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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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sechstes Buch.

Also machten sich die eilf Söhne Jakobs auf die
reise/ und kahmen in wenig tagen glüklich zu Memfis
an. Eben befand sich Josef bei der überfahrt vor der
stadt. Er sahe seine Brüder/ mit dem Benjamin:
und befahl dem Musai/ sie sämtlich auf sein schlos zu
führen. Auch fügte er hinzu: daß er solte schlachten/
und zurichten laßen: dan sie solten das mittagsmahl
mit ihm halten. Als sie nun sahen/ daß sie auf das
Schaltkönigliche schlos geführet warden/ da erschraken
sie. Das hertz entfiel ihnen. Ach! sagten sie unterein-
ander/ wir werden üm des geldes willen/ das wir in un-
sern säkken gefunden/ hierher gebracht. Man wil uns
eines diebstals bezüchtigen. Man wil ein urteil über
uns fällen; damit man uns zu leibeignen/ samt unsern
eseln/ behalte. Und darüm redeten sie mit dem Musai
vor dem tohre. Mein Herr/ sagten sie/ wir haben bei euch
vor diesem getreide gekauft/ aber auf dem rükwege alles
geld/ das wir darvor gegeben/ in unsern säkken wieder-
gefunden. Nuhn wissen wir nicht/ wie es hinein kom-
men. Darüm bringen wir dasselbe/ als auch noch mehr
mit uns; alles/ was wir gekauft/ und noch kauffen
würden/ richtig zu bezahlen. Der Haushalter aber ant-
wortete: fürchtet euch nicht. Euer geld ist mir wor-
den. Euer Gott und eures Vaters Gott hat euch einen
schatz beschceret in eure säkke. Ich habe die volle bezah-
lung bekommen.

Hierauf brachte sie Musai in ein Fürstliches zim-
mer; lies ihnen wasser reichen/ die füße zu waschen/
und ihren eseln futter geben. Auch führete er ihren bru-
der Simeon zu ihnen: der sie mit großen freuden em-
pfing. Sie aber gingen hinaus/ und eröfneten ihre säk-
ke. Daraus nahmen sie die mitgebrachten früchte/ wel-
che dem Schaltkönige solten verehret werden. Von ei-
ner ieden ahrt legten sie etwas zur schaue in unterschied-
liche schüsseln/ dem Schaltkönige/ sobald er wieder

heim
S
ſechſtes Buch.

Alſo machten ſich die eilf Soͤhne Jakobs auf die
reiſe/ und kahmen in wenig tagen gluͤklich zu Memfis
an. Eben befand ſich Joſef bei der uͤberfahrt vor der
ſtadt. Er ſahe ſeine Bruͤder/ mit dem Benjamin:
und befahl dem Muſai/ ſie ſaͤmtlich auf ſein ſchlos zu
fuͤhren. Auch fuͤgte er hinzu: daß er ſolte ſchlachten/
und zurichten laßen: dan ſie ſolten das mittagsmahl
mit ihm halten. Als ſie nun ſahen/ daß ſie auf das
Schaltkoͤnigliche ſchlos gefuͤhret warden/ da erſchraken
ſie. Das hertz entfiel ihnen. Ach! ſagten ſie unterein-
ander/ wir werden uͤm des geldes willen/ das wir in un-
ſern ſaͤkken gefunden/ hierher gebracht. Man wil uns
eines diebſtals bezuͤchtigen. Man wil ein urteil uͤber
uns faͤllen; damit man uns zu leibeignen/ ſamt unſern
eſeln/ behalte. Und daruͤm redeten ſie mit dem Muſai
vor dem tohre. Mein Herꝛ/ ſagten ſie/ wir haben bei euch
vor dieſem getreide gekauft/ aber auf dem ruͤkwege alles
geld/ das wir darvor gegeben/ in unſern ſaͤkken wieder-
gefunden. Nuhn wiſſen wir nicht/ wie es hinein kom-
men. Daruͤm bringen wir daſſelbe/ als auch noch mehr
mit uns; alles/ was wir gekauft/ und noch kauffen
wuͤrden/ richtig zu bezahlen. Der Haushalter aber ant-
wortete: fuͤrchtet euch nicht. Euer geld iſt mir wor-
den. Euer Gott und eures Vaters Gott hat euch einen
ſchatz beſchceret in eure ſaͤkke. Ich habe die volle bezah-
lung bekommen.

Hierauf brachte ſie Muſai in ein Fuͤrſtliches zim-
mer; lies ihnen waſſer reichen/ die fuͤße zu waſchen/
und ihren eſeln futter geben. Auch fuͤhrete er ihren bru-
der Simeon zu ihnen: der ſie mit großen freuden em-
pfing. Sie aber gingen hinaus/ und eroͤfneten ihre ſaͤk-
ke. Daraus nahmen ſie die mitgebrachten fruͤchte/ wel-
che dem Schaltkoͤnige ſolten verehret werden. Von ei-
ner ieden ahrt legten ſie etwas zur ſchaue in unterſchied-
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[273/0297] ſechſtes Buch. Alſo machten ſich die eilf Soͤhne Jakobs auf die reiſe/ und kahmen in wenig tagen gluͤklich zu Memfis an. Eben befand ſich Joſef bei der uͤberfahrt vor der ſtadt. Er ſahe ſeine Bruͤder/ mit dem Benjamin: und befahl dem Muſai/ ſie ſaͤmtlich auf ſein ſchlos zu fuͤhren. Auch fuͤgte er hinzu: daß er ſolte ſchlachten/ und zurichten laßen: dan ſie ſolten das mittagsmahl mit ihm halten. Als ſie nun ſahen/ daß ſie auf das Schaltkoͤnigliche ſchlos gefuͤhret warden/ da erſchraken ſie. Das hertz entfiel ihnen. Ach! ſagten ſie unterein- ander/ wir werden uͤm des geldes willen/ das wir in un- ſern ſaͤkken gefunden/ hierher gebracht. Man wil uns eines diebſtals bezuͤchtigen. Man wil ein urteil uͤber uns faͤllen; damit man uns zu leibeignen/ ſamt unſern eſeln/ behalte. Und daruͤm redeten ſie mit dem Muſai vor dem tohre. Mein Herꝛ/ ſagten ſie/ wir haben bei euch vor dieſem getreide gekauft/ aber auf dem ruͤkwege alles geld/ das wir darvor gegeben/ in unſern ſaͤkken wieder- gefunden. Nuhn wiſſen wir nicht/ wie es hinein kom- men. Daruͤm bringen wir daſſelbe/ als auch noch mehr mit uns; alles/ was wir gekauft/ und noch kauffen wuͤrden/ richtig zu bezahlen. Der Haushalter aber ant- wortete: fuͤrchtet euch nicht. Euer geld iſt mir wor- den. Euer Gott und eures Vaters Gott hat euch einen ſchatz beſchceret in eure ſaͤkke. Ich habe die volle bezah- lung bekommen. Hierauf brachte ſie Muſai in ein Fuͤrſtliches zim- mer; lies ihnen waſſer reichen/ die fuͤße zu waſchen/ und ihren eſeln futter geben. Auch fuͤhrete er ihren bru- der Simeon zu ihnen: der ſie mit großen freuden em- pfing. Sie aber gingen hinaus/ und eroͤfneten ihre ſaͤk- ke. Daraus nahmen ſie die mitgebrachten fruͤchte/ wel- che dem Schaltkoͤnige ſolten verehret werden. Von ei- ner ieden ahrt legten ſie etwas zur ſchaue in unterſchied- liche ſchuͤſſeln/ dem Schaltkoͤnige/ ſobald er wieder heim S

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/297>, abgerufen am 13.05.2024.