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Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724.

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Nachrichten/ die sie nur bekommen können / mit der grösten Sorgfalt zusammen gelesen. Alle alte Monumenta, wo deren etwan anzutreffen gewest/ hätten sie aufbehalten/ in einen zuverlässichen Bericht gebracht/ hätten anbey die Umstände einer jedem Begebenheit fein deutlich angemercket/ auch sonst alles beobachtet/ was ein rechtschaffener Historicus thun oder lassen soll. Aber man zeige doch/ von welchen Münche solches geschehen? Die alten Gesänge und Lieder/ deren der Tacitus gedencket/ müssen zu denen Zeiten/ als die Münche mit ihrem Glauben in Teutschland einbrachen / nohtwendig noch vorhanden gewesen seyn/ warum haben sie nun solche nicht zusammen getragen? Doch das war keine Arbeit vor sie; daher findet sich auch / daß in den Klöstern nicht eher was aufgezeichnet worden/ als bis Teutschland ebenfals in den Münchstand getreten/ da denn bey denen Teutschen München die Liebe zu ihrem Vaterlande sich ein wenig zu regen anfinge/ die sie auch zur Aufzeichung der Geschichte einiger massen antriebe/ wiewohl/ als vorher erwehnet worden/ alles gar mager aussiehet/ in dem ihre Bücher und Schriften nur vor ihre Klöster/ und zu deren Gebrauch verfertiget worden/ denen eine superficielle Wissenschaft von einer Sache schon genung war.

Solchergestalt ist an der schlechten Gelehrsamkeit unserer Vorfahren und der Liebe vor solche/ die Clerisey zum theil mit Schuld; und eben diese hat auch verursachet/ daß die Genealogische Wissenschaft so gar verachtet gelegen/ und von keinem Menschen getrieben worden. Denn ob gleich bey denen Scriptoribus rerum Germanicarum, die fast alle Münche waren/ ingleichen auch in einigen Chronicken/ die Genealogie, und Ankunft dieses oder jenen vornehmen Hauses / dann und wann mit berühret wird/ so geschicht solches doch nicht anders/ als nur von ungefehr/ ist auch alles mit ziemlichen Ungewißheiten aufgesetzet worden/ daher wir von der wahren Ankunft der meisten alten Häuser wenig/ oder fast gar nichts Zuverlässiches zu sagen wissen.

Wie aber die durch den sel. Lutherum geschehene Religions Reformation, nebst andern gestifteten vielen guten/ zugleich auch die Unwissenheit an einigen Orten vertrieben hat; Also ist durch solche das studium Genealogicum ebenfals mit empor gekommen. Jedoch wie es mit allen Dingen zu gehen pfleget/ die entweder neu erfunden/ oder sonst aus dem Staube herfürgebracht werden/ daß solche anfänglich gar schwach/ und so zusagen/ als ein Kind erscheinen/ bis sie bey zunehmenden Jahren/ und durch den Fleiß/ endlich immer mehr Kräfte gewinnen und zu einen reiffen Alter gelangen. Also ist es mit diesem studio auch hergangen. Die ersten/ die solches excoliret/ haben/ weil ihnen die behörige Lebens Kraft gleichsam ermangelt/ sich gar schwach darinnen aufgeführet: nacher aber/ und als man weitern Fleiß angewendet/ ist es mit ihren Nachfolgern immer besser und besser geworden: bis es

Nachrichten/ die sie nur bekommen können / mit der grösten Sorgfalt zusammen gelesen. Alle alte Monumenta, wo deren etwan anzutreffen gewest/ hätten sie aufbehalten/ in einen zuverlässichen Bericht gebracht/ hätten anbey die Umstände einer jedem Begebenheit fein deutlich angemercket/ auch sonst alles beobachtet/ was ein rechtschaffener Historicus thun oder lassen soll. Aber man zeige doch/ von welchen Münche solches geschehen? Die alten Gesänge und Lieder/ deren der Tacitus gedencket/ müssen zu denen Zeiten/ als die Münche mit ihrem Glauben in Teutschland einbrachen / nohtwendig noch vorhanden gewesen seyn/ warum haben sie nun solche nicht zusammen getragen? Doch das war keine Arbeit vor sie; daher findet sich auch / daß in den Klöstern nicht eher was aufgezeichnet worden/ als bis Teutschland ebenfals in den Münchstand getreten/ da denn bey denen Teutschen München die Liebe zu ihrem Vaterlande sich ein wenig zu regen anfinge/ die sie auch zur Aufzeichung der Geschichte einiger massen antriebe/ wiewohl/ als vorher erwehnet worden/ alles gar mager aussiehet/ in dem ihre Bücher und Schriften nur vor ihre Klöster/ und zu deren Gebrauch verfertiget worden/ denen eine superficielle Wissenschaft von einer Sache schon genung war.

Solchergestalt ist an der schlechten Gelehrsamkeit unserer Vorfahren und der Liebe vor solche/ die Clerisey zum theil mit Schuld; und eben diese hat auch verursachet/ daß die Genealogische Wissenschaft so gar verachtet gelegen/ und von keinem Menschen getrieben worden. Denn ob gleich bey denen Scriptoribus rerum Germanicarum, die fast alle Münche waren/ ingleichen auch in einigen Chronicken/ die Genealogie, und Ankunft dieses oder jenen vornehmen Hauses / dann und wann mit berühret wird/ so geschicht solches doch nicht anders/ als nur von ungefehr/ ist auch alles mit ziemlichen Ungewißheiten aufgesetzet worden/ daher wir von der wahren Ankunft der meisten alten Häuser wenig/ oder fast gar nichts Zuverlässiches zu sagen wissen.

Wie aber die durch den sel. Lutherum geschehene Religions Reformation, nebst andern gestifteten vielen guten/ zugleich auch die Unwissenheit an einigen Orten vertrieben hat; Also ist durch solche das studium Genealogicum ebenfals mit empor gekommen. Jedoch wie es mit allen Dingen zu gehen pfleget/ die entweder neu erfunden/ oder sonst aus dem Staube herfürgebracht werden/ daß solche anfänglich gar schwach/ und so zusagen/ als ein Kind erscheinen/ bis sie bey zunehmenden Jahren/ und durch den Fleiß/ endlich immer mehr Kräfte gewinnen und zu einen reiffen Alter gelangen. Also ist es mit diesem studio auch hergangen. Die ersten/ die solches excoliret/ haben/ weil ihnen die behörige Lebens Kraft gleichsam ermangelt/ sich gar schwach darinnen aufgeführet: nacher aber/ und als man weitern Fleiß angewendet/ ist es mit ihren Nachfolgern immer besser und besser geworden: bis es

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Zitationshilfe: Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724/30>, abgerufen am 28.03.2024.