht Kehren / weil die länge der Zeit/ der Beytrit dieser oder jener Umstände/ die mancherley Himmels-Gegenden und andere Dinge mehr/ grosse Veränderungen verursachen. Man siehet ja täglich vor Augen/ daß Kinder von einerley Eltern gebohren/ und Leute die in einer Stadt zusammen wohnen/ in vielen Dingen von einander unterschieden seyn; warum solten also nicht gantze Völckerschafften / ohngeachtet sie anfänglich nur einen Stamm-Vater gehabt/ nachher um nur erwehnter Ursachen willen/ in diesem oder jenem/ nicht haben von einander abgehen können/ vornehmlich/ da die Rauhe/ und länge der Zeit sie ihres ersten/ wahren Uhrsprungs gantz vergessen gemachet hatten. Die Slaven aber theileten sich wiederum in verschiedene Völckerschafften/ oder vielmehr nur in neue Benahmsungen ein/ die allhier beyzubringen nicht nöthig ist/ Geograph. l. 2. lib. 2. Rang. Pommer. diplom. Conring de Antiq. Stat. Helmst. Cluv. Germ. Ant. l. 3. Bangert. ad Helmst. loc. cit. v. Rang. l. cit. Altham. in Tac. & alios ejus Comment. Albin. Meisnische Chron. p. 386.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724/433
Zitationshilfe: Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724/433>, abgerufen am 23.11.2024.