Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

Bild:
<< vorherige Seite
sechstes Buch.

Also machten sich die eilf Söhne Jakobs auf die
reise/ und kahmen in wenig tagen glüklich zu Memfis
an. Eben befand sich Josef bei der überfahrt vor der
stadt. Er sahe seine Brüder/ mit dem Benjamin:
und befahl dem Musai/ sie sämtlich auf sein schlos zu
führen. Auch fügte er hinzu: daß er solte schlachten/
und zurichten laßen: dan sie solten das mittagsmahl
mit ihm halten. Als sie nun sahen/ daß sie auf das
Schaltkönigliche schlos geführet warden/ da erschraken
sie. Das hertz entfiel ihnen. Ach! sagten sie unterein-
ander/ wir werden üm des geldes willen/ das wir in un-
sern säkken gefunden/ hierher gebracht. Man wil uns
eines diebstals bezüchtigen. Man wil ein urteil über
uns fällen; damit man uns zu leibeignen/ samt unsern
eseln/ behalte. Und darüm redeten sie mit dem Musai
vor dem tohre. Mein Herr/ sagten sie/ wir haben bei euch
vor diesem getreide gekauft/ aber auf dem rükwege alles
geld/ das wir darvor gegeben/ in unsern säkken wieder-
gefunden. Nuhn wissen wir nicht/ wie es hinein kom-
men. Darüm bringen wir dasselbe/ als auch noch mehr
mit uns; alles/ was wir gekauft/ und noch kauffen
würden/ richtig zu bezahlen. Der Haushalter aber ant-
wortete: fürchtet euch nicht. Euer geld ist mir wor-
den. Euer Gott und eures Vaters Gott hat euch einen
schatz beschceret in eure säkke. Ich habe die volle bezah-
lung bekommen.

Hierauf brachte sie Musai in ein Fürstliches zim-
mer; lies ihnen wasser reichen/ die füße zu waschen/
und ihren eseln futter geben. Auch führete er ihren bru-
der Simeon zu ihnen: der sie mit großen freuden em-
pfing. Sie aber gingen hinaus/ und eröfneten ihre säk-
ke. Daraus nahmen sie die mitgebrachten früchte/ wel-
che dem Schaltkönige solten verehret werden. Von ei-
ner ieden ahrt legten sie etwas zur schaue in unterschied-
liche schüsseln/ dem Schaltkönige/ sobald er wieder

heim
S
ſechſtes Buch.

Alſo machten ſich die eilf Soͤhne Jakobs auf die
reiſe/ und kahmen in wenig tagen gluͤklich zu Memfis
an. Eben befand ſich Joſef bei der uͤberfahrt vor der
ſtadt. Er ſahe ſeine Bruͤder/ mit dem Benjamin:
und befahl dem Muſai/ ſie ſaͤmtlich auf ſein ſchlos zu
fuͤhren. Auch fuͤgte er hinzu: daß er ſolte ſchlachten/
und zurichten laßen: dan ſie ſolten das mittagsmahl
mit ihm halten. Als ſie nun ſahen/ daß ſie auf das
Schaltkoͤnigliche ſchlos gefuͤhret warden/ da erſchraken
ſie. Das hertz entfiel ihnen. Ach! ſagten ſie unterein-
ander/ wir werden uͤm des geldes willen/ das wir in un-
ſern ſaͤkken gefunden/ hierher gebracht. Man wil uns
eines diebſtals bezuͤchtigen. Man wil ein urteil uͤber
uns faͤllen; damit man uns zu leibeignen/ ſamt unſern
eſeln/ behalte. Und daruͤm redeten ſie mit dem Muſai
vor dem tohre. Mein Herꝛ/ ſagten ſie/ wir haben bei euch
vor dieſem getreide gekauft/ aber auf dem ruͤkwege alles
geld/ das wir darvor gegeben/ in unſern ſaͤkken wieder-
gefunden. Nuhn wiſſen wir nicht/ wie es hinein kom-
men. Daruͤm bringen wir daſſelbe/ als auch noch mehr
mit uns; alles/ was wir gekauft/ und noch kauffen
wuͤrden/ richtig zu bezahlen. Der Haushalter aber ant-
wortete: fuͤrchtet euch nicht. Euer geld iſt mir wor-
den. Euer Gott und eures Vaters Gott hat euch einen
ſchatz beſchceret in eure ſaͤkke. Ich habe die volle bezah-
lung bekommen.

Hierauf brachte ſie Muſai in ein Fuͤrſtliches zim-
mer; lies ihnen waſſer reichen/ die fuͤße zu waſchen/
und ihren eſeln futter geben. Auch fuͤhrete er ihren bru-
der Simeon zu ihnen: der ſie mit großen freuden em-
pfing. Sie aber gingen hinaus/ und eroͤfneten ihre ſaͤk-
ke. Daraus nahmen ſie die mitgebrachten fruͤchte/ wel-
che dem Schaltkoͤnige ſolten verehret werden. Von ei-
ner ieden ahrt legten ſie etwas zur ſchaue in unterſchied-
liche ſchuͤſſeln/ dem Schaltkoͤnige/ ſobald er wieder

heim
S
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0297" n="273"/>
        <fw place="top" type="header">&#x017F;ech&#x017F;tes Buch.</fw><lb/>
        <p>Al&#x017F;o machten &#x017F;ich die eilf So&#x0364;hne <hi rendition="#fr">Jakobs</hi> auf die<lb/>
rei&#x017F;e/ und kahmen in wenig tagen glu&#x0364;klich zu <hi rendition="#fr">Memfis</hi><lb/>
an. Eben befand &#x017F;ich <hi rendition="#fr">Jo&#x017F;ef</hi> bei der u&#x0364;berfahrt vor der<lb/>
&#x017F;tadt. Er &#x017F;ahe &#x017F;eine Bru&#x0364;der/ mit dem <hi rendition="#fr">Benjamin:</hi><lb/>
und befahl dem <hi rendition="#fr">Mu&#x017F;ai/</hi> &#x017F;ie &#x017F;a&#x0364;mtlich auf &#x017F;ein &#x017F;chlos zu<lb/>
fu&#x0364;hren. Auch fu&#x0364;gte er hinzu: daß er &#x017F;olte &#x017F;chlachten/<lb/>
und zurichten laßen: dan &#x017F;ie &#x017F;olten das mittagsmahl<lb/>
mit ihm halten. Als &#x017F;ie nun &#x017F;ahen/ daß &#x017F;ie auf das<lb/>
Schaltko&#x0364;nigliche &#x017F;chlos gefu&#x0364;hret warden/ da er&#x017F;chraken<lb/>
&#x017F;ie. Das hertz entfiel ihnen. Ach! &#x017F;agten &#x017F;ie unterein-<lb/>
ander/ wir werden u&#x0364;m des geldes willen/ das wir in un-<lb/>
&#x017F;ern &#x017F;a&#x0364;kken gefunden/ hierher gebracht. Man wil uns<lb/>
eines dieb&#x017F;tals bezu&#x0364;chtigen. Man wil ein urteil u&#x0364;ber<lb/>
uns fa&#x0364;llen; damit man uns zu leibeignen/ &#x017F;amt un&#x017F;ern<lb/>
e&#x017F;eln/ behalte. Und daru&#x0364;m redeten &#x017F;ie mit dem <hi rendition="#fr">Mu&#x017F;ai</hi><lb/>
vor dem tohre. Mein Her&#xA75B;/ &#x017F;agten &#x017F;ie/ wir haben bei euch<lb/>
vor die&#x017F;em getreide gekauft/ aber auf dem ru&#x0364;kwege alles<lb/>
geld/ das wir darvor gegeben/ in un&#x017F;ern &#x017F;a&#x0364;kken wieder-<lb/>
gefunden. Nuhn wi&#x017F;&#x017F;en wir nicht/ wie es hinein kom-<lb/>
men. Daru&#x0364;m bringen wir da&#x017F;&#x017F;elbe/ als auch noch mehr<lb/>
mit uns; alles/ was wir gekauft/ und noch kauffen<lb/>
wu&#x0364;rden/ richtig zu bezahlen. Der Haushalter aber ant-<lb/>
wortete: fu&#x0364;rchtet euch nicht. Euer geld i&#x017F;t mir wor-<lb/>
den. Euer Gott und eures Vaters Gott hat euch einen<lb/>
&#x017F;chatz be&#x017F;chceret in eure &#x017F;a&#x0364;kke. Ich habe die volle bezah-<lb/>
lung bekommen.</p><lb/>
        <p>Hierauf brachte &#x017F;ie <hi rendition="#fr">Mu&#x017F;ai</hi> in ein Fu&#x0364;r&#x017F;tliches zim-<lb/>
mer; lies ihnen wa&#x017F;&#x017F;er reichen/ die fu&#x0364;ße zu wa&#x017F;chen/<lb/>
und ihren e&#x017F;eln futter geben. Auch fu&#x0364;hrete er ihren bru-<lb/>
der <hi rendition="#fr">Simeon</hi> zu ihnen: der &#x017F;ie mit großen freuden em-<lb/>
pfing. Sie aber gingen hinaus/ und ero&#x0364;fneten ihre &#x017F;a&#x0364;k-<lb/>
ke. Daraus nahmen &#x017F;ie die mitgebrachten fru&#x0364;chte/ wel-<lb/>
che dem Schaltko&#x0364;nige &#x017F;olten verehret werden. Von ei-<lb/>
ner ieden ahrt legten &#x017F;ie etwas zur &#x017F;chaue in unter&#x017F;chied-<lb/>
liche &#x017F;chu&#x0364;&#x017F;&#x017F;eln/ dem Schaltko&#x0364;nige/ &#x017F;obald er wieder<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S</fw><fw place="bottom" type="catch">heim</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[273/0297] ſechſtes Buch. Alſo machten ſich die eilf Soͤhne Jakobs auf die reiſe/ und kahmen in wenig tagen gluͤklich zu Memfis an. Eben befand ſich Joſef bei der uͤberfahrt vor der ſtadt. Er ſahe ſeine Bruͤder/ mit dem Benjamin: und befahl dem Muſai/ ſie ſaͤmtlich auf ſein ſchlos zu fuͤhren. Auch fuͤgte er hinzu: daß er ſolte ſchlachten/ und zurichten laßen: dan ſie ſolten das mittagsmahl mit ihm halten. Als ſie nun ſahen/ daß ſie auf das Schaltkoͤnigliche ſchlos gefuͤhret warden/ da erſchraken ſie. Das hertz entfiel ihnen. Ach! ſagten ſie unterein- ander/ wir werden uͤm des geldes willen/ das wir in un- ſern ſaͤkken gefunden/ hierher gebracht. Man wil uns eines diebſtals bezuͤchtigen. Man wil ein urteil uͤber uns faͤllen; damit man uns zu leibeignen/ ſamt unſern eſeln/ behalte. Und daruͤm redeten ſie mit dem Muſai vor dem tohre. Mein Herꝛ/ ſagten ſie/ wir haben bei euch vor dieſem getreide gekauft/ aber auf dem ruͤkwege alles geld/ das wir darvor gegeben/ in unſern ſaͤkken wieder- gefunden. Nuhn wiſſen wir nicht/ wie es hinein kom- men. Daruͤm bringen wir daſſelbe/ als auch noch mehr mit uns; alles/ was wir gekauft/ und noch kauffen wuͤrden/ richtig zu bezahlen. Der Haushalter aber ant- wortete: fuͤrchtet euch nicht. Euer geld iſt mir wor- den. Euer Gott und eures Vaters Gott hat euch einen ſchatz beſchceret in eure ſaͤkke. Ich habe die volle bezah- lung bekommen. Hierauf brachte ſie Muſai in ein Fuͤrſtliches zim- mer; lies ihnen waſſer reichen/ die fuͤße zu waſchen/ und ihren eſeln futter geben. Auch fuͤhrete er ihren bru- der Simeon zu ihnen: der ſie mit großen freuden em- pfing. Sie aber gingen hinaus/ und eroͤfneten ihre ſaͤk- ke. Daraus nahmen ſie die mitgebrachten fruͤchte/ wel- che dem Schaltkoͤnige ſolten verehret werden. Von ei- ner ieden ahrt legten ſie etwas zur ſchaue in unterſchied- liche ſchuͤſſeln/ dem Schaltkoͤnige/ ſobald er wieder heim S

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/297
Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/297>, abgerufen am 21.12.2024.