Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

Bild:
<< vorherige Seite

sechstes Buch.
den. Die Gewaltigsten der Welt werden un-
sere freundschaft suchen. Ja/ was noch das
allerfürnehmste ist/ die Königliche macht kan/
durch dieses mittel/ zur höchsten freiheit gelan-
gen. Der König kan hierdurch über das gantze

Egipten das freie volgewaltige gebiete bekom-
men. Dan wird er sagen können/ dessen sich noch
kein König vor ihm unterstehen dürfen: dis wil
ich/ dis gebiete ich; so mus es geschehen.

Eben als der Schaltkönig diese worte geredet/ kahm
der Hofmahrschalk ihnen anzudienen/ die speisen we-
ren schon aufgetragen. Straks trahten sie nach der ta-
fel zu. Von stunden an ward alles rege. Einieder be-
kleidete seine gewöhnliche stelle. Zuerst schwieg ieder-
man. Alles war stil. Aber auf diese stille brach die
fröhligkeit jähligen herfür. Der Libier war der erste/
der sich lustig erzeigte. Dem folgete die gantze geselschaft.
Das Frauenzimmer selbsten vergaß sein züchten. Die
eingezogenheit ward verbannet: die lust beliebet; alle
freude verübet. Und also ward dieser tag der fröhlichste
von allen den vorigen des gantzen Beilagers.

Aber der folgende gab ihm nichts zuvor. Ja er war
derselbe/ der ihn weit übertraf. An jenem blieb die
fröhligkeit/ gleich als eingeschlossen/ in der Burg.
Aber an diesem brach sie aus in die Stadt/ auf das
ümliegende land/ ja endlich gar durch das gantze Egip-
ten.
Die vermählung der Königlichen Fürstin mit
dem Libier blieb nicht lange verschwiegen. Kaum hat-
ten die Libischen Abgesanten das jawort weg/ da der
ruf es schon überal ausbreitete. Was vor freude die-
ser ruf veruhrsachte/ kan keine feder beschreiben. Das
frohlokken/ das jauchzen/ das freudengeschrei klung
durch alle gassen der gantzen Stadt Memfis. Selbst/
die ohren des Libiers warden darvon vol. Als er nun
auf die Burg fuhr/ da rief iederman glükzu! Selbst

die
R iij

ſechſtes Buch.
den. Die Gewaltigſten der Welt werden un-
ſere freundſchaft ſuchen. Ja/ was noch das
allerfuͤrnehmſte iſt/ die Koͤnigliche macht kan/
durch dieſes mittel/ zur hoͤchſten freiheit gelan-
gen. Der Koͤnig kan hierdurch uͤber das gantze

Egipten das freie volgewaltige gebiete bekom-
men. Dan wird er ſagen koͤnnen/ deſſen ſich noch
kein Koͤnig vor ihm unterſtehen duͤrfen: dis wil
ich/ dis gebiete ich; ſo mus es geſchehen.

Eben als der Schaltkoͤnig dieſe worte geredet/ kahm
der Hofmahrſchalk ihnen anzudienen/ die ſpeiſen we-
ren ſchon aufgetragen. Straks trahten ſie nach der ta-
fel zu. Von ſtunden an ward alles rege. Einieder be-
kleidete ſeine gewoͤhnliche ſtelle. Zuerſt ſchwieg ieder-
man. Alles war ſtil. Aber auf dieſe ſtille brach die
froͤhligkeit jaͤhligen herfuͤr. Der Libier war der erſte/
der ſich luſtig erzeigte. Dem folgete die gantze geſelſchaft.
Das Frauenzimmer ſelbſten vergaß ſein zuͤchten. Die
eingezogenheit ward verbannet: die luſt beliebet; alle
freude veruͤbet. Und alſo ward dieſer tag der froͤhlichſte
von allen den vorigen des gantzen Beilagers.

Aber der folgende gab ihm nichts zuvor. Ja er war
derſelbe/ der ihn weit uͤbertraf. An jenem blieb die
froͤhligkeit/ gleich als eingeſchloſſen/ in der Burg.
Aber an dieſem brach ſie aus in die Stadt/ auf das
uͤmliegende land/ ja endlich gar durch das gantze Egip-
ten.
Die vermaͤhlung der Koͤniglichen Fuͤrſtin mit
dem Libier blieb nicht lange verſchwiegen. Kaum hat-
ten die Libiſchen Abgeſanten das jawort weg/ da der
ruf es ſchon uͤberal ausbreitete. Was vor freude die-
ſer ruf veruhrſachte/ kan keine feder beſchreiben. Das
frohlokken/ das jauchzen/ das freudengeſchrei klung
durch alle gaſſen der gantzen Stadt Memfis. Selbſt/
die ohren des Libiers warden darvon vol. Als er nun
auf die Burg fuhr/ da rief iederman gluͤkzu! Selbſt

die
R iij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0285" n="261"/><fw place="top" type="header">&#x017F;ech&#x017F;tes Buch.</fw><lb/><hi rendition="#fr">den. Die Gewaltig&#x017F;ten der Welt werden un-<lb/>
&#x017F;ere freund&#x017F;chaft &#x017F;uchen. Ja/ was noch das<lb/>
allerfu&#x0364;rnehm&#x017F;te i&#x017F;t/ die Ko&#x0364;nigliche macht kan/<lb/>
durch die&#x017F;es mittel/ zur ho&#x0364;ch&#x017F;ten freiheit gelan-<lb/>
gen. Der Ko&#x0364;nig kan hierdurch u&#x0364;ber das gantze</hi><lb/>
Egipten <hi rendition="#fr">das freie volgewaltige gebiete bekom-<lb/>
men. Dan wird er &#x017F;agen ko&#x0364;nnen/ de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich noch<lb/>
kein Ko&#x0364;nig vor ihm unter&#x017F;tehen du&#x0364;rfen: dis wil<lb/>
ich/ dis gebiete ich; &#x017F;o mus es ge&#x017F;chehen.</hi></p><lb/>
        <p>Eben als der Schaltko&#x0364;nig die&#x017F;e worte geredet/ kahm<lb/>
der Hofmahr&#x017F;chalk ihnen anzudienen/ die &#x017F;pei&#x017F;en we-<lb/>
ren &#x017F;chon aufgetragen. Straks trahten &#x017F;ie nach der ta-<lb/>
fel zu. Von &#x017F;tunden an ward alles rege. Einieder be-<lb/>
kleidete &#x017F;eine gewo&#x0364;hnliche &#x017F;telle. Zuer&#x017F;t &#x017F;chwieg ieder-<lb/>
man. Alles war &#x017F;til. Aber auf die&#x017F;e &#x017F;tille brach die<lb/>
fro&#x0364;hligkeit ja&#x0364;hligen herfu&#x0364;r. Der <hi rendition="#fr">Libier</hi> war der er&#x017F;te/<lb/>
der &#x017F;ich lu&#x017F;tig erzeigte. Dem folgete die gantze ge&#x017F;el&#x017F;chaft.<lb/>
Das Frauenzimmer &#x017F;elb&#x017F;ten vergaß &#x017F;ein zu&#x0364;chten. Die<lb/>
eingezogenheit ward verbannet: die lu&#x017F;t beliebet; alle<lb/>
freude veru&#x0364;bet. Und al&#x017F;o ward die&#x017F;er tag der fro&#x0364;hlich&#x017F;te<lb/>
von allen den vorigen des gantzen Beilagers.</p><lb/>
        <p>Aber der folgende gab ihm nichts zuvor. Ja er war<lb/>
der&#x017F;elbe/ der ihn weit u&#x0364;bertraf. An jenem blieb die<lb/>
fro&#x0364;hligkeit/ gleich als einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en/ in der Burg.<lb/>
Aber an die&#x017F;em brach &#x017F;ie aus in die Stadt/ auf das<lb/>
u&#x0364;mliegende land/ ja endlich gar durch das gantze <hi rendition="#fr">Egip-<lb/>
ten.</hi> Die verma&#x0364;hlung der Ko&#x0364;niglichen Fu&#x0364;r&#x017F;tin mit<lb/>
dem <hi rendition="#fr">Libier</hi> blieb nicht lange ver&#x017F;chwiegen. Kaum hat-<lb/>
ten die Libi&#x017F;chen Abge&#x017F;anten das jawort weg/ da der<lb/>
ruf es &#x017F;chon u&#x0364;beral ausbreitete. Was vor freude die-<lb/>
&#x017F;er ruf veruhr&#x017F;achte/ kan keine feder be&#x017F;chreiben. Das<lb/>
frohlokken/ das jauchzen/ das freudenge&#x017F;chrei klung<lb/>
durch alle ga&#x017F;&#x017F;en der gantzen Stadt <hi rendition="#fr">Memfis.</hi> Selb&#x017F;t/<lb/>
die ohren des <hi rendition="#fr">Libiers</hi> warden darvon vol. Als er nun<lb/>
auf die Burg fuhr/ da rief iederman glu&#x0364;kzu! Selb&#x017F;t<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R iij</fw><fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[261/0285] ſechſtes Buch. den. Die Gewaltigſten der Welt werden un- ſere freundſchaft ſuchen. Ja/ was noch das allerfuͤrnehmſte iſt/ die Koͤnigliche macht kan/ durch dieſes mittel/ zur hoͤchſten freiheit gelan- gen. Der Koͤnig kan hierdurch uͤber das gantze Egipten das freie volgewaltige gebiete bekom- men. Dan wird er ſagen koͤnnen/ deſſen ſich noch kein Koͤnig vor ihm unterſtehen duͤrfen: dis wil ich/ dis gebiete ich; ſo mus es geſchehen. Eben als der Schaltkoͤnig dieſe worte geredet/ kahm der Hofmahrſchalk ihnen anzudienen/ die ſpeiſen we- ren ſchon aufgetragen. Straks trahten ſie nach der ta- fel zu. Von ſtunden an ward alles rege. Einieder be- kleidete ſeine gewoͤhnliche ſtelle. Zuerſt ſchwieg ieder- man. Alles war ſtil. Aber auf dieſe ſtille brach die froͤhligkeit jaͤhligen herfuͤr. Der Libier war der erſte/ der ſich luſtig erzeigte. Dem folgete die gantze geſelſchaft. Das Frauenzimmer ſelbſten vergaß ſein zuͤchten. Die eingezogenheit ward verbannet: die luſt beliebet; alle freude veruͤbet. Und alſo ward dieſer tag der froͤhlichſte von allen den vorigen des gantzen Beilagers. Aber der folgende gab ihm nichts zuvor. Ja er war derſelbe/ der ihn weit uͤbertraf. An jenem blieb die froͤhligkeit/ gleich als eingeſchloſſen/ in der Burg. Aber an dieſem brach ſie aus in die Stadt/ auf das uͤmliegende land/ ja endlich gar durch das gantze Egip- ten. Die vermaͤhlung der Koͤniglichen Fuͤrſtin mit dem Libier blieb nicht lange verſchwiegen. Kaum hat- ten die Libiſchen Abgeſanten das jawort weg/ da der ruf es ſchon uͤberal ausbreitete. Was vor freude die- ſer ruf veruhrſachte/ kan keine feder beſchreiben. Das frohlokken/ das jauchzen/ das freudengeſchrei klung durch alle gaſſen der gantzen Stadt Memfis. Selbſt/ die ohren des Libiers warden darvon vol. Als er nun auf die Burg fuhr/ da rief iederman gluͤkzu! Selbſt die R iij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/285
Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/285>, abgerufen am 14.05.2024.