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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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sechstes Buch.
Dieser war ihr Tahlmetscher: dan er hatte einen eige-
nen Sprachmeister/ der ihn im Ebreischen und Kaldei-
schen unterwiesen.

Zwischen dessen kahm der ruf auf die Königliche
Burg/ daß des Schaltköniges Brüder kommen we-
ren. Da erhub sich eine große freude. Es gefiel dem
Könige/ ja allen seinen leuten so überaus wohl/ daß
er von stunden an hinschikte/ den Schaltkönig zu hoh-
len. Dieser stund eben dazumahl bei dem Könige in
höchsten gnaden; weil er ihm so wohl/ als dem gantzen
Reiche/ so gar großen nutzen schaffete. Dan er erhielt
das Reich vor andern Reichen und ländern im höchsten
wohlstande. Er errettete die untertahnen vom hunger.
Er stiftete höchsterspriesliche Satzungen. Er meh-
rete die königlichen Schätze. Er erhub die Königliche
Macht. Ja er machte den König so reich/ und so mäch-
tig/ daß er der gewaltigste ward unter allen benachbahr-
ten Königen. Und darüm liebte ihn der König über al-
le maßen. Er suchte allerhand mittel ihm seine dank-
barkeit blikken zu laßen. Keine gelegenheit lies er vor-
bei/ ihm seine so treuen dienste zu belohnen. Fast kein
augenblik verging/ da er ihm nicht eine neue gnade wi-
derfahren lies. Ja er hatte den Josef schon so reich
gemacht/ und so hoch erhoben/ daß es fast unmüglich
war ein mehres zu tuhn.

Weil nun der König erfahren/ daß Josefs Vater
noch lebte/ und seine Brüder ihm selbst die zeitung
gebracht; so lies er auch über diese solche seine gnade
gantz überschwänglich gehen. Befehlet euren Brüdern/
sagte er zum Josef/ daß sie ihre tiere mit des Reichs be-
sten früchten beladen/ und hin nach hause ziehen. Auch
saget zu ihnen also: nehmet euren Vater/ und euer ge-
sinde/ und komt zu mir. Ich wil euch gühter geben in
Egipten: und ihr sollet das mark der länder essen. Ja
gebietet ihnen/ und sprechet: nehmet mit euch aus

Egip-
S v

ſechſtes Buch.
Dieſer war ihr Tahlmetſcher: dan er hatte einen eige-
nen Sprachmeiſter/ der ihn im Ebreiſchen und Kaldei-
ſchen unterwieſen.

Zwiſchen deſſen kahm der ruf auf die Koͤnigliche
Burg/ daß des Schaltkoͤniges Bruͤder kommen we-
ren. Da erhub ſich eine große freude. Es gefiel dem
Koͤnige/ ja allen ſeinen leuten ſo uͤberaus wohl/ daß
er von ſtunden an hinſchikte/ den Schaltkoͤnig zu hoh-
len. Dieſer ſtund eben dazumahl bei dem Koͤnige in
hoͤchſten gnaden; weil er ihm ſo wohl/ als dem gantzen
Reiche/ ſo gar großen nutzen ſchaffete. Dan er erhielt
das Reich vor andern Reichen und laͤndern im hoͤchſten
wohlſtande. Er errettete die untertahnen vom hunger.
Er ſtiftete hoͤchſterſpriesliche Satzungen. Er meh-
rete die koͤniglichen Schaͤtze. Er erhub die Koͤnigliche
Macht. Ja er machte den Koͤnig ſo reich/ und ſo maͤch-
tig/ daß er der gewaltigſte ward unter allen benachbahr-
ten Koͤnigen. Und daruͤm liebte ihn der Koͤnig uͤber al-
le maßen. Er ſuchte allerhand mittel ihm ſeine dank-
barkeit blikken zu laßen. Keine gelegenheit lies er vor-
bei/ ihm ſeine ſo treuen dienſte zu belohnen. Faſt kein
augenblik verging/ da er ihm nicht eine neue gnade wi-
derfahren lies. Ja er hatte den Joſef ſchon ſo reich
gemacht/ und ſo hoch erhoben/ daß es faſt unmuͤglich
war ein mehres zu tuhn.

Weil nun der Koͤnig erfahren/ daß Joſefs Vater
noch lebte/ und ſeine Bruͤder ihm ſelbſt die zeitung
gebracht; ſo lies er auch uͤber dieſe ſolche ſeine gnade
gantz uͤberſchwaͤnglich gehen. Befehlet euren Bruͤdern/
ſagte er zum Joſef/ daß ſie ihre tiere mit des Reichs be-
ſten fruͤchten beladen/ und hin nach hauſe ziehen. Auch
ſaget zu ihnen alſo: nehmet euren Vater/ und euer ge-
ſinde/ und komt zu mir. Ich wil euch guͤhter geben in
Egipten: und ihr ſollet das mark der laͤnder eſſen. Ja
gebietet ihnen/ und ſprechet: nehmet mit euch aus

Egip-
S v
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[281/0305] ſechſtes Buch. Dieſer war ihr Tahlmetſcher: dan er hatte einen eige- nen Sprachmeiſter/ der ihn im Ebreiſchen und Kaldei- ſchen unterwieſen. Zwiſchen deſſen kahm der ruf auf die Koͤnigliche Burg/ daß des Schaltkoͤniges Bruͤder kommen we- ren. Da erhub ſich eine große freude. Es gefiel dem Koͤnige/ ja allen ſeinen leuten ſo uͤberaus wohl/ daß er von ſtunden an hinſchikte/ den Schaltkoͤnig zu hoh- len. Dieſer ſtund eben dazumahl bei dem Koͤnige in hoͤchſten gnaden; weil er ihm ſo wohl/ als dem gantzen Reiche/ ſo gar großen nutzen ſchaffete. Dan er erhielt das Reich vor andern Reichen und laͤndern im hoͤchſten wohlſtande. Er errettete die untertahnen vom hunger. Er ſtiftete hoͤchſterſpriesliche Satzungen. Er meh- rete die koͤniglichen Schaͤtze. Er erhub die Koͤnigliche Macht. Ja er machte den Koͤnig ſo reich/ und ſo maͤch- tig/ daß er der gewaltigſte ward unter allen benachbahr- ten Koͤnigen. Und daruͤm liebte ihn der Koͤnig uͤber al- le maßen. Er ſuchte allerhand mittel ihm ſeine dank- barkeit blikken zu laßen. Keine gelegenheit lies er vor- bei/ ihm ſeine ſo treuen dienſte zu belohnen. Faſt kein augenblik verging/ da er ihm nicht eine neue gnade wi- derfahren lies. Ja er hatte den Joſef ſchon ſo reich gemacht/ und ſo hoch erhoben/ daß es faſt unmuͤglich war ein mehres zu tuhn. Weil nun der Koͤnig erfahren/ daß Joſefs Vater noch lebte/ und ſeine Bruͤder ihm ſelbſt die zeitung gebracht; ſo lies er auch uͤber dieſe ſolche ſeine gnade gantz uͤberſchwaͤnglich gehen. Befehlet euren Bruͤdern/ ſagte er zum Joſef/ daß ſie ihre tiere mit des Reichs be- ſten fruͤchten beladen/ und hin nach hauſe ziehen. Auch ſaget zu ihnen alſo: nehmet euren Vater/ und euer ge- ſinde/ und komt zu mir. Ich wil euch guͤhter geben in Egipten: und ihr ſollet das mark der laͤnder eſſen. Ja gebietet ihnen/ und ſprechet: nehmet mit euch aus Egip- S v

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/305>, abgerufen am 11.05.2024.