Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

Bild:
<< vorherige Seite

sechstes Buch.
mit blei und anderem ertzwerke/ in schmältztöpfe/ welche
man oben mit erde fest vermachte/ getahn/ und auf ei-
nem kohlfeuer geschmoltzen. Und also zeigete Josef
den Egiptern/ durch die Scheidekunst/ auch das gold-
machen: darinnen sie sich nach der zeit immer mehr und
mehr geübet. Doch hielten sie es so heimlich/ daß es an-
dere völker nicht nachtuhn solten.

Eben üm diese zeit/ da Josef am allergeschäftigsten
war den Egiptern das müßiggehen abzugewöhnen/ trug
sich was wunderseltzames zu. Der Königliche Fürst
sahe die Assenat ohngefähr auf der Königlichen burg
wandeln. Er sahe ihre fürtrefliche schönheit. Er erblik-
te ihr allerliebseeligstes wesen. Zur stunde ward er ver-
liebt. Ein strahl ihrer schönen augen verwundete sein
hertz. Dis brante vor liebe. Und diese liebe trieb ihn
zu einer fremden entschliessung. Er entschlos sich den
Schaltkönig aus dem wege zu reumen/ und die Asse-
nat
zu ehligen. Dieses vornehmen offenbahrte er dem
Gad und Simeon. Er suchte sie zu vermögen/ den
Josef zu tödten. Eine große mänge goldes und silbers
verhies er ihnen. Darzu solten sie zu großen ämtern be-
fördert werden. Die verheissungen waren groß. Aber
ihre brüderliche treue war noch grösser. Sie wolten an
ihrem Bruder/ dem sie so viel guhtes zu danken/ keine
verrähter/ keine meuchel mörder werden. Sie tähten/
als höreten sie nicht. Sie schlugen keine achtung auf
seine worte.

Weil nun dieser anschlag dem königlichen Fürsten
nicht gelungen/ so war er auf einen andern bedacht.
Mit list suchte er sie zu gewinnen. Mit lügen vermeinte
er zu seinem ziele zu bekommen. Er verfügte sich dan al-
lein zu der Magd söhnen/ dem Dan und Gad. Die-
sen rieb er die ohren. Er gab ihnen zu verstehen: daß
ihnen Josef den tod gedreuet. So bald ihr Vater das
heupt legte/ solten sie hingerichtet werden. Sie weren

nur
T ij

ſechſtes Buch.
mit blei und anderem ertzwerke/ in ſchmaͤltztoͤpfe/ welche
man oben mit erde feſt vermachte/ getahn/ und auf ei-
nem kohlfeuer geſchmoltzen. Und alſo zeigete Joſef
den Egiptern/ durch die Scheidekunſt/ auch das gold-
machen: darinnen ſie ſich nach der zeit immer mehr und
mehr geuͤbet. Doch hielten ſie es ſo heimlich/ daß es an-
dere voͤlker nicht nachtuhn ſolten.

Eben uͤm dieſe zeit/ da Joſef am allergeſchaͤftigſten
war den Egiptern das muͤßiggehen abzugewoͤhnen/ trug
ſich was wunderſeltzames zu. Der Koͤnigliche Fuͤrſt
ſahe die Aſſenat ohngefaͤhr auf der Koͤniglichen burg
wandeln. Er ſahe ihre fuͤrtrefliche ſchoͤnheit. Er erblik-
te ihr allerliebſeeligſtes weſen. Zur ſtunde ward er ver-
liebt. Ein ſtrahl ihrer ſchoͤnen augen verwundete ſein
hertz. Dis brante vor liebe. Und dieſe liebe trieb ihn
zu einer fremden entſchlieſſung. Er entſchlos ſich den
Schaltkoͤnig aus dem wege zu reumen/ und die Aſſe-
nat
zu ehligen. Dieſes vornehmen offenbahrte er dem
Gad und Simeon. Er ſuchte ſie zu vermoͤgen/ den
Joſef zu toͤdten. Eine große maͤnge goldes und ſilbers
verhies er ihnen. Darzu ſolten ſie zu großen aͤmtern be-
foͤrdert werden. Die verheiſſungen waren groß. Aber
ihre bruͤderliche treue war noch groͤſſer. Sie wolten an
ihrem Bruder/ dem ſie ſo viel guhtes zu danken/ keine
verraͤhter/ keine meuchel moͤrder werden. Sie taͤhten/
als hoͤreten ſie nicht. Sie ſchlugen keine achtung auf
ſeine worte.

Weil nun dieſer anſchlag dem koͤniglichen Fuͤrſten
nicht gelungen/ ſo war er auf einen andern bedacht.
Mit liſt ſuchte er ſie zu gewinnen. Mit luͤgen vermeinte
er zu ſeinem ziele zu bekommen. Er verfuͤgte ſich dan al-
lein zu der Magd ſoͤhnen/ dem Dan und Gad. Die-
ſen rieb er die ohren. Er gab ihnen zu verſtehen: daß
ihnen Joſef den tod gedreuet. So bald ihr Vater das
heupt legte/ ſolten ſie hingerichtet werden. Sie weren

nur
T ij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0315" n="291"/><fw place="top" type="header">&#x017F;ech&#x017F;tes Buch.</fw><lb/>
mit blei und anderem ertzwerke/ in &#x017F;chma&#x0364;ltzto&#x0364;pfe/ welche<lb/>
man oben mit erde fe&#x017F;t vermachte/ getahn/ und auf ei-<lb/>
nem kohlfeuer ge&#x017F;chmoltzen. Und al&#x017F;o zeigete <hi rendition="#fr">Jo&#x017F;ef</hi><lb/>
den Egiptern/ durch die Scheidekun&#x017F;t/ auch das gold-<lb/>
machen: darinnen &#x017F;ie &#x017F;ich nach der zeit immer mehr und<lb/>
mehr geu&#x0364;bet. Doch hielten &#x017F;ie es &#x017F;o heimlich/ daß es an-<lb/>
dere vo&#x0364;lker nicht nachtuhn &#x017F;olten.</p><lb/>
        <p>Eben u&#x0364;m die&#x017F;e zeit/ da <hi rendition="#fr">Jo&#x017F;ef</hi> am allerge&#x017F;cha&#x0364;ftig&#x017F;ten<lb/>
war den Egiptern das mu&#x0364;ßiggehen abzugewo&#x0364;hnen/ trug<lb/>
&#x017F;ich was wunder&#x017F;eltzames zu. Der Ko&#x0364;nigliche Fu&#x0364;r&#x017F;t<lb/>
&#x017F;ahe die <hi rendition="#fr">A&#x017F;&#x017F;enat</hi> ohngefa&#x0364;hr auf der Ko&#x0364;niglichen burg<lb/>
wandeln. Er &#x017F;ahe ihre fu&#x0364;rtrefliche &#x017F;cho&#x0364;nheit. Er erblik-<lb/>
te ihr allerlieb&#x017F;eelig&#x017F;tes we&#x017F;en. Zur &#x017F;tunde ward er ver-<lb/>
liebt. Ein &#x017F;trahl ihrer &#x017F;cho&#x0364;nen augen verwundete &#x017F;ein<lb/>
hertz. Dis brante vor liebe. Und die&#x017F;e liebe trieb ihn<lb/>
zu einer fremden ent&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;ung. Er ent&#x017F;chlos &#x017F;ich den<lb/>
Schaltko&#x0364;nig aus dem wege zu reumen/ und die <hi rendition="#fr">A&#x017F;&#x017F;e-<lb/>
nat</hi> zu ehligen. Die&#x017F;es vornehmen offenbahrte er dem<lb/><hi rendition="#fr">Gad</hi> und <hi rendition="#fr">Simeon.</hi> Er &#x017F;uchte &#x017F;ie zu vermo&#x0364;gen/ den<lb/><hi rendition="#fr">Jo&#x017F;ef</hi> zu to&#x0364;dten. Eine große ma&#x0364;nge goldes und &#x017F;ilbers<lb/>
verhies er ihnen. Darzu &#x017F;olten &#x017F;ie zu großen a&#x0364;mtern be-<lb/>
fo&#x0364;rdert werden. Die verhei&#x017F;&#x017F;ungen waren groß. Aber<lb/>
ihre bru&#x0364;derliche treue war noch gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er. Sie wolten an<lb/>
ihrem Bruder/ dem &#x017F;ie &#x017F;o viel guhtes zu danken/ keine<lb/>
verra&#x0364;hter/ keine meuchel mo&#x0364;rder werden. Sie ta&#x0364;hten/<lb/>
als ho&#x0364;reten &#x017F;ie nicht. Sie &#x017F;chlugen keine achtung auf<lb/>
&#x017F;eine worte.</p><lb/>
        <p>Weil nun die&#x017F;er an&#x017F;chlag dem ko&#x0364;niglichen Fu&#x0364;r&#x017F;ten<lb/>
nicht gelungen/ &#x017F;o war er auf einen andern bedacht.<lb/>
Mit li&#x017F;t &#x017F;uchte er &#x017F;ie zu gewinnen. Mit lu&#x0364;gen vermeinte<lb/>
er zu &#x017F;einem ziele zu bekommen. Er verfu&#x0364;gte &#x017F;ich dan al-<lb/>
lein zu der Magd &#x017F;o&#x0364;hnen/ dem <hi rendition="#fr">Dan</hi> und <hi rendition="#fr">Gad.</hi> Die-<lb/>
&#x017F;en rieb er die ohren. Er gab ihnen zu ver&#x017F;tehen: daß<lb/>
ihnen <hi rendition="#fr">Jo&#x017F;ef</hi> den tod gedreuet. So bald ihr Vater das<lb/>
heupt legte/ &#x017F;olten &#x017F;ie hingerichtet werden. Sie weren<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">T ij</fw><fw place="bottom" type="catch">nur</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[291/0315] ſechſtes Buch. mit blei und anderem ertzwerke/ in ſchmaͤltztoͤpfe/ welche man oben mit erde feſt vermachte/ getahn/ und auf ei- nem kohlfeuer geſchmoltzen. Und alſo zeigete Joſef den Egiptern/ durch die Scheidekunſt/ auch das gold- machen: darinnen ſie ſich nach der zeit immer mehr und mehr geuͤbet. Doch hielten ſie es ſo heimlich/ daß es an- dere voͤlker nicht nachtuhn ſolten. Eben uͤm dieſe zeit/ da Joſef am allergeſchaͤftigſten war den Egiptern das muͤßiggehen abzugewoͤhnen/ trug ſich was wunderſeltzames zu. Der Koͤnigliche Fuͤrſt ſahe die Aſſenat ohngefaͤhr auf der Koͤniglichen burg wandeln. Er ſahe ihre fuͤrtrefliche ſchoͤnheit. Er erblik- te ihr allerliebſeeligſtes weſen. Zur ſtunde ward er ver- liebt. Ein ſtrahl ihrer ſchoͤnen augen verwundete ſein hertz. Dis brante vor liebe. Und dieſe liebe trieb ihn zu einer fremden entſchlieſſung. Er entſchlos ſich den Schaltkoͤnig aus dem wege zu reumen/ und die Aſſe- nat zu ehligen. Dieſes vornehmen offenbahrte er dem Gad und Simeon. Er ſuchte ſie zu vermoͤgen/ den Joſef zu toͤdten. Eine große maͤnge goldes und ſilbers verhies er ihnen. Darzu ſolten ſie zu großen aͤmtern be- foͤrdert werden. Die verheiſſungen waren groß. Aber ihre bruͤderliche treue war noch groͤſſer. Sie wolten an ihrem Bruder/ dem ſie ſo viel guhtes zu danken/ keine verraͤhter/ keine meuchel moͤrder werden. Sie taͤhten/ als hoͤreten ſie nicht. Sie ſchlugen keine achtung auf ſeine worte. Weil nun dieſer anſchlag dem koͤniglichen Fuͤrſten nicht gelungen/ ſo war er auf einen andern bedacht. Mit liſt ſuchte er ſie zu gewinnen. Mit luͤgen vermeinte er zu ſeinem ziele zu bekommen. Er verfuͤgte ſich dan al- lein zu der Magd ſoͤhnen/ dem Dan und Gad. Die- ſen rieb er die ohren. Er gab ihnen zu verſtehen: daß ihnen Joſef den tod gedreuet. So bald ihr Vater das heupt legte/ ſolten ſie hingerichtet werden. Sie weren nur T ij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/315
Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/315>, abgerufen am 21.12.2024.