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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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Der Assenat
halte auf erden/ und euer leben errette/ durch eine große
errettung. Ja Gott hat es getahn/ nicht ihr. Gott hat
mich dem Könige zum Vater gesetzt/ und zum Herrn
über sein gantzes Haus: ja zum Fürsten über das gantze
Egipten. Eilet nun/ und ziehet hinauf zu meinem
Vater. Machet euch straks auf/ ihm anzumelden/ daß
ich noch lebe. Saget ihm/ daß mich Gott zum Herrn
über das gantze Egipten gesetzt hat. Sprecht zu ihm/
das lest dir Josef sagen: kom herab zu mir. Du solt
im lande Gessen wohnen/ und nahe bei mir sein. Sa-
get zu ihm/ daß er/ mit seinen Kindern/ mit seinen
Kindeskindern/ und mit seinem kleinen und großem
Viehe/ herabkomme. Ich wil ihn versorgen; damit er
nicht verderbe/ mit seinem hause/ und allem/ was er
hat: dan die teurung wird noch fünf jahre währen.
Berichtet ihn/ daß eure eigene augen/ und meines Bru-
ders Benjamins augen selbsten gesehen/ daß ich
mündlich mit euch geredet. Ja verkündiget meinem
Vater alle meine herrligkeit in Egipten/ und alles/
was ihr gesehen. Eilet/ und komt bald hernieder/ mit
meinem Vater.

Hierauf fiel er seinem Bruder Benjamin üm den
hals/ und weinete: und Benjamin weinete gleiches-
fals an seinem halse. Auch küssete er alle seine Brüder/
und weinete über sie. Endlich redeten sie miteinander;
und warden fröhlich. Niemand aber war fröhlicher/
als Benjamin/ und Ruben. Eben kahm die lieb-
seelige Assenat auch hinein/ ihre Schwäger wilkom-
men zu heissen. Sie hatte ihre zwei junge Herlein bei
der hand: welche ihre Vettern ebenmäßig empfingen.
Zum wilkommen verehrete sie iedem Schwager ein Fei-
erkleid; dem Benjamin aber zwei. Es war ihr leid/
daß sieihre freude/ aus unkündigkeit der Ebreischen
sprache/ ihnen nicht mit eigenem munde bezeugen konte.
Doch ersetzte solches ihr ältestes Herlein Manasse.

Die-

Der Aſſenat
halte auf erden/ und euer leben errette/ durch eine große
errettung. Ja Gott hat es getahn/ nicht ihr. Gott hat
mich dem Koͤnige zum Vater geſetzt/ und zum Herꝛn
uͤber ſein gantzes Haus: ja zum Fuͤrſten uͤber das gantze
Egipten. Eilet nun/ und ziehet hinauf zu meinem
Vater. Machet euch ſtraks auf/ ihm anzumelden/ daß
ich noch lebe. Saget ihm/ daß mich Gott zum Herꝛn
uͤber das gantze Egipten geſetzt hat. Sprecht zu ihm/
das leſt dir Joſef ſagen: kom herab zu mir. Du ſolt
im lande Geſſen wohnen/ und nahe bei mir ſein. Sa-
get zu ihm/ daß er/ mit ſeinen Kindern/ mit ſeinen
Kindeskindern/ und mit ſeinem kleinen und großem
Viehe/ herabkomme. Ich wil ihn verſorgen; damit er
nicht verderbe/ mit ſeinem hauſe/ und allem/ was er
hat: dan die teurung wird noch fuͤnf jahre waͤhren.
Berichtet ihn/ daß eure eigene augen/ und meines Bru-
ders Benjamins augen ſelbſten geſehen/ daß ich
muͤndlich mit euch geredet. Ja verkuͤndiget meinem
Vater alle meine herꝛligkeit in Egipten/ und alles/
was ihr geſehen. Eilet/ und komt bald hernieder/ mit
meinem Vater.

Hierauf fiel er ſeinem Bruder Benjamin uͤm den
hals/ und weinete: und Benjamin weinete gleiches-
fals an ſeinem halſe. Auch kuͤſſete er alle ſeine Bruͤder/
und weinete uͤber ſie. Endlich redeten ſie miteinander;
und warden froͤhlich. Niemand aber war froͤhlicher/
als Benjamin/ und Ruben. Eben kahm die lieb-
ſeelige Aſſenat auch hinein/ ihre Schwaͤger wilkom-
men zu heiſſen. Sie hatte ihre zwei junge Herlein bei
der hand: welche ihre Vettern ebenmaͤßig empfingen.
Zum wilkommen verehrete ſie iedem Schwager ein Fei-
erkleid; dem Benjamin aber zwei. Es war ihr leid/
daß ſieihre freude/ aus unkuͤndigkeit der Ebreiſchen
ſprache/ ihnen nicht mit eigenem munde bezeugen konte.
Doch erſetzte ſolches ihr aͤlteſtes Herlein Manaſſe.

Die-
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[280/0304] Der Aſſenat halte auf erden/ und euer leben errette/ durch eine große errettung. Ja Gott hat es getahn/ nicht ihr. Gott hat mich dem Koͤnige zum Vater geſetzt/ und zum Herꝛn uͤber ſein gantzes Haus: ja zum Fuͤrſten uͤber das gantze Egipten. Eilet nun/ und ziehet hinauf zu meinem Vater. Machet euch ſtraks auf/ ihm anzumelden/ daß ich noch lebe. Saget ihm/ daß mich Gott zum Herꝛn uͤber das gantze Egipten geſetzt hat. Sprecht zu ihm/ das leſt dir Joſef ſagen: kom herab zu mir. Du ſolt im lande Geſſen wohnen/ und nahe bei mir ſein. Sa- get zu ihm/ daß er/ mit ſeinen Kindern/ mit ſeinen Kindeskindern/ und mit ſeinem kleinen und großem Viehe/ herabkomme. Ich wil ihn verſorgen; damit er nicht verderbe/ mit ſeinem hauſe/ und allem/ was er hat: dan die teurung wird noch fuͤnf jahre waͤhren. Berichtet ihn/ daß eure eigene augen/ und meines Bru- ders Benjamins augen ſelbſten geſehen/ daß ich muͤndlich mit euch geredet. Ja verkuͤndiget meinem Vater alle meine herꝛligkeit in Egipten/ und alles/ was ihr geſehen. Eilet/ und komt bald hernieder/ mit meinem Vater. Hierauf fiel er ſeinem Bruder Benjamin uͤm den hals/ und weinete: und Benjamin weinete gleiches- fals an ſeinem halſe. Auch kuͤſſete er alle ſeine Bruͤder/ und weinete uͤber ſie. Endlich redeten ſie miteinander; und warden froͤhlich. Niemand aber war froͤhlicher/ als Benjamin/ und Ruben. Eben kahm die lieb- ſeelige Aſſenat auch hinein/ ihre Schwaͤger wilkom- men zu heiſſen. Sie hatte ihre zwei junge Herlein bei der hand: welche ihre Vettern ebenmaͤßig empfingen. Zum wilkommen verehrete ſie iedem Schwager ein Fei- erkleid; dem Benjamin aber zwei. Es war ihr leid/ daß ſieihre freude/ aus unkuͤndigkeit der Ebreiſchen ſprache/ ihnen nicht mit eigenem munde bezeugen konte. Doch erſetzte ſolches ihr aͤlteſtes Herlein Manaſſe. Die-

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/304>, abgerufen am 11.05.2024.