Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Assenat
sing die Jungfrau an/ die Götter haben es also geschikt/
daß ich eben itzund diesen nahmen nennen müssen. Dan
hette ich ihn morgen genennet; so were es schon üm-
sonst/ und alzulange geharret gewesen.

Mitlerweile daß sie also redeten/ gelangte der Ebrei-
sche neukömling an. Die Fürstin fragte ihn straks/ wo
er herkähme? Er gab zur antwort: von Hebron aus
Kanaan: da hette er sich bei den Söhnen Ja-
kobs
aufgehalten/ und ihnen ihr vieh weiden helfen.
Weil ihn aber sein Herr/ einer lüderlichen ursache we-
gen/ geschlagen/ sei er weggelauffen/ und habe sich zu des
Kochs bruder vermietet/ der ihn mit in Nubien neh-
men wolte. Was hat es doch unter den Ebreern zu He-
bron/
fragte die Fürstin ferner/ vor fürnehme Leute?
Jakob ist der allerfürnehmste/ antwortete der Jüng-
ling/ und ein sehr mächtiger und gewaltiger Herr. Er
ist aus einem uhralten und großem geschlechte entspros-
sen: und sein Vater Isaak/ und Großvater Abraham
seind gleichesfals sehr mächtige Leute/ und in großem
ansehen bei allen nächstümliegenden Völkern gewesen.
Hastu nicht zu Hebron/ fuhr die Fürstin mit fragen
fort/ einen sehr schönen Ebreischen Jüngling gekennet/
welcher Josef heisset; den die Ismaeler seinem Va-
ter/ wie man sagt/ sollen gestohlen haben? Es hat sich
wohl gestohlen/ fing der Ebreer hierauf an: seine Brü-
der/ die erst im sinne hatten ihn zu ermorden/ haben ihn
den Ismaelern vor zwanzig silberlinge verkauft.

Die Fürstin ward froh/ als sie schon so viel berichts
vom Josef eingezogen. Darüm forschete sie immer
weiter und weiter nach. Wie heisset dan sein Vater?
hielt sie mit fragen an. Sein Vater/ gab der Jüngling
zum bescheide/ ist eben derselbige Jakob/ dessen ich
itzund meldung ge[t]ahn. Hierauf befahl sie dem Ebreer
zu erzehlen/ wan/ wie/ und warüm Josef sei verkauft
worden. Der Jüngling gab zur antwort: wan es der

König-

Der Aſſenat
ſing die Jungfrau an/ die Goͤtter haben es alſo geſchikt/
daß ich eben itzund dieſen nahmen nennen muͤſſen. Dan
hette ich ihn morgen genennet; ſo were es ſchon uͤm-
ſonſt/ und alzulange geharret geweſen.

Mitlerweile daß ſie alſo redeten/ gelangte der Ebrei-
ſche neukoͤmling an. Die Fuͤrſtin fragte ihn ſtraks/ wo
er herkaͤhme? Er gab zur antwort: von Hebron aus
Kanaan: da hette er ſich bei den Soͤhnen Ja-
kobs
aufgehalten/ und ihnen ihr vieh weiden helfen.
Weil ihn aber ſein Herꝛ/ einer luͤderlichen urſache we-
gen/ geſchlagen/ ſei er weggelauffen/ und habe ſich zu des
Kochs bruder vermietet/ der ihn mit in Nubien neh-
men wolte. Was hat es doch unter den Ebreern zu He-
bron/
fragte die Fuͤrſtin ferner/ vor fuͤrnehme Leute?
Jakob iſt der allerfuͤrnehmſte/ antwortete der Juͤng-
ling/ und ein ſehr maͤchtiger und gewaltiger Herꝛ. Er
iſt aus einem uhralten und großem geſchlechte entſproſ-
ſen: und ſein Vater Iſaak/ und Großvater Abraham
ſeind gleichesfals ſehr maͤchtige Leute/ und in großem
anſehen bei allen naͤchſtuͤmliegenden Voͤlkern geweſen.
Haſtu nicht zu Hebron/ fuhr die Fuͤrſtin mit fragen
fort/ einen ſehr ſchoͤnen Ebreiſchen Juͤngling gekennet/
welcher Joſef heiſſet; den die Ismaeler ſeinem Va-
ter/ wie man ſagt/ ſollen geſtohlen haben? Es hat ſich
wohl geſtohlen/ fing der Ebreer hierauf an: ſeine Bruͤ-
der/ die erſt im ſinne hatten ihn zu ermorden/ haben ihn
den Iſmaelern vor zwanzig ſilberlinge verkauft.

Die Fuͤrſtin ward froh/ als ſie ſchon ſo viel berichts
vom Joſef eingezogen. Daruͤm forſchete ſie immer
weiter und weiter nach. Wie heiſſet dan ſein Vater?
hielt ſie mit fragen an. Sein Vater/ gab der Juͤngling
zum beſcheide/ iſt eben derſelbige Jakob/ deſſen ich
itzund meldung ge[t]ahn. Hierauf befahl ſie dem Ebreer
zu erzehlen/ wan/ wie/ und waruͤm Joſef ſei verkauft
worden. Der Juͤngling gab zur antwort: wan es der

Koͤnig-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0078" n="54"/><fw place="top" type="header">Der A&#x017F;&#x017F;enat</fw><lb/>
&#x017F;ing die Jungfrau an/ die Go&#x0364;tter haben es al&#x017F;o ge&#x017F;chikt/<lb/>
daß ich eben itzund die&#x017F;en nahmen nennen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Dan<lb/>
hette ich ihn morgen genennet; &#x017F;o were es &#x017F;chon u&#x0364;m-<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t/ und alzulange geharret gewe&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Mitlerweile daß &#x017F;ie al&#x017F;o redeten/ gelangte der Ebrei-<lb/>
&#x017F;che neuko&#x0364;mling an. Die Fu&#x0364;r&#x017F;tin fragte ihn &#x017F;traks/ wo<lb/>
er herka&#x0364;hme? Er gab zur antwort: von <hi rendition="#fr">Hebron</hi> aus<lb/><hi rendition="#fr">Kanaan:</hi> da hette er &#x017F;ich bei den So&#x0364;hnen <hi rendition="#fr">Ja-<lb/>
kobs</hi> aufgehalten/ und ihnen ihr vieh weiden helfen.<lb/>
Weil ihn aber &#x017F;ein Her&#xA75B;/ einer lu&#x0364;derlichen ur&#x017F;ache we-<lb/>
gen/ ge&#x017F;chlagen/ &#x017F;ei er weggelauffen/ und habe &#x017F;ich zu des<lb/>
Kochs bruder vermietet/ der ihn mit in <hi rendition="#fr">Nubien</hi> neh-<lb/>
men wolte. Was hat es doch unter den Ebreern zu <hi rendition="#fr">He-<lb/>
bron/</hi> fragte die Fu&#x0364;r&#x017F;tin ferner/ vor fu&#x0364;rnehme Leute?<lb/><hi rendition="#fr">Jakob</hi> i&#x017F;t der allerfu&#x0364;rnehm&#x017F;te/ antwortete der Ju&#x0364;ng-<lb/>
ling/ und ein &#x017F;ehr ma&#x0364;chtiger und gewaltiger Her&#xA75B;. Er<lb/>
i&#x017F;t aus einem uhralten und großem ge&#x017F;chlechte ent&#x017F;pro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en: und &#x017F;ein Vater <hi rendition="#fr">I&#x017F;aak/</hi> und Großvater <hi rendition="#fr">Abraham</hi><lb/>
&#x017F;eind gleichesfals &#x017F;ehr ma&#x0364;chtige Leute/ und in großem<lb/>
an&#x017F;ehen bei allen na&#x0364;ch&#x017F;tu&#x0364;mliegenden Vo&#x0364;lkern gewe&#x017F;en.<lb/>
Ha&#x017F;tu nicht zu <hi rendition="#fr">Hebron/</hi> fuhr die Fu&#x0364;r&#x017F;tin mit fragen<lb/>
fort/ einen &#x017F;ehr &#x017F;cho&#x0364;nen Ebrei&#x017F;chen Ju&#x0364;ngling gekennet/<lb/>
welcher <hi rendition="#fr">Jo&#x017F;ef</hi> hei&#x017F;&#x017F;et; den die <hi rendition="#fr">Ismaeler</hi> &#x017F;einem Va-<lb/>
ter/ wie man &#x017F;agt/ &#x017F;ollen ge&#x017F;tohlen haben? Es hat &#x017F;ich<lb/>
wohl ge&#x017F;tohlen/ fing der Ebreer hierauf an: &#x017F;eine Bru&#x0364;-<lb/>
der/ die er&#x017F;t im &#x017F;inne hatten ihn zu ermorden/ haben ihn<lb/>
den I&#x017F;maelern vor zwanzig &#x017F;ilberlinge verkauft.</p><lb/>
        <p>Die Fu&#x0364;r&#x017F;tin ward froh/ als &#x017F;ie &#x017F;chon &#x017F;o viel berichts<lb/>
vom <hi rendition="#fr">Jo&#x017F;ef</hi> eingezogen. Daru&#x0364;m for&#x017F;chete &#x017F;ie immer<lb/>
weiter und weiter nach. Wie hei&#x017F;&#x017F;et dan &#x017F;ein Vater?<lb/>
hielt &#x017F;ie mit fragen an. Sein Vater/ gab der Ju&#x0364;ngling<lb/>
zum be&#x017F;cheide/ i&#x017F;t eben der&#x017F;elbige <hi rendition="#fr">Jakob/</hi> de&#x017F;&#x017F;en ich<lb/>
itzund meldung ge<supplied>t</supplied>ahn. Hierauf befahl &#x017F;ie dem Ebreer<lb/>
zu erzehlen/ wan/ wie/ und waru&#x0364;m <hi rendition="#fr">Jo&#x017F;ef</hi> &#x017F;ei verkauft<lb/>
worden. Der Ju&#x0364;ngling gab zur antwort: wan es der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ko&#x0364;nig-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[54/0078] Der Aſſenat ſing die Jungfrau an/ die Goͤtter haben es alſo geſchikt/ daß ich eben itzund dieſen nahmen nennen muͤſſen. Dan hette ich ihn morgen genennet; ſo were es ſchon uͤm- ſonſt/ und alzulange geharret geweſen. Mitlerweile daß ſie alſo redeten/ gelangte der Ebrei- ſche neukoͤmling an. Die Fuͤrſtin fragte ihn ſtraks/ wo er herkaͤhme? Er gab zur antwort: von Hebron aus Kanaan: da hette er ſich bei den Soͤhnen Ja- kobs aufgehalten/ und ihnen ihr vieh weiden helfen. Weil ihn aber ſein Herꝛ/ einer luͤderlichen urſache we- gen/ geſchlagen/ ſei er weggelauffen/ und habe ſich zu des Kochs bruder vermietet/ der ihn mit in Nubien neh- men wolte. Was hat es doch unter den Ebreern zu He- bron/ fragte die Fuͤrſtin ferner/ vor fuͤrnehme Leute? Jakob iſt der allerfuͤrnehmſte/ antwortete der Juͤng- ling/ und ein ſehr maͤchtiger und gewaltiger Herꝛ. Er iſt aus einem uhralten und großem geſchlechte entſproſ- ſen: und ſein Vater Iſaak/ und Großvater Abraham ſeind gleichesfals ſehr maͤchtige Leute/ und in großem anſehen bei allen naͤchſtuͤmliegenden Voͤlkern geweſen. Haſtu nicht zu Hebron/ fuhr die Fuͤrſtin mit fragen fort/ einen ſehr ſchoͤnen Ebreiſchen Juͤngling gekennet/ welcher Joſef heiſſet; den die Ismaeler ſeinem Va- ter/ wie man ſagt/ ſollen geſtohlen haben? Es hat ſich wohl geſtohlen/ fing der Ebreer hierauf an: ſeine Bruͤ- der/ die erſt im ſinne hatten ihn zu ermorden/ haben ihn den Iſmaelern vor zwanzig ſilberlinge verkauft. Die Fuͤrſtin ward froh/ als ſie ſchon ſo viel berichts vom Joſef eingezogen. Daruͤm forſchete ſie immer weiter und weiter nach. Wie heiſſet dan ſein Vater? hielt ſie mit fragen an. Sein Vater/ gab der Juͤngling zum beſcheide/ iſt eben derſelbige Jakob/ deſſen ich itzund meldung getahn. Hierauf befahl ſie dem Ebreer zu erzehlen/ wan/ wie/ und waruͤm Joſef ſei verkauft worden. Der Juͤngling gab zur antwort: wan es der Koͤnig-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/78
Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/78>, abgerufen am 09.05.2024.