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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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erstes Buch.
den. Und diese freiheit wird ihr der fremde Herr/ durch
seine große weisheit/ durch seine väterliche vorsorge vor
das gantze Volk/ zu wege bringen. Willig werden ihm
alle Völker zu fuße fallen. Willig werden sie alle ihre
freiheit seiner macht übergeben. Ja die Fürsten selbsten
werden sich ihm unterwerfen. Ihm werden die Gewal-
tigsten des Reichs dienen. Auch nur seinem winke wer-
den sie gehorchen. Kein einiger wird ihm widerspre-
chen. Nicht einer wird sich ihm widersetzen/ auch nicht
einmahl muksen dürfen. Ja was noch mehr ist/ ohne
seinen willen wird sich niemand im gantzen Egipten un-
terstehen dürfen auch nur seinen fuß zu bewegen. So
groß/ so mächtig/ und so fürtreflich wird seine herlig-
keit sein.

Mit großer verwunderung hörete die Jungfrau alle
diese reden an. Ein iedes wörtlein schien ihr die Fürst in
Assenat zur mächtigsten Königin zu machen. Wer war
froher/ als sie? Wer war zufriedener/ als sie? Wer war
vergnügter/ als sie? Ihre geschöpfte hofnung hatte sie
nicht betrogen. Mehr guhtes hatte sie gehöret/ als sie
gehoffet. Sie sahe den Josef mit freundlichen augen
an. Mit den allerliebseeligsten blikken winkte sie nach
ihm zu. Vielmahls öfnete sie den mund/ ihm/ der Für-
stin wegen/ zu danken. Aber ihre große freude zog diese
dankworte immer zurükke. Ihre übermäßige verwun-
derung drükte die lippen straks wieder zu. Und also saß
sie eine guhte weile/ in solcher freudigen gemühtsbewe-
gung/ gleich als stum. Ach! sprach sie in ihrem hertzen/
welcher guhte Gott hat diesen guhten Engel zu uns ge-
schikt/ uns eine so fröhliche bohtschaft zu verkündigen?
Wir haben gestern den Josef vor einen Engel ange-
sehen. Nun befinde ich in der taht/ daß er warhaftig
ein Engel ist. Egipten mus ihn ehren. Egipten mus
ihn anbähten. Egipten mus ihm danken/ vor eine so
angenehme zeitung/ die er bringet. Was sol aber As-

senat

erſtes Buch.
den. Und dieſe freiheit wird ihr der fremde Herꝛ/ durch
ſeine große weisheit/ durch ſeine vaͤterliche vorſorge vor
das gantze Volk/ zu wege bringen. Willig werden ihm
alle Voͤlker zu fuße fallen. Willig werden ſie alle ihre
freiheit ſeiner macht uͤbergeben. Ja die Fuͤrſten ſelbſten
werden ſich ihm unterwerfen. Ihm werden die Gewal-
tigſten des Reichs dienen. Auch nur ſeinem winke wer-
den ſie gehorchen. Kein einiger wird ihm widerſpre-
chen. Nicht einer wird ſich ihm widerſetzen/ auch nicht
einmahl mukſen duͤrfen. Ja was noch mehr iſt/ ohne
ſeinen willen wird ſich niemand im gantzen Egipten un-
terſtehen duͤrfen auch nur ſeinen fuß zu bewegen. So
groß/ ſo maͤchtig/ und ſo fuͤrtreflich wird ſeine herlig-
keit ſein.

Mit großer verwunderung hoͤrete die Jungfrau alle
dieſe reden an. Ein iedes woͤrtlein ſchien ihr die Fuͤrſt in
Aſſenat zur maͤchtigſten Koͤnigin zu machen. Wer war
froher/ als ſie? Wer war zufriedener/ als ſie? Wer war
vergnuͤgter/ als ſie? Ihre geſchoͤpfte hofnung hatte ſie
nicht betrogen. Mehr guhtes hatte ſie gehoͤret/ als ſie
gehoffet. Sie ſahe den Joſef mit freundlichen augen
an. Mit den allerliebſeeligſten blikken winkte ſie nach
ihm zu. Vielmahls oͤfnete ſie den mund/ ihm/ der Fuͤr-
ſtin wegen/ zu danken. Aber ihre große freude zog dieſe
dankworte immer zuruͤkke. Ihre uͤbermaͤßige verwun-
derung druͤkte die lippen ſtraks wieder zu. Und alſo ſaß
ſie eine guhte weile/ in ſolcher freudigen gemuͤhtsbewe-
gung/ gleich als ſtum. Ach! ſprach ſie in ihrem hertzen/
welcher guhte Gott hat dieſen guhten Engel zu uns ge-
ſchikt/ uns eine ſo froͤhliche bohtſchaft zu verkuͤndigen?
Wir haben geſtern den Joſef vor einen Engel ange-
ſehen. Nun befinde ich in der taht/ daß er warhaftig
ein Engel iſt. Egipten mus ihn ehren. Egipten mus
ihn anbaͤhten. Egipten mus ihm danken/ vor eine ſo
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[43/0067] erſtes Buch. den. Und dieſe freiheit wird ihr der fremde Herꝛ/ durch ſeine große weisheit/ durch ſeine vaͤterliche vorſorge vor das gantze Volk/ zu wege bringen. Willig werden ihm alle Voͤlker zu fuße fallen. Willig werden ſie alle ihre freiheit ſeiner macht uͤbergeben. Ja die Fuͤrſten ſelbſten werden ſich ihm unterwerfen. Ihm werden die Gewal- tigſten des Reichs dienen. Auch nur ſeinem winke wer- den ſie gehorchen. Kein einiger wird ihm widerſpre- chen. Nicht einer wird ſich ihm widerſetzen/ auch nicht einmahl mukſen duͤrfen. Ja was noch mehr iſt/ ohne ſeinen willen wird ſich niemand im gantzen Egipten un- terſtehen duͤrfen auch nur ſeinen fuß zu bewegen. So groß/ ſo maͤchtig/ und ſo fuͤrtreflich wird ſeine herlig- keit ſein. Mit großer verwunderung hoͤrete die Jungfrau alle dieſe reden an. Ein iedes woͤrtlein ſchien ihr die Fuͤrſt in Aſſenat zur maͤchtigſten Koͤnigin zu machen. Wer war froher/ als ſie? Wer war zufriedener/ als ſie? Wer war vergnuͤgter/ als ſie? Ihre geſchoͤpfte hofnung hatte ſie nicht betrogen. Mehr guhtes hatte ſie gehoͤret/ als ſie gehoffet. Sie ſahe den Joſef mit freundlichen augen an. Mit den allerliebſeeligſten blikken winkte ſie nach ihm zu. Vielmahls oͤfnete ſie den mund/ ihm/ der Fuͤr- ſtin wegen/ zu danken. Aber ihre große freude zog dieſe dankworte immer zuruͤkke. Ihre uͤbermaͤßige verwun- derung druͤkte die lippen ſtraks wieder zu. Und alſo ſaß ſie eine guhte weile/ in ſolcher freudigen gemuͤhtsbewe- gung/ gleich als ſtum. Ach! ſprach ſie in ihrem hertzen/ welcher guhte Gott hat dieſen guhten Engel zu uns ge- ſchikt/ uns eine ſo froͤhliche bohtſchaft zu verkuͤndigen? Wir haben geſtern den Joſef vor einen Engel ange- ſehen. Nun befinde ich in der taht/ daß er warhaftig ein Engel iſt. Egipten mus ihn ehren. Egipten mus ihn anbaͤhten. Egipten mus ihm danken/ vor eine ſo angenehme zeitung/ die er bringet. Was ſol aber Aſ- ſenat

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/67>, abgerufen am 08.05.2024.