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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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siebendes Buch.
beste gelegenheit dasselbe zu zeumen/ eh es uns zu mäch-
tig wird. Man mus ihm ein joch üm den hals werfen.
Man mus es fröhnen laßen; damit es nicht alzuwohl-
lüstig werde. Man mus ihm den kitzel mit hofediensten
vertreiben. Die können dem Könige großen nutzen
schaffen. Mit diesen und dergleichen worten hielten sie
fort und fort an. Der König aber gab ihnen wenig ge-
höhr. Nicht das geringste konten sie ausrichten. Ja
als sie ihm endlich so gar verdrüßlich fielen/ und den
Josef so überaus kindisch einbilden wolten: da gab er
endlich eine solche antwort/ die eben so wohl in ihren
ohren nicht klung. Wohlan dan/ sagte er/ weil ihr den
Josef vor so gar kindisch haltet/ so laßet uns erfahren/
ob es wahr sei. Niemand hat bisher raht gewust die
große sumpfichte gegend/ im Nieder-Egipten/ bei der
see zum lande zu machen. Nun wollen wir versuchen/
was Josefs kindischer raht hierinnen vermag.

Hierauf entboht der König den Josef alsobald.
Der entbohtene erschien: und als er gefraget ward/ ob
er raht wüste solches Gesümpfe trukken zu machen?
da antwortete er von stunden an/ ja. So ziehet dan
hin/ fuhr der König fort/ und tuht euer bestes. Neh-
met so viel volkes mit euch/ als ihr darzu nöhtig habt.
Straks machte sich Josef färtig. Zur stunde lies er
2000 Gräber aufbieten. Und mit diesen fing er das
werk an. Erstlich warden drei tieffe gräben nach dem
Niele zu gezogen. Darnach lies er hierein das wasser
des gantzen Sumpfes/ und aus den ümliegenden Pfüh-
len leiten/ und in den Niel lauffen. Innerhalb sie-
benzig tagen war dieses alles verrichtet/ und alles was-
ser abgezapfet; dergestalt daß die gantze gegend bloß
und trukken lag.

Nach volzogener arbeit reisete der König/ samt sei-
nen Rähten/ darnachzu/ das neue land zu besichtigen.
Niemand hatte mehr ehre/ als der Schaltkönig. Nie-

mand
X iij

ſiebendes Buch.
beſte gelegenheit daſſelbe zu zeumen/ eh es uns zu maͤch-
tig wird. Man mus ihm ein joch uͤm den hals werfen.
Man mus es froͤhnen laßen; damit es nicht alzuwohl-
luͤſtig werde. Man mus ihm den kitzel mit hofedienſten
vertreiben. Die koͤnnen dem Koͤnige großen nutzen
ſchaffen. Mit dieſen und dergleichen worten hielten ſie
fort und fort an. Der Koͤnig aber gab ihnen wenig ge-
hoͤhr. Nicht das geringſte konten ſie ausrichten. Ja
als ſie ihm endlich ſo gar verdruͤßlich fielen/ und den
Joſef ſo uͤberaus kindiſch einbilden wolten: da gab er
endlich eine ſolche antwort/ die eben ſo wohl in ihren
ohren nicht klung. Wohlan dan/ ſagte er/ weil ihr den
Joſef vor ſo gar kindiſch haltet/ ſo laßet uns erfahren/
ob es wahr ſei. Niemand hat bisher raht gewuſt die
große ſumpfichte gegend/ im Nieder-Egipten/ bei der
ſee zum lande zu machen. Nun wollen wir verſuchen/
was Joſefs kindiſcher raht hierinnen vermag.

Hierauf entboht der Koͤnig den Joſef alſobald.
Der entbohtene erſchien: und als er gefraget ward/ ob
er raht wuͤſte ſolches Geſuͤmpfe trukken zu machen?
da antwortete er von ſtunden an/ ja. So ziehet dan
hin/ fuhr der Koͤnig fort/ und tuht euer beſtes. Neh-
met ſo viel volkes mit euch/ als ihr darzu noͤhtig habt.
Straks machte ſich Joſef faͤrtig. Zur ſtunde lies er
2000 Graͤber aufbieten. Und mit dieſen fing er das
werk an. Erſtlich warden drei tieffe graͤben nach dem
Niele zu gezogen. Darnach lies er hierein das waſſer
des gantzen Sumpfes/ und aus den uͤmliegenden Pfuͤh-
len leiten/ und in den Niel lauffen. Innerhalb ſie-
benzig tagen war dieſes alles verrichtet/ und alles waſ-
ſer abgezapfet; dergeſtalt daß die gantze gegend bloß
und trukken lag.

Nach volzogener arbeit reiſete der Koͤnig/ ſamt ſei-
nen Raͤhten/ darnachzu/ das neue land zu beſichtigen.
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[352[325]/0349] ſiebendes Buch. beſte gelegenheit daſſelbe zu zeumen/ eh es uns zu maͤch- tig wird. Man mus ihm ein joch uͤm den hals werfen. Man mus es froͤhnen laßen; damit es nicht alzuwohl- luͤſtig werde. Man mus ihm den kitzel mit hofedienſten vertreiben. Die koͤnnen dem Koͤnige großen nutzen ſchaffen. Mit dieſen und dergleichen worten hielten ſie fort und fort an. Der Koͤnig aber gab ihnen wenig ge- hoͤhr. Nicht das geringſte konten ſie ausrichten. Ja als ſie ihm endlich ſo gar verdruͤßlich fielen/ und den Joſef ſo uͤberaus kindiſch einbilden wolten: da gab er endlich eine ſolche antwort/ die eben ſo wohl in ihren ohren nicht klung. Wohlan dan/ ſagte er/ weil ihr den Joſef vor ſo gar kindiſch haltet/ ſo laßet uns erfahren/ ob es wahr ſei. Niemand hat bisher raht gewuſt die große ſumpfichte gegend/ im Nieder-Egipten/ bei der ſee zum lande zu machen. Nun wollen wir verſuchen/ was Joſefs kindiſcher raht hierinnen vermag. Hierauf entboht der Koͤnig den Joſef alſobald. Der entbohtene erſchien: und als er gefraget ward/ ob er raht wuͤſte ſolches Geſuͤmpfe trukken zu machen? da antwortete er von ſtunden an/ ja. So ziehet dan hin/ fuhr der Koͤnig fort/ und tuht euer beſtes. Neh- met ſo viel volkes mit euch/ als ihr darzu noͤhtig habt. Straks machte ſich Joſef faͤrtig. Zur ſtunde lies er 2000 Graͤber aufbieten. Und mit dieſen fing er das werk an. Erſtlich warden drei tieffe graͤben nach dem Niele zu gezogen. Darnach lies er hierein das waſſer des gantzen Sumpfes/ und aus den uͤmliegenden Pfuͤh- len leiten/ und in den Niel lauffen. Innerhalb ſie- benzig tagen war dieſes alles verrichtet/ und alles waſ- ſer abgezapfet; dergeſtalt daß die gantze gegend bloß und trukken lag. Nach volzogener arbeit reiſete der Koͤnig/ ſamt ſei- nen Raͤhten/ darnachzu/ das neue land zu beſichtigen. Niemand hatte mehr ehre/ als der Schaltkoͤnig. Nie- mand X iij

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 352[325]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/349>, abgerufen am 21.12.2024.