Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.vierdes Buch. ders fliegen/ als auf den König/ und die Reichsfür-sten/ die in der nähe saßen. Kaum führete er andere reden/ als von stahtssachen. Und diese alle waren ernsthaftig; doch darbei auch überaus freundlich und holdseelig. Eben also waren auch seine gebährden. Er sprach nicht ein wort/ das nicht zuvor als auf der gold- wage abgewogen zu sein schien. Und also waren alle seine worte anders nicht/ als kletten/ die in der zuhö- renden hertzen hängen blieben. Zu zeiten/ wan er sie ei- ne weile/ mit einem ernsthaften fürstlichem wesen/ aus- gesprochen/ lächelte er ein wenig darzu. Doch dieses täht er niemahls zur unzeit: auch nie zu viel. Der Kö- nig/ der ein klugsinniger Fürst war/ märkte auf alles genau. Er konte nichts finden/ das den geringsten ta- del verdienete. Jofef wuste sein gantzes wesen/ alle seine gebährden/ und alle seine worte so ahrtig zu mäßi- gen/ daß ihm iederman mit verwunderung zusahe/ mit bestürtzung zuhörete. In dergleichen fällen pflegt sich sonst der Neid gemei- gen M iij
vierdes Buch. ders fliegen/ als auf den Koͤnig/ und die Reichsfuͤr-ſten/ die in der naͤhe ſaßen. Kaum fuͤhrete er andere reden/ als von ſtahtsſachen. Und dieſe alle waren ernſthaftig; doch darbei auch uͤberaus freundlich und holdſeelig. Eben alſo waren auch ſeine gebaͤhrden. Er ſprach nicht ein wort/ das nicht zuvor als auf der gold- wage abgewogen zu ſein ſchien. Und alſo waren alle ſeine worte anders nicht/ als kletten/ die in der zuhoͤ- renden hertzen haͤngen blieben. Zu zeiten/ wan er ſie ei- ne weile/ mit einem ernſthaften fuͤrſtlichem weſen/ aus- geſprochen/ laͤchelte er ein wenig darzu. Doch dieſes taͤht er niemahls zur unzeit: auch nie zu viel. Der Koͤ- nig/ der ein klugſinniger Fuͤrſt war/ maͤrkte auf alles genau. Er konte nichts finden/ das den geringſten ta- del verdienete. Jofef wuſte ſein gantzes weſen/ alle ſeine gebaͤhrden/ und alle ſeine worte ſo ahrtig zu maͤßi- gen/ daß ihm iederman mit verwunderung zuſahe/ mit beſtuͤrtzung zuhoͤrete. In dergleichen faͤllen pflegt ſich ſonſt der Neid gemei- gen M iij
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vierdes Buch.
ders fliegen/ als auf den Koͤnig/ und die Reichsfuͤr-
ſten/ die in der naͤhe ſaßen. Kaum fuͤhrete er andere
reden/ als von ſtahtsſachen. Und dieſe alle waren
ernſthaftig; doch darbei auch uͤberaus freundlich und
holdſeelig. Eben alſo waren auch ſeine gebaͤhrden. Er
ſprach nicht ein wort/ das nicht zuvor als auf der gold-
wage abgewogen zu ſein ſchien. Und alſo waren alle
ſeine worte anders nicht/ als kletten/ die in der zuhoͤ-
renden hertzen haͤngen blieben. Zu zeiten/ wan er ſie ei-
ne weile/ mit einem ernſthaften fuͤrſtlichem weſen/ aus-
geſprochen/ laͤchelte er ein wenig darzu. Doch dieſes
taͤht er niemahls zur unzeit: auch nie zu viel. Der Koͤ-
nig/ der ein klugſinniger Fuͤrſt war/ maͤrkte auf alles
genau. Er konte nichts finden/ das den geringſten ta-
del verdienete. Jofef wuſte ſein gantzes weſen/ alle
ſeine gebaͤhrden/ und alle ſeine worte ſo ahrtig zu maͤßi-
gen/ daß ihm iederman mit verwunderung zuſahe/ mit
beſtuͤrtzung zuhoͤrete.
In dergleichen faͤllen pflegt ſich ſonſt der Neid gemei-
niglich mit einzumiſchen. Aber alhier ſchien dieſes la-
ſter gleich als gantz verbannet. Es war ein großes wun-
der. Wunder war es gewis/ daß den Joſef nicht einer
beneidete. Den Joſef/ ſage ich; der als eine Sonne
der Tugenden/ als ein Licht der Schoͤnheiten herfuͤr-
leuchtete: deſſen Verſtandes ſtrahlen den nebel der un-
wiſſenheit zertrieben: dem die Ehre hoͤfelte/ die Herꝛlig-
keit liebelte. Man pfleget ſonſten zu ſagen: wo Tugend
wohnet/ wo Verſtand hauſet/ wo Schoͤnheit ſich findet/
wo Ehre ſich hin verfuͤget; da blaͤſet und ſpeiet der Neid
ſein gift aus. Aber alhier allein war dieſe ſage falſch.
Hier war gantz kein Neid zu finden. Dis untier hatte
ſich in dieſem klahren Spiegel der Tugend/ der Weis-
heit und Schoͤnheit/ gleich als ein Baſiliske/ wie es
ſchien/ albereit zu Hebron blind geſpiegelt/ ja gar zu
tode geblaſen. Jederman ſahe den Joſef mit guͤnſti-
gen
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