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Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.

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IX. Das Alter des Menschengeschlechts.
in keiner Weise vorwerfen läßt, hat über die beliebten Berechnungs-
resultate der quietistischen Geologenschule theilweise principiell ver-
werfende Urtheile gefällt. E. B. Tylor, obschon im Allgemeinen
darwinistischen Anschauungen stark zugeneigt und in keiner Weise ein
Vertheidiger der biblisch-urgeschichtlichen Ueberlieferung, tadelt es doch
einmal, daß "der vorhistorische Archäologe allzugroße Neigung be-
thätige, in liberaler und wohl etwas sorgloser Weise in Tausenden
von Jahren, wie ein Financier in Tausenden von Pfunden zu schwär-
men". -- Schaaffhausen, ein noch entschiednerer Darwinist als
Tylor, auch Vertheidiger der Möglichkeit einer einstigen wissenschaft-
lichen Erweisung von Tertiärmenschen gegenüber Fraas (zu Dresden
1874), hat sich doch des Oefteren sehr bestimmt gegen eine blind-
gläubige Annahme der geologischen Altersberechnungen erklärt. "Man
darf es nicht verschweigen, daß die von einigen namhaften Forschern
versuchten Schätzungen des Alters gewisser Funde etc. einen wissen-
schaftlichen Werth durchaus nicht besitzen. Ein sichres Chronometer,
die Zeiten zu messen, fehlt uns;. ... daß die Auswaschung des
Sommethals, welche 200 Fuß beträgt, ein Alter von 100 000 bis
240 000 Jahren gehabt haben soll, ist eine höchst unsichre Schätzung ...
Zu den werthlosesten Altersbestimmungen gehören die der Tropf-
steinbildung, die von der Menge der im Wasser vorhandnen Kohlen-
säure, der Temperatur und der Größe der Verdunstung abhängen
wird", etc. -- Aehnliche und zum Theil noch kräftigere Mahnungen
zur Vorsicht und Proteste gegen Leichtgläubigkeit lassen sich sogar
aus Schriften K. Vogts zusammenstellen; ferner aus solchen von
Zittel, Ratzel, und besonders aus dem verdienstvollen Werke
G. R. Credners über die Delta's (1878), worin bezüglich der
Unzuverlässigkeit sämmtlicher auf die Anschwemmungen der Flüsse
gegründeter Altersschätzungen die umfassendsten Zugeständnisse gemacht
werden.1) -- A. de Quatrefages erklärt einerseits Forels auf

1) Tylor, Anfänge der Cultur I, 56; -- Schaaffhausen im "Archiv
f. Anthropol." V, 1, 118 ff.; VIII, 3, 270; -- K. Vogt, Handb. der Geologie

IX. Das Alter des Menſchengeſchlechts.
in keiner Weiſe vorwerfen läßt, hat über die beliebten Berechnungs-
reſultate der quietiſtiſchen Geologenſchule theilweiſe principiell ver-
werfende Urtheile gefällt. E. B. Tylor, obſchon im Allgemeinen
darwiniſtiſchen Anſchauungen ſtark zugeneigt und in keiner Weiſe ein
Vertheidiger der bibliſch-urgeſchichtlichen Ueberlieferung, tadelt es doch
einmal, daß „der vorhiſtoriſche Archäologe allzugroße Neigung be-
thätige, in liberaler und wohl etwas ſorgloſer Weiſe in Tauſenden
von Jahren, wie ein Financier in Tauſenden von Pfunden zu ſchwär-
men‟. — Schaaffhauſen, ein noch entſchiednerer Darwiniſt als
Tylor, auch Vertheidiger der Möglichkeit einer einſtigen wiſſenſchaft-
lichen Erweiſung von Tertiärmenſchen gegenüber Fraas (zu Dresden
1874), hat ſich doch des Oefteren ſehr beſtimmt gegen eine blind-
gläubige Annahme der geologiſchen Altersberechnungen erklärt. „Man
darf es nicht verſchweigen, daß die von einigen namhaften Forſchern
verſuchten Schätzungen des Alters gewiſſer Funde ꝛc. einen wiſſen-
ſchaftlichen Werth durchaus nicht beſitzen. Ein ſichres Chronometer,
die Zeiten zu meſſen, fehlt uns;. … daß die Auswaſchung des
Sommethals, welche 200 Fuß beträgt, ein Alter von 100 000 bis
240 000 Jahren gehabt haben ſoll, iſt eine höchſt unſichre Schätzung …
Zu den werthloſeſten Altersbeſtimmungen gehören die der Tropf-
ſteinbildung, die von der Menge der im Waſſer vorhandnen Kohlen-
ſäure, der Temperatur und der Größe der Verdunſtung abhängen
wird‟, ꝛc. — Aehnliche und zum Theil noch kräftigere Mahnungen
zur Vorſicht und Proteſte gegen Leichtgläubigkeit laſſen ſich ſogar
aus Schriften K. Vogts zuſammenſtellen; ferner aus ſolchen von
Zittel, Ratzel, und beſonders aus dem verdienſtvollen Werke
G. R. Credners über die Delta’s (1878), worin bezüglich der
Unzuverläſſigkeit ſämmtlicher auf die Anſchwemmungen der Flüſſe
gegründeter Altersſchätzungen die umfaſſendſten Zugeſtändniſſe gemacht
werden.1) — A. de Quatrefages erklärt einerſeits Forels auf

1) Tylor, Anfänge der Cultur I, 56; — Schaaffhauſen im „Archiv
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[318/0328] IX. Das Alter des Menſchengeſchlechts. in keiner Weiſe vorwerfen läßt, hat über die beliebten Berechnungs- reſultate der quietiſtiſchen Geologenſchule theilweiſe principiell ver- werfende Urtheile gefällt. E. B. Tylor, obſchon im Allgemeinen darwiniſtiſchen Anſchauungen ſtark zugeneigt und in keiner Weiſe ein Vertheidiger der bibliſch-urgeſchichtlichen Ueberlieferung, tadelt es doch einmal, daß „der vorhiſtoriſche Archäologe allzugroße Neigung be- thätige, in liberaler und wohl etwas ſorgloſer Weiſe in Tauſenden von Jahren, wie ein Financier in Tauſenden von Pfunden zu ſchwär- men‟. — Schaaffhauſen, ein noch entſchiednerer Darwiniſt als Tylor, auch Vertheidiger der Möglichkeit einer einſtigen wiſſenſchaft- lichen Erweiſung von Tertiärmenſchen gegenüber Fraas (zu Dresden 1874), hat ſich doch des Oefteren ſehr beſtimmt gegen eine blind- gläubige Annahme der geologiſchen Altersberechnungen erklärt. „Man darf es nicht verſchweigen, daß die von einigen namhaften Forſchern verſuchten Schätzungen des Alters gewiſſer Funde ꝛc. einen wiſſen- ſchaftlichen Werth durchaus nicht beſitzen. Ein ſichres Chronometer, die Zeiten zu meſſen, fehlt uns;. … daß die Auswaſchung des Sommethals, welche 200 Fuß beträgt, ein Alter von 100 000 bis 240 000 Jahren gehabt haben ſoll, iſt eine höchſt unſichre Schätzung … Zu den werthloſeſten Altersbeſtimmungen gehören die der Tropf- ſteinbildung, die von der Menge der im Waſſer vorhandnen Kohlen- ſäure, der Temperatur und der Größe der Verdunſtung abhängen wird‟, ꝛc. — Aehnliche und zum Theil noch kräftigere Mahnungen zur Vorſicht und Proteſte gegen Leichtgläubigkeit laſſen ſich ſogar aus Schriften K. Vogts zuſammenſtellen; ferner aus ſolchen von Zittel, Ratzel, und beſonders aus dem verdienſtvollen Werke G. R. Credners über die Delta’s (1878), worin bezüglich der Unzuverläſſigkeit ſämmtlicher auf die Anſchwemmungen der Flüſſe gegründeter Altersſchätzungen die umfaſſendſten Zugeſtändniſſe gemacht werden. 1) — A. de Quatrefages erklärt einerſeits Forels auf 1) Tylor, Anfänge der Cultur I, 56; — Schaaffhauſen im „Archiv f. Anthropol.‟ V, 1, 118 ff.; VIII, 3, 270; — K. Vogt, Handb. der Geologie

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Zitationshilfe: Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/328>, abgerufen am 25.11.2024.