Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.Der Assenat die königliche Fürstin/ die ihm ohne dis schon sehr hochgewogen/ zur höchsten gnade/ sondern auch mich selbsten zur höchsten wilfärtigkeit verpflichten. Josef begunte seinen kleinen verstand in dergleichen Weil nun Josef sahe/ daß alle seine einwendungen sonst
Der Aſſenat die koͤnigliche Fuͤrſtin/ die ihm ohne dis ſchon ſehr hochgewogen/ zur hoͤchſten gnade/ ſondern auch mich ſelbſten zur hoͤchſten wilfaͤrtigkeit verpflichten. Joſef begunte ſeinen kleinen verſtand in dergleichen Weil nun Joſef ſahe/ daß alle ſeine einwendungen ſonſt
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Der Aſſenat
die koͤnigliche Fuͤrſtin/ die ihm ohne dis ſchon ſehr hoch
gewogen/ zur hoͤchſten gnade/ ſondern auch mich ſelbſten
zur hoͤchſten wilfaͤrtigkeit verpflichten.
Joſef begunte ſeinen kleinen verſtand in dergleichen
dingen ſtraks vor zu wenden. Er entſchuͤldigte ſich aufs
hoͤchſte. Er ſuchte die allererſinlichſten ausfluͤchte. Er
wieſe ſie zu den Prieſtern/ die darinnen weit mehr geuͤ-
bet weren/ als er. Ja er ſchlug die Kaldeer vor/ derer
taͤgliches handwerk es ſei/ dergleichen geheimnuͤſſe zu er-
gruͤnden. Aber ie mehr er ausfluͤchte ſuchte/ ie mehr ſie
zufluͤchte fand. Je mehr er ſeinen verſtand verkleiner-
te/ ie groͤſſer ſie ihn machte. Ja/ ſagte ſie/ ſeine geſtrige
erklaͤhrung des Goͤttlichen ausſpruches iſt ſo unver-
gleichlich guht und ſo fuͤrtreflich geweſen/ daß wir/ in
einer ſo ſchweeren und wuͤchtigen ſache/ zu niemand
anders/ als allein zu ihm/ unſere zuflucht nehmen.
Kein Prieſter/ kein Kaldeer/ ja niemand im gantzen
Egipten hat eine ſo gruͤndliche/ eine ſo volkommene er-
klaͤhrung uͤber gemelten Ausſpruch tuhn koͤnnen/ als
er. Und eben daruͤm haben wir auch von niemand/ als
allein von ihm/ dergleichen auslegung unſerer treume
zu gewarten.
Weil nun Joſef ſahe/ daß alle ſeine einwendungen
nichts verfingen; ſo entſchlos er ſich endlich die Se-
meſſe/ ſo viel ihm muͤglich/ zu vergnuͤgen. Ich ver-
maͤrke wohl/ ſagte er/ daß ich geſtern meinen vorwitz/
aus unwitz/ alzubloß gegeben. Ich vernehme wohl/
daß meine alzumilde vermeſſenhelt ihre einbildung
uͤberteubet. Dan ich ſehe/ daß ſie mich vor denſelben
helt/ der ich nicht bin. Ich befinde/ daß ſie meinen ver-
ſtand hoͤher ſchaͤtzet/ als er gelten kan. Ja ich ſpuͤhre/ daß
ſie mit gewalt von mir zu wiſſen begehret/ was ich nicht
weis. Daruͤm/ ſolcher ihrer einbildung zu liebeln/ mus ich
noch vermeſſener werden. Ihr zu gefallen werde ich ge-
zwungen in einer angefangenen verwaͤgenheit/ die ich
ſonſt
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