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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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Der Assenat
gehabt. Und eben damit begunte sie ihn zu erzehlen.
Als er geendiget war/ da erzehlte die Kammerjungfrau
den ihrigen auch. Beide stunden über diese beiden treu-
me bestürtzt. Eine lange weile waren sie sprachloß. Die
Fürstin brach endlich in diese worte aus. Es seind/
sagte sie/ einerlei treume. Sie zielen auf einerlei selb-
stände. Doch der eurige ist dunkeler/ als der meinige.
In diesem finde ich den ort/ und die zeit/ da seine bedeu-
tung sol erfüllet werden: in eurem aber nicht. Ich sa-
he alles in Potifars hofe geschehen: und zwar in zehen
tagen; darauf noch drei tage folgeten. Damit war al-
les zum ende. Ohne zweifel wird Assenat mit im spie-
le sein: wo nicht auch Josef. Ohne zweifel werden die
dreizehen tage dreizehen jahre bedeuten. Assenat ist
itzund achtjährig/ aber nach dreizehen jahren wird sie
im ein und zwanzigsten sein. Dieses jahr ist eben das-
selbe/ das ihr die Götter/ durch ihren Ausspruch/ zu
ihrer vermählung mit dem fremden Herrn best immet.
Was ich gestern aus der deutung des Göttlichen aus-
spruchs/ und aus der erzehlung des Ebreers vom Jo-
sef/
geschlossen; dasselbe wird ohne zweifel durch diesen
meinen traum bekräftiget. Ja daß dieser mein traum
gewislich wird wahr werden/ schliesse ich daraus: weil
der eurige auf eben dasselbe zielet; zumahl weil wir
beide treume an einem morgen/ und zu gleicher zeit
gehabt.

Wen sol aber/ fing die Kammerjungfrau an/ der
Stier/ und das Fährsichen/ mit der Hindin; ja
was sol es/ daß der Stier in einen Krokodil sich ver-
ändert/ bedeuten? Der Stier/ den ich sahe/ und euer
Habicht bedeuten einerlei: so auch mein Fährsichen/
und eure junge Egiptische Störchin; meine
Hindin/ und eure Henne/ ja mein Krokodil/ und
euer Leue des gleichen. Aber auf wen sie eigendlich zie-
len/ und was es bedeutet/ daß mein Stier in einen

Kro-

Der Aſſenat
gehabt. Und eben damit begunte ſie ihn zu erzehlen.
Als er geendiget war/ da erzehlte die Kammerjungfrau
den ihrigen auch. Beide ſtunden uͤber dieſe beiden treu-
me beſtuͤrtzt. Eine lange weile waren ſie ſprachloß. Die
Fuͤrſtin brach endlich in dieſe worte aus. Es ſeind/
ſagte ſie/ einerlei treume. Sie zielen auf einerlei ſelb-
ſtaͤnde. Doch der eurige iſt dunkeler/ als der meinige.
In dieſem finde ich den ort/ und die zeit/ da ſeine bedeu-
tung ſol erfuͤllet werden: in eurem aber nicht. Ich ſa-
he alles in Potifars hofe geſchehen: und zwar in zehen
tagen; darauf noch drei tage folgeten. Damit war al-
les zum ende. Ohne zweifel wird Aſſenat mit im ſpie-
le ſein: wo nicht auch Joſef. Ohne zweifel werden die
dreizehen tage dreizehen jahre bedeuten. Aſſenat iſt
itzund achtjaͤhrig/ aber nach dreizehen jahren wird ſie
im ein und zwanzigſten ſein. Dieſes jahr iſt eben daſ-
ſelbe/ das ihr die Goͤtter/ durch ihren Ausſpruch/ zu
ihrer vermaͤhlung mit dem fremden Herꝛn beſt immet.
Was ich geſtern aus der deutung des Goͤttlichen aus-
ſpruchs/ und aus der erzehlung des Ebreers vom Jo-
ſef/
geſchloſſen; daſſelbe wird ohne zweifel durch dieſen
meinen traum bekraͤftiget. Ja daß dieſer mein traum
gewislich wird wahr werden/ ſchlieſſe ich daraus: weil
der eurige auf eben daſſelbe zielet; zumahl weil wir
beide treume an einem morgen/ und zu gleicher zeit
gehabt.

Wen ſol aber/ fing die Kammerjungfrau an/ der
Stier/ und das Faͤhrſichen/ mit der Hindin; ja
was ſol es/ daß der Stier in einen Krokodil ſich ver-
aͤndert/ bedeuten? Der Stier/ den ich ſahe/ und euer
Habicht bedeuten einerlei: ſo auch mein Faͤhrſichen/
und eure junge Egiptiſche Stoͤrchin; meine
Hindin/ und eure Henne/ ja mein Krokodil/ und
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len/ und was es bedeutet/ daß mein Stier in einen

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[84/0108] Der Aſſenat gehabt. Und eben damit begunte ſie ihn zu erzehlen. Als er geendiget war/ da erzehlte die Kammerjungfrau den ihrigen auch. Beide ſtunden uͤber dieſe beiden treu- me beſtuͤrtzt. Eine lange weile waren ſie ſprachloß. Die Fuͤrſtin brach endlich in dieſe worte aus. Es ſeind/ ſagte ſie/ einerlei treume. Sie zielen auf einerlei ſelb- ſtaͤnde. Doch der eurige iſt dunkeler/ als der meinige. In dieſem finde ich den ort/ und die zeit/ da ſeine bedeu- tung ſol erfuͤllet werden: in eurem aber nicht. Ich ſa- he alles in Potifars hofe geſchehen: und zwar in zehen tagen; darauf noch drei tage folgeten. Damit war al- les zum ende. Ohne zweifel wird Aſſenat mit im ſpie- le ſein: wo nicht auch Joſef. Ohne zweifel werden die dreizehen tage dreizehen jahre bedeuten. Aſſenat iſt itzund achtjaͤhrig/ aber nach dreizehen jahren wird ſie im ein und zwanzigſten ſein. Dieſes jahr iſt eben daſ- ſelbe/ das ihr die Goͤtter/ durch ihren Ausſpruch/ zu ihrer vermaͤhlung mit dem fremden Herꝛn beſt immet. Was ich geſtern aus der deutung des Goͤttlichen aus- ſpruchs/ und aus der erzehlung des Ebreers vom Jo- ſef/ geſchloſſen; daſſelbe wird ohne zweifel durch dieſen meinen traum bekraͤftiget. Ja daß dieſer mein traum gewislich wird wahr werden/ ſchlieſſe ich daraus: weil der eurige auf eben daſſelbe zielet; zumahl weil wir beide treume an einem morgen/ und zu gleicher zeit gehabt. Wen ſol aber/ fing die Kammerjungfrau an/ der Stier/ und das Faͤhrſichen/ mit der Hindin; ja was ſol es/ daß der Stier in einen Krokodil ſich ver- aͤndert/ bedeuten? Der Stier/ den ich ſahe/ und euer Habicht bedeuten einerlei: ſo auch mein Faͤhrſichen/ und eure junge Egiptiſche Stoͤrchin; meine Hindin/ und eure Henne/ ja mein Krokodil/ und euer Leue des gleichen. Aber auf wen ſie eigendlich zie- len/ und was es bedeutet/ daß mein Stier in einen Kro-

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/108>, abgerufen am 08.05.2024.