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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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Der Assenat
Jerusalem: und die Sonne/ samt dem Mohne/
stille stehen. Auch hörete er seinen Großvater Isaak
zu seinen Brüdern sagen: lauft hin/ einieder nach sei-
nem vermögen: dan die Sonne und der Mohn kön-
nen ergriffen werden. Darauf lieffen sie alle zugleich so
stark/ als sie konten/ darnachzu. Levi ergrif die Son-
ne; Judah
aber den Mohn: und sie warden beide/
mit den Lichtern/ aufgehoben. Hierauf gab ein Jüng-
ling dem Levi/ der gleich als die Sonne gläntzete/
zwölf Palmenzweige. Judah aber/ der wie der
Mohn blinkte: hatte zwölf strahlen unter seinen
füßen. Beide ergriffen und hielten einander. Darnach
sahe er einen Stier mit großen hörnern/ und Adlers-
flügeln
auf dem rükken. Dieser stund über dem Erd-
bodem. Und sie wolten ihn ergreiffen: aber Josef kahm
ihnen zuvor/ und fing ihn; auch ward er/ mit ihm/ in
die höhe gehoben. Endlich sahe er eine heilige schrift/
welche also lautete: die Assirer/ Meder/ Elami-
ter/ Galater/ Kaldeer/ und Sirer sollen/ durch
gefängnüsse/ den Reichsstab besitzen.

Sieben mohnde darnach hatte er abermahl einen
Traum. Er sahe seinen Vater Jakob/ mit allen sei-
nen Söhnen/ in der Jammischen see stehen. Und
ein Schif/ mit getruknetem Fleische beladen/ kahm/
ohne schiffer und steuerman/ mit vollem lauffe gesegelt.
Auf diesem schiffe stund geschrieben: dis ist Jakobs
schif.
Und Jakob sagte zu seinen Söhnen: laßt uns
in unser schif gehen. Aber sobald sie in das schif geträh-
ten waren/ da erhub sich ein großes unwetter/ und der
wind stürmete dermaßen/ daß alles erkrachte. Hierauf
ging Jakob von ihnen/ nach dem ruder zu. Der sturm
schlug sie von einer seite zur andern/ und trieb sie see-
wärtsein. Das schif ward bald hier/ bald dort gegen
den grund angeschmissen; und bekahm so große spalten/
daß es vol wassers lief. In dieser gefahr flohe Josef in

das

Der Aſſenat
Jeruſalem: und die Sonne/ ſamt dem Mohne/
ſtille ſtehen. Auch hoͤrete er ſeinen Großvater Iſaak
zu ſeinen Bruͤdern ſagen: lauft hin/ einieder nach ſei-
nem vermoͤgen: dan die Sonne und der Mohn koͤn-
nen ergriffen werden. Darauf lieffen ſie alle zugleich ſo
ſtark/ als ſie konten/ darnachzu. Levi ergrif die Son-
ne; Judah
aber den Mohn: und ſie warden beide/
mit den Lichtern/ aufgehoben. Hierauf gab ein Juͤng-
ling dem Levi/ der gleich als die Sonne glaͤntzete/
zwoͤlf Palmenzweige. Judah aber/ der wie der
Mohn blinkte: hatte zwoͤlf ſtrahlen unter ſeinen
fuͤßen. Beide ergriffen und hielten einander. Darnach
ſahe er einen Stier mit großen hoͤrnern/ und Adlers-
fluͤgeln
auf dem ruͤkken. Dieſer ſtund uͤber dem Erd-
bodem. Und ſie wolten ihn ergreiffen: aber Joſef kahm
ihnen zuvor/ und fing ihn; auch ward er/ mit ihm/ in
die hoͤhe gehoben. Endlich ſahe er eine heilige ſchrift/
welche alſo lautete: die Aſſirer/ Meder/ Elami-
ter/ Galater/ Kaldeer/ und Sirer ſollen/ durch
gefaͤngnuͤſſe/ den Reichsſtab beſitzen.

Sieben mohnde darnach hatte er abermahl einen
Traum. Er ſahe ſeinen Vater Jakob/ mit allen ſei-
nen Soͤhnen/ in der Jammiſchen ſee ſtehen. Und
ein Schif/ mit getruknetem Fleiſche beladen/ kahm/
ohne ſchiffer und ſteuerman/ mit vollem lauffe geſegelt.
Auf dieſem ſchiffe ſtund geſchrieben: dis iſt Jakobs
ſchif.
Und Jakob ſagte zu ſeinen Soͤhnen: laßt uns
in unſer ſchif gehen. Aber ſobald ſie in das ſchif getraͤh-
ten waren/ da erhub ſich ein großes unwetter/ und der
wind ſtuͤrmete dermaßen/ daß alles erkrachte. Hierauf
ging Jakob von ihnen/ nach dem ruder zu. Der ſturm
ſchlug ſie von einer ſeite zur andern/ und trieb ſie ſee-
waͤrtsein. Das ſchif ward bald hier/ bald dort gegen
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daß es vol waſſers lief. In dieſer gefahr flohe Joſef in

das
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[330/0354] Der Aſſenat Jeruſalem: und die Sonne/ ſamt dem Mohne/ ſtille ſtehen. Auch hoͤrete er ſeinen Großvater Iſaak zu ſeinen Bruͤdern ſagen: lauft hin/ einieder nach ſei- nem vermoͤgen: dan die Sonne und der Mohn koͤn- nen ergriffen werden. Darauf lieffen ſie alle zugleich ſo ſtark/ als ſie konten/ darnachzu. Levi ergrif die Son- ne; Judah aber den Mohn: und ſie warden beide/ mit den Lichtern/ aufgehoben. Hierauf gab ein Juͤng- ling dem Levi/ der gleich als die Sonne glaͤntzete/ zwoͤlf Palmenzweige. Judah aber/ der wie der Mohn blinkte: hatte zwoͤlf ſtrahlen unter ſeinen fuͤßen. Beide ergriffen und hielten einander. Darnach ſahe er einen Stier mit großen hoͤrnern/ und Adlers- fluͤgeln auf dem ruͤkken. Dieſer ſtund uͤber dem Erd- bodem. Und ſie wolten ihn ergreiffen: aber Joſef kahm ihnen zuvor/ und fing ihn; auch ward er/ mit ihm/ in die hoͤhe gehoben. Endlich ſahe er eine heilige ſchrift/ welche alſo lautete: die Aſſirer/ Meder/ Elami- ter/ Galater/ Kaldeer/ und Sirer ſollen/ durch gefaͤngnuͤſſe/ den Reichsſtab beſitzen. Sieben mohnde darnach hatte er abermahl einen Traum. Er ſahe ſeinen Vater Jakob/ mit allen ſei- nen Soͤhnen/ in der Jammiſchen ſee ſtehen. Und ein Schif/ mit getruknetem Fleiſche beladen/ kahm/ ohne ſchiffer und ſteuerman/ mit vollem lauffe geſegelt. Auf dieſem ſchiffe ſtund geſchrieben: dis iſt Jakobs ſchif. Und Jakob ſagte zu ſeinen Soͤhnen: laßt uns in unſer ſchif gehen. Aber ſobald ſie in das ſchif getraͤh- ten waren/ da erhub ſich ein großes unwetter/ und der wind ſtuͤrmete dermaßen/ daß alles erkrachte. Hierauf ging Jakob von ihnen/ nach dem ruder zu. Der ſturm ſchlug ſie von einer ſeite zur andern/ und trieb ſie ſee- waͤrtsein. Das ſchif ward bald hier/ bald dort gegen den grund angeſchmiſſen; und bekahm ſo große ſpalten/ daß es vol waſſers lief. In dieſer gefahr flohe Joſef in das

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/354>, abgerufen am 13.05.2024.