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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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Der Assenat
üm habt ihr so übel an mir getahn/ daß ihr ihm sagtet/
ihr hettet noch einen Bruder zu hause? Sie antworteten:
der Man forschte so genau nach uns und unsrer freund-
schaft. Ja er fragte: lebet euer Vater noch? und habt
ihr auch noch einen Bruder? Wir gaben ihm bescheid/
wie er fragte. Dan wer hette gedacht/ daß er uns befeh-
len würde unsern Bruder mitzubringen? Judah redete
weiter. Ach! lieber Vater/ sagte er/ laß unsern Bru-
der mit mir ziehen/ daß wir uns aufmachen/ ehe wir
sterben. Wilstu dan/ daß wir/ üm seinet willen/ ja du
selbsten/ und er zugleich mit uns/ vor hunger ver-
schmachten sollen? Wilstu dan/ daß auch Simeon
wan wir nicht wiederkommen/ sol hingerichtet werden?
Ei lieber! laß ihn mitreisen/ damit wir leben. Ich
wil bürge für ihn sein. Von meinen händen soltu ihn
fordern. Wan ich ihn nicht wiederbringe/ und für dein
angesicht stelle; so wil ich mein lebenlang die schuld tra-
gen. Hettestu ihn eher mitgelaßen/ so weren wir schon
wohl zweimahl wiederkommen.

Hierauf entschlos sich Jakob endlich/ seinen Ben-
jamin
mitzugeben. Mus es dan also sein/ sagte er;
so tuht es/ und nehmet ihn hin. Darzu nehmet auch
von des landes besten früchten mit euch. Bringet dem
Manne geschenke. Bringet ihm Balsam/ Honig/ Ro-
sienen/ und allerlei Würtze. Bringet ihm Mirren/
Datteln/
Feigen/ und Mandeln; so viel/ als ihr
in eure säkke zu bringen vermöget. Und also wird er
euch üm so viel mehr gnade erweisen. Nehmet auch zum
einkauffe des getreides so viel geldes mit/ als genug ist:
und darzu dasselbe/ das ihr in euren säkken gefunden.
Der almächtige Gott laße euch barmhertzigkeit finden
vor dem Manne/ daß ihr euren andern Bruder/ mit
dem Benjamin/ wiederbringet. Nun so ziehet hin
im friede. Ich aber mus sein als einer/ der aller seiner
kinder beraubet ist.

Al-

Der Aſſenat
uͤm habt ihr ſo uͤbel an mir getahn/ daß ihr ihm ſagtet/
ihr hettet noch einen Bruder zu hauſe? Sie antworteten:
der Man forſchte ſo genau nach uns und unſrer freund-
ſchaft. Ja er fragte: lebet euer Vater noch? und habt
ihr auch noch einen Bruder? Wir gaben ihm beſcheid/
wie er fragte. Dan wer hette gedacht/ daß er uns befeh-
len wuͤrde unſern Bruder mitzubringen? Judah redete
weiter. Ach! lieber Vater/ ſagte er/ laß unſern Bru-
der mit mir ziehen/ daß wir uns aufmachen/ ehe wir
ſterben. Wilſtu dan/ daß wir/ uͤm ſeinet willen/ ja du
ſelbſten/ und er zugleich mit uns/ vor hunger ver-
ſchmachten ſollen? Wilſtu dan/ daß auch Simeon
wan wir nicht wiederkommen/ ſol hingerichtet werden?
Ei lieber! laß ihn mitreiſen/ damit wir leben. Ich
wil buͤrge fuͤr ihn ſein. Von meinen haͤnden ſoltu ihn
fordern. Wan ich ihn nicht wiederbringe/ und fuͤr dein
angeſicht ſtelle; ſo wil ich mein lebenlang die ſchuld tra-
gen. Hetteſtu ihn eher mitgelaßen/ ſo weren wir ſchon
wohl zweimahl wiederkommen.

Hierauf entſchlos ſich Jakob endlich/ ſeinen Ben-
jamin
mitzugeben. Mus es dan alſo ſein/ ſagte er;
ſo tuht es/ und nehmet ihn hin. Darzu nehmet auch
von des landes beſten fruͤchten mit euch. Bringet dem
Manne geſchenke. Bringet ihm Balſam/ Honig/ Ro-
ſienen/ und allerlei Wuͤrtze. Bringet ihm Mirren/
Datteln/
Feigen/ und Mandeln; ſo viel/ als ihr
in eure ſaͤkke zu bringen vermoͤget. Und alſo wird er
euch uͤm ſo viel mehr gnade erweiſen. Nehmet auch zum
einkauffe des getreides ſo viel geldes mit/ als genug iſt:
und darzu daſſelbe/ das ihr in euren ſaͤkken gefunden.
Der almaͤchtige Gott laße euch barmhertzigkeit finden
vor dem Manne/ daß ihr euren andern Bruder/ mit
dem Benjamin/ wiederbringet. Nun ſo ziehet hin
im friede. Ich aber mus ſein als einer/ der aller ſeiner
kinder beraubet iſt.

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[272/0296] Der Aſſenat uͤm habt ihr ſo uͤbel an mir getahn/ daß ihr ihm ſagtet/ ihr hettet noch einen Bruder zu hauſe? Sie antworteten: der Man forſchte ſo genau nach uns und unſrer freund- ſchaft. Ja er fragte: lebet euer Vater noch? und habt ihr auch noch einen Bruder? Wir gaben ihm beſcheid/ wie er fragte. Dan wer hette gedacht/ daß er uns befeh- len wuͤrde unſern Bruder mitzubringen? Judah redete weiter. Ach! lieber Vater/ ſagte er/ laß unſern Bru- der mit mir ziehen/ daß wir uns aufmachen/ ehe wir ſterben. Wilſtu dan/ daß wir/ uͤm ſeinet willen/ ja du ſelbſten/ und er zugleich mit uns/ vor hunger ver- ſchmachten ſollen? Wilſtu dan/ daß auch Simeon wan wir nicht wiederkommen/ ſol hingerichtet werden? Ei lieber! laß ihn mitreiſen/ damit wir leben. Ich wil buͤrge fuͤr ihn ſein. Von meinen haͤnden ſoltu ihn fordern. Wan ich ihn nicht wiederbringe/ und fuͤr dein angeſicht ſtelle; ſo wil ich mein lebenlang die ſchuld tra- gen. Hetteſtu ihn eher mitgelaßen/ ſo weren wir ſchon wohl zweimahl wiederkommen. Hierauf entſchlos ſich Jakob endlich/ ſeinen Ben- jamin mitzugeben. Mus es dan alſo ſein/ ſagte er; ſo tuht es/ und nehmet ihn hin. Darzu nehmet auch von des landes beſten fruͤchten mit euch. Bringet dem Manne geſchenke. Bringet ihm Balſam/ Honig/ Ro- ſienen/ und allerlei Wuͤrtze. Bringet ihm Mirren/ Datteln/ Feigen/ und Mandeln; ſo viel/ als ihr in eure ſaͤkke zu bringen vermoͤget. Und alſo wird er euch uͤm ſo viel mehr gnade erweiſen. Nehmet auch zum einkauffe des getreides ſo viel geldes mit/ als genug iſt: und darzu daſſelbe/ das ihr in euren ſaͤkken gefunden. Der almaͤchtige Gott laße euch barmhertzigkeit finden vor dem Manne/ daß ihr euren andern Bruder/ mit dem Benjamin/ wiederbringet. Nun ſo ziehet hin im friede. Ich aber mus ſein als einer/ der aller ſeiner kinder beraubet iſt. Al-

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/296>, abgerufen am 30.12.2024.