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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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Der Assenat
ne gegend des landes Gessen; die er nachmahls vor
seinen Vater und seine Brüder/ sie zu bewohnen/ er-
lesen. Hierauf reisete er nach Bubast: da der götzen-
dienst der Katzen und Hunde fürnehmlich im schwange.
Bei den Ebreern heisset es Pileset; bei den itzigen Egip-
tern Azut oder Aziot. Nach dieser stadt zu warden eh-
mahls alle Katzen/ die in Egipten starben/ eingesaltzen
geschikt; und alda/ gleichwie die Habichte zu Butis/
mit heiligen geprängen begraben. Von dannen ging die
reise ferner fort in die andern städte des Mittel-Egip-
tens. Endlich zog er auch in das Ober-Egipten; des-
sen hauptstadt das prachtige Tebe/ der nachmahlige
Königliche sitz/ war. Diese Stadt ist ehmahls so ge-
waltig groß gewesen/ daß sie mit hundert tohren geprah-
let. Als er nun alles besichtiget/ und überal anst alt ge-
macht das getreidich einzusamlen/ auch hierzu könig-
liche Kornheuser zu bauen befohlen; da begab er sich
wieder nach Memfis.

Acht tage vor der bestimten zeit des Beilagers kahm
Josef in dieser königlichen stadt an. Eben hatte sich
die Fürstin Assenat alda auch eingefunden/ die Kö-
nigliche Fürstin zu besuchen. Eben stunden diese beide
Fürstinnen im fenster/ als der Schaltkönig zum Burg-
tohre hineinfuhr. Niemand war froher/ als Assenat/
da sie ihren Breutigam erblikte. Kaum konte sie sich
halten/ daß sie ihm nicht straks entgegen lief. Kaum
konte sie so lange warten/ bis er selbsten kahm seine
schuldigkeit bei seiner Braut abzulegen. Das glük
wolte beiden so wohl/ daß der König eben vor die stadt
geritten. Und also gab dessen abwesen ihnen gelegen-
heit einander üm so viel eher wilkommen zu heissen.
Dieses geschahe mit den höchsten freudenbezeugungen.
Niemahls hat die Morgensonne den Erdkreus liebli-
cher gegrüßet/ als beiderseits grüsse waren. Die holdsee-
ligen reden/ die anmuhtigen blikke spieleten durchein-

an-

Der Aſſenat
ne gegend des landes Geſſen; die er nachmahls vor
ſeinen Vater und ſeine Bruͤder/ ſie zu bewohnen/ er-
leſen. Hierauf reiſete er nach Bubaſt: da der goͤtzen-
dienſt der Katzen und Hunde fuͤrnehmlich im ſchwange.
Bei den Ebreern heiſſet es Pileſet; bei den itzigen Egip-
tern Azut oder Aziot. Nach dieſer ſtadt zu warden eh-
mahls alle Katzen/ die in Egipten ſtarben/ eingeſaltzen
geſchikt; und alda/ gleichwie die Habichte zu Butis/
mit heiligen gepraͤngen begraben. Von dannen ging die
reiſe ferner fort in die andern ſtaͤdte des Mittel-Egip-
tens. Endlich zog er auch in das Ober-Egipten; deſ-
ſen hauptſtadt das pråchtige Tebe/ der nachmahlige
Koͤnigliche ſitz/ war. Dieſe Stadt iſt ehmahls ſo ge-
waltig groß geweſen/ daß ſie mit hundert tohren geprah-
let. Als er nun alles beſichtiget/ und uͤberal anſt alt ge-
macht das getreidich einzuſamlen/ auch hierzu koͤnig-
liche Kornheuſer zu bauen befohlen; da begab er ſich
wieder nach Memfis.

Acht tage vor der beſtimten zeit des Beilagers kahm
Joſef in dieſer koͤniglichen ſtadt an. Eben hatte ſich
die Fuͤrſtin Aſſenat alda auch eingefunden/ die Koͤ-
nigliche Fuͤrſtin zu beſuchen. Eben ſtunden dieſe beide
Fuͤrſtinnen im fenſter/ als der Schaltkoͤnig zum Burg-
tohre hineinfuhr. Niemand war froher/ als Aſſenat/
da ſie ihren Breutigam erblikte. Kaum konte ſie ſich
halten/ daß ſie ihm nicht ſtraks entgegen lief. Kaum
konte ſie ſo lange warten/ bis er ſelbſten kahm ſeine
ſchuldigkeit bei ſeiner Braut abzulegen. Das gluͤk
wolte beiden ſo wohl/ daß der Koͤnig eben vor die ſtadt
geritten. Und alſo gab deſſen abweſen ihnen gelegen-
heit einander uͤm ſo viel eher wilkommen zu heiſſen.
Dieſes geſchahe mit den hoͤchſten freudenbezeugungen.
Niemahls hat die Morgenſonne den Erdkreus liebli-
cher gegruͤßet/ als beiderſeits gruͤſſe waren. Die holdſee-
ligen reden/ die anmuhtigen blikke ſpieleten durchein-

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[228/0252] Der Aſſenat ne gegend des landes Geſſen; die er nachmahls vor ſeinen Vater und ſeine Bruͤder/ ſie zu bewohnen/ er- leſen. Hierauf reiſete er nach Bubaſt: da der goͤtzen- dienſt der Katzen und Hunde fuͤrnehmlich im ſchwange. Bei den Ebreern heiſſet es Pileſet; bei den itzigen Egip- tern Azut oder Aziot. Nach dieſer ſtadt zu warden eh- mahls alle Katzen/ die in Egipten ſtarben/ eingeſaltzen geſchikt; und alda/ gleichwie die Habichte zu Butis/ mit heiligen gepraͤngen begraben. Von dannen ging die reiſe ferner fort in die andern ſtaͤdte des Mittel-Egip- tens. Endlich zog er auch in das Ober-Egipten; deſ- ſen hauptſtadt das pråchtige Tebe/ der nachmahlige Koͤnigliche ſitz/ war. Dieſe Stadt iſt ehmahls ſo ge- waltig groß geweſen/ daß ſie mit hundert tohren geprah- let. Als er nun alles beſichtiget/ und uͤberal anſt alt ge- macht das getreidich einzuſamlen/ auch hierzu koͤnig- liche Kornheuſer zu bauen befohlen; da begab er ſich wieder nach Memfis. Acht tage vor der beſtimten zeit des Beilagers kahm Joſef in dieſer koͤniglichen ſtadt an. Eben hatte ſich die Fuͤrſtin Aſſenat alda auch eingefunden/ die Koͤ- nigliche Fuͤrſtin zu beſuchen. Eben ſtunden dieſe beide Fuͤrſtinnen im fenſter/ als der Schaltkoͤnig zum Burg- tohre hineinfuhr. Niemand war froher/ als Aſſenat/ da ſie ihren Breutigam erblikte. Kaum konte ſie ſich halten/ daß ſie ihm nicht ſtraks entgegen lief. Kaum konte ſie ſo lange warten/ bis er ſelbſten kahm ſeine ſchuldigkeit bei ſeiner Braut abzulegen. Das gluͤk wolte beiden ſo wohl/ daß der Koͤnig eben vor die ſtadt geritten. Und alſo gab deſſen abweſen ihnen gelegen- heit einander uͤm ſo viel eher wilkommen zu heiſſen. Dieſes geſchahe mit den hoͤchſten freudenbezeugungen. Niemahls hat die Morgenſonne den Erdkreus liebli- cher gegruͤßet/ als beiderſeits gruͤſſe waren. Die holdſee- ligen reden/ die anmuhtigen blikke ſpieleten durchein- an-

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/252>, abgerufen am 28.11.2024.