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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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Der Assenat
Egipten so viel wägen/ als ihr nöhtig habet zu euren
Kindern und weibern; und führet sie alle/ mit eurem
Vater/ zu mir. Sehet euren hausraht nicht an. Dan
die gühter des gantzen Egiptens sollen euer sein.

Josef täht also/ wie der König gesagt hatte. Er
verschafte seinen Brüdern wägen; und gab ihnen zeh-
rung mit auf den weg. Auch gab er einem ieden ein
Festkleid; dem Benjamin aber fünfe/ mit dreihun-
dert silberlingen darzu. Ja er schikte seinem Vater ze-
hen esel mit Egiptischen gühtern/ und eben so viel mit
getreide beladen. Zudem versorgte er sie mit broht und
speisen auf den rükweg. Hierbei gingen auch des Kö-
niges geschenke von güldenen und silbernen geschirren/
und andern köstlichen sachen: welche zwölf reiter aus
den Königlichen Einspännigern begleiten musten. End-
lich als alles zum aufbruche färtig war/ da befahl Jo-
sef
seinen brüdern noch zu guhter letzte: sie solten seinem
Vater nicht sagen/ daß er von ihnen verkauft worden.
Dan er fürchtete/ Jakob würde sich deswegen über sie
entrüsten. Darüm hatte er auch beschlossen/ ihn selb-
sten zu bereden/ daß er den wilden tieren entronnen/ und
den Ismaelern in die hände gerahten: welche ihn in
Egipten verkauft hetten.

Also reiseten Josefs Brüder/ unter Königlichem
geleite/ fort/ und gelangten in wenig tagen frisch und
gesund zu Hebron an. Zur stunde verkündigten sie ih-
rem Vater: daß Josef noch lebte; und daß er/ nach
dem Könige/ der gröste Herr in Egipten sei. Aber
Jakobs hertz dachte viel anders. Er konte sich gantz
nicht bereden ihnen zu gleuben. Doch als sie ihm alle
worte des Josefs erzehlet/ und er die wagen/ samt den
geschenken/ sahe/ die er ihm schikte; da ward sein geist
wieder lebendig. Da gedachte er an Josefs Traum/
den er von den eilf Sternen/ von der Sonne und vom
Mohnde/ die sich alle dreizehen vor ihm geneuget/ ge-

habt

Der Aſſenat
Egipten ſo viel waͤgen/ als ihr noͤhtig habet zu euren
Kindern und weibern; und fuͤhret ſie alle/ mit eurem
Vater/ zu mir. Sehet euren hausraht nicht an. Dan
die guͤhter des gantzen Egiptens ſollen euer ſein.

Joſef taͤht alſo/ wie der Koͤnig geſagt hatte. Er
verſchafte ſeinen Bruͤdern waͤgen; und gab ihnen zeh-
rung mit auf den weg. Auch gab er einem ieden ein
Feſtkleid; dem Benjamin aber fuͤnfe/ mit dreihun-
dert ſilberlingen darzu. Ja er ſchikte ſeinem Vater ze-
hen eſel mit Egiptiſchen guͤhtern/ und eben ſo viel mit
getreide beladen. Zudem verſorgte er ſie mit broht und
ſpeiſen auf den ruͤkweg. Hierbei gingen auch des Koͤ-
niges geſchenke von guͤldenen und ſilbernen geſchirren/
und andern koͤſtlichen ſachen: welche zwoͤlf reiter aus
den Koͤniglichen Einſpaͤnnigern begleiten muſten. End-
lich als alles zum aufbruche faͤrtig war/ da befahl Jo-
ſef
ſeinen bruͤdern noch zu guhter letzte: ſie ſolten ſeinem
Vater nicht ſagen/ daß er von ihnen verkauft worden.
Dan er fuͤrchtete/ Jakob wuͤrde ſich deswegen uͤber ſie
entruͤſten. Daruͤm hatte er auch beſchloſſen/ ihn ſelb-
ſten zu bereden/ daß er den wilden tieren entronnen/ und
den Ismaelern in die haͤnde gerahten: welche ihn in
Egipten verkauft hetten.

Alſo reiſeten Joſefs Bruͤder/ unter Koͤniglichem
geleite/ fort/ und gelangten in wenig tagen friſch und
geſund zu Hebron an. Zur ſtunde verkuͤndigten ſie ih-
rem Vater: daß Joſef noch lebte; und daß er/ nach
dem Koͤnige/ der groͤſte Herꝛ in Egipten ſei. Aber
Jakobs hertz dachte viel anders. Er konte ſich gantz
nicht bereden ihnen zu gleuben. Doch als ſie ihm alle
worte des Joſefs erzehlet/ und er die wagen/ ſamt den
geſchenken/ ſahe/ die er ihm ſchikte; da ward ſein geiſt
wieder lebendig. Da gedachte er an Joſefs Traum/
den er von den eilf Sternen/ von der Sonne und vom
Mohnde/ die ſich alle dreizehen vor ihm geneuget/ ge-

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[282/0306] Der Aſſenat Egipten ſo viel waͤgen/ als ihr noͤhtig habet zu euren Kindern und weibern; und fuͤhret ſie alle/ mit eurem Vater/ zu mir. Sehet euren hausraht nicht an. Dan die guͤhter des gantzen Egiptens ſollen euer ſein. Joſef taͤht alſo/ wie der Koͤnig geſagt hatte. Er verſchafte ſeinen Bruͤdern waͤgen; und gab ihnen zeh- rung mit auf den weg. Auch gab er einem ieden ein Feſtkleid; dem Benjamin aber fuͤnfe/ mit dreihun- dert ſilberlingen darzu. Ja er ſchikte ſeinem Vater ze- hen eſel mit Egiptiſchen guͤhtern/ und eben ſo viel mit getreide beladen. Zudem verſorgte er ſie mit broht und ſpeiſen auf den ruͤkweg. Hierbei gingen auch des Koͤ- niges geſchenke von guͤldenen und ſilbernen geſchirren/ und andern koͤſtlichen ſachen: welche zwoͤlf reiter aus den Koͤniglichen Einſpaͤnnigern begleiten muſten. End- lich als alles zum aufbruche faͤrtig war/ da befahl Jo- ſef ſeinen bruͤdern noch zu guhter letzte: ſie ſolten ſeinem Vater nicht ſagen/ daß er von ihnen verkauft worden. Dan er fuͤrchtete/ Jakob wuͤrde ſich deswegen uͤber ſie entruͤſten. Daruͤm hatte er auch beſchloſſen/ ihn ſelb- ſten zu bereden/ daß er den wilden tieren entronnen/ und den Ismaelern in die haͤnde gerahten: welche ihn in Egipten verkauft hetten. Alſo reiſeten Joſefs Bruͤder/ unter Koͤniglichem geleite/ fort/ und gelangten in wenig tagen friſch und geſund zu Hebron an. Zur ſtunde verkuͤndigten ſie ih- rem Vater: daß Joſef noch lebte; und daß er/ nach dem Koͤnige/ der groͤſte Herꝛ in Egipten ſei. Aber Jakobs hertz dachte viel anders. Er konte ſich gantz nicht bereden ihnen zu gleuben. Doch als ſie ihm alle worte des Joſefs erzehlet/ und er die wagen/ ſamt den geſchenken/ ſahe/ die er ihm ſchikte; da ward ſein geiſt wieder lebendig. Da gedachte er an Joſefs Traum/ den er von den eilf Sternen/ von der Sonne und vom Mohnde/ die ſich alle dreizehen vor ihm geneuget/ ge- habt

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/306>, abgerufen am 11.05.2024.