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Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.

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1719.


Dafür die Himmel zittern,
Die durch ihr Schreck-Gethön,
Wie zähe Weitzen-Halmen,
Den Erden-Creiß zermalmen?
Geht oder kriecht zum Creutze,
Und küßt den grossen Sohn,
Daß ers Erbarmen reitze;
Sonst habt ihr euren Lohn
Mit den verjagten Fürsten,
Die nur nach Unglück dürsten.
Die GOtt-geweyhte Printzen,
Die in sich selber klein,
Vor dem die Augen blintzen,
Ders Haupt der Creutz-Gemein,
Und ihm zu Fusse liegen;
Die werden Gnade kriegen.
IV. Bey einer Doctor-Promotion.*
Jch haß' und meide die, so beym Studiren sich
Nicht zu dem höchsten Punct, zu GOtt, dem Geber, neigen,
Und ihre Kühnheit mehr, als wahre Tugend zeigen;
Wer aber GOtt verehrt, den lieb' und ehre ich.
Denn der kan, trotz der Welt, trotz allen die ihn hassen,
Zu seiner Förderung die schönste Hoffnung fassen.
Wer das Vergängliche nach seinem Werth verlacht,
Wer sich vom Staub erhebt, den Erden-Würmer kauen;
Der lernet Himmel an, auf solche Dinge schauen,
Die keine Zeit verzehrt; kein Alter schimmeln macht:
Wollt' ihn die arme Erd' auch noch so gerne schänden;
So steht sein Glück und Wohl allein in GOttes Händen.
Der ist der große HErr, der theilt die Aemter aus;
Wem der sie geben will, derselbe muß sie haben.
Den Schatz, wornach so viel offt nur vergeblich graben,
Schickt er den Seinigen zur Schlafens-Zeit ins Hauß.
Die diesen zum Patron und zum Befördrer wählen,
Der über alle herrscht, vermögen nicht zu fehlen.


Hier
* Jn Wittenberg.
A 3
1719.


Dafuͤr die Himmel zittern,
Die durch ihr Schreck-Gethoͤn,
Wie zaͤhe Weitzen-Halmen,
Den Erden-Creiß zermalmen?
Geht oder kriecht zum Creutze,
Und kuͤßt den groſſen Sohn,
Daß ers Erbarmen reitze;
Sonſt habt ihr euren Lohn
Mit den verjagten Fuͤrſten,
Die nur nach Ungluͤck duͤrſten.
Die GOtt-geweyhte Printzen,
Die in ſich ſelber klein,
Vor dem die Augen blintzen,
Ders Haupt der Creutz-Gemein,
Und ihm zu Fuſſe liegen;
Die werden Gnade kriegen.
IV. Bey einer Doctor-Promotion.*
Jch haß’ und meide die, ſo beym Studiren ſich
Nicht zu dem hoͤchſten Punct, zu GOtt, dem Geber, neigen,
Und ihre Kuͤhnheit mehr, als wahre Tugend zeigen;
Wer aber GOtt verehrt, den lieb’ und ehre ich.
Denn der kan, trotz der Welt, trotz allen die ihn haſſen,
Zu ſeiner Foͤrderung die ſchoͤnſte Hoffnung faſſen.
Wer das Vergaͤngliche nach ſeinem Werth verlacht,
Wer ſich vom Staub erhebt, den Erden-Wuͤrmer kauen;
Der lernet Himmel an, auf ſolche Dinge ſchauen,
Die keine Zeit verzehrt; kein Alter ſchimmeln macht:
Wollt’ ihn die arme Erd’ auch noch ſo gerne ſchaͤnden;
So ſteht ſein Gluͤck und Wohl allein in GOttes Haͤnden.
Der iſt der große HErr, der theilt die Aemter aus;
Wem der ſie geben will, derſelbe muß ſie haben.
Den Schatz, wornach ſo viel offt nur vergeblich graben,
Schickt er den Seinigen zur Schlafens-Zeit ins Hauß.
Die dieſen zum Patron und zum Befoͤrdrer waͤhlen,
Der uͤber alle herrſcht, vermoͤgen nicht zu fehlen.


Hier
* Jn Wittenberg.
A 3
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[5/0015] 1719. Dafuͤr die Himmel zittern, Die durch ihr Schreck-Gethoͤn, Wie zaͤhe Weitzen-Halmen, Den Erden-Creiß zermalmen? Geht oder kriecht zum Creutze, Und kuͤßt den groſſen Sohn, Daß ers Erbarmen reitze; Sonſt habt ihr euren Lohn Mit den verjagten Fuͤrſten, Die nur nach Ungluͤck duͤrſten. Die GOtt-geweyhte Printzen, Die in ſich ſelber klein, Vor dem die Augen blintzen, Ders Haupt der Creutz-Gemein, Und ihm zu Fuſſe liegen; Die werden Gnade kriegen. IV. Bey einer Doctor-Promotion. * Jch haß’ und meide die, ſo beym Studiren ſich Nicht zu dem hoͤchſten Punct, zu GOtt, dem Geber, neigen, Und ihre Kuͤhnheit mehr, als wahre Tugend zeigen; Wer aber GOtt verehrt, den lieb’ und ehre ich. Denn der kan, trotz der Welt, trotz allen die ihn haſſen, Zu ſeiner Foͤrderung die ſchoͤnſte Hoffnung faſſen. Wer das Vergaͤngliche nach ſeinem Werth verlacht, Wer ſich vom Staub erhebt, den Erden-Wuͤrmer kauen; Der lernet Himmel an, auf ſolche Dinge ſchauen, Die keine Zeit verzehrt; kein Alter ſchimmeln macht: Wollt’ ihn die arme Erd’ auch noch ſo gerne ſchaͤnden; So ſteht ſein Gluͤck und Wohl allein in GOttes Haͤnden. Der iſt der große HErr, der theilt die Aemter aus; Wem der ſie geben will, derſelbe muß ſie haben. Den Schatz, wornach ſo viel offt nur vergeblich graben, Schickt er den Seinigen zur Schlafens-Zeit ins Hauß. Die dieſen zum Patron und zum Befoͤrdrer waͤhlen, Der uͤber alle herrſcht, vermoͤgen nicht zu fehlen. Hier * Jn Wittenberg. A 3

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Zitationshilfe: Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/15>, abgerufen am 29.03.2024.