Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

welches in den damahligen/ einfältigen Zeiten grand mode war; Nebst dem ist zwar nichts unmöliches/ daß des Isenbards seine Gemahlin nicht solte 12. Söhne nach einander gebohren haben/ wie es denn noch viele Weiber giebt/ die wohl noch mehr Kinder nach und nach zur Welt bringen/ obschon dieser 12. Söhne halber die Autores einig seind/ indem etliche vorgeben/ als ob deren nur 2 beym Leben geblieben wären/ andere hingegen haben sie insgesamt/ ihren Nahmen nach angeführet/ dabey sie zugleich von jedem ein neu Gräflich Geschlecht ableiten/ welches man in seinem Werth und Unwerth beruhen lässet. Die Münche aber/ damit sie ihrer abergläubischen Irmentrud bey der Nachwelt den Ruhm/ einer sonderbahren Keuschheit erwerden mögten/ haben gedichtet/ als ob sie auf einmahl 12. Söhne gebohren/ die sie/ um ihren Mann nicht in dem Verdacht einer getriebenen Unzucht zu bringen/ lieber ersauffen lassen wollen. Allein wann nun diese Irmentrud, den Vorgeben nach/ so eine fromme Gottes fürchtige Frau gewesen/ wie reimmt sich denn/ der vorgehabte Kinder-Mord/ mit selbiger? Wer hat auch jemahls behauptet/ oder geglaubet / daß eine Frau/ ordentlicher Weise/ 12. Kinder bey einer Niederkunfft gebähren könnte? Wolte man einwenden/ GOtt habe die Irmentrud deswegen gestraffet/ weil sie eine arme Frau/ die 2. Kinder auf einmahl gehabt/ Unzucht bezüchtiget/ so müste Irmentrud überaus alber und einfältig gewesen seyn/ auch gar nicht verstanden haben/ wie es sehr wohl möglich/ daß eine Frau 2. bis 3. Kinder auf einmahl bekommen können. Man müste denn etwan mit den München behaupten wollen / die Natur habe damahls noch nicht gewust/ wie sie 2. Kinder auf einmahl in Mutterleib bilden solte. Doch gesetzt die Irmentrud habe 12. Kinder gleich hinter einander bekommen/ ist denn dieses so gar geschwinde zugegangen/ daß ihr auf der Jagd seyender Gemahl/ wie vorgegeben wird/ gantz nichts davon erfahren? oder hat dieser/ seine/ der Gebuhrts-Zeit nahe seyende Gemahlin/ so unachtsam verlassen können/ da doch sonst bekannt/ daß um diese Zeit die Männer nicht gern weit von ihren Weibern zu seyn pflegen? Die Erfahrung lehret auch/ daß wann eine Frau 2. bis 3. Kinder mit einander gebiert/ selbige insgemein überaus schwach seyn/ wie solten denn nun derer gar 12 so viel Stärcke gehabt haben und vertragen können/ daß man sie in einen Korb zusammen gepacket und mit ihnen in der Luft herum gelauffen/ bis man ein Wasser zu ihrer Ersäuffung angetroffen/ ja wie haben sie gar so lange bey Kräften bleiben können/ bis der darzu gekommene Vater etliche Ammen herbey schaffen lassen? Die Ausbrüter dieser Fabel/ sind überaus schlechte Physici gewesen/ indem sie sich beredet/ wann eine Frau mit mehr als einem Manne zuthun/ so müste sie alsdenn auch mehr Kinder bekommen/ haben sie sich also den Uterum einer Frau/ als ein Feld

V. Hennig. l. cit.
V. Lucae l. c.

welches in den damahligen/ einfältigen Zeiten grand mode war; Nebst dem ist zwar nichts unmöliches/ daß des Isenbards seine Gemahlin nicht solte 12. Söhne nach einander gebohren haben/ wie es denn noch viele Weiber giebt/ die wohl noch mehr Kinder nach und nach zur Welt bringen/ obschon dieser 12. Söhne halber die Autores einig seind/ indem etliche vorgeben/ als ob deren nur 2 beym Leben geblieben wären/ andere hingegen haben sie insgesamt/ ihren Nahmen nach angeführet/ dabey sie zugleich von jedem ein neu Gräflich Geschlecht ableiten/ welches man in seinem Werth und Unwerth beruhen lässet. Die Münche aber/ damit sie ihrer abergläubischen Irmentrud bey der Nachwelt den Ruhm/ einer sonderbahren Keuschheit erwerden mögten/ haben gedichtet/ als ob sie auf einmahl 12. Söhne gebohren/ die sie/ um ihren Mann nicht in dem Verdacht einer getriebenen Unzucht zu bringen/ lieber ersauffen lassen wollen. Allein wann nun diese Irmentrud, den Vorgeben nach/ so eine fromme Gottes fürchtige Frau gewesen/ wie reimmt sich denn/ der vorgehabte Kinder-Mord/ mit selbiger? Wer hat auch jemahls behauptet/ oder geglaubet / daß eine Frau/ ordentlicher Weise/ 12. Kinder bey einer Niederkunfft gebähren könnte? Wolte man einwenden/ GOtt habe die Irmentrud deswegen gestraffet/ weil sie eine arme Frau/ die 2. Kinder auf einmahl gehabt/ Unzucht bezüchtiget/ so müste Irmentrud überaus alber und einfältig gewesen seyn/ auch gar nicht verstanden haben/ wie es sehr wohl möglich/ daß eine Frau 2. bis 3. Kinder auf einmahl bekommen können. Man müste denn etwan mit den München behaupten wollen / die Natur habe damahls noch nicht gewust/ wie sie 2. Kinder auf einmahl in Mutterleib bilden solte. Doch gesetzt die Irmentrud habe 12. Kinder gleich hinter einander bekommen/ ist denn dieses so gar geschwinde zugegangen/ daß ihr auf der Jagd seyender Gemahl/ wie vorgegeben wird/ gantz nichts davon erfahren? oder hat dieser/ seine/ der Gebuhrts-Zeit nahe seyende Gemahlin/ so unachtsam verlassen können/ da doch sonst bekannt/ daß um diese Zeit die Männer nicht gern weit von ihren Weibern zu seyn pflegen? Die Erfahrung lehret auch/ daß wann eine Frau 2. bis 3. Kinder mit einander gebiert/ selbige insgemein überaus schwach seyn/ wie solten denn nun derer gar 12 so viel Stärcke gehabt haben und vertragen können/ daß man sie in einen Korb zusammen gepacket und mit ihnen in der Luft herum gelauffen/ bis man ein Wasser zu ihrer Ersäuffung angetroffen/ ja wie haben sie gar so lange bey Kräften bleiben können/ bis der darzu gekommene Vater etliche Ammen herbey schaffen lassen? Die Ausbrüter dieser Fabel/ sind überaus schlechte Physici gewesen/ indem sie sich beredet/ wann eine Frau mit mehr als einem Manne zuthun/ so müste sie alsdenn auch mehr Kinder bekommen/ haben sie sich also den Uterum einer Frau/ als ein Feld

V. Hennig. l. cit.
V. Lucae l. c.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0422" n="374"/>
welches in den damahligen/ einfältigen Zeiten grand mode war;                      Nebst dem ist zwar nichts unmöliches/ daß des Isenbards seine Gemahlin nicht                      solte 12. Söhne nach einander gebohren haben/ wie es denn noch viele Weiber                      giebt/ die wohl noch mehr Kinder nach und nach zur Welt bringen/ obschon                      dieser 12. Söhne halber die Autores einig seind/ indem etliche vorgeben/ <note place="foot">V. Hennig. l. cit.</note> als ob deren nur 2 beym Leben                      geblieben wären/ andere <note place="foot">V. Lucae l. c.</note> hingegen haben                      sie insgesamt/ ihren Nahmen nach angeführet/ dabey sie zugleich von jedem ein                      neu Gräflich Geschlecht ableiten/ welches man in seinem Werth und Unwerth                      beruhen lässet. Die Münche aber/ damit sie ihrer abergläubischen Irmentrud bey                      der Nachwelt den Ruhm/ einer sonderbahren Keuschheit erwerden mögten/ haben                      gedichtet/ als ob sie auf einmahl 12. Söhne gebohren/ die sie/ um ihren Mann                      nicht in dem Verdacht einer getriebenen Unzucht zu bringen/ lieber ersauffen                      lassen wollen. Allein wann nun diese Irmentrud, den Vorgeben nach/ so eine                      fromme Gottes fürchtige Frau gewesen/ wie reimmt sich denn/ der vorgehabte                      Kinder-Mord/ mit selbiger? Wer hat auch jemahls behauptet/ oder geglaubet /                      daß eine Frau/ ordentlicher Weise/ 12. Kinder bey einer Niederkunfft gebähren                      könnte? Wolte man einwenden/ GOtt habe die Irmentrud deswegen gestraffet/ weil                      sie eine arme Frau/ die 2. Kinder auf einmahl gehabt/ Unzucht bezüchtiget/ so                      müste Irmentrud überaus alber und einfältig gewesen seyn/ auch gar nicht                      verstanden haben/ wie es sehr wohl möglich/ daß eine Frau 2. bis 3. Kinder auf                      einmahl bekommen können. Man müste denn etwan mit den München behaupten wollen /                      die Natur habe damahls noch nicht gewust/ wie sie 2. Kinder auf einmahl in                      Mutterleib bilden solte. Doch gesetzt die Irmentrud habe 12. Kinder gleich                      hinter einander bekommen/ ist denn dieses so gar geschwinde zugegangen/ daß                      ihr auf der Jagd seyender Gemahl/ wie vorgegeben wird/ gantz nichts davon                      erfahren? oder hat dieser/ seine/ der Gebuhrts-Zeit nahe seyende Gemahlin/ so                      unachtsam verlassen können/ da doch sonst bekannt/ daß um diese Zeit die                      Männer nicht gern weit von ihren Weibern zu seyn pflegen? Die Erfahrung lehret                      auch/ daß wann eine Frau 2. bis 3. Kinder mit einander gebiert/ selbige                      insgemein überaus schwach seyn/ wie solten denn nun derer gar 12 so viel                      Stärcke gehabt haben und vertragen können/ daß man sie in einen Korb zusammen                      gepacket und mit ihnen in der Luft herum gelauffen/ bis man ein Wasser zu ihrer                      Ersäuffung angetroffen/ ja wie haben sie gar so lange bey Kräften bleiben                      können/ bis der darzu gekommene Vater etliche Ammen herbey schaffen lassen? Die                      Ausbrüter dieser Fabel/ sind überaus schlechte Physici gewesen/ indem sie sich                      beredet/ wann eine Frau mit mehr als einem Manne zuthun/ so müste sie alsdenn                      auch mehr Kinder bekommen/ haben sie sich also den Uterum einer Frau/ als ein                          Feld
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[374/0422] welches in den damahligen/ einfältigen Zeiten grand mode war; Nebst dem ist zwar nichts unmöliches/ daß des Isenbards seine Gemahlin nicht solte 12. Söhne nach einander gebohren haben/ wie es denn noch viele Weiber giebt/ die wohl noch mehr Kinder nach und nach zur Welt bringen/ obschon dieser 12. Söhne halber die Autores einig seind/ indem etliche vorgeben/ als ob deren nur 2 beym Leben geblieben wären/ andere hingegen haben sie insgesamt/ ihren Nahmen nach angeführet/ dabey sie zugleich von jedem ein neu Gräflich Geschlecht ableiten/ welches man in seinem Werth und Unwerth beruhen lässet. Die Münche aber/ damit sie ihrer abergläubischen Irmentrud bey der Nachwelt den Ruhm/ einer sonderbahren Keuschheit erwerden mögten/ haben gedichtet/ als ob sie auf einmahl 12. Söhne gebohren/ die sie/ um ihren Mann nicht in dem Verdacht einer getriebenen Unzucht zu bringen/ lieber ersauffen lassen wollen. Allein wann nun diese Irmentrud, den Vorgeben nach/ so eine fromme Gottes fürchtige Frau gewesen/ wie reimmt sich denn/ der vorgehabte Kinder-Mord/ mit selbiger? Wer hat auch jemahls behauptet/ oder geglaubet / daß eine Frau/ ordentlicher Weise/ 12. Kinder bey einer Niederkunfft gebähren könnte? Wolte man einwenden/ GOtt habe die Irmentrud deswegen gestraffet/ weil sie eine arme Frau/ die 2. Kinder auf einmahl gehabt/ Unzucht bezüchtiget/ so müste Irmentrud überaus alber und einfältig gewesen seyn/ auch gar nicht verstanden haben/ wie es sehr wohl möglich/ daß eine Frau 2. bis 3. Kinder auf einmahl bekommen können. Man müste denn etwan mit den München behaupten wollen / die Natur habe damahls noch nicht gewust/ wie sie 2. Kinder auf einmahl in Mutterleib bilden solte. Doch gesetzt die Irmentrud habe 12. Kinder gleich hinter einander bekommen/ ist denn dieses so gar geschwinde zugegangen/ daß ihr auf der Jagd seyender Gemahl/ wie vorgegeben wird/ gantz nichts davon erfahren? oder hat dieser/ seine/ der Gebuhrts-Zeit nahe seyende Gemahlin/ so unachtsam verlassen können/ da doch sonst bekannt/ daß um diese Zeit die Männer nicht gern weit von ihren Weibern zu seyn pflegen? Die Erfahrung lehret auch/ daß wann eine Frau 2. bis 3. Kinder mit einander gebiert/ selbige insgemein überaus schwach seyn/ wie solten denn nun derer gar 12 so viel Stärcke gehabt haben und vertragen können/ daß man sie in einen Korb zusammen gepacket und mit ihnen in der Luft herum gelauffen/ bis man ein Wasser zu ihrer Ersäuffung angetroffen/ ja wie haben sie gar so lange bey Kräften bleiben können/ bis der darzu gekommene Vater etliche Ammen herbey schaffen lassen? Die Ausbrüter dieser Fabel/ sind überaus schlechte Physici gewesen/ indem sie sich beredet/ wann eine Frau mit mehr als einem Manne zuthun/ so müste sie alsdenn auch mehr Kinder bekommen/ haben sie sich also den Uterum einer Frau/ als ein Feld V. Hennig. l. cit. V. Lucae l. c.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724/422
Zitationshilfe: Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724/422>, abgerufen am 19.05.2024.