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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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Der Assenat

Nitokris wündschte wohl tausendmahl/ daß As-
senat
an unserem hofe/ und in ihrem zimmer wohnen
möchte. Und Assenat wündschte/ daß Nitokris auf
der Sonnenburg bleiben müste. Aber alle diese wünd-
sche waren vergebens. Es muste doch endlich geschieden
sein. Wir musten wieder nach Memfis: und As-
senat
muste zu Heliopel bleiben. So hatte es das un-
ümgängliche verhängnüs der Götter versehen. So wol-
te es Nefrem/ und Potifar haben. Jener schrieb al-
le tage/ daß wir wieder nach hofe kommen solten: dan
er konte kaum einen tag ohne die Königliche Fürstin
leben/ so hertzlich lieb war ihm seine Tochter. Dieser
hatte ein unveränderliches gelübde getahn/ daß Asse-
nat
nicht eher von der Sonnenburg kommen solte/
als bis es den Göttern selbst beliebte/ sie/ durch den
Fremdling/ in dessen armen sie liegen solte/ von dannen
abhohlen zu laßen. Und darüm durfte sie nicht von
dannen. Sie muste bleiben/ wohin sie ihr Herr Vater
gleichsam verschlossen.

Alhier bei diesen letzten worten/ erkühnete sich Josef/
der Hofjungfrau in die rede zu fallen. Aber/ fragte er/
was vor eine deutung schlos Potifar aus dem andern
teile des Göttlichen Ausspruches? Davon hat die
Jungfrau noch keine meldung getahn. Ich zweifele
nicht/ Potifar/ der in der Egiptischen so wohl göttli-
chen/ als weltlichen weisheit/ wie sie vorhin selbst sagte/
erfahren ist/ werde desselben auslegung auch eben so
nahe/ als des ersten/ getroffen haben. Und was ihm
darinnen gemangelt/ hat vielleicht der Ertzbischof selb-
sten/ als ein alter/ in dergleichen dingen lange geübter
und hocherfahrner Herr/ ohne sonderliche mühe/ die
wahrheit errahten können.

Auf diese reden gab die Hofjungfrau zur antwort:
sie hette von ihrem gnädigsten Fräulein gehöret/ daß so
wohl der Ertzbischof/ als Fürst Potifar selbsten/ die

letz-
Der Aſſenat

Nitokris wuͤndſchte wohl tauſendmahl/ daß Aſ-
ſenat
an unſerem hofe/ und in ihrem zimmer wohnen
moͤchte. Und Aſſenat wuͤndſchte/ daß Nitokris auf
der Sonnenburg bleiben muͤſte. Aber alle dieſe wuͤnd-
ſche waren vergebens. Es muſte doch endlich geſchieden
ſein. Wir muſten wieder nach Memfis: und Aſ-
ſenat
muſte zu Heliopel bleiben. So hatte es das un-
uͤmgaͤngliche verhaͤngnuͤs der Goͤtter verſehen. So wol-
te es Nefrem/ und Potifar haben. Jener ſchrieb al-
le tage/ daß wir wieder nach hofe kommen ſolten: dan
er konte kaum einen tag ohne die Koͤnigliche Fuͤrſtin
leben/ ſo hertzlich lieb war ihm ſeine Tochter. Dieſer
hatte ein unveraͤnderliches geluͤbde getahn/ daß Aſſe-
nat
nicht eher von der Sonnenburg kommen ſolte/
als bis es den Goͤttern ſelbſt beliebte/ ſie/ durch den
Fremdling/ in deſſen armen ſie liegen ſolte/ von dannen
abhohlen zu laßen. Und daruͤm durfte ſie nicht von
dannen. Sie muſte bleiben/ wohin ſie ihr Herꝛ Vater
gleichſam verſchloſſen.

Alhier bei dieſen letzten worten/ erkuͤhnete ſich Joſef/
der Hofjungfrau in die rede zu fallen. Aber/ fragte er/
was vor eine deutung ſchlos Potifar aus dem andern
teile des Goͤttlichen Ausſpruches? Davon hat die
Jungfrau noch keine meldung getahn. Ich zweifele
nicht/ Potifar/ der in der Egiptiſchen ſo wohl goͤttli-
chen/ als weltlichen weisheit/ wie ſie vorhin ſelbſt ſagte/
erfahren iſt/ werde deſſelben auslegung auch eben ſo
nahe/ als des erſten/ getroffen haben. Und was ihm
darinnen gemangelt/ hat vielleicht der Ertzbiſchof ſelb-
ſten/ als ein alter/ in dergleichen dingen lange geuͤbter
und hocherfahrner Herꝛ/ ohne ſonderliche muͤhe/ die
wahrheit errahten koͤnnen.

Auf dieſe reden gab die Hofjungfrau zur antwort:
ſie hette von ihrem gnaͤdigſten Fraͤulein gehoͤret/ daß ſo
wohl der Ertzbiſchof/ als Fuͤrſt Potifar ſelbſten/ die

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[32/0056] Der Aſſenat Nitokris wuͤndſchte wohl tauſendmahl/ daß Aſ- ſenat an unſerem hofe/ und in ihrem zimmer wohnen moͤchte. Und Aſſenat wuͤndſchte/ daß Nitokris auf der Sonnenburg bleiben muͤſte. Aber alle dieſe wuͤnd- ſche waren vergebens. Es muſte doch endlich geſchieden ſein. Wir muſten wieder nach Memfis: und Aſ- ſenat muſte zu Heliopel bleiben. So hatte es das un- uͤmgaͤngliche verhaͤngnuͤs der Goͤtter verſehen. So wol- te es Nefrem/ und Potifar haben. Jener ſchrieb al- le tage/ daß wir wieder nach hofe kommen ſolten: dan er konte kaum einen tag ohne die Koͤnigliche Fuͤrſtin leben/ ſo hertzlich lieb war ihm ſeine Tochter. Dieſer hatte ein unveraͤnderliches geluͤbde getahn/ daß Aſſe- nat nicht eher von der Sonnenburg kommen ſolte/ als bis es den Goͤttern ſelbſt beliebte/ ſie/ durch den Fremdling/ in deſſen armen ſie liegen ſolte/ von dannen abhohlen zu laßen. Und daruͤm durfte ſie nicht von dannen. Sie muſte bleiben/ wohin ſie ihr Herꝛ Vater gleichſam verſchloſſen. Alhier bei dieſen letzten worten/ erkuͤhnete ſich Joſef/ der Hofjungfrau in die rede zu fallen. Aber/ fragte er/ was vor eine deutung ſchlos Potifar aus dem andern teile des Goͤttlichen Ausſpruches? Davon hat die Jungfrau noch keine meldung getahn. Ich zweifele nicht/ Potifar/ der in der Egiptiſchen ſo wohl goͤttli- chen/ als weltlichen weisheit/ wie ſie vorhin ſelbſt ſagte/ erfahren iſt/ werde deſſelben auslegung auch eben ſo nahe/ als des erſten/ getroffen haben. Und was ihm darinnen gemangelt/ hat vielleicht der Ertzbiſchof ſelb- ſten/ als ein alter/ in dergleichen dingen lange geuͤbter und hocherfahrner Herꝛ/ ohne ſonderliche muͤhe/ die wahrheit errahten koͤnnen. Auf dieſe reden gab die Hofjungfrau zur antwort: ſie hette von ihrem gnaͤdigſten Fraͤulein gehoͤret/ daß ſo wohl der Ertzbiſchof/ als Fuͤrſt Potifar ſelbſten/ die letz-

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/56>, abgerufen am 29.11.2024.