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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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Der Assenat
saft der weinbeeren aus: und reichte ihn dem
Könige zu. Der König nahm ihn/ und trank.

Dieses ist ein guhter traum/ fing Josef hierauf an.
Die drei Reben seind drei tage. Uber drei tage
wird der König sein heupt erhöhen. Er wird
ihn wieder ansein amtstellen. Ihm wird er den
Becher wieder zureichen/ wie zuvor.
Aber er ge-
denke meiner/ wan es ihm wohl gehet; und tuhe barm-
hertzigkeit an mir. Er vergesse nicht den König zu er-
innern/ daß er mich aus dieser haft erlöse. Dan ich bin
aus dem lande der Ebreer heimlich gestohlen. Darzu
habe ich alhier nichts strafwürdiges getahn: und gleich-
wohl hat man mich gefangen gesetzt.

Als der oberste Bäkkereiverwalter hörete/ daß seines
Mitgefangenen Traum so eine guhte deutung bekahm;
so erzehlete er seinen traum gleichesfals. Ich treume-
te/
sagte er/ daß ich auf meinem heupte drei
weisse Körbe trüge. Im obersten Korbelag al-
lerhand Gebakkenes vor den König. Aber die
vogel fraßen aus dem korbe auf meinem heupte.
Josef
antwortete: ich wolte ihm auch gern was guh-
tes gönnen: aber dis ist des Traumes bedeutung. Die
drei Körbe seind drei tage. Nach drei tagen
wird der König ihm sein heupt erhöben: er wird
ihn an den galgen hänken. Und alsdan wer-
den die vogel auf seinem Kopfe sitzen/ und
sein fleisch fressen.

Am dritten tage darnach beging der König sei-
nen Jahrstag. Ein herliches gastmahl hatte er ange-
stellet. Darzu waren alle seine Beamten geladen.
Und da erhub er das heupt des Obersten Mundschen-
kens: als auch des Obersten Verwalters der Bäkkerei.
Den Obersten Mundschenken setzte er wieder in sein
schenkamt. Aber den Obersten der Bäkker lies er/ als
einen des diebst als überwiesenen/ an den galgen knüp-

fen.

Der Aſſenat
ſaft der weinbeeren aus: und reichte ihn dem
Koͤnige zu. Der Koͤnig nahm ihn/ und trank.

Dieſes iſt ein guhter traum/ fing Joſef hierauf an.
Die drei Reben ſeind drei tage. Uber drei tage
wird der Koͤnig ſein heupt erhoͤhen. Er wird
ihn wieder anſein amtſtellen. Ihm wird er den
Becher wieder zureichen/ wie zuvor.
Aber er ge-
denke meiner/ wan es ihm wohl gehet; und tuhe barm-
hertzigkeit an mir. Er vergeſſe nicht den Koͤnig zu er-
innern/ daß er mich aus dieſer haft erloͤſe. Dan ich bin
aus dem lande der Ebreer heimlich geſtohlen. Darzu
habe ich alhier nichts ſtrafwuͤrdiges getahn: und gleich-
wohl hat man mich gefangen geſetzt.

Als der oberſte Baͤkkereiverwalter hoͤrete/ daß ſeines
Mitgefangenen Traum ſo eine guhte deutung bekahm;
ſo erzehlete er ſeinen traum gleichesfals. Ich treume-
te/
ſagte er/ daß ich auf meinem heupte drei
weiſſe Koͤrbe truͤge. Im oberſten Korbelag al-
lerhand Gebakkenes vor den Koͤnig. Aber die
vogel fraßen aus dem korbe auf meinem heupte.
Joſef
antwortete: ich wolte ihm auch gern was guh-
tes goͤnnen: aber dis iſt des Traumes bedeutung. Die
drei Koͤrbe ſeind drei tage. Nach drei tagen
wird der Koͤnig ihm ſein heupt erhoͤben: er wird
ihn an den galgen haͤnken. Und alsdan wer-
den die vogel auf ſeinem Kopfe ſitzen/ und
ſein fleiſch freſſen.

Am dritten tage darnach beging der Koͤnig ſei-
nen Jahrstag. Ein herliches gaſtmahl hatte er ange-
ſtellet. Darzu waren alle ſeine Beamten geladen.
Und da erhub er das heupt des Oberſten Mundſchen-
kens: als auch des Oberſten Verwalters der Baͤkkerei.
Den Oberſten Mundſchenken ſetzte er wieder in ſein
ſchenkamt. Aber den Oberſten der Baͤkker lies er/ als
einen des diebſt als uͤberwieſenen/ an den galgen knuͤp-

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[156/0180] Der Aſſenat ſaft der weinbeeren aus: und reichte ihn dem Koͤnige zu. Der Koͤnig nahm ihn/ und trank. Dieſes iſt ein guhter traum/ fing Joſef hierauf an. Die drei Reben ſeind drei tage. Uber drei tage wird der Koͤnig ſein heupt erhoͤhen. Er wird ihn wieder anſein amtſtellen. Ihm wird er den Becher wieder zureichen/ wie zuvor. Aber er ge- denke meiner/ wan es ihm wohl gehet; und tuhe barm- hertzigkeit an mir. Er vergeſſe nicht den Koͤnig zu er- innern/ daß er mich aus dieſer haft erloͤſe. Dan ich bin aus dem lande der Ebreer heimlich geſtohlen. Darzu habe ich alhier nichts ſtrafwuͤrdiges getahn: und gleich- wohl hat man mich gefangen geſetzt. Als der oberſte Baͤkkereiverwalter hoͤrete/ daß ſeines Mitgefangenen Traum ſo eine guhte deutung bekahm; ſo erzehlete er ſeinen traum gleichesfals. Ich treume- te/ ſagte er/ daß ich auf meinem heupte drei weiſſe Koͤrbe truͤge. Im oberſten Korbelag al- lerhand Gebakkenes vor den Koͤnig. Aber die vogel fraßen aus dem korbe auf meinem heupte. Joſef antwortete: ich wolte ihm auch gern was guh- tes goͤnnen: aber dis iſt des Traumes bedeutung. Die drei Koͤrbe ſeind drei tage. Nach drei tagen wird der Koͤnig ihm ſein heupt erhoͤben: er wird ihn an den galgen haͤnken. Und alsdan wer- den die vogel auf ſeinem Kopfe ſitzen/ und ſein fleiſch freſſen. Am dritten tage darnach beging der Koͤnig ſei- nen Jahrstag. Ein herliches gaſtmahl hatte er ange- ſtellet. Darzu waren alle ſeine Beamten geladen. Und da erhub er das heupt des Oberſten Mundſchen- kens: als auch des Oberſten Verwalters der Baͤkkerei. Den Oberſten Mundſchenken ſetzte er wieder in ſein ſchenkamt. Aber den Oberſten der Baͤkker lies er/ als einen des diebſt als uͤberwieſenen/ an den galgen knuͤp- fen.

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/180>, abgerufen am 03.05.2024.