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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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sechstes Buch.
Vieh verfüttert/ oder sonst unnützlich vertahn würde.
Alles muste in des Königes Kornheuser und Scheunen
gelüfert werden. Das bezahlete man/ nach dem damah-
ligen gemeinem/ wiewohl sehr geringem preise/ mit kö-
niglichen geldern. Und also kahm eine große mänge zu-
sammen. Alle Kornheuser warden erfüllet. Man mu-
ste derer immer mehr und mehr bauen.

Die große fruchtbarkeit des landes machte die
Egipter übertähtig und verzährtelt. Der überflus be-
wegte sie zu aller üppigkeit. Die überaus wohlfeile zeit
veruhrsachte sie schläferig/ faul und hinläßig zu wer-
den. Josef/ der alles genau untersuchte/ ward des-
sen straks gewahr. Dem muste/ durch heilsame satzun-
gen/ bei zeiten vorgebauet werden. Bei zeiten muste
man diesem übel steuren. Die fruchtbaren jahre fingen
erst recht an: und gleichwohl nahm solches unheil schon
überhand. In den künftigen war noch ein grösseres zu
vermuhten. Das schien dem Reiche den untergang zu
dreuen. Dieses alles erwog Josef bei sich selbst. Und
darüm stiftete er Untersuchungen des lebens. Allen
Egiptern ward auferlegt/ jährlich vor der Obrig-
keit zu erscheinen. Einieder solte verpflichtet sein re-
chenschaft zu tuhn/ wie er lebete/ was er tähte/ womit
er sich und die seinigen ernährete. Alles unwesen solte
vertilget/ aller müßiggang abgeschaffet/ alles üppige le-
ben gestrafet werden.

Mitlerweile nahete die bestimte zeit zum Beilager
der Königlichen Fürstin herbei. Der Schaltkönig be-
gab sich/ mit seiner Gemahlin/ wieder nach hofe. Eben
kahm der Hochfürstliche Breutigam auch an. Straks
folgeten die eingeladenen. Das Beilager nahm seinen
anfang/ mit ungemeiner pracht. Der Ertzbischof ver-
richtete die Traue. Jederman erzeigete sich fröhlich.
Die freude schien selbsten leibhaftig gegenwärtig zu
sein. Sie brach an allen enden herfür. Aus allen win-

keln
R iiij

ſechſtes Buch.
Vieh verfuͤttert/ oder ſonſt unnuͤtzlich vertahn wuͤrde.
Alles muſte in des Koͤniges Kornheuſer und Scheunen
geluͤfert werden. Das bezahlete man/ nach dem damah-
ligen gemeinem/ wiewohl ſehr geringem preiſe/ mit koͤ-
niglichen geldern. Und alſo kahm eine große maͤnge zu-
ſammen. Alle Kornheuſer warden erfuͤllet. Man mu-
ſte derer immer mehr und mehr bauen.

Die große fruchtbarkeit des landes machte die
Egipter uͤbertaͤhtig und verzaͤhrtelt. Der uͤberflus be-
wegte ſie zu aller uͤppigkeit. Die uͤberaus wohlfeile zeit
veruhrſachte ſie ſchlaͤferig/ faul und hinlaͤßig zu wer-
den. Joſef/ der alles genau unterſuchte/ ward deſ-
ſen ſtraks gewahr. Dem muſte/ durch heilſame ſatzun-
gen/ bei zeiten vorgebauet werden. Bei zeiten muſte
man dieſem uͤbel ſteuren. Die fruchtbaren jahre fingen
erſt recht an: und gleichwohl nahm ſolches unheil ſchon
uͤberhand. In den kuͤnftigen war noch ein groͤſſeres zu
vermuhten. Das ſchien dem Reiche den untergang zu
dreuen. Dieſes alles erwog Joſef bei ſich ſelbſt. Und
daruͤm ſtiftete er Unterſuchungen des lebens. Allen
Egiptern ward auferlegt/ jaͤhrlich vor der Obrig-
keit zu erſcheinen. Einieder ſolte verpflichtet ſein re-
chenſchaft zu tuhn/ wie er lebete/ was er taͤhte/ womit
er ſich und die ſeinigen ernaͤhrete. Alles unweſen ſolte
vertilget/ aller muͤßiggang abgeſchaffet/ alles uͤppige le-
ben geſtrafet werden.

Mitlerweile nahete die beſtimte zeit zum Beilager
der Koͤniglichen Fuͤrſtin herbei. Der Schaltkoͤnig be-
gab ſich/ mit ſeiner Gemahlin/ wieder nach hofe. Eben
kahm der Hochfuͤrſtliche Breutigam auch an. Straks
folgeten die eingeladenen. Das Beilager nahm ſeinen
anfang/ mit ungemeiner pracht. Der Ertzbiſchof ver-
richtete die Traue. Jederman erzeigete ſich froͤhlich.
Die freude ſchien ſelbſten leibhaftig gegenwaͤrtig zu
ſein. Sie brach an allen enden herfuͤr. Aus allen win-

keln
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[263/0287] ſechſtes Buch. Vieh verfuͤttert/ oder ſonſt unnuͤtzlich vertahn wuͤrde. Alles muſte in des Koͤniges Kornheuſer und Scheunen geluͤfert werden. Das bezahlete man/ nach dem damah- ligen gemeinem/ wiewohl ſehr geringem preiſe/ mit koͤ- niglichen geldern. Und alſo kahm eine große maͤnge zu- ſammen. Alle Kornheuſer warden erfuͤllet. Man mu- ſte derer immer mehr und mehr bauen. Die große fruchtbarkeit des landes machte die Egipter uͤbertaͤhtig und verzaͤhrtelt. Der uͤberflus be- wegte ſie zu aller uͤppigkeit. Die uͤberaus wohlfeile zeit veruhrſachte ſie ſchlaͤferig/ faul und hinlaͤßig zu wer- den. Joſef/ der alles genau unterſuchte/ ward deſ- ſen ſtraks gewahr. Dem muſte/ durch heilſame ſatzun- gen/ bei zeiten vorgebauet werden. Bei zeiten muſte man dieſem uͤbel ſteuren. Die fruchtbaren jahre fingen erſt recht an: und gleichwohl nahm ſolches unheil ſchon uͤberhand. In den kuͤnftigen war noch ein groͤſſeres zu vermuhten. Das ſchien dem Reiche den untergang zu dreuen. Dieſes alles erwog Joſef bei ſich ſelbſt. Und daruͤm ſtiftete er Unterſuchungen des lebens. Allen Egiptern ward auferlegt/ jaͤhrlich vor der Obrig- keit zu erſcheinen. Einieder ſolte verpflichtet ſein re- chenſchaft zu tuhn/ wie er lebete/ was er taͤhte/ womit er ſich und die ſeinigen ernaͤhrete. Alles unweſen ſolte vertilget/ aller muͤßiggang abgeſchaffet/ alles uͤppige le- ben geſtrafet werden. Mitlerweile nahete die beſtimte zeit zum Beilager der Koͤniglichen Fuͤrſtin herbei. Der Schaltkoͤnig be- gab ſich/ mit ſeiner Gemahlin/ wieder nach hofe. Eben kahm der Hochfuͤrſtliche Breutigam auch an. Straks folgeten die eingeladenen. Das Beilager nahm ſeinen anfang/ mit ungemeiner pracht. Der Ertzbiſchof ver- richtete die Traue. Jederman erzeigete ſich froͤhlich. Die freude ſchien ſelbſten leibhaftig gegenwaͤrtig zu ſein. Sie brach an allen enden herfuͤr. Aus allen win- keln R iiij

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/287>, abgerufen am 30.12.2024.