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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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zweites Buch.
Simeon endlich auch an: welcher bisher vor großem
zorne nicht reden können. Haben wir nicht dergleichen
beispiele schon in unserem Geschlechte? Ward Ismael
nicht auch ausgestoßen? Ist dem Esau/ unsers Va-
ters bruder/ nicht fast eben dasselbe widerfahren? Hat
unser Vater sich nicht gescheuet seinen leiblichen und
ältesten Bruder/ ja zugleich seinen Vater selbsten zu be-
trügen; so wird er es uns nicht besser machen. Hat er
nicht dem Esau den väterlichen seegen entwendet?
Hat er ihm nicht das recht der ersten gebuhrt entzogen?
Ja hat er nicht auch seinem Schwieger- und unsrem
Mütterlichen Groß-vater/ mit allerhand listigen rän-
ken/ das seinige so vorteilhaftig abgezwakt? Dis hat
dieser unser Vater/ als ein kind/ seinem Vater/ als ein
Bruder/ seinem Bruder/ als ein Schwiegersohn/ sei-
nem Schwiegervater getahn. Was meinet ihr wohl/
daß er mit uns/ seinen kindern/ nicht auch so spielen
werde?

Judah/ als auch Ruben/ und Sebulon hatten
sich bisher auf das euserste bemühet/ ihren Vater/ ja
selbst ihren Obergroßvater zu entschuldigen: indem sie
vorwendeten/ daß alles auf anstiftung der Weiber ge-
schehen; dessen man sich itzund nicht zu befahren/ weil
Josefs mutter todt sei. Aber als sie sahen/ daß sie ih-
rer Brüder neidische gemühter/ durch solche reden/ nur
noch mehr wider den unschuldigen Josef erbitterten;
so stelleten sie sich endlich/ als wan sie eben also gesonnen
weren. Wohlan dan! fing Ruben an/ weil ich sehe/
daß wohl etwas böses wider uns möchte vorgenommen
werden; so wollen wir mit unsern heerden was weiter
von Hebron wegtreiben. Ich weis/ daß bei Sichem/
in einem tahle/ eine sehr fette weide vorhanden. Da
wollen wir uns/ mit dem viehe/ eine zeit lang aufhal-
ten/ zu sehen/ was unser Vater mit seinem Josef im
schilde führet. Würde er sich dan unterstehen/ uns un-

ser
E

zweites Buch.
Simeon endlich auch an: welcher bisher vor großem
zorne nicht reden koͤnnen. Haben wir nicht dergleichen
beiſpiele ſchon in unſerem Geſchlechte? Ward Iſmael
nicht auch ausgeſtoßen? Iſt dem Eſau/ unſers Va-
ters bruder/ nicht faſt eben daſſelbe widerfahren? Hat
unſer Vater ſich nicht geſcheuet ſeinen leiblichen und
aͤlteſten Bruder/ ja zugleich ſeinen Vater ſelbſten zu be-
truͤgen; ſo wird er es uns nicht beſſer machen. Hat er
nicht dem Eſau den vaͤterlichen ſeegen entwendet?
Hat er ihm nicht das recht der erſten gebuhrt entzogen?
Ja hat er nicht auch ſeinem Schwieger- und unſrem
Muͤtterlichen Groß-vater/ mit allerhand liſtigen raͤn-
ken/ das ſeinige ſo vorteilhaftig abgezwakt? Dis hat
dieſer unſer Vater/ als ein kind/ ſeinem Vater/ als ein
Bruder/ ſeinem Bruder/ als ein Schwiegerſohn/ ſei-
nem Schwiegervater getahn. Was meinet ihr wohl/
daß er mit uns/ ſeinen kindern/ nicht auch ſo ſpielen
werde?

Judah/ als auch Ruben/ und Sebulon hatten
ſich bisher auf das euſerſte bemuͤhet/ ihren Vater/ ja
ſelbſt ihren Obergroßvater zu entſchuldigen: indem ſie
vorwendeten/ daß alles auf anſtiftung der Weiber ge-
ſchehen; deſſen man ſich itzund nicht zu befahren/ weil
Joſefs mutter todt ſei. Aber als ſie ſahen/ daß ſie ih-
rer Bruͤder neidiſche gemuͤhter/ durch ſolche reden/ nur
noch mehr wider den unſchuldigen Joſef erbitterten;
ſo ſtelleten ſie ſich endlich/ als wan ſie eben alſo geſonnen
weren. Wohlan dan! fing Ruben an/ weil ich ſehe/
daß wohl etwas boͤſes wider uns moͤchte vorgenommen
werden; ſo wollen wir mit unſern heerden was weiter
von Hebron wegtreiben. Ich weis/ daß bei Sichem/
in einem tahle/ eine ſehr fette weide vorhanden. Da
wollen wir uns/ mit dem viehe/ eine zeit lang aufhal-
ten/ zu ſehen/ was unſer Vater mit ſeinem Joſef im
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[65/0089] zweites Buch. Simeon endlich auch an: welcher bisher vor großem zorne nicht reden koͤnnen. Haben wir nicht dergleichen beiſpiele ſchon in unſerem Geſchlechte? Ward Iſmael nicht auch ausgeſtoßen? Iſt dem Eſau/ unſers Va- ters bruder/ nicht faſt eben daſſelbe widerfahren? Hat unſer Vater ſich nicht geſcheuet ſeinen leiblichen und aͤlteſten Bruder/ ja zugleich ſeinen Vater ſelbſten zu be- truͤgen; ſo wird er es uns nicht beſſer machen. Hat er nicht dem Eſau den vaͤterlichen ſeegen entwendet? Hat er ihm nicht das recht der erſten gebuhrt entzogen? Ja hat er nicht auch ſeinem Schwieger- und unſrem Muͤtterlichen Groß-vater/ mit allerhand liſtigen raͤn- ken/ das ſeinige ſo vorteilhaftig abgezwakt? Dis hat dieſer unſer Vater/ als ein kind/ ſeinem Vater/ als ein Bruder/ ſeinem Bruder/ als ein Schwiegerſohn/ ſei- nem Schwiegervater getahn. Was meinet ihr wohl/ daß er mit uns/ ſeinen kindern/ nicht auch ſo ſpielen werde? Judah/ als auch Ruben/ und Sebulon hatten ſich bisher auf das euſerſte bemuͤhet/ ihren Vater/ ja ſelbſt ihren Obergroßvater zu entſchuldigen: indem ſie vorwendeten/ daß alles auf anſtiftung der Weiber ge- ſchehen; deſſen man ſich itzund nicht zu befahren/ weil Joſefs mutter todt ſei. Aber als ſie ſahen/ daß ſie ih- rer Bruͤder neidiſche gemuͤhter/ durch ſolche reden/ nur noch mehr wider den unſchuldigen Joſef erbitterten; ſo ſtelleten ſie ſich endlich/ als wan ſie eben alſo geſonnen weren. Wohlan dan! fing Ruben an/ weil ich ſehe/ daß wohl etwas boͤſes wider uns moͤchte vorgenommen werden; ſo wollen wir mit unſern heerden was weiter von Hebron wegtreiben. Ich weis/ daß bei Sichem/ in einem tahle/ eine ſehr fette weide vorhanden. Da wollen wir uns/ mit dem viehe/ eine zeit lang aufhal- ten/ zu ſehen/ was unſer Vater mit ſeinem Joſef im ſchilde fuͤhret. Wuͤrde er ſich dan unterſtehen/ uns un- ſer E

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/89>, abgerufen am 28.11.2024.