Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.Der Assenat immer zu vermehren. Fast kein tag ging vorbei/ da ernicht was neues ersan/ zu seines Herrn frommen. Und darzu kahm so ein reicher seegen vom Himmel/ daß Po- tifars schätze wuchsen über allen reichtuhm der Egipti- schen Fürsten. Wie sehr nun Josef trachtete seines Herrn nutzen Weil nun diese stumme und undeutliche sprache zeit
Der Aſſenat immer zu vermehren. Faſt kein tag ging vorbei/ da ernicht was neues erſan/ zu ſeines Herꝛn frommen. Und darzu kahm ſo ein reicher ſeegen vom Himmel/ daß Po- tifars ſchaͤtze wuchſen uͤber allen reichtuhm der Egipti- ſchen Fuͤrſten. Wie ſehr nun Joſef trachtete ſeines Herꝛn nutzen Weil nun dieſe ſtumme und undeutliche ſprache zeit
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Der Aſſenat
immer zu vermehren. Faſt kein tag ging vorbei/ da er
nicht was neues erſan/ zu ſeines Herꝛn frommen. Und
darzu kahm ſo ein reicher ſeegen vom Himmel/ daß Po-
tifars ſchaͤtze wuchſen uͤber allen reichtuhm der Egipti-
ſchen Fuͤrſten.
Wie ſehr nun Joſef trachtete ſeines Herꝛn nutzen
und wohlſtand zu ſuchen; ſo wenig ſchien er ſich uͤm ſei-
ner Fuͤrſtin innerliches leiden zu bekuͤmmern. Ja ie
mehr ſie ſich bei ihm zu zu tuhn begunte/ ie fremder er
ward. Je mehr ihre liebe ſich naͤherte/ ie abkehriger ſie
ihn verſpuͤhrete. Alle ihre mit lauter liebe erfuͤllete
blikke konten keinen einigen gegenblik erwerben. Und
alſo kahmen dieſe ſtumme reden vor eines tauben und
zugleich blinden tuͤhre. Ob auch ſchon/ nach den flam-
men dieſer blikke/ der feuerkwalm ihrer hertzensſeufzer
aus dem munde herfuͤr brach; ſo konte doch dieſe hertz-
bruͤnſtige gluht eben ſo wenig/ als der blitz ihrer augen/
ſein hertz entzuͤnden. Ja ob ſchon ihre ſeufzer mit ei-
nem hellen knalle loß ſchoſſen; ſo ging doch dieſer knal
zu einem ohre hinein/ zum andern wieder heraus. Der
weg nach Joſefs hertzen zu war ihm verleget. Da hin-
unter vermochte kein ſeufzer zu dringen. Alle ſtuͤrme
waren vor dieſer burg vergebens.
Weil nun dieſe ſtumme und undeutliche ſprache
nichts verfing; ſo entſchlos ſich Sefira ihr anliegen
deutlicher heraus zu ſprechen. Sie entſchlos ſich/ end-
lich das hertz zu nehmen/ mit ausdruͤklichen worten
den Joſef an zu reden. Sie entſchlos ſich/ frei heraus
zu ſagen/ was ihr fehlete. Das wil ich tuhn/ ſagte ſie.
Ja das mus ich tuhn; weil ich ihn ſo einfaͤltig im lie-
beshandel befinde/ daß er nicht einmahl weis/ was lie-
beszeichen ſeind. Man mus ihm/ an ſtat der frucht-
loſen zeichen/ die liebe ſelbſt in den mund geben. Hier
ſehe ich kein anderes mittel. Hier iſt kein ander raht.
Und nach dieſer entſchlieſſung wartete ſie nur auf die
zeit
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