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Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.

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IX. Das Alter des Menschengeschlechts.
an, statuirt man für unser Sonnensystem als Ganzes einen äonischen
Wechsel von Winterszeiten und Sommerszeiten, so leuchtet es ja
allerdings ein, daß dann im Zusammenhange mit diesem seculären
Periodenwechsel auch ein Kommen und Gehen von Lebens- und
Wachsthums-Zeitaltern für unsre ganze irdische Organismenwelt
stattfinden muß, und die Annahme legt sich nahe, daß speciell auch die
Menschheit gegen Ende oder nach erfolgtem Abschlusse einer solchen
seculären Winterszeit den Anfang ihres Daseins genommen haben
werde. Aber wer bestimmt uns die Länge dieses Weltenfrühlings
als muthmaaßlicher Geburtszeit unsres Geschlechts? Haben Adhemar
und Schmick Recht, mit ihrer Annahme einer 10--11000jährigen
Dauer jeder großen Hauptperiode, oder verdient Croll Glauben mit
seinen Weltzeiten von mindestens 200 000jähriger Länge? Man
lebe so lange, und man wird die Antwort haben! Mit empirischer
Sicherheit wird vor dem Zuendegehen wenigstens Einer solchen Welt-
periode nicht darüber entschieden werden können, innerhalb welcher
Epochen die Bedingungen zum Aufblühen menschlichen Lebens auf
unsrem Planeten wiederkehren. Gegen die Haltbarkeit der Voraus-
setzungen, worauf die Adhemarschen wie die Crollschen Berechnungen
fußen, haben Astronomen wie Mädler und Klein sowie Mathematiker
wie Günther u. AA. sich in höchstem Grade skeptisch geäußert. 1)
Und ferner wer fügt uns den Anfangspunkt menschlicher Entwicklung
mit Sicherheit ein in jene colossalen Zeitläufe? wer sagt uns, ob
der Weltenwinter schon lange vorüber war, als unsre Geschichte
begann, oder ob eben beim ersten Frühlingswehen, als unsre ge-
mäßigten Zonen noch über und über von Polareis bedeckt waren
und nur ein schmaler Tropengürtel paradiesisches Klima genoß, das
Stammelternpaar ins Dasein trat? -- Hier bleibt eben noch Alles
zu erforschen. Das Problem ist ein ungeheures, Hunderte von
besondren Untersuchungen in sich schließend. Der Rahme ist einst-
weilen noch viel zu lang und breit für das in ihn einzufügende

1) Siehe Günther, a. a. O., S. 194 ff.

IX. Das Alter des Menſchengeſchlechts.
an, ſtatuirt man für unſer Sonnenſyſtem als Ganzes einen äoniſchen
Wechſel von Winterszeiten und Sommerszeiten, ſo leuchtet es ja
allerdings ein, daß dann im Zuſammenhange mit dieſem ſeculären
Periodenwechſel auch ein Kommen und Gehen von Lebens- und
Wachsthums-Zeitaltern für unſre ganze irdiſche Organismenwelt
ſtattfinden muß, und die Annahme legt ſich nahe, daß ſpeciell auch die
Menſchheit gegen Ende oder nach erfolgtem Abſchluſſe einer ſolchen
ſeculären Winterszeit den Anfang ihres Daſeins genommen haben
werde. Aber wer beſtimmt uns die Länge dieſes Weltenfrühlings
als muthmaaßlicher Geburtszeit unſres Geſchlechts? Haben Adhémar
und Schmick Recht, mit ihrer Annahme einer 10—11000jährigen
Dauer jeder großen Hauptperiode, oder verdient Croll Glauben mit
ſeinen Weltzeiten von mindeſtens 200 000jähriger Länge? Man
lebe ſo lange, und man wird die Antwort haben! Mit empiriſcher
Sicherheit wird vor dem Zuendegehen wenigſtens Einer ſolchen Welt-
periode nicht darüber entſchieden werden können, innerhalb welcher
Epochen die Bedingungen zum Aufblühen menſchlichen Lebens auf
unſrem Planeten wiederkehren. Gegen die Haltbarkeit der Voraus-
ſetzungen, worauf die Adhémarſchen wie die Crollſchen Berechnungen
fußen, haben Aſtronomen wie Mädler und Klein ſowie Mathematiker
wie Günther u. AA. ſich in höchſtem Grade ſkeptiſch geäußert. 1)
Und ferner wer fügt uns den Anfangspunkt menſchlicher Entwicklung
mit Sicherheit ein in jene coloſſalen Zeitläufe? wer ſagt uns, ob
der Weltenwinter ſchon lange vorüber war, als unſre Geſchichte
begann, oder ob eben beim erſten Frühlingswehen, als unſre ge-
mäßigten Zonen noch über und über von Polareis bedeckt waren
und nur ein ſchmaler Tropengürtel paradieſiſches Klima genoß, das
Stammelternpaar ins Daſein trat? — Hier bleibt eben noch Alles
zu erforſchen. Das Problem iſt ein ungeheures, Hunderte von
beſondren Unterſuchungen in ſich ſchließend. Der Rahme iſt einſt-
weilen noch viel zu lang und breit für das in ihn einzufügende

1) Siehe Günther, a. a. O., S. 194 ff.
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[302/0312] IX. Das Alter des Menſchengeſchlechts. an, ſtatuirt man für unſer Sonnenſyſtem als Ganzes einen äoniſchen Wechſel von Winterszeiten und Sommerszeiten, ſo leuchtet es ja allerdings ein, daß dann im Zuſammenhange mit dieſem ſeculären Periodenwechſel auch ein Kommen und Gehen von Lebens- und Wachsthums-Zeitaltern für unſre ganze irdiſche Organismenwelt ſtattfinden muß, und die Annahme legt ſich nahe, daß ſpeciell auch die Menſchheit gegen Ende oder nach erfolgtem Abſchluſſe einer ſolchen ſeculären Winterszeit den Anfang ihres Daſeins genommen haben werde. Aber wer beſtimmt uns die Länge dieſes Weltenfrühlings als muthmaaßlicher Geburtszeit unſres Geſchlechts? Haben Adhémar und Schmick Recht, mit ihrer Annahme einer 10—11000jährigen Dauer jeder großen Hauptperiode, oder verdient Croll Glauben mit ſeinen Weltzeiten von mindeſtens 200 000jähriger Länge? Man lebe ſo lange, und man wird die Antwort haben! Mit empiriſcher Sicherheit wird vor dem Zuendegehen wenigſtens Einer ſolchen Welt- periode nicht darüber entſchieden werden können, innerhalb welcher Epochen die Bedingungen zum Aufblühen menſchlichen Lebens auf unſrem Planeten wiederkehren. Gegen die Haltbarkeit der Voraus- ſetzungen, worauf die Adhémarſchen wie die Crollſchen Berechnungen fußen, haben Aſtronomen wie Mädler und Klein ſowie Mathematiker wie Günther u. AA. ſich in höchſtem Grade ſkeptiſch geäußert. 1) Und ferner wer fügt uns den Anfangspunkt menſchlicher Entwicklung mit Sicherheit ein in jene coloſſalen Zeitläufe? wer ſagt uns, ob der Weltenwinter ſchon lange vorüber war, als unſre Geſchichte begann, oder ob eben beim erſten Frühlingswehen, als unſre ge- mäßigten Zonen noch über und über von Polareis bedeckt waren und nur ein ſchmaler Tropengürtel paradieſiſches Klima genoß, das Stammelternpaar ins Daſein trat? — Hier bleibt eben noch Alles zu erforſchen. Das Problem iſt ein ungeheures, Hunderte von beſondren Unterſuchungen in ſich ſchließend. Der Rahme iſt einſt- weilen noch viel zu lang und breit für das in ihn einzufügende 1) Siehe Günther, a. a. O., S. 194 ff.

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Zitationshilfe: Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/312>, abgerufen am 22.11.2024.