Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764].

Bild:
<< vorherige Seite

Der Mittag.
Nicht durch Auguste beschützt, durch keinen Ludwig be-
lohnet,

Steigen doch unter der Last des Mangels die feurigsten
Geister

Zu den Sternen empor, mit ihren erhabnen Gesängen.
Sie ermntern sich selbst, und sehn mit edler Verach-
tung,

Daß der Verschnittne Tausende nimmt; daß güldene
Summen

Jn die Schürze der Tänzerin regnen; und über die
Alpen,

Von Ducaten belastet, die feile Sängerin heimkehrt.
Sie ertragen gelassen den Hohn des glänzenden Dumm-
kopfs,

Welcher die himmlische Kunst, die Sprache der Göt-
ter zu reden,

Als verächtlich, als unnütz verschmäht. Die Dicht-
kunst so unnütz?

Wohl! belohnt sie nur so, wie ihr den gaukelnden Tän-
zer,

Welcher dem Staate noch weniger nützt, die Triller
des Welschen,

Oder die englische Kuppel bezahlt. Sind diese nicht
unnütz,

O so sind es noch weniger Lieder, der Nachwelt Be-
wundrung,

Welche
F 5

Der Mittag.
Nicht durch Auguſte beſchuͤtzt, durch keinen Ludwig be-
lohnet,

Steigen doch unter der Laſt des Mangels die feurigſten
Geiſter

Zu den Sternen empor, mit ihren erhabnen Geſaͤngen.
Sie ermntern ſich ſelbſt, und ſehn mit edler Verach-
tung,

Daß der Verſchnittne Tauſende nimmt; daß guͤldene
Summen

Jn die Schuͤrze der Taͤnzerin regnen; und uͤber die
Alpen,

Von Ducaten belaſtet, die feile Saͤngerin heimkehrt.
Sie ertragen gelaſſen den Hohn des glaͤnzenden Dumm-
kopfs,

Welcher die himmliſche Kunſt, die Sprache der Goͤt-
ter zu reden,

Als veraͤchtlich, als unnuͤtz verſchmaͤht. Die Dicht-
kunſt ſo unnuͤtz?

Wohl! belohnt ſie nur ſo, wie ihr den gaukelnden Taͤn-
zer,

Welcher dem Staate noch weniger nuͤtzt, die Triller
des Welſchen,

Oder die engliſche Kuppel bezahlt. Sind dieſe nicht
unnuͤtz,

O ſo ſind es noch weniger Lieder, der Nachwelt Be-
wundrung,

Welche
F 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg>
          <pb facs="#f0097" n="89"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Mittag.</hi> </fw><lb/>
          <l>Nicht durch Augu&#x017F;te be&#x017F;chu&#x0364;tzt, durch keinen Ludwig be-<lb/><hi rendition="#et">lohnet,</hi></l><lb/>
          <l>Steigen doch unter der La&#x017F;t des Mangels die feurig&#x017F;ten<lb/><hi rendition="#et">Gei&#x017F;ter</hi></l><lb/>
          <l>Zu den Sternen empor, mit ihren erhabnen Ge&#x017F;a&#x0364;ngen.</l><lb/>
          <l>Sie ermntern &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t, und &#x017F;ehn mit edler Verach-<lb/><hi rendition="#et">tung,</hi></l><lb/>
          <l>Daß der Ver&#x017F;chnittne Tau&#x017F;ende nimmt; daß gu&#x0364;ldene<lb/><hi rendition="#et">Summen</hi></l><lb/>
          <l>Jn die Schu&#x0364;rze der Ta&#x0364;nzerin regnen; und u&#x0364;ber die<lb/><hi rendition="#et">Alpen,</hi></l><lb/>
          <l>Von Ducaten bela&#x017F;tet, die feile Sa&#x0364;ngerin heimkehrt.</l><lb/>
          <l>Sie ertragen gela&#x017F;&#x017F;en den Hohn des gla&#x0364;nzenden Dumm-<lb/><hi rendition="#et">kopfs,</hi></l><lb/>
          <l>Welcher die himmli&#x017F;che Kun&#x017F;t, die Sprache der Go&#x0364;t-<lb/><hi rendition="#et">ter zu reden,</hi></l><lb/>
          <l>Als vera&#x0364;chtlich, als unnu&#x0364;tz ver&#x017F;chma&#x0364;ht. Die Dicht-<lb/><hi rendition="#et">kun&#x017F;t &#x017F;o unnu&#x0364;tz?</hi></l><lb/>
          <l>Wohl! belohnt &#x017F;ie nur &#x017F;o, wie ihr den gaukelnden Ta&#x0364;n-<lb/><hi rendition="#et">zer,</hi></l><lb/>
          <l>Welcher dem Staate noch weniger nu&#x0364;tzt, die Triller<lb/><hi rendition="#et">des Wel&#x017F;chen,</hi></l><lb/>
          <l>Oder die engli&#x017F;che Kuppel bezahlt. Sind die&#x017F;e nicht<lb/><hi rendition="#et">unnu&#x0364;tz,</hi></l><lb/>
          <l>O &#x017F;o &#x017F;ind es noch weniger Lieder, der Nachwelt Be-<lb/><hi rendition="#et">wundrung,</hi></l><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">F 5</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Welche</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[89/0097] Der Mittag. Nicht durch Auguſte beſchuͤtzt, durch keinen Ludwig be- lohnet, Steigen doch unter der Laſt des Mangels die feurigſten Geiſter Zu den Sternen empor, mit ihren erhabnen Geſaͤngen. Sie ermntern ſich ſelbſt, und ſehn mit edler Verach- tung, Daß der Verſchnittne Tauſende nimmt; daß guͤldene Summen Jn die Schuͤrze der Taͤnzerin regnen; und uͤber die Alpen, Von Ducaten belaſtet, die feile Saͤngerin heimkehrt. Sie ertragen gelaſſen den Hohn des glaͤnzenden Dumm- kopfs, Welcher die himmliſche Kunſt, die Sprache der Goͤt- ter zu reden, Als veraͤchtlich, als unnuͤtz verſchmaͤht. Die Dicht- kunſt ſo unnuͤtz? Wohl! belohnt ſie nur ſo, wie ihr den gaukelnden Taͤn- zer, Welcher dem Staate noch weniger nuͤtzt, die Triller des Welſchen, Oder die engliſche Kuppel bezahlt. Sind dieſe nicht unnuͤtz, O ſo ſind es noch weniger Lieder, der Nachwelt Be- wundrung, Welche F 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764/97
Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764], S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764/97>, abgerufen am 21.11.2024.