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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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siebendes Buch.
ren gewislich seine anschläge/ wie weislich und klüglich
sie auch ersonnen waren/ so wohl nicht gelungen. Auch
würden sie ihm nimmermehr zu solcher ehre gediehen
sein. Keines weges würde er solchen ruhm vor aller
Welt erlanget haben. Und wir selbst würden diesen
lobspruch ihm nicht zueignen können. Und also gab
Josef in alle seinem tuhn Gott allein die ehre. Aus
einfältigem hertzen täht er alles; und was er täht/
schrieb er Gott zu. Und darüm ward auch sein tuhn ge-
seegnet. Darüm ging alles so wohl von statten. Dar-
üm fiel ihm auch reichtuhm und ehre zu. Diese waren
der lohn seiner so einfältigen treue.

Nach der zeit/ da Jakob diese welt geseegnet/ waren
ihm fast die meisten seiner Söhne schon gefolget. Aber
Benjamin und Naftali lebeten noch. Die hatte Jo-
sef
unter seinen Brüdern sonderlich lieb: diesen/ weil
ihn Bilha/ seiner Mutter magd/ auf ihrer hüfte
gebohren/ und ihn Rahel daher/ als ihren eigenen
sohn/ geliebet: jenen aber am allermeisten/ weil er sein
einiger leiblicher Bruder war. Beide musten fast stähts
üm ihn sein; sonderlich Benjamin. Und hatte er ie-
mand was wüchtiges anzumelden/ so ward Naftali
ausgeschikt. Dan dieser war geschwinde vom geiste/
und rasch auf den füßen. Darüm hatte ihn auch sein
Vater zu allerhand bohtschaften gebraucht/ ja selbst in
seinem letzten willen einem Hirsche verglichen. Hatte
Josef einige müßige stunden/ so ergetzte er sich mit ih-
nen in gesprächen von vielerhand dingen. Sonderlich
aber hörete er von denen/ die sich/ in seinem abwesen/
unter seinen Brüdern begeben/ gern reden. Unter an-
dern erzehlete ihm Naftali auf eine zeit seine treume:
darinnen sich Josef alle mahl mitbefunden. Und daher
hatte Jakob gemuhtmaßet/ daß Josef noch lebete.

Im vierzigsten jahre seines alters hatte er folgenden
Traum. Er sahe die Oehlberge auf der ost seite der stadt

Je-
X v

ſiebendes Buch.
ren gewislich ſeine anſchlaͤge/ wie weislich und kluͤglich
ſie auch erſonnen waren/ ſo wohl nicht gelungen. Auch
wuͤrden ſie ihm nimmermehr zu ſolcher ehre gediehen
ſein. Keines weges wuͤrde er ſolchen ruhm vor aller
Welt erlanget haben. Und wir ſelbſt wuͤrden dieſen
lobſpruch ihm nicht zueignen koͤnnen. Und alſo gab
Joſef in alle ſeinem tuhn Gott allein die ehre. Aus
einfaͤltigem hertzen taͤht er alles; und was er taͤht/
ſchrieb er Gott zu. Und daruͤm ward auch ſein tuhn ge-
ſeegnet. Daruͤm ging alles ſo wohl von ſtatten. Dar-
uͤm fiel ihm auch reichtuhm und ehre zu. Dieſe waren
der lohn ſeiner ſo einfaͤltigen treue.

Nach der zeit/ da Jakob dieſe welt geſeegnet/ waren
ihm faſt die meiſten ſeiner Soͤhne ſchon gefolget. Aber
Benjamin und Naftali lebeten noch. Die hatte Jo-
ſef
unter ſeinen Bruͤdern ſonderlich lieb: dieſen/ weil
ihn Bilha/ ſeiner Mutter magd/ auf ihrer huͤfte
gebohren/ und ihn Rahel daher/ als ihren eigenen
ſohn/ geliebet: jenen aber am allermeiſten/ weil er ſein
einiger leiblicher Bruder war. Beide muſten faſt ſtaͤhts
uͤm ihn ſein; ſonderlich Benjamin. Und hatte er ie-
mand was wuͤchtiges anzumelden/ ſo ward Naftali
ausgeſchikt. Dan dieſer war geſchwinde vom geiſte/
und raſch auf den fuͤßen. Daruͤm hatte ihn auch ſein
Vater zu allerhand bohtſchaften gebraucht/ ja ſelbſt in
ſeinem letzten willen einem Hirſche verglichen. Hatte
Joſef einige muͤßige ſtunden/ ſo ergetzte er ſich mit ih-
nen in geſpraͤchen von vielerhand dingen. Sonderlich
aber hoͤrete er von denen/ die ſich/ in ſeinem abweſen/
unter ſeinen Bruͤdern begeben/ gern reden. Unter an-
dern erzehlete ihm Naftali auf eine zeit ſeine treume:
darinnen ſich Joſef alle mahl mitbefunden. Und daher
hatte Jakob gemuhtmaßet/ daß Joſef noch lebete.

Im vierzigſten jahre ſeines alters hatte er folgenden
Traum. Er ſahe die Oehlberge auf der oſt ſeite der ſtadt

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[329/0353] ſiebendes Buch. ren gewislich ſeine anſchlaͤge/ wie weislich und kluͤglich ſie auch erſonnen waren/ ſo wohl nicht gelungen. Auch wuͤrden ſie ihm nimmermehr zu ſolcher ehre gediehen ſein. Keines weges wuͤrde er ſolchen ruhm vor aller Welt erlanget haben. Und wir ſelbſt wuͤrden dieſen lobſpruch ihm nicht zueignen koͤnnen. Und alſo gab Joſef in alle ſeinem tuhn Gott allein die ehre. Aus einfaͤltigem hertzen taͤht er alles; und was er taͤht/ ſchrieb er Gott zu. Und daruͤm ward auch ſein tuhn ge- ſeegnet. Daruͤm ging alles ſo wohl von ſtatten. Dar- uͤm fiel ihm auch reichtuhm und ehre zu. Dieſe waren der lohn ſeiner ſo einfaͤltigen treue. Nach der zeit/ da Jakob dieſe welt geſeegnet/ waren ihm faſt die meiſten ſeiner Soͤhne ſchon gefolget. Aber Benjamin und Naftali lebeten noch. Die hatte Jo- ſef unter ſeinen Bruͤdern ſonderlich lieb: dieſen/ weil ihn Bilha/ ſeiner Mutter magd/ auf ihrer huͤfte gebohren/ und ihn Rahel daher/ als ihren eigenen ſohn/ geliebet: jenen aber am allermeiſten/ weil er ſein einiger leiblicher Bruder war. Beide muſten faſt ſtaͤhts uͤm ihn ſein; ſonderlich Benjamin. Und hatte er ie- mand was wuͤchtiges anzumelden/ ſo ward Naftali ausgeſchikt. Dan dieſer war geſchwinde vom geiſte/ und raſch auf den fuͤßen. Daruͤm hatte ihn auch ſein Vater zu allerhand bohtſchaften gebraucht/ ja ſelbſt in ſeinem letzten willen einem Hirſche verglichen. Hatte Joſef einige muͤßige ſtunden/ ſo ergetzte er ſich mit ih- nen in geſpraͤchen von vielerhand dingen. Sonderlich aber hoͤrete er von denen/ die ſich/ in ſeinem abweſen/ unter ſeinen Bruͤdern begeben/ gern reden. Unter an- dern erzehlete ihm Naftali auf eine zeit ſeine treume: darinnen ſich Joſef alle mahl mitbefunden. Und daher hatte Jakob gemuhtmaßet/ daß Joſef noch lebete. Im vierzigſten jahre ſeines alters hatte er folgenden Traum. Er ſahe die Oehlberge auf der oſt ſeite der ſtadt Je- X v

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/353>, abgerufen am 30.12.2024.