Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 5. [Braunschweig], [1764].

Bild:
<< vorherige Seite
der Melancholey.
Auf die Wange herab, und bey dem Unglück des Bruders
Schmilzt mein zärtliches Herz in sympathetischen
Thränen.
O was ist der nichtige Pomp, der Höfe Gepränge?
Glücklicher scheint mir sogar der hohe Verbannte, der
einsam

Jn Siberiens Wüsten, in alten verfallnen Gemächern
Eines hohen Kastells, die langsamen Stunden zurücklegt.
Nichts entdecket sein Blick, als unabsehliche Haiden,
Wo ein ewiger Winter den Wagen von Eise dahinrollt.
Jn der Näh auch zeiget sich ihm stets einerley Aussicht,
Feste schreckliche Mauern, die dicken dunkeln Basteyen,
Und die hohen Spitzen des Dachs; indessen die Glocke
Fern
V. Th. M
der Melancholey.
Auf die Wange herab, und bey dem Ungluͤck des Bruders
Schmilzt mein zaͤrtliches Herz in ſympathetiſchen
Thraͤnen.
O was iſt der nichtige Pomp, der Hoͤfe Gepraͤnge?
Gluͤcklicher ſcheint mir ſogar der hohe Verbannte, der
einſam

Jn Siberiens Wuͤſten, in alten verfallnen Gemaͤchern
Eines hohen Kaſtells, die langſamen Stunden zuruͤcklegt.
Nichts entdecket ſein Blick, als unabſehliche Haiden,
Wo ein ewiger Winter den Wagen von Eiſe dahinrollt.
Jn der Naͤh auch zeiget ſich ihm ſtets einerley Ausſicht,
Feſte ſchreckliche Mauern, die dicken dunkeln Baſteyen,
Und die hohen Spitzen des Dachs; indeſſen die Glocke
Fern
V. Th. M
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0183" n="161"/>
          <fw place="top" type="header">der Melancholey.</fw><lb/>
          <l>Auf die Wange herab, und bey dem Unglu&#x0364;ck des Bruders</l><lb/>
          <l>Schmilzt mein za&#x0364;rtliches Herz in &#x017F;ympatheti&#x017F;chen<lb/><hi rendition="#et">Thra&#x0364;nen.</hi></l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <l>O was i&#x017F;t der nichtige Pomp, der Ho&#x0364;fe Gepra&#x0364;nge?</l><lb/>
          <l>Glu&#x0364;cklicher &#x017F;cheint mir &#x017F;ogar der hohe Verbannte, der<lb/><hi rendition="#et">ein&#x017F;am</hi></l><lb/>
          <l>Jn Siberiens Wu&#x0364;&#x017F;ten, in alten verfallnen Gema&#x0364;chern</l><lb/>
          <l>Eines hohen Ka&#x017F;tells, die lang&#x017F;amen Stunden zuru&#x0364;cklegt.</l><lb/>
          <l>Nichts entdecket &#x017F;ein Blick, als unab&#x017F;ehliche Haiden,</l><lb/>
          <l>Wo ein ewiger Winter den Wagen von Ei&#x017F;e dahinrollt.</l><lb/>
          <l>Jn der Na&#x0364;h auch zeiget &#x017F;ich ihm &#x017F;tets einerley Aus&#x017F;icht,</l><lb/>
          <l>Fe&#x017F;te &#x017F;chreckliche Mauern, die dicken dunkeln Ba&#x017F;teyen,</l><lb/>
          <l>Und die hohen Spitzen des Dachs; inde&#x017F;&#x017F;en die Glocke</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">V.</hi><hi rendition="#fr">Th.</hi> M</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Fern</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[161/0183] der Melancholey. Auf die Wange herab, und bey dem Ungluͤck des Bruders Schmilzt mein zaͤrtliches Herz in ſympathetiſchen Thraͤnen. O was iſt der nichtige Pomp, der Hoͤfe Gepraͤnge? Gluͤcklicher ſcheint mir ſogar der hohe Verbannte, der einſam Jn Siberiens Wuͤſten, in alten verfallnen Gemaͤchern Eines hohen Kaſtells, die langſamen Stunden zuruͤcklegt. Nichts entdecket ſein Blick, als unabſehliche Haiden, Wo ein ewiger Winter den Wagen von Eiſe dahinrollt. Jn der Naͤh auch zeiget ſich ihm ſtets einerley Ausſicht, Feſte ſchreckliche Mauern, die dicken dunkeln Baſteyen, Und die hohen Spitzen des Dachs; indeſſen die Glocke Fern V. Th. M

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften05_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften05_1764/183
Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 5. [Braunschweig], [1764], S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften05_1764/183>, abgerufen am 07.05.2024.