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Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.

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VIII. Die Langlebigkeit der Patriarchen.
irgendwelcher Analogiebeweise für die Thatsachen des Makrobierthums
der Urzeit bleiben würden. Vielleicht erbringt die zukünftige medi-
cinische Makrobiotik noch einmal wirklich solide Erklärungsgründe
für das uns beschäftigende Phänomen, zu dessen physiologischer Be-
greiflichmachung alles bisher Beigebrachte sich als unzureichend
erwiesen hat. Auf jeden Fall behaupten nicht alle wissenschaftlichen
Autoritäten der Gegenwart mit gleicher Schroffheit wie der Materialist
Moleschott die absolute Unverträglichkeit vegetarianischer Lebensweise
mit vollkommen gesundem und arbeitskräftigem Zustande des Menschen.
Es ist kein Geringerer als Charles Darwin, der, wie er schon früher
in Bezug auf die möglichen Leistungen der fortschreitenden medi-
cinischen Wissenschaft außerordentlich hohe Erwartungen ausdrückte,
so speciell über die vegetarianische Frage jüngst sich dahin erklärte,
daß er dieselbe noch für eine durchaus offene, durch genauere stati-
stische Untersuchung bisher in keiner Weise genügend aufgehellte halte.1)
Zukünftige Forschung kann möglicherweise hier noch lehrreiche Auf-
schlüsse bringen. Vorläufig muß es dabei bleiben, daß das von der
physiologischen Wissenschaft bisher verarbeitete empirische Material
zur Ausfüllung der weiten Kluft zwischen einstiger und heutiger
Langlebigkeit der Menschen wenig oder nichts beiträgt.

Nur die beiden letzten jener von Fürer angegebnen Erklärungs-
gründe erscheinen nach dem Allem wahrhaft triftig und stichhaltig.
Einerseits in der auf das Bestimmteste und Unzweideutigste biblisch
bezeugten persönlichen Frömmigkeit der Patriarchen, sowie
andrerseits in der nicht minder vollständig den Voraussetzungen des
biblischen Berichts entsprechenden unendlichen Einfachheit der
urzeitlichen socialen Verhältnisse
hat man ohne Zweifel
die wichtigsten, ja die allein durchschlagenden Momente, woraus jene
außerordentlich hohen Lebensalter sich erklären, zu erblicken. Dem
Glauben an eine göttlich-heilsgeschichtliche Führung und Bestimmung

1) Siehe seinen Brief an einen Begetarianer (K. H.) im "Ausland" 1879,
Nr. 23. Vgl. seine "Abstammung des Menschen" II, 348.

VIII. Die Langlebigkeit der Patriarchen.
irgendwelcher Analogiebeweiſe für die Thatſachen des Makrobierthums
der Urzeit bleiben würden. Vielleicht erbringt die zukünftige medi-
ciniſche Makrobiotik noch einmal wirklich ſolide Erklärungsgründe
für das uns beſchäftigende Phänomen, zu deſſen phyſiologiſcher Be-
greiflichmachung alles bisher Beigebrachte ſich als unzureichend
erwieſen hat. Auf jeden Fall behaupten nicht alle wiſſenſchaftlichen
Autoritäten der Gegenwart mit gleicher Schroffheit wie der Materialiſt
Moleſchott die abſolute Unverträglichkeit vegetarianiſcher Lebensweiſe
mit vollkommen geſundem und arbeitskräftigem Zuſtande des Menſchen.
Es iſt kein Geringerer als Charles Darwin, der, wie er ſchon früher
in Bezug auf die möglichen Leiſtungen der fortſchreitenden medi-
ciniſchen Wiſſenſchaft außerordentlich hohe Erwartungen ausdrückte,
ſo ſpeciell über die vegetarianiſche Frage jüngſt ſich dahin erklärte,
daß er dieſelbe noch für eine durchaus offene, durch genauere ſtati-
ſtiſche Unterſuchung bisher in keiner Weiſe genügend aufgehellte halte.1)
Zukünftige Forſchung kann möglicherweiſe hier noch lehrreiche Auf-
ſchlüſſe bringen. Vorläufig muß es dabei bleiben, daß das von der
phyſiologiſchen Wiſſenſchaft bisher verarbeitete empiriſche Material
zur Ausfüllung der weiten Kluft zwiſchen einſtiger und heutiger
Langlebigkeit der Menſchen wenig oder nichts beiträgt.

Nur die beiden letzten jener von Fürer angegebnen Erklärungs-
gründe erſcheinen nach dem Allem wahrhaft triftig und ſtichhaltig.
Einerſeits in der auf das Beſtimmteſte und Unzweideutigſte bibliſch
bezeugten perſönlichen Frömmigkeit der Patriarchen, ſowie
andrerſeits in der nicht minder vollſtändig den Vorausſetzungen des
bibliſchen Berichts entſprechenden unendlichen Einfachheit der
urzeitlichen ſocialen Verhältniſſe
hat man ohne Zweifel
die wichtigſten, ja die allein durchſchlagenden Momente, woraus jene
außerordentlich hohen Lebensalter ſich erklären, zu erblicken. Dem
Glauben an eine göttlich-heilsgeſchichtliche Führung und Beſtimmung

1) Siehe ſeinen Brief an einen Begetarianer (K. H.) im „Ausland‟ 1879,
Nr. 23. Vgl. ſeine „Abſtammung des Menſchen‟ II, 348.
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[284/0294] VIII. Die Langlebigkeit der Patriarchen. irgendwelcher Analogiebeweiſe für die Thatſachen des Makrobierthums der Urzeit bleiben würden. Vielleicht erbringt die zukünftige medi- ciniſche Makrobiotik noch einmal wirklich ſolide Erklärungsgründe für das uns beſchäftigende Phänomen, zu deſſen phyſiologiſcher Be- greiflichmachung alles bisher Beigebrachte ſich als unzureichend erwieſen hat. Auf jeden Fall behaupten nicht alle wiſſenſchaftlichen Autoritäten der Gegenwart mit gleicher Schroffheit wie der Materialiſt Moleſchott die abſolute Unverträglichkeit vegetarianiſcher Lebensweiſe mit vollkommen geſundem und arbeitskräftigem Zuſtande des Menſchen. Es iſt kein Geringerer als Charles Darwin, der, wie er ſchon früher in Bezug auf die möglichen Leiſtungen der fortſchreitenden medi- ciniſchen Wiſſenſchaft außerordentlich hohe Erwartungen ausdrückte, ſo ſpeciell über die vegetarianiſche Frage jüngſt ſich dahin erklärte, daß er dieſelbe noch für eine durchaus offene, durch genauere ſtati- ſtiſche Unterſuchung bisher in keiner Weiſe genügend aufgehellte halte. 1) Zukünftige Forſchung kann möglicherweiſe hier noch lehrreiche Auf- ſchlüſſe bringen. Vorläufig muß es dabei bleiben, daß das von der phyſiologiſchen Wiſſenſchaft bisher verarbeitete empiriſche Material zur Ausfüllung der weiten Kluft zwiſchen einſtiger und heutiger Langlebigkeit der Menſchen wenig oder nichts beiträgt. Nur die beiden letzten jener von Fürer angegebnen Erklärungs- gründe erſcheinen nach dem Allem wahrhaft triftig und ſtichhaltig. Einerſeits in der auf das Beſtimmteſte und Unzweideutigſte bibliſch bezeugten perſönlichen Frömmigkeit der Patriarchen, ſowie andrerſeits in der nicht minder vollſtändig den Vorausſetzungen des bibliſchen Berichts entſprechenden unendlichen Einfachheit der urzeitlichen ſocialen Verhältniſſe hat man ohne Zweifel die wichtigſten, ja die allein durchſchlagenden Momente, woraus jene außerordentlich hohen Lebensalter ſich erklären, zu erblicken. Dem Glauben an eine göttlich-heilsgeſchichtliche Führung und Beſtimmung 1) Siehe ſeinen Brief an einen Begetarianer (K. H.) im „Ausland‟ 1879, Nr. 23. Vgl. ſeine „Abſtammung des Menſchen‟ II, 348.

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Zitationshilfe: Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/294>, abgerufen am 22.11.2024.