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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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Der Assenat
naan: und der jüngste ist noch bei unsrem Vater;
aber einer ist nicht mehr vorhanden.

Josef redete weiter. Das ists/ sagte er/ ihr seid Kund-
schaffer. Verrähter seid ihr. Man kan es euch an den
gesichtern ansehen. Die augen weisen es aus. Ich wil
erfahren/ ob ihr wahr redet. Bei dem leben Faraons!
ihr solt nicht eher von hier kommen/ es komme dan euer
jüngster Bruder her. Sendet einen unter euch hin/ der
ihn hohle. Ihr unterdessen solt meine gefangene sein.
Also wil ich eure reden bewähren/ ob sie gleichzu treffen/
oder nicht. Wird man sie unwahrhaftig befinden/ so seid
ihr bei dem leben Faraons! Kundschaffer. Hierauf lies
er sie allesamt drei tage gefänglich bewahren. Da ver-
wiese Ruben seinen Brüdern/ was sie am Josef ver-
übet. Sehet! sprach er/ habe ichs nicht lange gesagt/
daß euch eure boßheit endlich einmahl würde vergolten
werden. Alles dieses habet ihr an eurem unschuldigen
Bruder verdienet. Hettet ihr meinem rahte gefolget/
so würde dis unglük euch nicht treffen. Uber diesen wor-
ten begunten sie alle kleinlaut zu werden. Keiner ver-
mochte nicht ein wort zu sprechen. Kaum rühreten sie
sich. Kaum bewegte sich ein glied an ihrem leibe.

Am dritten tage lies sie Josef fragen; ob sie sich be-
dacht? Da tähten sie alle einen fußfal. Ruben/ wel-
cher der behertztere war/ weil er ein reines gewissen hatte/
führete das wort. Mein Herr/ sagte er/ wir seind nicht
anher kommen/ das land zu verkundschaffen. Wir kom-
men nur/ als auf einen freien markt. Und darüm ha-
ben wir das vertrauen/ man werde uns das recht/ das
man auch den wildesten Völkern vergönnet/ nicht wei-
gern. Doch/ imfal mein Herr seinen knechten keinen
glauben zustellet/ so bitten wir untertähnig/ daß erei-
nen seiner leute mitschikke. Wir wollen ihn kostfrei hal-
ten: und er wird befinden/ daß wir alle eines redlichen
Mannes söhne seind. Josef antwortete: wolt ihr den-

sel-

Der Aſſenat
naan: und der juͤngſte iſt noch bei unſrem Vater;
aber einer iſt nicht mehr vorhanden.

Joſef redete weiter. Das iſts/ ſagte er/ ihr ſeid Kund-
ſchaffer. Verraͤhter ſeid ihr. Man kan es euch an den
geſichtern anſehen. Die augen weiſen es aus. Ich wil
erfahren/ ob ihr wahr redet. Bei dem leben Faraons!
ihr ſolt nicht eher von hier kommen/ es komme dan euer
juͤngſter Bruder her. Sendet einen unter euch hin/ der
ihn hohle. Ihr unterdeſſen ſolt meine gefangene ſein.
Alſo wil ich eure reden bewaͤhren/ ob ſie gleichzu treffen/
oder nicht. Wird man ſie unwahrhaftig befinden/ ſo ſeid
ihr bei dem leben Faraons! Kundſchaffer. Hierauf lies
er ſie alleſamt drei tage gefaͤnglich bewahren. Da ver-
wieſe Ruben ſeinen Bruͤdern/ was ſie am Joſef ver-
uͤbet. Sehet! ſprach er/ habe ichs nicht lange geſagt/
daß euch eure boßheit endlich einmahl wuͤrde vergolten
werden. Alles dieſes habet ihr an eurem unſchuldigen
Bruder verdienet. Hettet ihr meinem rahte gefolget/
ſo wuͤrde dis ungluͤk euch nicht treffen. Uber dieſen wor-
ten begunten ſie alle kleinlaut zu werden. Keiner ver-
mochte nicht ein wort zu ſprechen. Kaum ruͤhreten ſie
ſich. Kaum bewegte ſich ein glied an ihrem leibe.

Am dritten tage lies ſie Joſef fragen; ob ſie ſich be-
dacht? Da taͤhten ſie alle einen fußfal. Ruben/ wel-
cher der behertztere war/ weil er ein reines gewiſſen hatte/
fuͤhrete das wort. Mein Herꝛ/ ſagte er/ wir ſeind nicht
anher kommen/ das land zu verkundſchaffen. Wir kom-
men nur/ als auf einen freien markt. Und daruͤm ha-
ben wir das vertrauen/ man werde uns das recht/ das
man auch den wildeſten Voͤlkern vergoͤnnet/ nicht wei-
gern. Doch/ imfal mein Herꝛ ſeinen knechten keinen
glauben zuſtellet/ ſo bitten wir untertaͤhnig/ daß erei-
nen ſeiner leute mitſchikke. Wir wollen ihn koſtfrei hal-
ten: und er wird befinden/ daß wir alle eines redlichen
Mannes ſoͤhne ſeind. Joſef antwortete: wolt ihr den-

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[268/0292] Der Aſſenat naan: und der juͤngſte iſt noch bei unſrem Vater; aber einer iſt nicht mehr vorhanden. Joſef redete weiter. Das iſts/ ſagte er/ ihr ſeid Kund- ſchaffer. Verraͤhter ſeid ihr. Man kan es euch an den geſichtern anſehen. Die augen weiſen es aus. Ich wil erfahren/ ob ihr wahr redet. Bei dem leben Faraons! ihr ſolt nicht eher von hier kommen/ es komme dan euer juͤngſter Bruder her. Sendet einen unter euch hin/ der ihn hohle. Ihr unterdeſſen ſolt meine gefangene ſein. Alſo wil ich eure reden bewaͤhren/ ob ſie gleichzu treffen/ oder nicht. Wird man ſie unwahrhaftig befinden/ ſo ſeid ihr bei dem leben Faraons! Kundſchaffer. Hierauf lies er ſie alleſamt drei tage gefaͤnglich bewahren. Da ver- wieſe Ruben ſeinen Bruͤdern/ was ſie am Joſef ver- uͤbet. Sehet! ſprach er/ habe ichs nicht lange geſagt/ daß euch eure boßheit endlich einmahl wuͤrde vergolten werden. Alles dieſes habet ihr an eurem unſchuldigen Bruder verdienet. Hettet ihr meinem rahte gefolget/ ſo wuͤrde dis ungluͤk euch nicht treffen. Uber dieſen wor- ten begunten ſie alle kleinlaut zu werden. Keiner ver- mochte nicht ein wort zu ſprechen. Kaum ruͤhreten ſie ſich. Kaum bewegte ſich ein glied an ihrem leibe. Am dritten tage lies ſie Joſef fragen; ob ſie ſich be- dacht? Da taͤhten ſie alle einen fußfal. Ruben/ wel- cher der behertztere war/ weil er ein reines gewiſſen hatte/ fuͤhrete das wort. Mein Herꝛ/ ſagte er/ wir ſeind nicht anher kommen/ das land zu verkundſchaffen. Wir kom- men nur/ als auf einen freien markt. Und daruͤm ha- ben wir das vertrauen/ man werde uns das recht/ das man auch den wildeſten Voͤlkern vergoͤnnet/ nicht wei- gern. Doch/ imfal mein Herꝛ ſeinen knechten keinen glauben zuſtellet/ ſo bitten wir untertaͤhnig/ daß erei- nen ſeiner leute mitſchikke. Wir wollen ihn koſtfrei hal- ten: und er wird befinden/ daß wir alle eines redlichen Mannes ſoͤhne ſeind. Joſef antwortete: wolt ihr den- ſel-

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/292>, abgerufen am 30.12.2024.