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Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724.

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suchet haben. Joachimus I. Johannis des teutschen Ciceronis Sohn / war ein Herr von einer ebenmässigen großen Beredsamkeit/ wie Er den auf Reichs-Tägen/ gar offt im Nahmen des Kaysers Caroli V. in Lateinischer Sprache sich hören lassen muste. Doch dieses beweiset zugleich/ wie veracht unsere teutsche Helden - Sprache auch noch in den damahligen Zeiten gewesen/ weil alles/ oder doch sehr vieles in jener abgehandelt worden. Wahr ists/ wenn unsere alten redlichen Vorfahren aus dem 1. 2. 3. und andern Seculis wieder aufstehen/ und unsern heutigen Zustand ansehen solten/ sie würden sich kaum einbilden können/ daß wir ihre Nachkommen wären. Denn schwerlich ist ein Volck unter dem Himmel zu finden/ das in gewissen Dingen/ sich dermassen befremdlich aufführet/ als wir thun. Nur bey unserer Muttersprache bestehen zu bleiben/ so verrahten wir ja solche auf alle Weise und Weege/ wir treten sie unter die Füsse/ und wir halten sie kaum vor so gut/ in solcher unsern Mund aufzuthun. Eine todte/ längst vermoderte/ erstorbene/ einfältige Sprache hingegen/ die noch darzu von demjenigen Volcke herkommt/ daß unserm Vaterlande ehemahls alles gebrandte Hertzeleid angethan/ unsere Vorfahren nicht viel besser abgemahlet / als ob sie rechte Scheusaale und ein dummes Vieh wären/ dieses Volckes seine Sprachen also ziehen wir allen andern Vor/ handeln/ schreiben und thun in solcher alles/ bilden uns von selbiger eine unbegreiffliche Zierde/ Annehmlich - und Liebligkeit ein/ und glauben steiff und feste/ alles/ was in solcher vorgebracht werde/ klinge ungemein schöner/ als in der Mutter-Sprache/ wissen darbey diejenigen/ die unserer Phantasie nach/ in dieser vermoderten Sprache / nicht recht schön schreiben/ nicht übel genug herunter zu machen/ und fehlet es oft wenig/ daß wir sie nicht der fünf Sinnen unfähig erachten solten. Woher kommt aber alle diese Thorheit? Aus dem Pabstthum/ welches/ damit es sein geheimes Vorhaben desto besser Verbergen mögte/ uns die Lateinische Sprache aufgebürdet/ zugleich mit solcher auf eine kaum zu begreiffende Arth bezaubert hat. Nun sey zwar ferne/ die Lateinische Sprache und deren Gebrauch/ überhaupt zu verwerffen/ alleine/ da wir denen Ausländern/ sonst alles so gerne nachmachen/ so solten wir in diesem Stücke uns doch auch so klug aufführen / als wie jene/ nehmlich die Lateinische Sprache der Muttersprache nicht vorzuziehen/ und nur diejenigen von gelehret und klug zu halten/ die einen schönen Lateinischen Stylum zu schreiben/ sonst aber weiter nicht viel zu praestiren vermögen/ eben als ob die Weisheit/ Gelehrsamkeit und der Verstand in dem schönen Stylo und nicht vielwehr in gar etwas anders bestehe. Aber wieder zu unserm Churfüsten Joachimum I. zu kommen/ so ist bey ihm dieses merckwürdig / daß er in dem 17ten Jahr zur Churgelangete/ woraus erhellet/ daß das in der güldnen

Vid, Rentsch. Brand. Cedernhayn.

suchet haben. Joachimus I. Johannis des teutschen Ciceronis Sohn / war ein Herr von einer ebenmässigen großen Beredsamkeit/ wie Er den auf Reichs-Tägen/ gar offt im Nahmen des Kaysers Caroli V. in Lateinischer Sprache sich hören lassen muste. Doch dieses beweiset zugleich/ wie veracht unsere teutsche Helden - Sprache auch noch in den damahligen Zeiten gewesen/ weil alles/ oder doch sehr vieles in jener abgehandelt worden. Wahr ists/ wenn unsere alten redlichen Vorfahren aus dem 1. 2. 3. und andern Seculis wieder aufstehen/ und unsern heutigen Zustand ansehen solten/ sie würden sich kaum einbilden können/ daß wir ihre Nachkommen wären. Denn schwerlich ist ein Volck unter dem Himmel zu finden/ das in gewissen Dingen/ sich dermassen befremdlich aufführet/ als wir thun. Nur bey unserer Muttersprache bestehen zu bleiben/ so verrahten wir ja solche auf alle Weise und Weege/ wir treten sie unter die Füsse/ und wir halten sie kaum vor so gut/ in solcher unsern Mund aufzuthun. Eine todte/ längst vermoderte/ erstorbene/ einfältige Sprache hingegen/ die noch darzu von demjenigen Volcke herkommt/ daß unserm Vaterlande ehemahls alles gebrandte Hertzeleid angethan/ unsere Vorfahren nicht viel besser abgemahlet / als ob sie rechte Scheusaale und ein dummes Vieh wären/ dieses Volckes seine Sprachen also ziehen wir allen andern Vor/ handeln/ schreiben und thun in solcher alles/ bilden uns von selbiger eine unbegreiffliche Zierde/ Annehmlich - und Liebligkeit ein/ und glauben steiff und feste/ alles/ was in solcher vorgebracht werde/ klinge ungemein schöner/ als in der Mutter-Sprache/ wissen darbey diejenigen/ die unserer Phantasie nach/ in dieser vermoderten Sprache / nicht recht schön schreiben/ nicht übel genug herunter zu machen/ und fehlet es oft wenig/ daß wir sie nicht der fünf Sinnen unfähig erachten solten. Woher kommt aber alle diese Thorheit? Aus dem Pabstthum/ welches/ damit es sein geheimes Vorhaben desto besser Verbergen mögte/ uns die Lateinische Sprache aufgebürdet/ zugleich mit solcher auf eine kaum zu begreiffende Arth bezaubert hat. Nun sey zwar ferne/ die Lateinische Sprache und deren Gebrauch/ überhaupt zu verwerffen/ alleine/ da wir denen Ausländern/ sonst alles so gerne nachmachen/ so solten wir in diesem Stücke uns doch auch so klug aufführen / als wie jene/ nehmlich die Lateinische Sprache der Muttersprache nicht vorzuziehen/ und nur diejenigen von gelehret und klug zu halten/ die einen schönen Lateinischen Stylum zu schreiben/ sonst aber weiter nicht viel zu praestiren vermögen/ eben als ob die Weisheit/ Gelehrsamkeit und der Verstand in dem schönen Stylo und nicht vielwehr in gar etwas anders bestehe. Aber wieder zu unserm Churfüsten Joachimum I. zu kommen/ so ist bey ihm dieses merckwürdig / daß er in dem 17ten Jahr zur Churgelangete/ woraus erhellet/ daß das in der güldnen

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[315/0363] suchet haben. Joachimus I. Johannis des teutschen Ciceronis Sohn / war ein Herr von einer ebenmässigen großen Beredsamkeit/ wie Er den auf Reichs-Tägen/ gar offt im Nahmen des Kaysers Caroli V. in Lateinischer Sprache sich hören lassen muste. Doch dieses beweiset zugleich/ wie veracht unsere teutsche Helden - Sprache auch noch in den damahligen Zeiten gewesen/ weil alles/ oder doch sehr vieles in jener abgehandelt worden. Wahr ists/ wenn unsere alten redlichen Vorfahren aus dem 1. 2. 3. und andern Seculis wieder aufstehen/ und unsern heutigen Zustand ansehen solten/ sie würden sich kaum einbilden können/ daß wir ihre Nachkommen wären. Denn schwerlich ist ein Volck unter dem Himmel zu finden/ das in gewissen Dingen/ sich dermassen befremdlich aufführet/ als wir thun. Nur bey unserer Muttersprache bestehen zu bleiben/ so verrahten wir ja solche auf alle Weise und Weege/ wir treten sie unter die Füsse/ und wir halten sie kaum vor so gut/ in solcher unsern Mund aufzuthun. Eine todte/ längst vermoderte/ erstorbene/ einfältige Sprache hingegen/ die noch darzu von demjenigen Volcke herkommt/ daß unserm Vaterlande ehemahls alles gebrandte Hertzeleid angethan/ unsere Vorfahren nicht viel besser abgemahlet / als ob sie rechte Scheusaale und ein dummes Vieh wären/ dieses Volckes seine Sprachen also ziehen wir allen andern Vor/ handeln/ schreiben und thun in solcher alles/ bilden uns von selbiger eine unbegreiffliche Zierde/ Annehmlich - und Liebligkeit ein/ und glauben steiff und feste/ alles/ was in solcher vorgebracht werde/ klinge ungemein schöner/ als in der Mutter-Sprache/ wissen darbey diejenigen/ die unserer Phantasie nach/ in dieser vermoderten Sprache / nicht recht schön schreiben/ nicht übel genug herunter zu machen/ und fehlet es oft wenig/ daß wir sie nicht der fünf Sinnen unfähig erachten solten. Woher kommt aber alle diese Thorheit? Aus dem Pabstthum/ welches/ damit es sein geheimes Vorhaben desto besser Verbergen mögte/ uns die Lateinische Sprache aufgebürdet/ zugleich mit solcher auf eine kaum zu begreiffende Arth bezaubert hat. Nun sey zwar ferne/ die Lateinische Sprache und deren Gebrauch/ überhaupt zu verwerffen/ alleine/ da wir denen Ausländern/ sonst alles so gerne nachmachen/ so solten wir in diesem Stücke uns doch auch so klug aufführen / als wie jene/ nehmlich die Lateinische Sprache der Muttersprache nicht vorzuziehen/ und nur diejenigen von gelehret und klug zu halten/ die einen schönen Lateinischen Stylum zu schreiben/ sonst aber weiter nicht viel zu praestiren vermögen/ eben als ob die Weisheit/ Gelehrsamkeit und der Verstand in dem schönen Stylo und nicht vielwehr in gar etwas anders bestehe. Aber wieder zu unserm Churfüsten Joachimum I. zu kommen/ so ist bey ihm dieses merckwürdig / daß er in dem 17ten Jahr zur Churgelangete/ woraus erhellet/ daß das in der güldnen Vid, Rentsch. Brand. Cedernhayn.

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Zitationshilfe: Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724/363>, abgerufen am 19.05.2024.