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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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Der Assenat

Auch lies Josef/ nach seiner eignen erfindung/ ein
Nielsmaß bauen: welches den grösten/ kleinsten/
und mittelmäßigen anwachs des Niels eigendlich an-
wiese. Dieses stund am Ufer des flusses. Rund üm-
her war eine starke steinerne mauer gezogen. Von hier
ging man/ durch eine steinerne treppe/ hinunter an den
brunnen: dessen wasser/ mit dem Niele/ zugleich stieg/
und fiel. Mitten in diesem Wasser/ das durch röhren
aus dem Niele dahin geleitet ward/ stund das Nielmaß
selbsten. Es war eine lange marmelsteinerne Seule/
mit etlichen gewissen zeichen nach oben zu. An denen
konte man sehen/ wie hoch sich der Niel täglich erhub.
Also hielt Josef nicht allein alle Egipter zur arbeit;
sondern stiftete ihm auch/ durch solche herliche gebeue/
ein ewiges gedachtnüs. Ja er zierete dadurch das gan-
tze Egipten.

Endlich fand Josef vor die muhtwilligen faullen-
tzer/ und andere verbrecher noch eine andere arbeit. Die
ward ihnen zur strafe auferlegt. In den Mohrenlän-
dischen Bergen giebt es sehr viel Goldadern: durch wel-
che zu weilen der Niel fället/ und den Goldsand abspüh-
let. Diesen führet er/ unter dem andern schlamme/
mit sich in Egipten. Aus solchem schlamme lies Jo-
sef/
mit waschen und reinigen/ den goldsand samlen.
Der ward hernach gantz klein zu staube gerieben/ und in
schmältzkrügen geschmoltzen. Auch schikte er ein teil ge-
melter verbrecher an die Egiptischen grentzen/ nach Ara-
bien
und dem Mohrenlande zu. Alda hatte er/ im ge-
bürge/ befunden/ daß durch etliche weisse marmelrotsen
hin goldadern lieffen. Diese goldadern musten sie/ samt
den steinen/ aushakken/ und in mörseln zum staube stos-
sen: darnach den staub auf breiten marmeltafeln noch
kleiner reiben/ und dan mit wasser so vielmahls abspüh-
len/ bis sie das gold vom steinichten zeuge gesondert.
Endlich ward dieser geriebene und gereinigte goldst aub/

mit
Der Aſſenat

Auch lies Joſef/ nach ſeiner eignen erfindung/ ein
Nielsmaß bauen: welches den groͤſten/ kleinſten/
und mittelmaͤßigen anwachs des Niels eigendlich an-
wieſe. Dieſes ſtund am Ufer des fluſſes. Rund uͤm-
her war eine ſtarke ſteinerne mauer gezogen. Von hier
ging man/ durch eine ſteinerne treppe/ hinunter an den
brunnen: deſſen waſſer/ mit dem Niele/ zugleich ſtieg/
und fiel. Mitten in dieſem Waſſer/ das durch roͤhren
aus dem Niele dahin geleitet ward/ ſtund das Nielmaß
ſelbſten. Es war eine lange marmelſteinerne Seule/
mit etlichen gewiſſen zeichen nach oben zu. An denen
konte man ſehen/ wie hoch ſich der Niel taͤglich erhub.
Alſo hielt Joſef nicht allein alle Egipter zur arbeit;
ſondern ſtiftete ihm auch/ durch ſolche herliche gebeue/
ein ewiges gedåchtnuͤs. Ja er zierete dadurch das gan-
tze Egipten.

Endlich fand Joſef vor die muhtwilligen faullen-
tzer/ und andere verbrecher noch eine andere arbeit. Die
ward ihnen zur ſtrafe auferlegt. In den Mohrenlaͤn-
diſchen Bergen giebt es ſehr viel Goldadern: durch wel-
che zu weilen der Niel faͤllet/ und den Goldſand abſpuͤh-
let. Dieſen fuͤhret er/ unter dem andern ſchlamme/
mit ſich in Egipten. Aus ſolchem ſchlamme lies Jo-
ſef/
mit waſchen und reinigen/ den goldſand ſamlen.
Der ward hernach gantz klein zu ſtaube gerieben/ und in
ſchmaͤltzkruͤgen geſchmoltzen. Auch ſchikte er ein teil ge-
melter verbrecher an die Egiptiſchen grentzen/ nach Ara-
bien
und dem Mohrenlande zu. Alda hatte er/ im ge-
buͤrge/ befunden/ daß durch etliche weiſſe marmelrotſen
hin goldadern lieffen. Dieſe goldadern muſten ſie/ ſamt
den ſteinen/ aushakken/ und in moͤrſeln zum ſtaube ſtos-
ſen: darnach den ſtaub auf breiten marmeltafeln noch
kleiner reiben/ und dan mit waſſer ſo vielmahls abſpuͤh-
len/ bis ſie das gold vom ſteinichten zeuge geſondert.
Endlich ward dieſer geriebene und gereinigte goldſt aub/

mit
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[290/0314] Der Aſſenat Auch lies Joſef/ nach ſeiner eignen erfindung/ ein Nielsmaß bauen: welches den groͤſten/ kleinſten/ und mittelmaͤßigen anwachs des Niels eigendlich an- wieſe. Dieſes ſtund am Ufer des fluſſes. Rund uͤm- her war eine ſtarke ſteinerne mauer gezogen. Von hier ging man/ durch eine ſteinerne treppe/ hinunter an den brunnen: deſſen waſſer/ mit dem Niele/ zugleich ſtieg/ und fiel. Mitten in dieſem Waſſer/ das durch roͤhren aus dem Niele dahin geleitet ward/ ſtund das Nielmaß ſelbſten. Es war eine lange marmelſteinerne Seule/ mit etlichen gewiſſen zeichen nach oben zu. An denen konte man ſehen/ wie hoch ſich der Niel taͤglich erhub. Alſo hielt Joſef nicht allein alle Egipter zur arbeit; ſondern ſtiftete ihm auch/ durch ſolche herliche gebeue/ ein ewiges gedåchtnuͤs. Ja er zierete dadurch das gan- tze Egipten. Endlich fand Joſef vor die muhtwilligen faullen- tzer/ und andere verbrecher noch eine andere arbeit. Die ward ihnen zur ſtrafe auferlegt. In den Mohrenlaͤn- diſchen Bergen giebt es ſehr viel Goldadern: durch wel- che zu weilen der Niel faͤllet/ und den Goldſand abſpuͤh- let. Dieſen fuͤhret er/ unter dem andern ſchlamme/ mit ſich in Egipten. Aus ſolchem ſchlamme lies Jo- ſef/ mit waſchen und reinigen/ den goldſand ſamlen. Der ward hernach gantz klein zu ſtaube gerieben/ und in ſchmaͤltzkruͤgen geſchmoltzen. Auch ſchikte er ein teil ge- melter verbrecher an die Egiptiſchen grentzen/ nach Ara- bien und dem Mohrenlande zu. Alda hatte er/ im ge- buͤrge/ befunden/ daß durch etliche weiſſe marmelrotſen hin goldadern lieffen. Dieſe goldadern muſten ſie/ ſamt den ſteinen/ aushakken/ und in moͤrſeln zum ſtaube ſtos- ſen: darnach den ſtaub auf breiten marmeltafeln noch kleiner reiben/ und dan mit waſſer ſo vielmahls abſpuͤh- len/ bis ſie das gold vom ſteinichten zeuge geſondert. Endlich ward dieſer geriebene und gereinigte goldſt aub/ mit

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/314>, abgerufen am 11.05.2024.